Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250111/2/Ga/La

Linz, 31.03.1993

VwSen - 250111/2/Ga/La Linz, am 31. März 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich in Linz gegen den wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) durch den Beschuldigten Ing. R erlassenen Ermahnungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Februar 1992, Zl. 101-6/3, zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: Zu I. und II.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 27 Abs.1, § 31 Abs.1, § 32 Abs.2, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs bezeichneten Bescheid dem Beschuldigten eine Übertretung des AuslBG vorgeworfen, weil dieser "Ende August 1991 für einige Tage" einen näher bezeichneten Ausländer "bei Umbauarbeiten in," gesetzwidrig beschäftigt habe; deswegen wurde dem Beschuldigten eine auf § 21 VStG gestützte Ermahnung erteilt.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich (im folgenden kurz: Landesarbeitsamt), das am Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 28a AuslBG als Legalpartei teilnimmt.

2.1. Die Ermahnung ist im wesentlichen so begründet: Das AuslBG gelte nicht nur für Betriebe, sondern erfasse auch Privatpersonen - als Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes dann, wenn sie einen Ausländer beschäftigen. Eben dies treffe für den Beschuldigten zu, der Ende August 1991 einen Ausländer für einige Tage mit Umbauarbeiten an seinem Wochenendhaus in E unerlaubt beschäftigt habe. Zwar sei der genaue Tatzeitpunkt nicht mehr feststellbar, jedoch auf eine kürzere Zeitspanne Ende August einzugrenzen gewesen. Vorliegend habe die Strafbehörde es aus näher dargelegten Gründen für ausreichend gehalten, mit einer Ermahnung vorzugehen und von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen.

2.2. Dem hält das Landesarbeitsamt in seiner Rechtsmittelschrift entgegen, daß die Unkenntnis der Gesetzesvorschriften, die der Beschuldigte als Privater zu seinen Gunsten eingewendet hatte, ein derart mildes Vorgehen der Strafbehörde nicht rechtfertigen könne. Vielmehr sei der Beschuldigte verpflichtet gewesen, entsprechende Erkundigungen einzuholen. Dies unterlassen zu haben, sei ihm zumindest als grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Außerdem könne auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung angenommen werden, daß der Beschuldigte den Ausländer länger beschäftigt habe, weil "Umbauarbeiten nicht in drei oder vier Tagen" abgeschlossen seien. Das Landesarbeitsamt stellt, weil nach seiner Meinung die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG nicht gegeben gewesen seien, den Antrag, den Ermahnungsbescheid zu beheben und - verschärfend - eine Geldstrafe von 5.000 S (das ist in diesem Fall zugleich die Mindeststrafe) zu verhängen.

3. Die Strafbehörde hat die Berufung samt Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung, dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Er ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. 101-6/3. Schon daraus war ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist; dies allerdings nicht im Sinne des Berufungsantrages, sondern aus anderen, vor einer Einlassung in die Berufung amtswegig (wie unten darzulegen ist) wahrzunehmenden Gründen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. § 44a Z1 VStG bestimmt, daß der Spruch eines (das Verwaltungsstrafverfahren erledigenden) Bescheides, wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Dies gilt in gleicher Weise für einen auf § 21 VStG gestützten Ermahnungsbescheid (so zB Kurt Ringhofer, Verwaltungsverfahren II, Manz Wien 1992, 204/205 Anm.7). Das heißt, daß jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, w o f ü r der Täter bestraft/ermahnt worden ist. Dieser Rechtsvorschrift ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB Erk. vom 3.10.1985, 85/02/0053, verst.Sen.; unter Hinweis auf das Erk. vom 13.6.1984, Slg.11466 A, gleichfalls verst.Sen.) dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Bescheides dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch n u r nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses/einer Ermahnung enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort, Zeit und nach den sonstigen Tatumständen dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin ob diese Angaben im konkreten Fall den Bescheid als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lassen.

5.2. Diese Konkretisierungsanforderungen muß auch schon die (das Verwaltungsstrafverfahren gegen eine bestimmte Person erst einleitende) Verfolgungshandlung gemäß § 31 Abs.1 und § 32 Abs.2 VStG erfüllen, weil die (weitere) Verfolgung des Beschuldigten nur zulässig ist, wenn gegen ihn binnen der Verjährungsfrist von der Strafbehörde ein in Übereinstimmung mit den dargelegten Leitsätzen formulierter Tatvorwurf gerichtet werden konnte.

Daraus folgt in Ansehung der Übertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG, daß für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung unverwechselbar feststehen muß, wann, wo und welche Ausländer der Beschuldigte als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt hat (vgl. VwGH v. 26.9.1991, 90/09/0188).

5.2.1. Im vorliegenden Fall hat die Strafbehörde in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. November 1991 (OZ 4) die Tatzeit mit "im August 1991" umschrieben. Der Vorwurf, das verpönte Verhalten "im August" des Tatjahres gesetzt zu haben, reicht jedoch nicht aus, um die für die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung geforderte Unverwechselbarkeit der Tat in diesem Fall herzustellen (vgl. VwGH v. 15.4.1985, 83/10/0162). Aber auch die Tatzeitumschreibung "Ende August 1991 für einige Tage" im angefochtenen Ermahnungsbescheid selbst stellt die unter dem Blickwinkel des § 44a Z1 erforderliche Eindeutigkeit des Tatvorwurfs nicht her. Nach der Lebenserfahrung wird die geläufige Wendung "einige Tage" immer dann gebraucht, wenn ein in seinem tatsächlichen Ausmaß ungewisser, immerhin nach Tagen bemessener Zeitraum beschrieben wird, von dem jedenfalls aber unbekannt ist, wie viele Tage exakt dieser Zeitraum umfaßt (zB zwei oder drei; drei bis fünf; fünf, vielleicht auch sechs Tage). Vorliegend ist daher ungewiß, ob als Tatzeit beispielsweise der Zeitraum 26. August bis 28. August 1991 oder vielleicht der Zeitraum 29. August bis 31. August 1991 erfaßt sein soll. Die Strafbehörde selbst hält in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, daß der genaue Tatzeitpunkt nicht mehr feststellbar sei, jedoch auf eine kürzere Zeitspanne Ende August eingegrenzt werden könne. In Wahrheit unterläßt jedoch der Ermahnungsbescheid diese, durch Anführung eines bestimmten Tages des Beginns und eines bestimmten Tages des Endes der Tathandlung vorzunehmende Eingrenzung.

Andere Verfolgungshandlungen hat nach der Aktenlage die Strafbehörde nicht gesetzt.

5.3. Damit aber steht fest, daß im vorliegenden Fall der Lauf der Verjährungsfrist zu keiner Zeit unterbrochen wurde; die Frist (§ 28 Abs.2 AuslBG; § 32 AVG iVm § 24 VStG) war spätestens mit Beginn September 1992 abgelaufen.

5.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs.1 VStG) von Amts wegen wahrzunehmen, und zwar auch in einem Fall wie diesem, in dem nicht der Beschuldigte, sondern die von der Verwaltungsvorschrift bestimmte Legalpartei den zugrundeliegenden Bescheid mit rechtlichen Mitteln angeht.

6. Von der Verfolgungsverjährung abgesehen ist der bekämpfte Ermahnungsbescheid auch aus dem Grunde der Unzuständigkeit der diesen Bescheid erlassenden Strafbehörde gesetzwidrig. Örtlich zuständig, auch zur Erlassung eines Bescheides gemäß § 21 VStG, ist gemäß § 27 Abs.1 VStG die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist. Vorliegend wäre das die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung gewesen, weil es bei hier einschlägigen Vorstößen gegen das AuslBG durch Private auf den Ort der tatsächlichen Beschäftigung ankommt. Der Spruch des bekämpften Bescheides gibt als Tatort einen Ort im Gebiet der Gemeinde E an. Warum dennoch der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz sich hier als Strafbehörde örtlich zuständig erachtet hat, kann aus dem Strafakt nicht nachvollzogen werden, zumal das im Akt einliegende Schreiben der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Oktober 1991 (OZ 3) von vornherein nicht als Abtretung im Sinne des § 29a VStG fehlgedeutet werden konnte.

7.1. Im Ergebnis war gemäß der angegebenen Rechtsgrundlage der Ermahnungsbescheid aufzuheben. Gleichzeitig war - weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Beschuldigten ausschließen - die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

7.2. Die Verfügung der Einstellung dieses Verwaltungsstrafverfahrens gibt - unbeschadet der Feststellung, daß die bescheiderlassende Behörde zur Führung dieses Verfahrens örtlich gar nicht zuständig gewesen ist - dem unabhängigen Verwaltungssenat Anlaß zu folgender Bemerkung: Im Hinblick darauf, daß nach dem gesamten Inhalt des von der Strafbehörde durchgeführten Verfahrens es gerade nicht gelungen ist, die Tatzeit in einer Bestimmtheit, wie sie für den Nachweis der Tat notwendig ist, zu ermitteln, wäre schon die Strafbehörde selbst gemäß § 45 Abs.1 Z1 erste Alternative VStG zur Verfahrenseinstellung verpflichtet gewesen.

Zu II.:

1. Im Hinblick auf die - wie dargelegt, aus Anlaß der Berufung amtswegig vorzunehmen gewesene - Aufhebung (Beseitigung) des Ermahnungsbescheides mußte die Berufung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich auf der Grundlage der angegebenen Gesetzesbestimmungen zurückgewiesen werden: Die Berufung richtet sich nunmehr gegen einen Verwaltungsakt, der dem im Rahmen der Verwaltungsstrafrechtsordnung mit ordentlichen Rechtsmitteln bekämpfbaren Bestand an Normen nicht mehr angehört.

1.2. Bei diesem Ergebnis war auf den Inhalt der Berufung nicht mehr einzugehen. Aber auch die Frage, ob vorliegend der Beschuldigte dem (von der Judikatur auf die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts abgestellten) Arbeitgeberbegriff nach dem AuslBG (vgl. VwGH vom 21.2.1991, 90/09/0160) überhaupt hätte unterworfen werden dürfen, war der Prüfung durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht (mehr) zugänglich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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