Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250122/5/Ga/La

Linz, 11.04.1994

VwSen - 250122/5/Ga/La Linz, am 11. April 1994 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der C, gegen das wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 3. April 1992, Zl. Sich02/111/1991, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis die Berufungswerberin einer Übertretung gemäß § 3 AuslBG schuldig erkannt, weil sie als Besitzerin des Lokals "R" am nicht dafür gesorgt habe, daß für eine bestimmt genannte Ausländerin eine Arbeitsbewilligung beantragt und auch ausgestellt wurde, sodaß diese in der Zeit vom 9. April 1991 bis mindestens 3. Juni 1991 unerlaubt im genannten Betrieb habe arbeiten können; deswegen wurde über die Berufungswerberin gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe der Mindeststrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die mit dem Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens (insoweit inkludierend den Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses) mündlich bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen. Die Berufung ist zulässig.

3. Schon aus der Einsicht in den Strafakt zu Zl. Sich02/111/1991 war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Dies aus folgenden Erwägungen:

3.1. Die Berufungswerberin bekämpft ihre Bestrafung mit dem Einwand, daß die Ausländerin zur Tatzeit zwar im Lokal anwesend gewesen sei, jedoch eine eigenständige Arbeit nicht ausgeübt, vielmehr nur fallweise einige Handgriffe verrichtet habe; dies jedoch nicht in dem Ausmaß, daß von einer geregelten Arbeit im Lokal gesprochen werden könne; so sei nur natürlich, "daß man jemandem zur Hand gehe, wenn man sieht, daß das Lokal voll ist und sehr viel Arbeit anfällt". Es scheint zulässig, dieses Vorbringen dahin zu deuten, daß die Berufungswerberin von schlichten Gefälligkeitsdiensten durch die Ausländerin ausgeht und der Meinung anhängt, daß Gefälligkeitsdienste eine Bewilligungspflicht nach dem AuslBG nicht auslösen würden. Allerdings steht einer solchen Wertung die in diesem Fall verhältnismäßig lange Tatzeit (immerhin fast zwei Monate), die von der Berufungswerberin nicht bestritten wird, entgegen. Ein derart langer Tatzeitraum läßt nach allgemeiner Lebenserfahrung die Annahme bloßer Erkenntlichkeiten/Gefälligkeiten als objektiv unwahrscheinlich erscheinen. Vielmehr spricht der unstrittige Sachverhalt dieser Zeitdauer für eine Tätigkeit in bereits solcher persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit, daß daraus eine unter das AuslBG fallende "Beschäftigung" erwachsen dürfte. Wenn dabei die "Handgriffe" nicht in einer regelmäßigen Zeitfolge geleistet wurden, hindert das für sich allein nicht die Unterstellung solcher Hilfstätigkeiten unter das Regime des AuslBG; auch bloß stundenweise geleisteter Aushilfsdienst, zumal dann, wenn er - wie hier - immer wieder über einen längeren Zeitraum mehr oder minder regelmäßig geleistet wird, unterliegt (zumindest nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Mit diesem Einwand gewänne also die Berufungswerberin nichts für sich.

3.2. Die Berufung führt aber aus anderen, vom unabhängigen Verwaltungssenat selbst wahrzunehmenden Gründen zum Erfolg. Gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG hat (auch) die Strafberufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache, auf deren Entscheidung der unabhängige Verwaltungssenat dabei beschränkt ist, ergibt sich zu allererst aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses. Dessen zwingenden Inhalt regelt § 44a VStG; die Ziffer 1 verlangt den Vorwurf der als erwiesen angenommenen Tat, die hinsichtlich des Täters und der Tatumstände (= alle wesentlichen Sachverhaltselemente) so genau umschrieben sein muß, daß zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z2 VStG), die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und zum anderen die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (zB. VwGH vom 10.6.1992, 92/04/0055).

3.3. Diesen Konkretisierungsanforderungen entsprechen im vorgelegten Fall weder der Schuldspruch des Straferkenntnisses noch die anderen von der belangten Behörde gesetzten Verfolgungshandlungen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. Juni 1991, Vernehmung der Beschuldigten am 12. August 1991). In Ansehung der Übertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG hätte unverwechselbar angelastet werden müssen, wann, wo und wen die Beschuldigte als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt hat (vgl. VwGH v. 26.9.1991, 90/09/0188). Die unerlaubt vorgenommene Beschäftigung (als deliktisches Handeln) ist in der Tatanlastung jedoch nie vorgeworfen worden. Vielmehr wurde ein bloßes Unterlassungsverhalten, nämlich "nicht dafür gesorgt" zu haben, daß ..... beantragt und auch ausgestellt wurde, angelastet. Ein so formulierter Tatvorwurf kann im Tatbild der Verbotsnorm des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG keine Deckung finden.

3.4. Indem die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie die Berufungswerberin einer Tat schuldig gesprochen, die im Licht des § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 AuslBG gar keine Verwaltungsübertretung bildet. Der Schuldspruch, aber auch alle anderen Verfolgungshandlungen der belangten Behörde sind deswegen mit Rechtswidrigkeit belastet. Die Begründung des Straferkenntnisses - obwohl dieses noch innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist erlassen worden ist - kann diesfalls zur interpretativen Sanierung des Schuldspruchs nicht herangezogen werden.

4. Im Ergebnis ist die Berufung erfolgreich. Das angefochtene Straferkenntnis war aufzuheben; gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweite Alternative VStG war die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hält fest, daß dieser Fall für eine Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG bestens geeignet gewesen wäre.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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