Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250131/8/Ga/La

Linz, 25.10.1993

VwSen - 250131/8/Ga/La Linz, am 25. Oktober 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des K, gegen das wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22. April 1992, Zl. SV-96/58-1991-E/Gus, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 2.500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf zwei Tage und zwölf Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde ermäßigt sich auf 250 S; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 20, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d und § 51e Abs.2 VStG. Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG. Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Übertretung des § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG iVm § 9 VStG schuldig erkannt, weil er, "als Verantwortlicher" der Firma B, einen bestimmt genannten Ausländer in der Zeit vom 19. bis 29. August 1991 in diesem Betrieb beschäftigt habe, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt gewesen sei; deswegen wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 9 Tage) verhängt; gleichzeitig wurde er zur Zahlung von 500 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

1.2. Gegen die Höhe der verhängten Strafe richtet sich die mit Schriftsatz eingebrachte Berufung.

2.1. Hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldstrafe führt die belangte Behörde lediglich an, daß "bei der Strafbemessung auf das Ausmaß des Verschuldens, Erschwerungs- und Milderungsgründe, sowie auf die aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht genommen wurde". Außerdem weist die Strafbehörde darauf hin, daß es sich bei der verhängten Geldstrafe um die in diesem Fall gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe handle.

2.2. In seinem Rechtsmittel stellt der Berufungswerber außer Streit, daß er als nach außen vertretungsbefugtes Organ der genannten Gesellschaft für die ihm angelastete Tat verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist. Darüber hinaus gibt er "das objektive Vorliegen einer Verwaltungsübertretung im Sinne von § 3 Abs.1 AuslBG" ausdrücklich zu; er macht jedoch das Vorliegen von Milderungsgründen, die er in seiner Berufungsschrift darlegt, geltend und gibt an, in erster Linie ein Absehen von der Strafe anzustreben; sofern "dies nicht möglich sein" sollte, beantragt er die Anwendung des § 20 VStG.

3. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. In einer Art Gegenschrift verweist die belangte Behörde auf die Begründung zum Straferkenntnis und "sieht keinerlei Veranlassung, § 20 bzw. § 21 VStG anzuwenden".

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat, nach Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde zu Zl. SV-96/58-1991 sowie nach Anhörung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich, das als Amtspartei am Verfahren teilnimmt, über die zulässige - Berufung erwogen:

4.1. Der Berufungswerber bestreitet mit seinem Vorbringen weder die ihm angelastete Gesetzesübertretung noch behauptet er seine Schuldlosigkeit. Er wendet sich allein gegen die Schwere der Strafwürdigkeit seines Verhaltens, wie sie in der Höhe der verhängten Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) zum Ausdruck kommt. Somit ist das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig geworden. Die gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) für den unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorliegende "Sache" ist nur die Höhe der verhängten Strafe bzw. die Frage, ob die belangte Behörde bei der Bemessung der Strafe rechtmäßig vorgegangen ist. Die Berufung ist begründet.

4.2. Das Landesarbeitsamt Oberösterreich hat in der Stellungnahme vom 2. Juli 1992 erklärt, daß nach seiner Ansicht die Anwendung des § 20 VStG gerechtfertigt sei.

4.3. Der Strafbehörde obliegt es auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun. Dazu gehört die Beantwortung der rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat sind auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.2 VStG zu erörtern. Diese Vorschrift verlangt ausdrücklich die besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Zur Erleichterung dieses Vorganges ist die sinngemäße Anwendung der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) angeordnet. Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.4. Der Strafbemessung widmet die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis nur eine Scheinbegründung. So bleibt der Unrechtsgehalt der angelasteten Tat unerörtert. Allenfalls kann aus der Verhängung der Mindeststrafe geschlossen werden, daß die belangte Behörde nur einen geringen Unwert der Tat angenommen hat. Tatsächlich ist die Rechtsgutverletzung nicht bloß geringfügig, weil die unerlaubte Beschäftigung sich immerhin über einen Zeitraum von zehn Tagen erstreckt hat.

Das Ausmaß des Verschuldens hingegen reicht über Geringfügigkeit nicht hinaus. Entgegen der Meinung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich ist dem Berufungswerber nur einfache Sorglosigkeit vorzuwerfen; für den Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit findet sich kein Anhaltspunkt.

4.5. Dennoch liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG nicht vor. Gemäß dieser Gesetzesvorschrift kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe dann absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Für die Anwendung der Norm müssen somit beide Tatbestände erfüllt sein. Von bloß unbedeutenden Folgen kann jedoch wegen einer immerhin zehntägigen Beschäftigungsdauer nicht mehr die Rede sein (zB. VwGH v. 30.8.1991, 91/09/0022).

4.6. Hingegen sind die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG gegeben. Danach kann nämlich die Mindeststrafe (hier: 5.000 S) bis zur Hälfte dann unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Dies trifft vorliegend zu: So ist mildernd zu werten, daß nach der Aktenlage Unbescholtenheit vorliegt (§ 34 Z2 StGB). Das Vorbringen unter Punkt 2 der Berufungsbegründung kann vertretbar als besonderer Milderungsgrund der Tatbegehung nur aus Unbesonnenheit (§ 34 Z7 StGB) eingestuft werden. Auch mit der Anmeldung zur Gebietskrankenkasse hat der Berufungswerber einen Milderungsgrund gesetzt. Im Sinne des § 34 Z15 StGB ist ferner als mildernd zu berücksichtigen, daß der Berufungswerber schließlich den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung (über den sodann positiv entschieden worden ist) gestellt hat. Der unabhängige Verwaltungssenat hält außerdem als mildernd zugute, daß der unbeschäftigt gewesene Ausländer aus einer Familie mit bereits hohem Integrationsgrad stammte. Ein Erschwerungsgrund liegt hingegen tatsächlich nicht vor.

Zusammenfassend überwiegen die Milderungsgründe beträchtlich, sodaß der Tatbestand für die Anwendung des § 20 VStG erfüllt ist. Indem auch nachteilige Folgen nicht zutage getreten sind, war die Geldstrafe mit der auf die Hälfte herabgesetzten Mindeststrafe neu festzusetzen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war herabzusetzen, um ihr Verhältnis zu der nun verhängten Geldstrafe zu wahren. Der unabhängige Verwaltungssenat ging dabei nicht von dem von der belangten Behörde mit neun Tagen offensichtlich überhöht (und in dieser Höhe ohne Begründung) festgesetzten Dauer aus. Vielmehr wurde der in vergleichbaren Fällen übliche Schlüssel von einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe für je 1.000 S verhängte Geldstrafe angewendet.

5. Anzumerken ist noch: Im Sinne der einschlägigen und ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist vorliegend der Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses rechtswidrig deswegen, weil er den Rechtsgrund für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers nicht konkret genug angibt; auch die Rechtsvorschrift, auf die sich die Verantwortlichkeit stützt, ist nur unvollständig genannt. Die dem unabhängigen Verwaltungssenat nach dieser Judikatur insoweit obliegende Richtigstellungspflicht kann jedoch nicht erfüllt werden, weil in diesen Punkten der Schuldausspruch infolge der auf das Strafausmaß eingeschränkten Berufung schon rechtskräftig geworden ist.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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