Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250133/6/Gu/Kf

Linz, 02.09.1992

VwSen - 250133/6/Gu/Kf Linz, am 2. September 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Ing. R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 16. April 1992, G96-9-1992, wegen Übertretungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes des ASVG und des Arbeitsmarktförderungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis in allen 3 Fakten behoben und die diesbezüglichen Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 4 Abs.2 AÜG, § 22 Abs.1 Z.1 lit.a i.V.m. § 16 Abs.3 und § 8 Abs.3 sowie § 11 Abs.2 AÜG; § 111 i.V.m. §§ 3 Abs.3 und 35 Abs.2 ASVG, § 7 VStG i.V.m. § 48 Abs.1 und § 9 AMFG; sämtliche i.z. § 66 Abs.4 AVG und § 24 VStG, § 44a Z.1 VStG, § 45 Abs.1 Z.1 zweiter Sachverhalt VStG.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit 16.4.1992, G96-9-1992, ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet: Herrn R. "Sie haben als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ der Ing. R, wie anläßlich einer außerdienstlichen Erhebung des Arbeitsamtes Steyr am 18.11.1991 festgestellt wurde, die ungarischen Staatsangehörigen B, S, die Ihnen von der Firma E, im Rahmen eines Werksvertrages überlassen worden sind, in der Zeit vom 15.6.1991 bis mindestens 18.11.1991 beschäftigt und 1. hiefür, obwohl eine Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich vorlag, keine Bewilligung gemäß § 16 Abs.4 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) besessen und haben als Beschäftiger gesetzwidrige Vereinbarungen getroffen und verlangt, da Sie durch die Nichteinhaltung der grenzüberschreitenden Überlassungsbewilligung wichtige gesetzliche Arbeitnehmerschutzbestimmungen übergangen haben und den Arbeitnehmern Nachteile im Sinne des Arbeitnehmerschutzes bzw. arbeitsrechtlicher Natur entstanden sind.

2. Die beiden ungarischen Arbeitnehmer wurden entgegen der sich auch § 3 Abs.3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), letzter Satz, und § 35 Abs.2 ASVG, letzter Satz, ergebenden Verpflichtung nicht zur Sozialversicherung gemeldet und es wurden auch keine Angaben entrichtet.

3. Sie haben durch die Beschäftigung der ausländischen Arbeitskräfte der Firma E die Zurverfügungstellung von ausländischen Arbeitskräften ohne Übernahme der Dienstgeberpflichten, wie Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, Übernahme des wirtschaftlichen Wagnisses, ermöglicht, was den Tatbestand der verbotenen Arbeitsvermittlung gemäß § 9 Abs.1 und 5 Arbeitsmarktförderungsgesetz (AMFG) darstellt und damit den Tatbestand der Anstiftung zur illegalen Arbeitskräfteüberlassung verwirklicht; da Sie sich weder vom Vorliegen der grenzüberschreitenden Überlassungsbewilligung noch von Beschäftigungsbewilligungen überzeugt hatten, mußte Ihnen auch bewußt sein, die Begehung einer Verwaltungsübertretung zu erleichtern.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 22 Abs.1 Ziff.1 lit.a i.V.m. § 16 Abs.3 und § 8 Abs.2 und § 11 Abs.2 AÜG 2. § 111 i.V.m. § 3 Abs.3 und § 35 Abs.2 ASVG 3. § 7 VStG i.V.m. § 48 Abs.1 i.V.m. § 9 AMFG Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe v. Schilling 1.) 10.000 S falls diese uneinbringlich ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, gemäß § 22 Abs.1 Ziff.1 AÜG und 2.) 5.000 S, falls diese uneinbringlich ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, gemäß § 111 ASVG und 3.) 10.000 S, falls diese uneinbringlich ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, gemäß § 48 Abs.1 AMFG.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 2.500,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich S 50,-- angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 27.500 S.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG).

Der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte macht in seiner rechtzeitigen Berufung dagegen geltend, daß die Tatzeit nicht erwiesen sei. Darüberhinaus sei beachtlich, daß er die beiden ungarischen Arbeitnehmer von Herrn Ing. E bzw. von der von ihm unter dem Wortlaut E geführten juristischen Person aus S übermittelt bekommen habe und guten Glaubens gewesen sei, daß es sich um Arbeitnehmer dieser GesmbH. gehandelt habe, bei denen in punkto Beschäftigungserlaubnis alles in Ordnung sei. Erst nach Rücksprache betreffend Vorlage eines Werkvertrages, den er nach Vorlage mit der E unterzeichnet habe, sei hervorgekommen, daß die Arbeiter nicht von der E stammten.

Er habe erstmalig in einer diesbezüglichen Angelegenheit agiert, sodaß er in der Folge lediglich bedacht gewesen sei, seine Aufträge erfüllen zu können. Ihm sei dabei nicht klar gewesen, daß er dadurch Tatbestände nach dem AÜG und dem AMFG gesetzt habe. Zur Höhe der verhängten Strafe macht er geltend, daß die bisherige Unbescholtenheit im Zusammenhang mit weiteren Milderungsgründen unrichtig gewichtet worden sei. Aus diesem Grunde beantragt er die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens in eventu die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz in eventu die verhängte Geldstrafe herabzusetzen bzw. von einer Bestrafung abzusehen.

Aufgrund der in Gegenwart des Beschuldigten und seines Vertreters am 20. August 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen und Einsicht in die wesentlich im Akt erliegenden Urkunden gepflegt wurde, ist erwiesen, daß die vorerwähnten Arbeitnehmer am 10. Juni 1991 im Betrieb bzw. an der durch die R bearbeiteten Heizungsbaustelle der in Bau befindlichen A erschienen sind. Als der Beschuldigte wahrnahm, daß es sich bei den Arbeitern um Ungarn handelte, hielt er Rücksprache mit der E, über die er die Ungarn bekommen hatte, bekam einen "Werkvertrag" zugesandt, der als Auftragnehmer die E auswies und schloß mit Datum 11. Juni 1991 durch Unterfertigung diesen Vertrag ab, der zum überwiegenden Teil auf die Erbringung selbständiger Leistungen des ungarischen Betriebes lautete, daneben aber auch die Passage enthielt, daß der Auftraggeber, den Beschuldigten zu vertreten hat, sie Werkzeuge und Schweißmaschinen für den Auftragnehmer kostenlos zur Verfügung zu stellen habe.

Tatsächlich wurden jedoch nicht Abschnitte von Installationen verrechnet, sondern mit dem Auftragnehmer nach dem von seinen Mitarbeitern erbrachten Stunden abgerechnet.

Nach einem Arbeitsunfall am 24.7.1991 kehrte A nicht mehr zur Baustelle zurück. Sein Kollege hingegen arbeitete nach einer Unterbrechung infolge Betriebsurlaubes bis Oktober an der Baustelle weiter.

Die belangte Behörde richtete mit Datum vom 22.1.1992, Zl. 96-9-1991, an den Beschuldigten die erste Verfolgungshandlung, indem sie ihm textgleich wie im Spruch des vorher zitierten Straferkenntnisses zur Rechtfertigung aufforderte.

Ein Vorhalt der Anzeige des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 13. Jänner 1992 zu AZ: IIIc 6.001 B Kai/Ks, in der der Sachverhalt näher umschrieben ist, ist von seiten der Strafbehörde nicht nachgewiesen.

Rechtlich betrachtet ergab sich bei dieser Ausgangslage folgendes: Das angefochtene Straferkenntnis weist den Beschuldigten die Verantwortung für die konsenslose Beschäftigung von im Rahmen eines Werkvertrages überlassenen 2 Ungarn zu, knüpft ausgehend hievon eine weitere Verantwortung bezüglich der Übertretung des ASVG und infolge Fahrlässigkeit (vgl. die Worte: mußte ihnen auch bewußt sein....) auch die Erleichterung der Begehung einer Übertretung nach dem AMFG an.

Die Zuhaltung eines entsprechenden Werkvertrages, auch wenn dieser von einem ausländischen Betrieb bzw. dessen Dienstnehmer erfüllt wird, bildet schlechthin noch keine der vorgeworfenen Übertretungen. Nur wenn der Werkvertrag zum Scheinvertrag gemacht wird und damit eine Überlassung von Arbeitskräften getarnt werden soll, greifen die von der Erstbehörde angezogenen Strafbestimmungen. Der Beurteilungsmaßstab, ob eine Überlassung vorliegt, ist im § 4 des AÜG umschrieben. Es hätte also im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bereits der konkreten Beschreibung bedurft, daß die ungarischen Arbeitnehmer der Fachaufsicht des Personals der GesmbH unterlagen, kein unterscheidbares Werk vollbrachten, indem sie nur schweißten und montierten und Werkzeug und Material der GesmbH verwendeten.

Zur Konkretisierung des Tatvorwurfes reicht der bloße Gebrauch der verba legalia "überlassen" und "beschäftigt" nicht hin (vergleiche hiezu u.a. Erk. des VwGH, Verstärkter Senat, vom 13. Juni 1984, Sammlung NF Nr. 11466 A, VwGH vom 29.1.1991, Zl. 90/04/0126-8 und VwGH vom 10. Juni 1992, Zl. 92/04/0055-5 u.v.a.m.).

Nachdem die Verfolgung wegen der konkret umschriebenen Taten nicht nachgewiesen ist, konnte der unabhängige Verwaltungssenat die Sache, bei der Anklagegrundsatz herrscht - zumal zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Europäischen Menschenrechtskonvention in Österreich keine entsprechenden Verwaltungsstraftatbestände herrschten, nicht von sich aus verfolgen, wenngleich die belastenden Umstände handgreiflich erschienen.

Fehlte es am konkret umschriebenen Lebenssachverhalt der Überlassung, so knüpfte sich denknotwendig die Folge daran, daß auch der darauf bezughabende Straftatbestand nach dem ASVG sowie jener der Vermittlung von Arbeitskräften im Sinne der Rechtsvermutung des § 9 Abs.4 AMFG unvollständig blieb.

Die Behebung des Straferkenntnisses in allen 3 Fakten sowie die Einstellung der Verfahren hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß weder für das erstinstanzliche Verfahren, noch für das Berufungsverfahren Kostenbeiträge anfallen (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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