Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250151/21/Ga/La

Linz, 21.11.1994

VwSen-250151/21/Ga/La Linz, am 21. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Fragner; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzerin: Dr. Klempt) über die Berufung des K L, vertreten durch Dr. J K, Rechtsanwalt in T, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.

Mai 1992, Zl. SV-96/4-1992-E/Mü, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung durch öffentliche Verkündung am 5.

Oktober 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 51g und § 51i; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung gemäß § 9 VStG iVm § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 lit.a (gemeint: § 28 Abs.1 Z1 lit.a) AuslBG schuldig erkannt: Er habe "als Verantwortlicher" der Firma L Gesellschaft m.b.H., mit näher bezeichnetem Sitz in T, am 26. November 1991 auf der "Baustelle der Wohnanlage E" einen namentlich genannten tschechischen Staatsangehörigen beschäftigt, ohne daß für diesen Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, ein Befreiungsschein bzw.

eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden sei.

Deswegen wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich das die Tat bestreitende und Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens einwendende, die Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG beantragende Rechtsmittel.

3. Auf Grund der vorgelegten Berufung hatte der unabhängige Verwaltungssenat in die Sache einzugehen und zur Klärung von Tatfragen eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen.

In das Beweisverfahren der am 5. Oktober 1994 in Anwesenheit des Rechtsfreundes des Berufungswerbers und eines Vertreters der Landesgeschäftsstelle Arbeitsmarktservice Oberösterreich (der Berufungswerber selbst war wegen - ärztlich bestätigter - Krankheit entschuldigt; die gleichfalls geladene belangte Behörde war nicht vertreten) durchgeführten Verhandlung wurde auch der Strafakt der belangten Behörde zu Zl.

SV-96/4-1992 einbezogen. Als Zeuge wurde jener Beamte des Landesarbeitsamtes Oberösterreich (LAA ), der die zur Anzeige führende Kontrolle am 26. November 1991 durchgeführt hatte, förmlich vernommen. Der involvierte Ausländer hingegen konnte dem Zeugenbeweis nicht zugeführt werden, weil sein Aufenthalt nicht herausgefunden werden konnte.

4. Auf Grund der Beweisergebnisse der Verhandlung ist gemäß § 51i erster Satz VStG iVm § 37 AVG für das h. Erkenntnis folgender Sachverhalt zu berücksichtigen:

Unstrittig war der Berufungswerber zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der vom Tatvorwurf eigentlich betroffenen Gesellschaft. Unstrittig ist auch, daß der bezeichnete Ausländer am Dienstag, dem 26. November 1991 auf einer von mehreren Baustellen dieser Gesellschaft in der Wohnanlage E vom kontrollierenden Organ des LAA in Arbeitsmontur angetroffen worden ist, wobei der Ausländer gerade mit Platten- oder Fliesenlegen beschäftigt gewesen ist. Im Zuge dieser Kontrolle wurde der Ausländer nicht gefragt, welche Aufträge er bekommen und wer ihm allenfalls Aufträge gegeben hat. Auch Verdienst und Arbeitszeit des Ausländers sind bei der Kontrolle nicht erhoben worden. Ob der Verdienst allenfalls in einer Naturalentlohnung bestanden hat, ist nicht erfragt worden. In sich widersprüchlich ist der anläßlich der Kontrolle ausgefüllte Erhebungsbogen dadurch, daß in die Rubrik mit der Frage: In Österreich seit? der Ausländer selbst in seiner Muttersprache handschriftlich eingetragen hat "2. dni" (= zweiter Tag), und in der Rubrik mit der Frage: Beschäftigt bei Firma ... seit? hingegen das Erhebungsorgan handschriftlich eingetragen hat "zwei Monate". Nicht diese, sondern nur jene Eintragung erscheint einigermaßen plausibel im Hinblick auf die im Strafakt einliegende Verantwortung eines Arbeitnehmers des Berufungswerbers. Darin wird dargelegt, daß der nämliche Ausländer ein Freund dieses Arbeitnehmers sei und ihn aufgesucht habe, weil sie gemeinsam Weihnachtseinkäufe machen wollten; dabei habe ihm sein Freund an diesem Dienstag, dem 26. November 1991 bei der Arbeit deswegen geholfen, damit er schneller fertig werde und sie beide daher mehr Zeit für die Weihnachtseinkäufe übrig hätten. Mit diesen Angaben ist vereinbar, daß zwar im Zeitraum Oktober/November 1991 eine weitere Kontrolle der Baustellen der bezeichneten Wohnanlage durchgeführt, dabei der genannte Ausländer jedoch nicht angetroffen worden ist.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis oder d) nach den Bestimmungen des § 18.

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 28 Abs.1 Z1 AuslBG begeht derjenige eine (bei erstmaliger Tat) mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, der gemäß lit.a dieser Bestimmung entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde.

Für den Fall der erstmaligen und weiteren Tatwiederholung sieht das Gesetz (wenn nicht mehr als drei Ausländer unbefugt beschäftigt wurden) den erhöhten Strafsatz von 10.000 S bis 120.000 S vor.

Für die Einhaltung der Vorschriften des AuslBG, deren Übertretung dem Berufungswerber angelastet wird, ist nach den Bestimmungen dieses Gesetzes stets nur der Arbeitgeber haftbar. Als solcher sollte vorliegend wohl, obgleich dies aus der Formulierung des Schuldspruchs nur vermutet werden kann, die genannte Gesellschaft und für sie der Berufungswerber "als Verantwortlicher" (wobei unbestimmt geblieben ist, in welcher Verantwortung?) angesprochen sein.

Übereinstimmend nach Judikatur und Lehre (zB VwGH vom 11.07.1990, 90/09/0062; Schnorr, AuslBG 2. A, 22) ist maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff nach § 2 Abs.2 AuslBG, daß die festgestellte Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Unter diese Voraussetzung fällt auch eine ganz kurzzeitig gebliebene Hilfstätigkeit, sogar ein bloß stundenweise geleisteter Aushilfsdienst in den Beschäftigungsbegriff des AuslBG. Dies freilich unter der weiteren Voraussetzung, daß es sich dabei nicht um reine Erkenntlichkeits-/Gefälligkeitsdienste handelt, die ohne jede Entlohnung - weder in Geld noch allenfalls in Naturalien - geblieben sind (vgl. VwGH vom 26.6.1991, 91/09/0039).

5.2. Die belangte Behörde hat der Tatanlastung ein solches, dem AuslBG unterliegendes Beschäftigungsverhältnis zugrundegelegt. Dafür jedoch, daß für J O ein Beschäftigungsverhältnis dieser Art bei der Firma L Gesellschaft m.b.H. zur Tatzeit tatsächlich begründet gewesen ist, hat das Beweisverfahren des unabhängigen Verwaltungssenates keine hinreichenden Anhaltspunkte erbracht.

Weder irgendeine Entlohnung noch irgendein Arbeitsauftrag an den Ausländer noch seine Einbindung in eine vorgegebene Arbeitszeit konnten nachgewiesen werden. Insbesondere hat der Zeugenbeweis in Verbindung mit dem Urkundenbeweis (das ist die - in wesentlichen Punkten unausgefüllt gebliebene "Niederschrift" über die am 26. November 1991 an Ort und Stelle durchgeführte Kontrolle bzw. Befragung) keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der oben (5.1.) dargelegten Kriterien erbracht.

6. Aus all diesen Gründen war der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG im Zweifel einzustellen.

7. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob im Schuldspruch die Bezeichnung der Baustelle als den Ort der unbefugten Beschäftigung des Ausländers - und somit als wesentliches Sachverhaltselement - im Licht des § 44a Z1 VStG bestimmt genug vorgenommen worden ist.

Im übrigen hält der unabhängige Verwaltungssenat zur Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses noch fest:

Strafbemessend hat die belangte Behörde als Erschwerungsgrund gewertet, daß der Berufungswerber "bereits als einschlägig vorbestraft aufscheint". Abgesehen davon, daß nach den Besonderheiten des AuslBG eine rechtskräftige und ungetilgte Vortat nicht einfach als erschwerend zu werten ist, sondern tatbestandserfüllende Wirkung für die Anwendung des in § 28 Abs.1 Z1 leg.cit. vorgesehenen erhöhten Strafrahmens für die erstmalige und weitere Wiederholung hat, findet das Begründungselement der straferschwerend gewerteten 'einschlägigen Vorstrafe' im Strafakt keine Deckung. Der im Akt einliegende Vorstrafen-Auszug läßt hinsichtlich der darin angeführten Verwaltungsstrafverfahren weder die übertretene Rechtsvorschrift noch den rechtskräftigen Abschluß dieser Strafverfahren erkennen.

Nicht nachvollziehbar in dieser Generalisierung ist die beweiswürdigende Aussage, wonach es "auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung als äußerst unglaubwürdig erscheint, daß der betreffende Ausländer genau an jenem Nachmittag seinen Freund auf der Baustelle besucht und geholfen hat, an dem die Betriebskontrolle stattfand".

Und zuletzt ist das Begründungselement, wonach der Ausländer bei seiner Befragung am 26. November 1991 gegenüber dem Erhebungsbeamten des LAA angegeben habe, "daß er bereits seit ca. zwei Monaten auf der Baustelle arbeite, schlicht aktenwidrig.

8. Die Aufhebung und die Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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