Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-250155/2/Gu/Bf

Linz, 27.07.1992

VwSen - 250155/2/Gu/Bf Linz, am 27. Juli 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des A G, vertreten durch Dr. J W beide Rechtsanwälte in , G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 17. Juni 1992, Zahl Sich02/51/1991, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu Recht:

I. Aufgrund der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 44a Z.1 VStG, § 45 Abs.1 Z.1 VStG, § 28 Abs.1 Z.1 lit.a AuslBG 1975 i.d.F.d. Bundesgesetzes BGBl.Nr.684/1991 i.V.m. § 3 Abs.1 leg.cit.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die in der Präambel zitierte belangte Behörde hat den Beschuldigten mit dem angefochtenen Straferkenntnis einer Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz schuldig erkannt.

Der Spruch dieses Erkenntnisses lautet: "Sie haben als Inhaber der Firma S Nr., nicht dafür gesorgt, daß für den rumänischen Staatsangehörigen P, geb. , eine Beschäftigungsbewilligung rechtzeitig ausgestellt wurde, sodaß dieser in der Zeit vom 3.12.1990 bis zum 8.1.1991 unerlaubt in Ihrem Betrieb beschäftigt wurde." Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und im wesentlichen vorgebracht, daß er bei der Beschäftigung des rumänischen Staatsangehörigen P das erste Mal einen Ausländer beschäftigt habe und von der Bewilligungspflicht nichts gewußt habe. Es fehle an der für die Bestrafung notwendigen Schuld.

Die belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung getroffen und den Akt vorgelegt.

Bei der verhängten Strafe handelt es sich um keine primäre Freiheitsstrafe und um keine den Betrag von 10.000 S übersteigende Geldstrafe. Damit war unter Berücksichtigung des Tatortes (§ 51 Abs.1 VStG) das durch die Geschäftsverteilung des O.ö. Verwaltungssenates zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51 VStG).

Nachdem der maßgebende Sachverhalt - das ist - wie im folgenden dargetan wird - der mangelhafte Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses klar gegeben ist, war die Sache ohne weiteres Ermittlungsverfahren (§ 37 AVG i.V.m. § 56 AVG letzte Rechtsregel - vgl. d.W. "soferne der Sachverhalt nicht von vornherein klar gegeben ist") und ohne öffentliche mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 51 e Abs.1 VStG).

Seinem gesamten vorzitierten Vorbringen zufolge erachtet sich der Rechtsmittelwerber in dem Recht verletzt, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden.

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Gemäß § 3 des im Spruch zitierten Ausländerbeschäftigungsgesetzes (in der Folge kurz AuslBG genannt) darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis, b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, c) in einem Ausbildungsverhältnis, d) nach den Bestimmungen des § 18 oder e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes BGBl.Nr.196/1988.

Gemäß § 6 Abs.1 2.Satz AuslBG ist der Arbeitsplatz durch die berufliche Tätigkeit und den Betrieb bestimmt.

Gemäß § 28 Abs.1 Z.1 lit.a AuslBG begeht - soferne die Tat nicht den Tatbestand eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet - eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt, noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde ...... bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens 3 Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als 3 Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 240.000 S.

Gemäß § 44a Z.1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses - wenn er nicht auf Einstellung lautet - die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach scheint es rechtlich geboten die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen (bloßer Gebrauch der verba legalia) ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2 anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), muß a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu u.a. das Erkenntnis des VwGH, verstärkter Senat vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr.11.466/A VwGH vom 29.1.1991, Zl.90/04/0126-8 und VwGH vom 10. Juni 1992, Zl. 92/04/0055-5 u.v.a.m.).

Nachdem auch die Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. März 1991) keine nähere Umschreibung der Tat enthielt, war es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt den Tatvorwurf im (Berufungs)-verfahren zu erweitern und zwar insbesondere im Hinblick darauf, daß bei Anwendung der Strafbestimmungen des AuslBG der Artikel 6 MRK die Richtschnur bildet, wonach unter anderem der Anklagegrundsatz herrscht. Das Straferkenntnis ist in seinem Wesensgehalt ein Surrogat für die Anklageschrift, die Berufung ein Einspruch gegen die Anklageschrift. Der Untersuchungsgrundsatz gilt nur für das Untersuchungs-(erstinstanzliche)-verfahren und bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation unter dem Blickwinkel des Artikel 6 MRK unter Anwendung finaler Reduktion, nicht für das Berufungsverfahren.

Schon aus diesem Grunde konnte keine Ausweitung der Anklage im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat erfolgen.

Ausgehend vom Spruch des Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber angelastet, den ausländischen Staatsbürger im erwähnten Zeitraum "beschäftigt" zu haben, ohne daß in einer nach den vorstehenden Darlegungen erforderlichen konkretisierten Form die Tatumstände (worin das Beschäftigungsverhältnis nach Art des Vertragsverhältnisses - vgl. § 2 Abs.2 AuslBG -, die berufliche Tätigkeit - vgl. § 6 Abs.1 leg.cit -, gegebenenfalls die empfangene Gegenleistung, die wirtschaftliche Abhängigkeit, um nur einige Ansatzpunkte herauszuheben), tatsächlich gelegen sei, die die Zuordnung dieses Tatverhaltens zu den vorgeworfenen Tatbestandsmerkmalen ermöglichen würden.

Der O.ö. Verwaltungssenat sieht keinen Anlaß, diesen, vom Verwaltungsgerichtshof geprägten, im Verhältnis zur Spruchpraxis der ordentlichen Strafgerichtsbarkeit strengen Maßstab nicht anzuwenden und dadurch die Rechtssphäre des Beschuldigten zu verletzen.

Da der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit einem unheilbaren Mangel behaftet ist, mußte die Aufhebung ausgesprochen und nachdem das Substrat für die Verwaltungsübertretung fehlte, gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt werden, ohne daß das weitere Berufungsvorbringen zu erörtern war.

Dies hat auf der Kostenseite zur Folge, daß die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen sind (§ 66 Abs.1 VStG). Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß, außer dem Fall einer Amtsbeschwerde von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum