Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250242/42/Lg/Bk

Linz, 07.09.1994

VwSen-250242/42/Lg/Bk Linz, am 7. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 22.

Juni 1994 und am 23. August 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des R E, Gastwirt, A, W. gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 18. Juni 1993, Zl. SV 96-98-1992, mit dem über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idgF verhängt worden war, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber braucht keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde und des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG und § 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Das angefochtene Straferkenntnis wirft dem Berufungswerber vor, in seinem Gasthaus in A, W, die aus Bosnien stammende S J in der Zeit von 9. Juni 1992 bis zumindest 11. September 1992 als Hilfskraft beschäftigt zu haben, obwohl er für diese Person keine Beschäftigungsbewilligung hatte und die Ausländerin selbst keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besaß. Der Berufungswerber habe dadurch § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG verletzt und sei in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

In der Begründung verweist das Straferkenntnis auf die Anzeige des GP Weyregg a. A. In dieser sei festgestellt worden, daß die betreffende Ausländerin seit 9. Juni im Gasthausbetrieb als Hilfskraft gegen Kost und Quartier beschäftigt worden sei. Dieser Sachverhalt sei anläßlich der Kontrolle am 9. Juni 1992 von der Gattin des Berufungswerbers nicht bestritten worden.

Aus der dem Akt beiliegenden Anzeige des GP Weyregg a.A.

geht hervor, daß aufgrund des Ersuchens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. September 1992 (diesen Tag - und nicht jenen der Erhebung - gibt das angefochtene Straferkenntnis, wenn man das unzulässig verunklarende Wort "zumindest" wegläßt, als Ende des Tatzeitraumes an) von RI Z am 9. Oktober 1992 (und nicht, wie in der Begründung des Straferkenntnisses irrtümlich angegeben: am 9. Juni 1992) eine Erhebung durchgeführt wurde. Schon im Erhebungsersuchen vom 11.

September 1992 war festgehalten, daß die betreffende Ausländerin am 9. Juni 1992 in Österreich unter der Adresse A Quartier genommen habe. Die Anzeige stützt sich (lediglich) auf "Auskünfte" von Frau I E, der Gattin des Berufungswerbers. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht stellt die Anzeige fest, daß die betreffende Ausländerin seit 9. Juni 1992 im Gasthausbetrieb als Hilfskraft gegen Kost und Quartier tätig sei.

2. In der Berufung wird geltend gemacht, daß die betreffende Ausländerin erst am 9. Juni 1992 eingereist sei und nicht schon ab diesem Tag sondern erst im Laufe der nächsten Monate ihren Bruder (N J) bei der Arbeit unterstützt habe.

3. In der Stellungnahme vom 2. Dezember 1993 führt das Landesarbeitsamt Oberösterreich ua aus, daß feststehe, daß die betreffende Ausländerin seit 9. Juni 1992 beim Beschuldigten wohnhaft war und seit diesem Zeitpunkt bis zumindest 9. Oktober 1992 (Zeitpunkt der Kontrolle durch den GP Weyregg a. A.) vom Beschuldigten als Hilfskraft in seinem Gastgewerbebetrieb beschäftigt wurde. Dies sei anläßlich der Kontrolle von der Gattin des Beschuldigten angegeben worden.

Als Entlohnung seien lediglich freie Kost und Quartier gewährt worden, ohne daß eine Anmeldung zur Sozialversicherung erfolgt sei. Ergänzend wird angeführt, daß vom Beschuldigten beim Arbeitsamt Vöcklabruck am 22.

Juni 1992 sowie am 5. Oktober 1992 Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die betreffende Ausländerin eingebracht worden waren, die jedoch mit Bescheiden vom 13. Juli 1992 bzw vom 21. Oktober 1992 negativ erledigt worden waren. Auch den jeweiligen dagegen eingebrachten Berufungen sei nicht stattgegeben worden.

4. Im Rahmen der am 22. Juni 1994 und am 23. August 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung entschlug sich die Gattin des Berufungswerbers, Frau I E, unter Berufung auf das Verwandtschaftsverhältnis der Zeugenaussage zu der Frage, ob die betreffende Ausländerin zum vorgeworfenen Tatzeitraum tatsächlich im gegenständlichen Betrieb beschäftigt war.

Der damalige Meldungsleger (RI Z) sagte zu dieser Frage aus, die am Tag der Erhebung anwesende Frau I E habe ihm gegenüber nicht bestritten, daß die betreffende Ausländerin im Gastbetrieb als Hilfskraft tätig sei. Ob die Angabe (der Anzeige) hinsichtlich des Beschäftigungsbeginns aus dem Gespräch mit Frau I E stamme (oder etwa vom Erhebungsersuchen übernommen wurde), konnte der Zeuge nicht mehr sagen. Ein vor dem Tag der Erhebung liegendes Ende des Beschäftigungsverhältnisses wurde vom Zeugen nicht behauptet. Ferner gab der Zeuge an, er selbst habe die betreffende Ausländerin nicht selbst arbeiten gesehen, sie sei aber bei der Erhebung aus der Küche gekommen.

Die damals im Betrieb beschäftigten N J und C H sagten, zeugenschaftlich einvernommen, aus, daß sie sich nicht mehr erinnern können, ob die Ausländerin während des Tatzeitraums im Betrieb beschäftigt wurde. Der Zeuge N J hielt es für möglich, daß die Ausländerin nach Mitte September im Gasthaus gearbeitet hat.

Ferner gab dieser Zeuge an, daß die Ausländerin seiner Erinnerung nach ab 9. Juni im betreffenden Gasthaus gratis gewohnt und er ihr dann und wann Geld gegeben hat. Der Zeuge C H sagte aus, er könne sich daran erinnern, daß die Ausländerin im Jahr 1992 im Gasthof anwesend war, er wisse jedoch nicht genau wann und in welcher Funktion.

Küchendienste habe sie jedenfalls nicht verrichtet.

Von der Ladung weiterer Zeugen wurde abgesehen, zumal der Vertreter des Arbeitsmarktservice dies nicht verlangte.

5. Bei der Beweiswürdigung geht der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß ein den Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses tragendes Geständnis des Beschuldigten nicht vorliegt. Im Rechtfertigungsschreiben vom 10. Dezember 1992 verwies der Berufungswerber (nicht zuletzt wegen der Kontakte zur Caritas glaubwürdig) auf die humanitären Motive der Aufnahme der aus dem bosnischen Kriegsgebiet stammenden Ausländerin und auf die Bemühung der Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung. Die Formulierung der Berufung (siehe oben 2.) läßt zwar die Deutung zu, daß ab einem bestimmten Zeitpunkt, zu den zunächst nur humanitären Motiven möglicherweise Umstände hinzutraten, die die Annahme einer Beschäftigung (gegen Naturalentlohnung) rechtfertigen würden. Indes bleiben diese (näheren) Umstände ebenso unbekannt wie der Zeitpunkt, ab dem diese Verdichtung solcher Umstände zu einem Beschäftigungsverhältnis eintrat bzw ob dieser Zeitpunkt vor dem 11. September 1992, also dem Ende des im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfenen Tatzeitraumes lag.

Was die Beweislage hinsichtlich der Zeugenaussagen betrifft, ist davon auszugehen, daß die "Auskünfte" der Frau I E gegenüber dem Erhebungsbeamten im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht verwertet werden dürfen, da sich Frau I E berechtigt der Zeugenaussage entschlagen hatte (§ 51g Abs.3 Z3 iVm § 51i VStG; vgl dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, Zl. 94/09/0047). Dies gilt nicht nur für die (nicht greifbaren) "Auskünfte" von Frau I E "im Original", sondern auch für deren Wiedergabe in Form der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Anzeige.

Dasselbe muß (aus denselben Gründen die hinter dem Verbot der Verwertung früherer Aussagen bei berechtigter Aussageentschlagung stehen) wohl für die Verwertung der Aussage des Zeugen Z im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung darüber gelten, was ihm die Zeugin I E damals sagte.

Verträte man hinsichtlich der Verwertbarkeit der Aussage dieses "Zeugen vom Hörensagen" - einen unmittelbaren Zeugen auf dessen eigene Wahrnehmung der Vorwurf gestützt werden könnte, gibt es im gegenständlichen Verfahren nicht - eine andere Auffassung, so bliebe festzuhalten, daß die Aussagen des Zeugen Z vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu unbestimmt waren, um den konkreten Tatvorwurf zu tragen, wurde doch letztlich statt positiver Aussagen der unmittelbaren Zeugin I E nur die Erinnerung wiedergegeben, daß die Zeugen die Tätigkeit der Ausländerin als Hilfskraft im Gastbetrieb "nicht bestritt", geschweige denn, daß der im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Beschäftigungszeitraum bestätigt werden konnte. In Anbetracht allein dieser Unklarheit ist zwanglos beispielsweise auch die Annahme möglich, daß der von Frau I E "unbestrittene" Einsatz der Hilfskraft erst nach dem 11. September 1992 begann.

Die Zeugen N J und C H konnten den Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses nicht bestätigen.

Der bloße Umstand, daß - wie von N J bestätigt die Ausländerin am 9. Juni 1992 im Gasthof gratis Quartier nahm, läßt - in Anbetracht der von der belangten Behörde anerkannten humanitären Motive der Aufnahme der Ausländerin durch die Familie E - keinen sicheren Schluß darauf zu, daß von Anfang an ein Beschäftigungsverhältnis vorlag. Dies auch nicht in Verbindung mit den Bemühungen um Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung für die betreffende Ausländerin, auf die in der Stellungnahme des Landesarbeitsamts Bezug genommen wird.

6. Da im unabhängigen Verwaltungssenat trotz Aufnahme sämtlicher zur Verfügung stehender Beweise und nach eingehender Beweiswürdigung nicht mit alle Zweifel ausschließender Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfs entstand, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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