Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250300/12/Kei/Shn

Linz, 12.08.1994

VwSen-250300/12/Kei/Shn Linz, am 12. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der B W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 22. Februar 1994, Zl.SV-96/70-1993-E/Mü, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Juni 1994 und mündlicher Verkündung der Entscheidung am 11. August 1994, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird teilweise Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die verhängte Geldstrafe wird auf 2.500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden, herabgesetzt.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend berichtigt, daß - anstelle des Wortes "jugoslawische" zu setzen ist:

"kroatische" und - zwischen "geb....," und "beschäftigt" einzufügen ist: "im Rahmen des Küchenbetriebes".

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), § 20 VStG.

II: Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, ds 250 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 22. Februar 1994, Zl.SV-96/70-1993-E/Mü, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe neun Tagen) verhängt, weil sie "in ihrem Gasthaus 'N' in H, L, in der Zeit von 15.6.1993 bis 17.6.1993 die jugoslawische Staatsangehörige A S, geb...., beschäftigt" habe, "ohne daß für die Ausländerin eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt" worden sei. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begangen, weshalb sie nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 1. März 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 15. März 1994 der Post zur Beförderung übergebene und somit fristgerecht erhobene Berufung.

Die Berufungswerberin beantragt, daß der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt wird.

3. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl.SV-96/70-1993-E/Mü, vom 21. März 1994 Einsicht genommen und am 30. Juni 1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen:

In der Zeit vom 15. bis 17. Juni 1993 war im Gasthaus der Berufungswerberin ("N") in H, die kroatische Staatsangehörige A S tätig - am 15. und 16. Juni 1993 in der Dauer von ca je 6-8 Stunden und am 17. Juni 1993 in der Dauer von ca 1 Stunde.

Die Ausländerin verrichtete dabei zum Teil Hilfstätigkeiten wie beispielsweise Kartoffelschälen, Kartoffelschneiden, Zerhacken von Pertersilien, zum Teil hat sie (nur) bei der Arbeit anderer zugesehen.

Die Ausländerin hat dabei eine entsprechende Bekleidung (zB eine weiße Schürze, eine Kopfbedeckung) getragen. Als Gegenleistung für die Tätigkeit hat sie Verpflegung und einen Betrag von 500 S von der Berufungswerberin erhalten.

Der Berufungswerberin war bekannt, daß A S eine ausländische Staatsangehörige war.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 3 Abs.5 AuslBG bedürfen Ausländer, die ausschließlich zum Zwecke der Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis ohne Arbeitspflicht und ohne Entgeltanspruch (Volontäre) bis drei Monate beschäftigt werden, keiner Beschäftigungsbewilligung.

Die Beschäftigung ist vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, spätestens am Tag der Arbeitsaufnahme dem zuständigen Arbeitsamt (ab 1. Juli 1994:

der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice) anzuzeigen.

Gemäß § 28 Abs.1 AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer (Z1 lit.a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde. Der Täter ist bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 5.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 10.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 240.000 S, zu bestrafen.

4.2. Im Zuge der mündlichen Verhandlung ist hervorgekommen, daß Zweck der Tätigkeit der Ausländerin nicht die "Erweiterung und Anwendung von Kenntnissen zum Erwerb von Fertigkeiten für die Praxis" (s. § 3 Abs.5 AuslBG) war.

Deshalb ist die Tätigkeit der Ausländerin nicht als die einer Volontärin zu qualifizieren. Durch die Tätigkeit sollte eine Testung der Eignung der Ausländerin erfolgen.

Dies ergibt sich insbesondere aus nachstehenden Aussagen.

Die Berufungswerberin hat ausgeführt: "Im Vordergrund ist in diesem Zusammenhang gestanden, daß ich Frau S kennenlernte und zwar insoweit, als sie geeignet ist für eine Tätigkeit in meinem Betrieb und auch insoweit, ob sie deutsche Sprachkenntnisse in entsprechendem Ausmaß beherrscht. Für den Fall, daß eine Eignung vorhanden gewesen wäre, hätte ich um eine Bewilligung beim Arbeitsamt angesucht." und "Es war ja beabsichtigt, daß ihre Eignung als Köchin überprüft wird".

Die Frau S hat ausgeführt: "Zu Beginn, als ich mich bei Frau W vorgestellt hatte, wurde dahingehend abgesprochen bzw geplant, daß Frau W schaut, wie ich deutsch spreche und ob ich für die Tätigkeit geeignet sei." Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 26. Juni 1991, Zl.91/09/0039, zum Ausdruck gebracht: "Eine bloß probeweise Beschäftigung für einige Stunden unterliegt nicht den Bestimmungen des AuslBG, wenn es sich lediglich um eine unentgeltliche Vorführung von notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses handelt." Die Überprüfung der Eignung der Ausländerin A S hätte - um nicht den Bestimmungen des AuslBG zu unterliegen - sich nicht über eine für einen derartigen Zweck lange Zeit (3 Tage) erstrecken dürfen. Es wird auch festgehalten, daß wie im Punkt 3 ausgeführt - die Tätigkeit der Ausländerin nicht unentgeltlich erfolgte. Es liegt im gegenständlichen Zusammenhang nicht eine probeweise Beschäftigung (die nicht den Bestimmungen des AuslBG unterliegen würde) vor.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind auch kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse dem AuslBG unterworfen (siehe hiezu die Erkenntnisse vom 21. Februar 1991, Zl.90/09/0160 und Zl.90/09/0173).

Im gegenständlichen Zusammenhang liegt eine Beschäftigung iSd § 2 Abs.2 AuslBG von einer Ausländerin (§ 2 Abs.1 AuslBG) ohne die im § 3 Abs.1 vorgesehenen Voraussetzungen und somit der objektive Tatbestand des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG vor.

Zum Vorbringen der Berufungswerberin, daß das Straferkenntnis "nicht entsprechend unterfertigt" sei, wird festgehalten, daß die gesetzliche Grundlage für diese Art der Unterfertigung in der Bestimmung des § 18 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG liegt.

4.3. Das Verschulden der Berufungswerberin ist nicht geringfügig.

Die Schuld des Beschuldigten ist nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 12. September 1986, Zl.86/18/0059, VwGH vom 20. Oktober 1987, Zl.87/04/0070 uva Erk.). Die Berufungswerberin hätte die einschlägigen - im AuslBG normierten - Bestimmungen kennen und beachten müssen. Das Verschulden der Berufungswerberin wird als Fahrlässigkeit qualifiziert.

Da eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Gesetzesstelle nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden (s hiezu VwGH vom 16. März 1987, Zl.87/10/0024, eine Beurteilung dahingehend, ob die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, erübrigt sich).

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Folgende Milderungsgründe liegen vor:

Die Berufungswerberin hat bis zur Tatzeit einen ordentlichen Lebenswandel geführt - sie war in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht unbescholten - und die Tat steht mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch.

Dieser Milderungsgrund wird als sehr gewichtig beurteilt.

Mildernd wird des weiteren die kurze Zeitdauer der Beschäftigung gewertet. Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

Da die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG im gegenständlichen Fall vorliegen, konnte die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe im Ausmaß von 5.000 S bis zur Hälfte unterschritten werden.

Insgesamt ist es - auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen, im Zuge der mündlichen Verhandlung dargelegten, Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse - gerechtfertigt, daß die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe bis auf das gesamte Ausmaß des im Rahmen der Bestimmung des § 20 VStG Möglichen, das ist die Hälfte, unterschritten wird.

4.4. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen, die Geldstrafe herabzusetzen und die Ersatzfreiheitsstrafe neu festzusetzen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, ds 250 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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