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VwSen-250319/4/Gu/Atz

Linz, 17.10.1994

VwSen-250319/4/Gu/Atz Linz, am 17. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der M P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. Mai 1994, Zl. SV-96/130-1992-E/Gus, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Die Rechtsmittelwerberin hat keinerlei Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 51e Abs. 1 2.Teilsatz VStG, § 32 Abs. 2 VStG, § 31 Abs. 1 und 2 VStG, § 45 Abs. 1 Z.3 VStG, § 28 Abs. 2 AuslBG, § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der "P GesmbH." in T, E und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG Außenvertretungsbefugte strafrechtlich verantworten zu müssen, daß diese Firma vom 10.8. bis 28.8.1992 den jugoslawischen Staatsangehörigen M J, geb.

..., beschäftigt habe, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei und ohne daß der Ausländer einen Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis besessen habe.

Wegen Übertretung des § 9 VStG iVm § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z.1 lit.a AuslBG wurde über sie in Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes eine Geldstrafe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 250 S verhängt.

In ihrer rechtzeitigen Berufung macht die anwaltlich vertretene Rechtsmittelwerberin unter Vorlage einer Urkunde, mit der die Bestellung des W P zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG zur Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Bestimmungen und zwar mit 25. Jänner 1992 unter Beisetzung der Unterschrift des W P und einer unleserlichen Unterschrift eines Geschäftsführers dokumentiert werden sollte, im wesentlichen geltend, daß dieser die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung getragen habe, wiewohl unbestritten sei, daß M P die handelsrechtliche Geschäftsführerin der vorzitierten juristischen Person sei.

Dennoch hätte gegen sie die Strafe nicht verhängt werden dürfen, zumal die "P GesmbH." insgesamt vier Geschäftsführer besitze.

Für Personalangelegenheiten, so auch für die Einholung der erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen der Ausländer sei nach der internen Geschäftsverteilung der Geschäftsführer R P als einer der vier Geschäftsführer zuständig.

Im übrigen sei W P für das Zentrallager, für welches der Ferialpraktikant eingestellt worden sei, verantwortlicher Beauftragter, sodaß auch nicht dem zuständigen Geschäftsführer die Tat zur Last gelegt werden kann.

Sie - die Beschuldigte - treffe keinerlei Verschulden.

Hinzu komme, daß eine Bestrafung auch deshalb zu unterbleiben habe, weil Verjährung bereits eingetreten sei.

Ihr gegenüber sei erstmals mit dem gegenständlichen Straferkenntnis vom 5.5.1994 eine Verfolgungshandlung gesetzt. Aus diesem Grunde sei die Verhängung einer Strafe unzulässig.

Selbst wenn sie die gegenständliche Unterlassung zu vertreten hätte und auch keine Verjährung Platz gegriffen habe, hätte die Behörde von einer Bestrafung absehen können bzw. bei korrekter Ermessensübung auch absehen müssen. Die "P GesmbH." beschäftige einschließlich ihrer Tochterunternehmen weit über 1.000 Dienstnehmer. Die "P GesmbH." sei noch niemals wegen Übertretung nach dem AuslBG bestraft worden. M J, der zur Ferialzeit Beschäftigte, sei ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet und die diesbezügliche Lohnabgabe fristgerecht abgeführt worden. Wenn es sich schon um ein Versehen des verantwortlichen Beauftragten gehandelt habe, so sei dessen Verschulden gleichwohl geringfügig und habe die Übertretung keinerlei Folgen nach sich gezogen. Aus diesem Grunde hätte die Behörde auch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen können und allenfalls eine bescheidmäßige Mahnung aussprechen können.

Als Hauptantrag begehrt sie jedenfalls die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Nachdem bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist, war eine mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.

Der Berufung kommt in maßgeblichen verfahrensrechtlichen Punkten Berechtigung zu.

Zutreffend ist, daß das angefochtene Straferkenntnis die erste, gegen die Beschuldigte gerichtete, dem Bestimmtheitsgebot des § 32 VStG, entsprechende Verfolgungshandlung darstellt.

Der angelastete Tatzeitraum lautet auf 10.8. bis 28.8.1992.

Innerhalb der mit einem Jahr bemessenen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 28 Abs. 2 AuslBG) fand in der Tat gegen die Beschuldigte keine taugliche Verfolgungshandlung statt und war daher auf das Vorbringen, daß die Arbeitgeberin vier Geschäftsführer besitzt, deren Verantwortungsbereich genau aufgeteilt ist, wobei der für die Personalangelegenheiten, sohin auch für die Ausländerbeschäftigung, zuständige Geschäftsführer seine Verantwortung an einen namentlich benannten verantwortlichen Beauftragten im Sinn des § 9 Abs. 4 VStG delegiert habe, nicht weiter einzugehen.

Bei dem Versuche einer tauglichen Verfolgungshandlung auf die Spur zu kommen, ist anzumerken, daß aufgrund der Anzeige des Arbeitsamtes Linz vom 1.10.1992, welche als Arbeitgeberin die Firma "P GesmbH." P, L, benannte, der Bürgermeister (Magistrat) der Landeshauptstadt Linz seinen Erhebungsdienst eingeschaltet und vermerkt hat, daß M J vom 10.8.1992 bis 28.8.1992 bei der "P GesmbH.", T, E, versichert war. Als Firmenbucheintragung ist bei HRB Nr. 581 des Landesgerichtes Linz als handelsrechtliche Geschäftsführerin F M P vermerkt. Daraufhin übermittelte der Bürgermeister die Anzeige unter Hinweis auf § 27 Abs. 1 VStG an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land.

Diese holte vom Landesgericht Linz als Handelsgericht über die "P GesmbH." Auskunft ein und bekam als Antwort, daß die "P GesmbH." durch den einzigen Geschäftsführer, nämlich Herrn G L, vertreten wird. Daraufhin ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das Gemeindeamt Wilhering um Einvernahme des Beschuldigten G L wegen des Verdachtes der Übertretung nach § 9 VStG iVm § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z.1 lit.a AuslBG.

In der vom Marktgemeindeamt Wilhering aufgenommenen Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten gab L an, daß er mit der Sache nichts zu tun habe.

Anschließend richtete die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz, die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, am 11. Mai 1993 an das Stadtamt Traun zum Gegenstand "Firma P GesmbH., P, L, T, E - Verdacht der Übetretung nach § 9 VStG iVm § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z.1 lit.a AuslBG 1975" das Ersuchen, Frau M P zu den Angaben des Beschuldigten G L vom 5. April 1993 zu befragen.

Gleichzeitig ersuchte sie, sollte Frau P in gegenständlicher Angelegenheit als Geschäftsführerin verantwortlich sein, sie zum oa. Gegenstand als Beschuldigte einzuvernehmen.

Anläßlich einer am 26.5.1993 vor dem Stadtamt Traun aufgenommenen "Niederschrift" über die Vernehmung eines Beschuldigten, zu der Herr G H als Bevollmächtigter der "Firma P" erschienen war und worin M P als Beschuldigte bezeichnet wurde und bei der als Gegenstand der Vernehmung (genaue Beschreibung der Tat) "Übertr. d. AuslBG" angeführt wurde, gab der Erschienene an, daß der Ausländer von Herrn W P als Ferialpraktikant beschäftigt wurde.

Gleichzeitig bestätigte der Erschienene die Rechtfertigung des Beschuldigten L, daß weder dieser, aber noch Frau P mit den Personalsachen etwas zu tun habe.

Hiezu ist rechtlich anzumerken, daß ein Ersuchen der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz an eine Gemeinde nach deren Gutdünken und noch dazu bei unsubstantiiertem Gegenstand eine Untersuchung zu führen, keine taugliche Verfolgungshandlung bildet.

Daraufhin erhielt das Landesarbeitsamt Gelegenheit zur Stellungnahme zum Sachverhalt.

Tatsächlich führte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das Verfahren gegen G L weiter, indem sie dem Gemeindeamt Wilhering den Akt überließ, den Genannten zur Kenntnisnahme des Ergebnisses der Beweisaufnahme aufforderte und mitteilte, daß er der einzige Geschäftsführer der "P GesmbH." und somit verantwortlich sei. Schließlich findet sich die Wendung "Sollte Herr L in gegenständlicher Angelegenheit nicht verantwortlich sein, so wird in Ansehung des § 9 Abs. 4 VStG 1950 um Bekanntgabe des verantwortlichen Beauftragten ersucht. Dieser muß jedoch seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben und muß für den seiner Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen sein. In diesem Falle ist die entsprechende Zustimmungserklärung dem Akt anzuschließen." Daraufhin berichtete die Marktgemeinde Wilhering mit Schreiben vom 10.9.1993, daß dem G L das Ergebnis der Beweisnahme zur Kenntnis gebracht worden ist.

Die Marktgemeinde Wilhering weist daraufhin, daß laut Auskunft von Herrn H Herr J bei der Firma "P GesmbH." und nicht bei der "P GesmbH." beschäftigt war und von W P eingestellt worden sei. Anschließend stellte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das Verfahren gegen L mittels Aktenvermerkes gemäß § 45 Abs. 1 VStG am 9.12.1993 ein, gab dies mit Schreiben vom 18.10.1993 der Gemeinde Traun bekannt, bezeichnete als handelsrechtliche Verantwortliche laut Firmenbuch Frau M P, ersuchte diese bzw. deren Bevollmächtigten, das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu bringen und stellte anheim, sollte Frau P in gegenständlicher Angelegenheit nicht verantwortlich sein, einen etwa nach § 9 Abs. 4 VStG 1950 verantwortlichen Beauftragten bekanntzugeben.

Dazu erliegt vom Stadtamt Traun eine Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten vom 11.11.1993, wobei unter Vor- und Familienname des Beschuldigten "Fa. P" angeführt und als genaue Beschreibung der Tat "Übertr. d.

AuslBG" aufscheint. Der Inhalt der Niederschrift erschöpft sich mit den Worten "Mit der Akte vertraut gemacht gibt der Bev. d. Fa. wie folgt an: Siehe Niederschrift der Fa.

P vom 11.10.1993 Unterzeichnet von Frau P." In der beigeschlossenen Niederschrift verweist M P im wesentlichen auf ein früheres Vorbringen des Prokuristen H und erteilt ihm förmlich schriftliche Vollmacht.

Nach weiterer Anhörung des Landesarbeitsamtes Oberösterreich und Ermöglichung einer Replik durch den Vertreter der M P wiederum im Wege über das Stadtamt Traun (datiert mit 11.3.1994) erging das angefochtene Straferkenntnis, datiert und abgefertigt am 5. Mai 1994. Erstmalig erscheint hier der zielgerichtete unmißverständliche Wille der mit dem Imperium zur Verfolgung verwaltungsstrafrechtlichen Handelns befugten Behörde ausgedrückt und zwar durch Anbringung eines Zustellvermerkes an Frau M P nach der genehmigenden Unterschrift, "sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma "P GesmbH." in T, E und somit als im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG Außenvertretungsbefugte strafrechtlich zu verantworten, daß diese Firma vom 10.8. bis 28.8.1992 den jugoslawischen Staatsangehörigen M J, geb. ..., beschäftigte, ohne daß für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt, ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt wurde." Als verletzte Rechtsvorschriften werden bezeichnet § 9 VStG iVm § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z.1 lit.a AuslBG 1975.

Da in der Sache keine rechtzeitige taugliche Verfolgungshandlung - sei es unmittelbar an die Beschuldigte gerichtet unter genauer Umschreibung der Tat, wie sie z.B. im vorzitierten Spruch erfolgte oder durch ein gestelltes Rechtshilfeersuchen um Einvernahme einer bestimmten Person als Beschuldigte(r) oder um Einvernahme eines Zeugen in einer durch Beschuldigte und Sachverhalt bestimmten Verwaltungsstrafsache oder durch Aufforderung oder Ladung einer bestimmten Person oder Vorhalt eines bestimmten Sachverhaltes gegenüber einer bestimmten beschuldigten Person - gesetzt worden ist, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren aufgrund des Verfolgungshindernisses gemäß § 45 Abs. 1 Z.3 VStG einzustellen.

Der Erfolg der Berufung befreite die Rechtsmittelwerberin von Verfahrenskostenbeiträgen (§ 66 Abs. 1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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