Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550035/19/Ga/Pe

Linz, 09.08.2004

VwSen-550035/19/Ga/Pe Linz, am 9. August 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

(Ersatzerkenntnis)


Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die V. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Grof, den Berichter Mag. Gallnbrunner und den Beisitzer Dr. Schön über die Berufung der D-GmbH, vertreten durch Dr. H H und Mag. W B, Rechtsanwälte in M, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 15. Jänner 2001, Gem-530155/17-2000-Keh/Pü, wegen eines Nachprüfungsverfahrens (zweiter Rechtsgang) betreffend die Vergabe eines Dienstleistungsauftrages durch die Gemeinde R gemäß dem Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (OöVergNPG) - im Zusammenhang mit der Errichtung des Alten- und Pflegeheimes -, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben. Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wird aufgehoben; der diesem Spruchpunkt zu Grunde liegende Antrag der Gemeinde R als Auftraggeberin vom 22. Februar 1999 in der Fassung gemäß Schriftsatz vom 21. Oktober 1999 wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Bescheid vom 15. Jänner 2001 hat die Oö. Landesregierung (belangte Behörde) als damals zuständige Nachprüfungsbehörde iS des § 58 Abs.1 OöVergG (alte Rechtslage) unter Spruchpunkt 1. festgestellt, "dass bei der Vergabe der Baubetreuung an die WAG eine Rechtsverletzung vorliegt und dass deswegen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt wurde" und unter Spruchpunkt 2. ausgesprochen, "dass die Antragstellerin auch ohne die festgestellte Rechtsverletzung keine echte Chance auf die Zuschlagserteilung gehabt hätte."
Den Abspruch gemäß 1. fällte die belangte Behörde in Bindung an die Rechtsansicht des Oö. Verwaltungssenates gemäß dem in dieser Angelegenheit ergangenen, auf § 66 Abs.2 AVG gestützten Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, VwSen-550007/7/Ga/Fb (erster Rechtsgang). Den Abspruch gemäß 2. fällte die belangte Behörde in Entsprechung eines auf § 61 Abs.4 letzter Satz OöVergG (alte Rechtslage) gestützten Antrages der eingangs genannten Gemeinde (= Auftraggeberin; Schriftsatz vom 22. Februar 1999, noch mit hilfsweiser Antragstellung und ohne Begründung, sowie - nach rechtsfreundlicher Vertretung - mit Schriftsatz vom 21. Oktober 1999, mit unbedingter und begründeter Antragstellung).

Die D-GmbH (im Folgenden: Berufungswerberin; auf ihren Antrag vom 15. Jänner 1998 wurde das hier zu Grunde liegende Nachprüfungsverfahren eingeleitet) hat nun zufolge ausdrücklicher Berufungserklärung allein den vorbezeichneten Spruchpunkt 2. angefochten. Sie beantragte die Aufhebung dieses Spruchpunktes und - erschließbar - die Abweisung des bezughabenden Antrages der Auftraggeberin.

Mit h. Erkenntnis vom 29. September 2001, VwSen-550035/4/Ga/La, hob der Unabhängige Verwaltungssenat zwar den angefochtenen Spruchpunkt 2. auf, über den weiterführenden Abweisungsantrag der Berufungswerberin allerdings entschied er nicht meritorisch, sondern wies diesen Antrag wegen Unzulässigkeit zurück. Nach dagegen von der Auftraggeberin erhobenen Beschwerde befand nun der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. März 2004, Zl. 2001/04/0218-6, dass die vom Unabhängigen Verwaltungssenat (mit näherer Begründung, auf die verwiesen wird) vertretene Ansicht, die Auftraggeberin habe diesen Antrag nicht (mehr) stellen können, im Gesetz keine Deckung finde; vielmehr könne dieser Antrag (nämlich: auszusprechen, dass die Antragstellerin auch ohne die festgestellte Rechtsverletzung keine echte Chance auf die Zuschlagserteilung gehabt hätte) bis zur Entscheidung über den Feststellungsantrag gestellt werden.
Daher hob der Verwaltungsgerichtshof das h. Erkenntnis vom 29. September 2001 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In Bindung an die Rechtsauffassung des Gerichtshofes ist nun die inhaltliche Entscheidung über den in Rede stehenden Berufungsantrag zu fällen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat - nach Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde, dem auch bestimmte Aktenteile aus dem Verfahrensakt der Auftraggeberin angeschlossen waren - erwogen:

Im Hinblick auf die von der belangten Behörde zulässig vorgenommene Teilung des Spruchs des angefochtenen Bescheides in zwei Spruchpunkte ist der - gemäß der ebenso zulässig eingeschränkten Berufung - unangefochten gebliebene Spruchpunkt 1. rechtskräftig (unangreifbar) geworden.
Neues Sachvorbringen, zu dem die Auftraggeberin als weitere Verfahrenspartei zu hören gewesen wäre, enthält die vorliegende Berufung nicht.

Die belangte Behörde folgte, ohne einlässliche eigene Reflexion, in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Spruchpunkt 2. weitgehend der, verständlicher Weise vom Parteiinteresse beherrschten Sichtweise der Auftraggeberin (insbesondere deren Stellungnahme vom 21.10.1999) und erlag auf diese Weise und auch infolge Außerachtlassung wesentlicher Akteninhalte einer Verkennung der Rechtslage.

Die öffentliche Erkundung des Bewerberkreises (§ 11 OöVergG, alte Rechtslage) in diesem Vergabevorgang hat bei insgesamt 21 Bewerbern einen Kreis von 14 (iSd § 11 Abs.5 und 6 leg.cit.) geeigneten solchen Bewerbern erbracht, die alle am weiteren Verfahren (zweite Stufe; Verhandlungsverfahren im engeren Sinn) zu beteiligen gewesen wären. Dispositives Auswählen bzw. Ausschließen bestimmter Bewerber aus diesem Kreis sieht das Gesetz hier nicht vor. Für die dennoch von der Auftraggeberin von Anbeginn an beabsichtigte und auch vorgenommene Einschränkung auf die drei "bestgeeigneten Bieter" (so die das Fehlverständnis plakativ schon offenbarende Ausdrucksweise der Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme vom 6.2.1998) ist im gesamten Vergabeakt keine nachvollziehbare Begründung auffindbar und es erfuhr diese Einschränkung auch keine aktenkundig gemachte Hinterfragung durch die belangte Behörde. Diese Einschränkung steht in Widerspruch zu den insoweit klaren Anordnungen in § 11 Abs.6 und § 11a Abs.1 leg.cit., welche Bestimmungen jedoch als belangvolle leges speciales zu § 10 Abs.4 leg.cit. ("Im Verhandlungsverfahren sind ... mindestens jedoch drei verbindliche Angebote unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen über die öffentliche Erkundung des Bewerberkreises einzuholen") zwingend hätten herangezogen werden müssen.
Zu diesem Punkt führte die Berufungswerberin schon in ihrer (an die belangte Behörde im zweiten Rechtsgang gerichteten) Stellungnahme vom 5. Jänner 2000 aus:
"§ 11 Abs.6 OöVergG bestimmt, dass 'die nach Durchführung der Überprüfung (nach öff Erkundung des Bewerberkreises, Einf. d. Verf.) als geeignet befundenen Bewerber am weiteren Verfahren jedenfalls zu beteiligen sind'. Nach Abs.7 leg.cit. sind diese dann schriftlich zur Angebotsabgabe aufzufordern. Diese Anforderung wird von ELSNER [Vergaberecht (1999) Rz A 73 und 74] konkretisiert: Stellen demnach Unternehmen fristgerecht Teilnahmeanträge und werden sie als leistungsfähig, befugt und zuverlässig erkannt, müssen (Hervorhebung im Original!) sie Gelegenheit zur Beteiligung am nachfolgenden [...] Verhandlungsverfahren erhalten!
Dass die Antragstellerin nicht befugt, leistungsfähig und zuverlässig im Sinne des § 29 OöVergG sei, hat nicht einmal die Gemeinde behauptet. Demnach wäre der Antragstellerin jedenfalls (im Sinne des § 11 Abs.7 OöVergG) die Gelegenheit zur weiteren Teilnahme einzuräumen gewesen."

Mit diesem Vorbringen, auf das die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - entgegen § 60 AVG - mit keiner Silbe einging, ist die Berufungswerberin im Recht.
Davon abgesehen ist eine dezidierte, den Anforderungen des § 11a Abs.1 OöVergG (alte Rechtslage) genügende schriftliche Aufforderung der Auftraggeberin zur Einreichung entsprechend formalisierter, schriftlich abgefasster Angebote an den - rechtswidrig auf drei eingeschränkten - Teilnehmerkreis nicht gerichtet worden. Die "Angebotsabgabe" hat - aus dem Blickwinkel des § 11a Abs.1 leg.cit. gleichfalls rechtswidrig - offenbar im Rahmen des "Hearings" am 8. Jänner 1998 bei der Auftraggeberin (mit Einbezug "vorbereiteter Unterlagen") stattgefunden.
Die Auftraggeberin vermengte - wie schon aus dem Schreiben vom 5. Dezember 1997 ersichtlich ist und im Protokoll (Seite 2) über die entscheidende Vergabesitzung am 12. Mai 1998 im Gemeindeamt bekräftigt wird - beide Abläufe (erste Stufe und zweite Stufe zum Verhandlungsverfahren) und fehlinterpretierte - insgesamt - die Erkundung des Bewerberkreises bereits als Angebotslegung der Bieter.

Die maßgeblichen Erwägungen aus der vorstehenden Rechtsbeurteilung finden auch in der auf den Berufungsfall nun anzuwendenden neuen Rechtslage gemäß dem Bundesvergabegesetz (BVergG 2002) ausreichend Stütze. Dabei war nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates davon auszugehen, dass jene Bestimmungen des BVergG 2002 mit hier einschlägig vergleichbaren Inhalten, auch wenn darin bestimmte Begriffe in sprachlicher Hinsicht nicht deckungsgleich wiederkehren, im Zweifel so auszulegen sind, dass solche Rechte der Berufungswerberin (= Antragsstellerin iSd § 5 Abs.1 OöVergNPG), die ihr nach der alten Rechtslage den Anspruch auf inhaltliche Nachprüfung eröffnet hatten, durch das Überleitungsregime nicht ohne weiteres geschmälert sein sollten.
Wurde demgemäß in der hier zugrunde gelegenen Bekanntmachung der Auftraggeberin keine (Mindest-)Anzahl der (geeigneten = befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen) zur Teilnahme am eig. Verhandlungsverfahren einzuladenden Unternehmer angegeben, wie es nun § 34 Abs.5 BVergG 2002 anordnet, so folgt aus dieser rechtswidrigen Nichtfestlegung für den Berufungsfall, dass - wie oben schon an Hand der alten Rechtslage ausgeführt - eben alle 14 aus der öffentlichen Erkundung als geeignet hervorgegangenen Bewerber am weiteren Verhandlungsverfahren (§ 23 Abs.5, § 25 Abs.5 BVergG 2002) hätten beteiligt werden müssen.
Im Ergebnis wurden, abgesehen von der nicht dem Gesetz entsprechenden Verfahrensweise mit den "Angeboten" der drei in die Bieterverhandlungen einbezogen gewesenen Bewerber, weitere elf Angebote, darunter jenes der Berufungswerberin, rechtswidrig nicht eingeholt und blieben daher im Rahmen des gesetzlichen Zuschlagsverfahrens schon von vornherein dem Verfahren zur Prüfung und Bewertung der Angebote vorenthalten.
Damit aber fehlte
für den von der Auftraggeberin beantragten Ausspruch das aus objektiver Sicht hiefür vorauszusetzende Vergleichssubstrat, weshalb das Kriterium der "echten Chance" im Berufungsfall nicht beurteilungsfähig war. Der Antrag der Auftraggeberin, auszusprechen, dass die Antragstellerin auch ohne die festgestellte Rechtsverletzung keine echte Chance auf die Zuschlagserteilung gehabt hätte, war daher in Stattgabe der Berufung - und gestützt auf die Überleitungsregelung gemäß § 20 Abs.2 iVm § 2 Abs.3 OöVergNPG - abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Dr. Grof

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 26.04.2006, Zl.: 2004/04/0183-6

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