Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-250437/31/Lg/Bk

Linz, 16.10.1995

VwSen-250437/31/Lg/Bk Linz, am 16. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 3.

Oktober 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn J W, F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 19.

April 1995, Zl. SV96-20-1994-We, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "W Ges.m.b.H." mit dem Sitz A., die persönlich haftende Gesellschafterin der "Granitwerke S" in N, Gemeinde S, zu verantworten habe, daß die Granitwerke S den türkischen Staatsangehörigen Y Y vom 22. August 1994 bis 12. Dezember 1994 im Granitwerk in N als Laderfahrer entgegen dem § 3 des AuslBG beschäftigt habe.

In der Begründung setzt sich das angefochtene Straferkenntnis mit der Argumentation des Berufungswerbers auseinander, der Ausländer sei nicht von ihm sondern von der "M" beschäftigt worden. Dabei wird näher ausgeführt, daß der Ausländer in persönlicher Abhängigkeit zur "Granitwerke S gearbeitete habe und daß der von der Firma M am 26.9.1994 vorgelegte Werkvertrag seinem realen Inhalt nach eine Arbeitskräfteüberlassung darstelle.

2. In der Berufung wird dagegen eingewendet:

Der betreffende Ausländer sei niemals von der Granitwerke S KG beschäftigt worden. Er sei weder von dieser Firma angemeldet noch von ihr entlohnt worden. Es habe sich auch um keine Arbeitskräfteüberlassung durch die Firma M gehandelt.

Vielmehr sei mit der Firma M Handelsges.m.b.H. ein Werkvertrag abgeschlossen worden, in dessen Rahmen der Ausländer als Gesellschafter dieser Firma den Radlader der Firma Granitwerke S bedient hat. Diese Tätigkeit sei aufgrund gewerberechtlicher Voraussetzungen ausgeführt worden.

Im übrigen sei der Berufungswerber von seiten der M Handelsges.m.b.H. mehrfach schriftlich darauf hingewiesen worden, daß die Vorgangsweise korrekt und gesetzeskonform sei. Dies habe der Berufungswerber auch angenommen, da ansonsten das Geschäft nicht abgeschlossen worden wäre.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Aus der Anzeige des Arbeitsmarktservice Rohrbach geht hervor, daß am 8. September 1994 bei einer Betriebskontrolle der Ausländer Y Ybeim Steuern eines Ladegerätes auf dem Betriebsgelände mit schmutziger Arbeitskleidung angetroffen wurde.

Am 9. September 1994 wurden vom Arbeitsamt Rohrbach Niederschriften mit dem Berufungswerber und dem betreffenden Ausländer, beide von diesen unterzeichnet, aufgenommen.

Zuerst wurde der Berufungswerber einvernommen.

Dieser sagte aus:

"Herr Y Y hat am 18. August 1994 bei mir im Betrieb vorgesprochen und hat sich als Laderfahrer beworben. Er hat einen Notariatsakt (Gesellschaftsvertrag) vorgelegt. Nach einer telefonischen Rücksprache mit Firma W in P wurde mir erklärt, daß dies ein Leiharbeiter sei und in meinem Betrieb nicht angemeldet werden braucht. Ich habe daraufhin unter Hinweis, daß ich keine rechtlichen Konsequenzen trage, der Beschäftigung in meinem Betrieb zugestimmt." In der Niederschrift mit dem Ausländer scheint als beschäftigende Firma "W", als Beschäftigungsart "Laderfahrer", als unmittelbarer Vorgesetzter "M J", als Verdienst 140,-- S/Std., als Arbeitszeit 8 Stunden/Tag bzw 5 Tage/Woche auf. Ferner hatte der Ausländer ausgesagt: "Ein Werkvertrag zwischen der M Handels-GesmbH und der Firma W liegt lt. meinem Wissen nicht vor." Am 27. September 1994 wurde bei der BH Rohrbach von der M Handelsges.m.b.H. ein "Werksvertrag" mit Datum vom 26.

September 1994 vorgelegt.

Laut diesem Vertrag beauftragt die Firma Granitwerke S KG die Firma M Handelsges.m.b.H. mit der Bereitstellung eines Staplerfahrers für ihren Betrieb in Aigen. Das Gerät wird von der Firma Granitwerke S KG beigestellt, für die Berechtigung der Ausübung dieser Tätigkeit (z.B.

Staplerschein) haftet die Firma M GesmbH. Dauer des Vertrages: Auf unbestimmte Zeit, beiderseits kündbar unter Einhaltung einer zweiwöchigen Kündigungsfrist. Bezahlung:

Für die erbrachte Leistung wird ein Stundensatz von S 140,-+ MwSt. verrechnet, zahlbar sofort nach Rechnungserhalt ohne Abzug auf das Konto Nr. Raika P der M Handelsges.m.b.H.

Dem Akt liegt ein weiterer Werkvertrag vom 4. Oktober 1994 zwischen den beiden genannten Firmen bei.

Darin wurde vereinbart:

Nach Beendigung der vereinbarten Einarbeitungszeit bis 30.9.1994 wird einvernehmlich folgende Regelung festgesetzt:

Für den Betrieb in Natschlag: S 120,-/angefahrene Tonne. Die Ermittlung erfolgt aus Tagesaufzeichnungen des Staplerfahrers. Baustellen außerhalb des Betriebes nach Vereinbarung. Regiestunde: S 140,-. Wartung sowie etwaige Reparaturen erfolgen durch den Eigentümer, bzw von uns in Regie. Weisungspflicht: Andere als die von uns übernommenen Staplerarbeiten können nicht gefordert werden. Arbeitszeit liegt im Ermessen des Staplerfahrers, ist jedoch dem Bedarf der Fa. W anzupassen.

Bei einer weiteren Betriebskontrolle bei der Granitwerke S KG am 12. Dezember 1994 wurde der betreffende Ausländer neuerdings angetroffen. Als Beschäftigung ist Laderfahrer (Hilfsarbeiter), als beschäftigende Firma W bei Fa. M (Werkvertrag), als Verdienst 120,-/t ca. 15.000 20.000,--/M+, als Arbeitszeit 8 Stunden/Tag bzw 5 Tage (Mo Fr) angegeben.

Am 4. Jänner 1995 sagte der Berufungswerber aus:

Der betreffende Ausländer "war bei uns nicht gemeldet, weil ... (er) ... von der Fa. M Handelsges.m.b.H. in P als Leiharbeiter bei uns tätig war. Wir haben daher keinesfalls gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstoßen." Aus dem Firmenbuch ist ersichtlich, daß der Ausländer handelsrechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter der Firma M Handelsges.m.b.H. mit einer Stammeinlage von 100.000 S war.

Laut Auskunft des Gewerberegisters hat die M Handelsges.m.b.H. folgende Gewerbe im Standort P, E 5 angemeldet:

1. Staubwischen, Kehren, Saugen und Bürsten, Entleeren von Mistkübeln und Aschenbechern, Naßwischen von Hand und Fensterputzen mit Wasser oder neutralen Haushaltsreinigern, soweit keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen erforderlich sind, eingeschränkt auf den Büro-, Wohn- und Geschäftsbereich 2. Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen deren höchste zulässige Nutzlast 600 kg nicht übersteigt.

Die Anmeldung der angeführten Gewerbe sei mit 17.2.1995 rechtswirksam geworden. Die Gewerbescheine hätten bisher nicht ausgestellt werden können, da die Zahlung der Einverleibungsgebühr noch nicht nachgewiesen worden sei.

Als gewerberechtlicher Geschäftsführer sei jeweils Frau U W, geb. 1939, wh. in P, namhaft gemacht.

4. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wiederholte der Berufungswerber seine bisherige Darstellung.

Aus den Zeugenaussagen ergab sich nichts für das vorliegende Verfahren wesentliches, das den Aussagen des Berufungswerbers widersprochen hätte. Ein Zeuge des AMS Rohrbach sagte zur Niederschrift vom 9. September 1994, der Ausländer habe über einen "Arbeitgeber" keine klare Auskunft gegeben; er habe von Anfang an auf seine Gesellschafterstellung hingewiesen. An eine Aussage des Ausländers über das Nichtvorliegen eines Werkvertrages konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern. Zur "Vorgesetztenstellung" des Herrn M erklärte der Berufungswerber, es habe sich dabei nur um die Organisation des Betriebsablaufes der Firma W gehandelt, die für den Ausländer nicht unmittelbar maßgebend gewesen sei.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

5.1. Danach steht fest, daß der Berufungswerber die Firma M mit der Durchführung von Stapler-Arbeiten beauftragte.

Berechnungsgrundlage war die Arbeitszeit bzw die Tonnage. Im Detail lagen modifizierte Abmachungen vor. Die Stapler-Arbeiten wurden vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma M, welcher (zur Tatzeit) als Gesellschafter einen Stammkapitalanteil von 25 % (später von 33 %) innehatte.

5.2. Fälle dieser Art versuchte die AuslBG Nov. BGBl.Nr.

502/1993 zu bereinigen, indem dort geregelt wurde, daß bei einem Geschäftsanteil eines Arbeitsgesellschafters von unter 25 % eine Beschäftigung iSd AuslBG anzunehmen ist, sofern nicht ein Feststellungsbescheid des AMS vorliegt.

Unausgesprochener (aber entwicklungsgeschichtlich als selbstverständlich vorausgesetzter) Hintergrund ist das Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft (vgl.

auch Schnorr, AuslBG, 3. Auflage, RZ 9 zu § 2).

§ 2 Abs.4 AuslBG erfaßt daher nicht das "Außenverhältnis" der Gesellschaft zu Dritten. Anders formuliert: Potentieller Arbeitgeber bei Auftreten einer Gesellschaft im Geschäftsverkehr ist nach dem Regelungsgehalt des § 2 Abs.4 AuslBG nur die Gesellschaft, nicht der außenstehende Kunde.

Eine andere Rechtsauffassung wäre weder historisch begründbar noch, wegen der damit verbundenen Pflicht der Kundschaft der Gesellschaft, die Interna der Gesellschaft zu prüfen, im Geschäftsverkehr erträglich. Auch rechtsstaatliche Erwägungen verbieten es, über die Formel des "wahren wirtschaftlichen Gehalts" einen derart ausufernden Straftatbestand zu konstruieren.

Diesen Überlegungen steht nicht entgegen, daß bei isolierter Betrachtung des Vertragsinhaltes zwischen der Firma M und der Firma W in der Tat sehr zweifelhaft ist, ob dieser Vertrag nach den Kriterien des AÜG als unbedenklicher Werkvertrag eingestuft werden könnte. Diese an sich richtige Beobachtung besagt jedoch im Endeffekt wenig, kann es doch nicht so sein, daß jedermann, der ein Dienstleistungsunternehmen in Anspruch nimmt, Gefahr läuft, als Arbeitgeber dort beschäftigter Arbeitnehmer verwaltungsstrafrechtlich belangt zu werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum