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des Landes Oberösterreich
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VwSen-250456/18/Lg/Bk

Linz, 29.11.1995

VwSen-250456/18/Lg/Bk Linz, am 29. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27.

November 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Arbeitsmarktservice Oberösterreich, Landesgeschäftsstelle, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 13. Juni 1995, Zl.

SV-96/12/1993, mit welchem das Strafverfahren gegen Herrn J F, E wegen illegaler Beschäftigung des Ausländers A R zwischen 17. Juni und 24. Juni 1993 eingestellt worden war, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Dem angefochtenen Einstellungsbescheid war eine Betriebskontrolle am 24. Juni 1993 am Hof des Beschuldigten vorangegangen. Laut Niederschrift der Erhebungsorgane war der Ausländer bei der Reinigung eines Ladewagens angetroffen worden und habe der Beschuldigte gesagt, der Ausländer helfe seit einer Woche in seinem landwirtschaftlichen Betrieb bei allen anfallenden Arbeiten mit. Die tägliche Arbeitszeit betrage drei bis vier Stunden. Als Gegenleistung erhalte der Ausländer freie Station. Dieselben Leistungen verzeichnet das Erhebungsformular, in welches die Aussagen des Ausländers eingetragen worden waren.

Bei seiner Einvernahme am Gemeindeamt P sagte der Beschuldigte aus, der Ausländer habe seit 1991 in unmittelbarer Nachbarschaft gewohnt. In dieser Zeit habe sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Am 20.

Juni 1993 habe der Ausländer überraschend das Quartier räumen müssen, da das Objekt für bosnische Kriegsflüchtlinge freigemacht wurde. Es sei für den Beschuldigten selbstverständlich gewesen, dem Ausländer Kost und Quartier zu gewähren. Da der Ausländer arbeitslos gewesen sei, habe er von sich aus (freiwillig) Arbeiten am Hof verrichtet.

Bezahlt sei er dafür nicht worden. Den Beschäftigungsbewilligungsantrag für den Ausländer habe der Beschuldigte aus humanitären Gründen eingebracht. Seine Aussage bei der Kontrolle sei unter dem Eindruck der "Überfallsartigkeit" des Auftauchens der Kontrollorgane erfolgt.

2. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ua ausgeführt, es sei nicht klar feststellbar, ob es sich bei der Tätigkeit des Ausländers um freiwillige Hilfe ohne Unterordnung unter den Beschuldigten handelte bzw ob zwischen Kost und Quartier einerseits und den Arbeitsleistungen des Ausländers andererseits ein Zusammenhang bestanden hatte. Es sei daher im Zweifel für den Beschuldigten zu entscheiden gewesen.

3. In der Berufung des Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Oberösterreich, wird im wesentlichen ausgeführt, der Arbeitskräftebedarf des Beschuldigten gehe nicht nur aus dem Beschäftigungsbewilligungsantrag für den gegenständlichen Ausländer sondern auch aus einem früheren Beschäftigungsbewilligungsantrag für einen anderen Ausländer hervor. Daß der Ausländer am Hof des Beschuldigten ohne Weisung und Beaufsichtigung gearbeitet habe, sei unglaubwürdig. Daher sei "zumindest" ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorgelegen. Es sei auch nicht ersichtlich, daß die Aussage des Beschuldigten anläßlich der Kontrolle unter Druck erfolgt sei. Es wird die Einvernahme der Kontrollorgane beantragt.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte der betreffende Ausländer nicht mehr einvernommen werden.

Der Beschuldigte wies darauf hin, die im "Flüchtlingsheim" E (und mithin in seiner unmittelbaren Nachbarschaft) wohnenden Ausländer häufig unterstützt zu haben. Im Sommer 1995 habe er ihnen sogar 3.000 m2 umzäunten Grund gratis zur Verfügung gestellt, damit die Ausländer Gemüse anbauen konnten und habe er ihnen die freie Obstentnahme aus seinem Garten gestattet. Auch habe er für die Ausländer Behördengänge erledigt und mitunter ganzen Flüchtlingsfamilien Quartier gewährt. Auch im Haus der Ausländer habe er mitgeholfen.

Im Juni 1993 habe er den Ausländer A, der unverzüglich aus dem Haus E ausziehen mußte, Kost und Quartier gewährt, da dieser Ausländer ihm seit langem persönlich bekannt gewesen sei und dieser überdies völlig mittellos gewesen sei. Dies sollte gelten, bis der (im Berufungsverfahren anhängige) Beschäftigungsbewilligungsantrag des Beschuldigten erledigt bzw der Ausländer eine andere Arbeit gefunden habe und er daher in der Lage sein werde, sich selbst über Wasser zu halten.

Der Ausländer habe seine Arbeit aus Dankbarkeit geleistet, nicht in Verbindung mit einer aus der Hingabe von Kost und Quartier entspringenden Verpflichtung bzw auf Geheiß des Beschuldigten. Diese Überbrückungshilfe hätte der Ausländer vom Beschuldigten auch dann erhalten, wenn er nichts gearbeitet hätte. Wieviel der Ausländer tatsächlich gearbeitet hatte, sei nicht kontrolliert worden, häufig habe sich der Ausländer auch wieder bei Freunden im Haus E 5 aufgehalten. Daher könne der Beschuldigte auch nicht das Verhältnis des Werts der Arbeitsleistungen zum Wert von Kost und Quartier schätzen.

Daß der Beschuldigte Arbeitskräftebedarf an seinem Hof und im Zusammenhang damit auch schon Beschäftigungsbewilligungsanträge gestellt hatte, bestritt er nicht. Im konkreten Fall habe er aber dem Ausländer Kost und Quartier gegeben, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Arbeiten leisten würde.

Der Zeuge M vom Arbeitsmarktservice Rohrbach sagte aus, daß die Kontrolle in üblicher Atmosphäre erfolgt sei. Die "Überfallsartigkeit" erkläre sich aus dem sonst leicht zu vereitelnden Kontrollzweck. Die schriftlich festgehaltene Aussage des Beschuldigten anläßlich der Kontrolle weiche nicht von dessen Aussagen ab.

Der Zeuge BI S bestätigte, daß die Kontrolle in normaler Atmosphäre verlaufen sei. Anläßlich eines späteren Brandes im Haus E habe er persönlich das ausgesprochen gute Verhältnis des Beschuldigten zu den dort wohnenden Ausländern feststellen können.

Die Zeugin W (Eigentümerin des Hauses E) bestätigte, daß der Ausländer damals rasch ausziehen mußte, da das Land das Objekt pauschal für Bosnienflüchtlinge haben wollte.

Außerdem bestätigte sie die große Hilfsbereitschaft des Beschuldigten gegenüber den Ausländern und die Tatsache, daß sich der betreffende Ausländer bereits zuvor häufig beim Beschuldigten aufgehalten habe.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber erwogen:

5.1. Die Qualifikation einer Tätigkeit als Beschäftigung (Arbeitsleistung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis) setzt voraus, daß der Tätigkeit ein Vertrag zugrundeliegt. Außervertragliche Gefälligkeitsdienste stellen keine Beschäftigung dar.

Maßgebend für die Beurteilung, ob ein solcher Vertrag vorliegt, ist das von den handelnden Personen tatsächlich Gewollte. Naturalleistungen (Kost und Quartier) auf der einen Seite und Arbeitsleistungen auf der anderen Seite sind dann keine Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses, wenn sie nicht "synallagmatisch", dh aufgrund eines einheitlichen, beide Parteien bindenden Vertragsverhältnisses erfolgen.

5.2. Im gegenständlichen Fall ist entscheidend, ob der Beschuldigte dem Ausländer Kost und Quartier (die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus Entgeltscharakter haben können) unentgeltlich zur Verfügung stellte, oder ob die Arbeitsleistungen des Ausländers eine Gegenleistung aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung darstellten.

Für die Annahme eines solchen Vertragsverhältnisses sprechen mehrere Umstände: Die unentgeltliche Hingabe geldwerter Leistungen (hier: Kost und Quartier) ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung unwahrscheinlich, zumal dann, wenn sie durch einen Betriebsinhaber erfolgt, welcher überdies Arbeitskräftebedarf hat. Außerdem war der Ausländer aufgrund seiner sozialen Lage geradezu gezwungen Kost und Quartier in Anspruch zu nehmen.

Andererseits konnte der Beschuldigte, bestätigt durch Zeugen, glaubhaft darstellen, daß er zu den im "Flüchtlingsquartier" befindlichen Ausländern aufgrund der Nachbarschaft ein sehr gutes persönliches Verhältnis hat. Er half diesen (unentgeltlich) bei Behördengängen und Reparaturen im Haus und überhaupt, wenn "Not am Mann" war.

Ferner konnte der Berufungswerber nicht unglaubwürdig darlegen, daß die Einquartierung und Verköstigung des Ausländers als Übergangslösung (bis der Ausländer seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten konnte) gedacht war. Nicht widerlegbar war ferner die Aussage des Beschuldigten, daß er dem Ausländer Kost und Quartier für diese Übergangszeit auch dann gewährt hätte, wenn der Ausländer nicht gearbeitet hätte und daß die Arbeitsleistungen des Ausländers, nach gemeinsamem Verständnis, nicht auf Weisung aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung erfolgte, sondern vielmehr eigeninitiativ und aus Dankbarkeit für die empfangene humanitäre Hilfe.

Es konnte im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht mehr geklärt werden, ob die Worte "als Gegenleistung" vom Beschuldigten im Zuge der Kontrolle tatsächlich in dieser Form gebraucht wurden bzw - bejahendenfalls - welche Bedeutung der Beschuldigte damals mit diesen Worten verband.

Es erscheint möglich, daß diese Wortwahl nicht das Gemeinte wiedergibt bzw im Zuge der Aufregung um die Kontrolle uneingedenk der daraus resultierenden Interpretationsmöglichkeiten erfolgte.

6. Bei Abwägung dieser Umstände konnte es der unabhängige Verwaltungssenat nicht mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit als erwiesen ansehen, daß den Arbeitsleistungen des Ausländers ein Beschäftigungsverhältnis zugrundelag. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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