Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550093/32/Gf/Sta VwSen550094/30/Gf/Sta

Linz, 17.07.2004

VwSen-550093/32/Gf/Sta
VwSen-550094/30/Gf/Sta Linz, am 17. Juli 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über den Nachprüfungsantrag der B Bau GmbH Hoch- und Tiefbau Zimmermeisterei, vertreten durch die RAe Dr. P u.a., im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Baumeisterarbeiten im Rahmen des Projektes "Gesundheits- und Leistungszentrum Lochen" sowie über deren Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung zu Recht erkannt:

I. Die Zuschlagserteilung vom 17. Juli 2004 wird als rechtswidrigfestgestellt.

II. Der Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 14 OöVergNPG.

Begründung:

1.1. Im Jänner 2003 hat die Gemeinde Lochen im Rahmen des Projektes "Gesundheits- und Leistungszentrum Lochen" (im Folgenden: GLZ) Baumeisterarbeiten mit einem geschätzten Auftragswert von ca. 250.000 Euro im offenen Verfahren ausgeschrieben. Das GLZ sollte demnach als "Anbau an das bestehende Volksschulgebäude bzw. an die Turnhalle errichtet" werden, "wobei teilweise ein Abbruch des alten Baubestandes erfolgt" (ALZ 2003, Folge 2, S. 22).

In der Folge langten 10 Angebote ein. Bei der Angebotseröffnung am 20. Februar 2003 ging die Beschwerdeführerin als preislich zweitgünstigste Bieterin hervor.

Mit Gemeinderatsbeschluss vom 10. April 2003 wurde der Zuschlag der Billigstbieterin erteilt. Als Baubeginn war der 7. Juli 2003 vorgesehen, die Bauarbeiten sollten - um den ordnungsgemäßen Schulbetrieb gewährleisten zu können - bis September 2003 abgeschlossen sein.

Am 9. Juli 2004 erlangte die Gemeinde Kenntnis davon, dass über die zum Zug gekommene Bieterin zwischenzeitlich das Konkursverfahren eröffnet worden war und sie daher den Auftrag nicht erfüllen kann.

1.2. Darauf hin hat die Auftraggeberin am 15. Juli 2004 mit der zweit- und drittgereihten Bieterin ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt und die Baumeisterarbeiten in einer dringend einberufenen Sitzung am 17. Juli 2003 an die ursprünglich Drittgereihte vergeben, nachdem jene nunmehr einen 6%-igen Preisnachlass sowie 3% Skonto gewährt hatte und damit insgesamt Billigstbieterin war (236.999,67 Euro gegenüber 240.550,98 Euro der Beschwerdeführerin). Dies wurde der Antragstellerin am 21. Juli 2004 per Telefax mitgeteilt.

1.3. Mit ihrem am 18. Juli 2003 beim Oö. Verwaltungssenat per Telefax eingelangten Schriftsatz hat die Rechtsmittelwerberin einen Antrag auf Nachprüfung sowie einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung gestellt.

Als Beschwerdepunkte wurden darin im Wesentlichen bezüglich der Anfechtung der Entscheidung der Auftraggeberin, die Antragstellerin telefonisch zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert zu haben, zum einen geltend gemacht, dass eine derartige Aufforderung gesetzlich nicht gedeckt und andererseits dem Verhandlungsverfahren kein dritter Bieter zugezogen worden sei.

In Bezug auf die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung wird vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin - nachdem der Erstgereihte infolge eines Konkurses ausgeschieden werden musste - Bestbieterin gewesen sei. Die Auftraggeberin habe aber mit dem Drittgereihten unzulässige Preisverhandlungen geführt, die schließlich zu einem sittenwidrigen Preisnachlass von 9% der Gesamtsumme geführt hätten; außerdem sei die Zuschlagsentscheidung nur diesem, nicht aber auch der Rechtsmittelwerberin bekannt gegeben worden.

Mit h. Beschluss vom 21. Juli 2003, Zlen. VwSen-550093/9/Gf/Ka u. VwSen-550094/8/Gf/Ka, wurden diese Anträge als unzulässig zurückgewiesen, weil die Auftraggeberin nicht vor, sondern erst nach der Einbringung des Nachprüfungsantrages beim Oö. Verwaltungssenat verständigt worden sei.

1.4. Am 21. Juli 2003 wurde mit der Bauausführung begonnen. Die Zuschlagsempfängerin hat den ihr erteilten Auftrag am 6. August 2003 formell angenommen. Der Rohbau war Ende August 2003 fertig gestellt.

1.5. Mit Schriftsatz vom 3. September 2003 hat die Rechtsmittelwerberin gegen den h. Beschluss vom 21. Juli 2003 eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Dieser hat der VwGH mit Erkenntnis vom 17. Dezember 2003, Zl. 2003/04/0147, mit der Begründung stattgegeben, dass dem in § 3 Abs. 2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (LGBl.Nr. 152/2002, im Folgenden: OöVergNPG) normierten Gebot der "spätestens gleichzeitigen" Verständigung auch dann entsprochen sei, wenn - wie hier - die Verständigung der Auftraggeberin sechs Minuten nach der Einbringung des Nachprüfungsantrages erfolgt.

1.6. Mit h. Ersatzbescheid vom 27. Jänner 2004, Zlen. VwSen-550093/23/Gf/Gam u. VwSen-550094/22/Gf/Gam, wurden die Anträge der Beschwerdeführerin neuerlich zurückgewiesen, diesmal mit der Begründung, dass sie trotz entsprechenden Verbesserungsauftrages nicht i.S.d. § 18 OöVergNPG i.V.m. § 1 Z. 7 der zwischenzeitlich erlassenen Oö. Vergabe-Pauschalgebührenverordnung, LGBl.Nr. 127/2003 (im Folgenden: OöVergPauschVO), ordnungsgemäß vergebührt worden seien.

Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin wiederum Beschwerde an den VwGH erhoben.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 2. Juni 2004, Zl. 2004/04/0049, ausgesprochen, dass die Oö.VergPauschVO nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften nicht auf die vorliegenden Anträge anzuwenden sei, weil diese bereits vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung gestellt worden sind.

2. Im Zuge der Erlassung eines neuerlichen Ersatzbescheides hat der Oö. Verwaltungssenat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Gemeinde Lochen vorgelegten Akt zu Zl. 261/0-M; im Übrigen konnte insbesondere mangels eines darauf gerichteten Antrages der Verfahrensparteien gemäß § 12 Abs. 1 OöVergNPG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. Über die gegenständlichen Anträge hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Im vorliegenden Fall wurde der Zuschlag nach dem eigenen Vorbringen der Auftraggeberin offenkundig entweder bereits vor der Stellung des Nachprüfungsantrages - nämlich in der Gemeinderatssitzung am 17. Juli 2003 - an eine andere Bieterin erteilt, ohne dass gleichzeitig auch die Beschwerdeführerin davon verständigt worden ist, oder unmittelbar nach diesem Zeitpunkt (vgl. die Telefax-Mitteilung vom 21. Juli 2003; s.o., 1.2.).

Jedenfalls unter solchen Umständen ist daher ihr auf § 3 Abs. 1 OöVergNPG gegründeter Antrag nicht unzulässig, sondern vielmehr in einen solchen gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 OöVergNPG umzudeuten (vgl. in diesem Sinne auch VwSen-550147 vom 9. Juli 2004.

3.2. Zunächst ist fraglich, ob - nachdem über das Vermögen jener Bieterin, der zunächst der Zuschlag erteilt wurde, das Konkursverfahren eröffnet worden war - die Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung überhaupt zulässig war.

Im vorliegenden Fall handelt es sich gemäß § 9 Abs. 1 Z. 3 des Bundesvergabegesetzes, BGBl.Nr. 99/2002 (im Folgenden: BVergG) um einen Bauauftrag im Unterschwellenbereich. Nachdem der hier in Rede stehende Auftrag die Wertgrenze des § 26 Abs. 3 Z. 2 BVergG überschreitet, ordnet die auf Grund der konkreten Umstände insoweit maßgebliche Bestimmung des § 25 Abs. 4 Z. 3 BVergG diesbezüglich an, dass ein Bauauftrag u.a. nur dann im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden kann, wenn dringliche und zwingende Gründe, die nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind, im Zusammenhang mit Ereignissen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die im offenen Verfahren, im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder in einem Verhandlungsverfahren nach vorheriger Bekanntmachung vorgeschriebenen Fristen einzuhalten.

3.2.1. Dass die Konkurseröffnung über das Vermögen der ursprünglich zum Zug gekommenen Bieterin für die Auftraggeberin nicht vorhersehbar war, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3.2.2. Fraglich könnte jedoch sein, ob die Baumeisterarbeiten tatsächlich zwingend bis Schulbeginn (8. September 2004) abgeschlossen sein mussten, sodass die Einhaltung der 22-Tages-Frist nach § 50 Abs. 5 BVergG für ein nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, das auf Grund der konkreten Umstände nahe liegend war und von Auftraggeberin gemäß § 24 BVergG auch frei hätte gewählt werden können - wobei diese Frist gerade auch wegen Dringlichkeit noch hätte verkürzt werden können - nicht möglich war.

Dies ist im Ergebnis zu verneinen.

Denn an die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Wahl der Art des Vergabeverfahrens ist grundsätzlich ein umso strengerer Maßstab anzulegen, je weiter sich dieses vom Idealtypus des offenen Verfahrens entfernt und damit der Grundsatz der Chancengleichheit für alle Bieter graduell stärker gefährdet erscheint.

Unter diesem Aspekt bildet unter den bestehenden Arten von Vergabeverfahren das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung gleichsam geradezu den Gegenpol zum offenen Verfahren, sodass ersteres gleichsam nur im Sinne einer ultima-ratio-Lösung zur Anwendung gelangen kann.

Aus dem Akt der Auftraggeberin sind nun aber keine Gründe ersichtlich, die zumindest die Durchführung eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung gehindert hätten. Denn eine allfällige Verzögerung der Bauausführung hätte primär bloß dazu geführt, dass der Turnunterricht in der Volksschule erst einige Wochen später hätte beginnen können; dieser Zeitraum wäre mit geringem Improvisationsaufwand (Turnen im Freien bei entsprechender Witterung, sonst Ersatzunterricht) wohl unschwer zu überbrücken gewesen. Entscheidend ist aber vor allem der Umstand, dass gerade diese 22-Tages-Frist für den Eingang der Angebote ohnedies wegen Dringlichkeit von der Auftraggeberin noch maßgeblich hätte verkürzt werden können.

Sie hätte daher - von ihr frei wählbar (§ 24 BVergG) - ein nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung durchführen können, was es auf der anderen Seite ausschließt, dass die auf § 25 Abs. 4 Z. 3 BVergG gestützte Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung zulässig war.

Im Ergebnis erweist sich die Wahl dieser Art des Vergabeverfahrens sohin als rechtswidrig.

3.3. Dieser Rechtsverstoß war für den Ausgang des Vergabeverfahrens auch insofern wesentlich, als dadurch nicht sichergestellt war, dass tatsächlich der Bestbieter zum Zug kam, weil insbesondere der Beschwerdeführerin, aber auch den anderen Bietern nicht unter den gleichen Rahmenbedingungen die Möglichkeit eingeräumt wurde, einen entsprechenden Preisnachlass wie die nachmalige Zuschlagsempfängerin zu gewähren.

Schon aus diesem Grund war die Zuschlagserteilung vom 17. Juli 2004 rechtswidrig, was vom Oö. Verwaltungssenat gemäß § 14 Abs. 1 OöVergNPG festzustellen war.

3.4. Angesichts der bereits am 17. Juli 2003 erfolgten Zuschlagserteilung bzw. der am 6. August 2003 erfolgten Annahme des Auftrages durch die Zuschlagsempfängerin konnte eine Einstweilige Verfügung - als bloße Verfahrensanordnung (vgl. VwGH v. 6.11.2002, Zl. 2002/04/0138) - gegenwärtig schon von vornherein nicht mehr getroffen werden.

Der dementsprechende Antrag war daher gemäß § 11 Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 € angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

Beachte: 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen.

VfGH vom 12.10.2005, Zl.: B 1215/04-12

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