Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250492/2/Lg/Bk

Linz, 07.02.1996

VwSen-250492/2/Lg/Bk Linz, am 7. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung der Frau A D, H, vertreten durch DDr. K, Rechtsanwalt, S , gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 20. Juli 1995, Zl. SV96-34-1994-Br, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl.Nr.

218/1975 (idF BGBl.Nr. 450/1994), zu Recht erkannt:

I. Das angefochtene Straferkenntnis wird dem Grunde nach und auch betreffend die Höhe der Geldstrafen bestätigt.

Die Berufung wird insoweit abgewiesen. Die Ersatzfreiheitsstrafen werden auf 14 Stunden je illegal beschäftigtem Ausländer herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend korrigiert, daß als Tatzeit nur der 5. August 1994 zu gelten hat.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG iVm §§ 3 Abs.1 und 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG.

Zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin Geldstrafen in Höhe von vier Mal je 5.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von vier Mal je drei Tagen verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer näher bezeichneten GesmbH zu vertreten habe, daß am 5. August 1994 "seit März 1994" vier näher bezeichnete Ausländer beschäftigt worden seien, obwohl die genannte Gesellschaft mit Sitz in (Bezirk ) nicht im Besitz entsprechender Beschäftigungsbewilligungen bzw die Ausländer nicht im Besitz von entsprechenden Arbeitserlaubnissen bzw Befreiungsscheinen gewesen sei bzw seien.

In der Begründung setzt sich das angefochtene Straferkenntnis mit der Argumentation der Stellungnahme der Berufungswerberin, wonach die Gesellschafter Geschäftsführertätigkeiten ausgeübt hätten und die Rechtslage zur Tatzeit nicht klar gewesen sei, auseinander. Diesen Einwänden wurde im Hinblick auf die Regelung des § 2 Abs.4 Z2 AuslBG, betreffend Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringender Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %, nicht gefolgt. Die von der Berufungswerberin behauptete Rechtsunkenntnis sei außerdem nicht unverschuldet. Im Hinblick auf die Unbescholtenheit der Berufungswerberin unterschritt die belangte Behörde die Mindestgeldstrafe von je 5.000 S unter Anwendung des § 20 VStG um die Hälfte.

2. In der Berufung wird geltend gemacht, daß die gegenständlichen Ausländer "geschäftsführende" Gesellschafter gewesen seien. Unter "geschäftsführend" wird offensichtlich die Behauptung verstanden, daß die Ausländer auf der Baustelle selbständig und eigenverantwortlich tätig waren, während von "der Geschäftsführung" lediglich die Arbeiten koordiniert worden seien, daß die Ausländer für ihre Bauarbeiten persönlich gegenüber den anderen Geschäftsführern verantwortlich gewesen seien und (wohl:

dadurch) wesentlichen Einfluß auf den "Geschäftsgang" bzw die "Geschäftsführung" genommen hätten. Die monatlichen "Entnahmen" von je 15.000 S seien im Rahmen der Geschäftsführertätigkeit erfolgt. Da die Ausländer im Rahmen ihrer "formalen" Geschäftsführerverpflichtung tätig geworden seien, könne nicht von einem "üblichen ArbeitnehmerArbeitgeberverhältnis" ausgegangen werden. Deshalb sei keine Beschäftigung iSd § 2 Abs.4 Z2 AuslBG vorgelegen.

Im übrigen macht die Berufung entschuldigenden Rechtsirrtum geltend, da die Berufungswerberin davon ausgegangen sei, daß die Arbeit der Ausländer im Rahmen ihrer "Geschäftsführertätigkeit" nicht bewilligungspflichtig gewesen sei. Von dieser Rechtsauffassung hätte sie deshalb ausgehen dürfen, da ihr von seiten der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mitgeteilt worden sei, daß bei geschäftsführenden Gesellschaftern ein solcher Antrag nicht notwendig sei. Ebenfalls nicht näher bezeichnete Berater sowohl von der Arbeitgeber- als auch von der Arbeitnehmerseite hätten der Berufungswerberin mitgeteilt, daß aufgrund der Rechtsunsicherheit genaue Auskünfte nicht möglich seien.

Nach Bekanntwerden der Rechtsansicht der BH Braunau hätte die Berufungswerberin sofort Beschäftigungsbewilligungen beantragt und auch am 26. August 1994 bekommen. Deshalb und wegen der Unbescholtenheit, dem Monatsnettoeinkommen von ca.

20.000 S, dem geringen Verschulden der Berufungswerberin und weil ein einheitlicher Tatvorgang vorliege, sei die Strafe zu hoch bzw lägen die Voraussetzungen des § 21 VStG vor.

3. In der Berufung wurde weder die Art der Tätigkeit der Ausländer (Verputzen) für die Gesellschaft noch das Fehlen einer(s) Beschäftigungsbewilligung (Arbeitserlaubnis, Befreiungsscheines) bestritten. Unbestritten blieb ferner, daß zwar die Berufungswerberin, nicht aber die Ausländer, handelsrechtliche Geschäftsführer der GesmbH waren, daß der Geschäftsanteil der Ausländer (weit) unter 25 % (je 10.000 S von 500.000 S) lag und eine Feststellung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice iSd § 2 Abs.4 Z2 AuslBG nicht erfolgt war.

Da deshalb lediglich Rechtsfragen offen waren, war von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abzusehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

4.1. § 2 Abs.4 Z2 AuslBG stellt für den Fall der Erbringung von typischerweise in einem Arbeitsverhältnis erbrachten Arbeitsleistungen für die Gesellschaft durch einen ausländischen Gesellschafter einer GesmbH mit weniger als 25 % Geschäftsanteil eine Rechtsvermutung für das Vorliegen einer Beschäftigung des Ausländers vom § 2 Abs.2 AuslBG durch die GesmbH auf (vgl. Schnorr, AuslBG, 3. Auflage, RZ 9 zu § 2). Ausgenommen sind (nur) Fälle, in denen die Feststellung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vorliegt, daß der ausländische Gesellschafter einen wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung tatsächlich persönlich ausübt.

4.2. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, daß die Verputzertätigkeiten der gegenständlichen Ausländer Arbeitsleistungen für die Gesellschaft darstellen, die iSd § 2 Abs.4 Z2 AuslBG typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden. Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es dabei nicht darauf an, ob der rechtlichen Konstruktion nach ein "typisches ArbeitgeberArbeitnehmerverhältnis" vorliegt, sondern darauf, ob die Arbeitsleistungen ihrer Art nach typischerweise in einem Arbeitsverhältnis (dessen Vorliegen daher von der Strafbehörde bzw vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht zu prüfen ist) erbracht werden (vgl. in diesem Zusammenhang auch die auf die Art der Tätigkeit abstellenden Erkenntnisse des VwGH vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0145 Montagearbeiten und vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0137 Servieren). Da die ausländischen Gesellschafter Geschäftsanteile von unter 25 % hatten und eine Feststellung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice iSd § 2 Abs.4 Z2 AuslBG nicht vorlag, war eine Beschäftigung iSd § 2 Abs.4 Z2 AuslBG gegeben.

Sämtliche Einwände der Berufung über Besonderheiten der Stellung der gegenständlichen Ausländer laufen auf die Behauptung eines wesentlichen Einflusses der Ausländer auf die Geschäftsführung hinaus. Diese Einwände sind schon mangels Vorliegens einer diesbezüglichen Feststellung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unbeachtlich. Sollten diese Einwände dahingehend zu verstehen sein, daß die Gesellschafter bloß in einem Gesellschafterverhältnis, nicht jedoch (auch) in einem Arbeitsverhältnis bzw arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur Gesellschaft standen, so obliegt auch diese Prüfung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, sodaß im Ergebnis dasselbe gilt.

4.3. Dem Einwand der unverschuldeten Rechtsunkenntnis ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Berufungswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin die Pflicht traf, sich über den Gesetzgebungsstand, insbesondere soweit er den Kernbereich der Unternehmenstätigkeit betrifft, auf dem Laufenden zu halten. Zum Zeitpunkt der Kontrolle war § 2 Abs.4 Z2 AuslBG seit rund einem Jahr in Kraft.

Die Regelung, daß bei Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringenden Gesellschaftern mit einem unter 25 % liegenden Geschäftsanteil lediglich eine Feststellung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice iSd § 2 Abs.4 Z2 AuslBG eine Beschäftigungsbewilligung erübrigt, ist nicht so kompliziert, daß sie für juristische Laien unverständlich wäre.

Die Berufungswerberin behauptet nicht, sie hätte von einer zuständigen Behörde für die zur Tatzeit geltende Rechtslage die Rechtsauskunft erhalten, die Erbringung von Arbeitsleistungen für die Gesellschaft, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, durch einen Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % sei nicht bewilligungspflichtig. Allein eine solche Rechtsauskunft hätte die Berufungswerberin entschuldigen können. Unter diesem Blickwinkel ist die Information der Berufungswerberin "sowohl von Arbeitgeber- als auch von Arbeitnehmerseite" mit dem Ergebnis der Rechtsunsicherheit unbeachtlich. Die angebliche Behauptung seitens der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, daß ein Antrag auf Feststellung des wesentlichen Einflusses von Gesellschaftern bei "geschäftsführenden Gesellschaftern" nicht gestellt zu werden brauche, ist, die Richtigkeit der Behauptung, daß eine solche Auskunft erteilt wurde, vorausgesetzt, nicht geeignet, die Berufungswerberin zu entschuldigen, da diese Auskunft nur ausländische Geschäftsführer betrifft, die - sowohl im landläufigen als auch im juristischen Sinn - Geschäftsführer sind. Im gegenständlichen Fall waren die ausländischen Gesellschafter nicht handelsrechtliche Geschäftsführer und daher nicht "geschäftsführende Gesellschafter" iS einer verständigen Interpretation der Rechtsauskunft des Arbeitsmarktservice, wie sie in der Berufung wiedergegeben wurde. Daß im Schriftverkehr des rechtsfreundlichen Vertreters der Berufungswerberin mit der belangten Behörde, insbesondere auch in der Berufung, von einem unüblichen Begriff der Geschäftsführung ausgegangen wird, vermag daran nichts zu ändern.

4.4. Der Beginn der Tätigkeit "seit März 1994" wurde erst im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen. Zu diesem Zeitpunkt war die Verfolgungsverjährungsfrist hinsichtlich des erweiterten Tatzeitraumes bereits abgelaufen. In der Aufforderung zur Rechtfertigung (sonstige Verfolgungshandlungen sind aus dem Akt nicht ersichtlich) ist dieser Tatzeitbeginn noch nicht festgehalten. Aus diesem Grund war der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entsprechend zu korrigieren.

4.5. Zur Festsetzung der Strafhöhe ist zu bemerken:

Im Hinblick auf die in der Berufung behauptete "Tateinheit" ist festzuhalten, daß nach der klaren Vorschrift des § 28 Abs.2 Z1 lit.a AuslBG die Strafe je illegal beschäftigtem Ausländer zu verhängen ist. Bei den von der belangten Behörde herangezogenen Strafbemessungsgründen (finanzielle Verhältnisse der Berufungswerberin, Unbescholtenheit, keine Erschwerungsgründe) erscheint die Anwendung des § 20 VStG ohnehin als großzügig. Obzwar nicht zu verkennen ist, daß der Unrechtsgehalt der Tat durch die Reduktion des Tatzeitraumes wesentlich verringert wird, erscheint eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe unter diesem Titel ausgeschlossen. Auch die rechtliche Desorientiertheit der Berufungswerberin über die Regelung für Arbeitsgesellschafter mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % vermag zu keinem anderen Ergebnis führen. Da in Relation zur verhängten Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von drei Tagen als zu hoch gegriffen erscheint, setzt der unabhängige Verwaltungssenat unter Anwendung der genannten Strafbemessungskriterien die Ersatzfreiheitsstrafe mit 14 Stunden fest.

Bei einer Beschäftigung von vier Ausländern an einem Tag im Zuge einer laufenden Unternehmenstätigkeit kann auch nicht von unbedeutenden Folgen der Tat im Sinne des § 21 AuslBG gesprochen werden. Daran ändert auch nichts, daß nach der Tat die entsprechenden Beschäftigungsbewilligungen tatsächlich erteilt wurden. Auch das Verschulden der Berufungswerberin ist, verglichen mit dem deliktstypischen Schuldgehalt, nicht so gering, daß es eine Anwendung des § 21 VStG nahelegt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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