Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-250551/17/Lg/Bk

Linz, 03.03.1997

VwSen-250551/17/Lg/Bk Linz, am 3. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27.

Februar 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 20.11.1996, Zl. SV96-15-11-1996/Pef, wegen Übertretung des AuslBG, BGBl.Nr. 218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt, weil er "als Arbeitgeber am 28.5.1996, am 31.5.1996 und am 3.6.1996 Herrn N, tschechischer Staatsbürger, auf seiner Baustelle in (Hausbau), als Baugehilfen beschäftigt (habe), obwohl für den genannten Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4 AuslBG) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a AuslBG) oder ein Befreiungsschein (§ 15 AuslBG) vorgelegen hat." Begründend stützt sich das angefochtene Straferkenntnis auf die "Feststellungen des Grenzüberwachungspostens B" (idF:

GÜP) sowie auf die Zeugenaussage des Herrn GI K (GÜP) vom 20.8.1996.

2. In der Berufung wird die Beschäftigung des Ausländers durch den Berufungswerber bestritten. Er kenne den Ausländer nicht einmal.

Die behördliche Sachverhaltsannahme werde durch die Ermittlungsergebnisse nicht gedeckt. Es gebe bloß die Angabe des Ausländers vor dem GÜP, daß er an drei Tagen auf der betreffenden Baustelle gearbeitet habe, woraus aber nicht hervorgehe, daß der Berufungswerber den Ausländer beschäftigt habe. Dabei sei außerdem der Widerspruch zu vermerken, daß der Ausländer angegeben habe, der Berufungswerber werde am 4.6.1996 auf die Baustelle kommen, sich der Berufungswerber zu dieser Zeit nachweislich auf Urlaub befand. Die Datumsangaben der Beschäftigung seien außerdem nicht durch Ermittlungsergebnisse gedeckt sondern beruhten lediglich auf einem Bericht des GÜP. Der mit dem Bau befaßte pensionierte Polier W könne bezeugen, daß der Ausländer nicht auf der Baustelle gearbeitet habe.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

3.1. Eine Niederschrift mit dem Ausländer wurde laut Anzeige vom 7.6.1996 nicht aufgenommen, da - so die ausdrückliche Begründung - dieser "der deutschen Sprache kaum mächtig" sei.

Dennoch entnahmen die befaßten Beamten des GÜP den Äußerungen des Ausländers, daß er auf der Baustelle schon öfters "aus Freundschaftsdienst" gearbeitet habe. Dafür seien ihm 70 S/Stunde versprochen worden, dieses Geld habe er jedoch nicht erhalten. Der Ausländer sei, wie immer, von seiner Frau H mit dem Auto nach B gefahren worden.

Unter der "Darstellung der Tat" (nicht unter den "Angaben des Verdächtigen", gemeint: des Ausländers) findet sich außerdem die Behauptung, der Ausländer habe am 28.5.1996 drei Stunden, am 31.5.1996 drei Stunden und am 3.6.1996 sechs Stunden auf der Baustelle gearbeitet. (Es handelt sich dabei um den Pfingstdienstag, den darauffolgenden Freitag und den darauffolgenden Montag.) Am Tag der Betretung (4.6.1996, 7.15 Uhr) habe der Ausländer ebenfalls seiner illegalen Beschäftigung als Maurergehilfe nachgehen wollen.

3.2. Der Berufungswerber rechtfertigte sich am GÜP damit, er habe den Ausländer noch nie gesehen. Er habe dem Ausländer auch keine Entlohnung versprochen und bestreite dessen diesbezügliche Angaben. Am 3. und 4.6.1996 sei er in L (Steiermark) gewesen. An diesen Tagen sei auf der Baustelle nicht gearbeitet worden.

3.3. Am 20.8.1996 sagte GI K vor der BH Urfahr-Umgebung aus:

"Am 4.6.1996 um 7.15 Uhr haben wir eine reine Routinekontrolle durchgeführt und haben ihn gefragt, wohin er geht. Daraufhin sagte er, er kommt von der Tschechei, seine Frau habe ihn hergefahren, wobei sie ihn am Abend wieder abholen wird und er gehe zu Kollegen arbeiten. Er war vorher bei der Wohnadresse von Herrn L, jedoch war dieser nicht anwesend. Er war mit normaler Bekleidung bekleidet und hatte eine Sporttasche mit sich. Darin war eine Jause und ein Arbeitsgewand. Er hat uns Herrn L beschrieben und diese Beschreibung stimmte überein. Dann führte er uns zur Baustelle und sagte, daß Herr L um ca. 7.30 Uhr zur Baustelle kommen werde. Er zeigte uns auch seine Arbeit und zwar hat er Mörtel gemacht. Da Herr L nicht gekommen ist, sind wir zu seiner Wohnung gefahren, jedoch war auch dort niemand anzutreffen. Anschließend sind wir auf den Grenzüberwachungsposten mit ihm gefahren. Dort sagte er aus, daß er 70.-- für die Stunde bezahlt bekommt und daß er schon öfters bei ihm gearbeitet hat. Er hat sich auch bei den örtlichen Begebenheiten sehr gut ausgekannt. Er ist auch nicht den direkten Weg zur Baustelle gegangen, sondern hat einen Umweg, der nicht direkt bei dem Gend.posten vorbeiführt, genommen. Andere Arbeiter konnten wir auf der Baustelle nicht sehen." 3.4. Am 27.9.1996 wiederholte der Berufungswerber vor der BH Urfahr-Umgebung seine obenstehenden (3.2.) Angaben.

3.5. Mit Schreiben vom 8.10.1996 äußerte sich das AI dahingehend, daß die Angaben des Berufungswerbers unglaubwürdig seien, da der Ausländer den Berufungswerber zu beschreiben vermochte. Die Ortsabwesenheit des Berufungswerbers schließe eine Fortsetzung der Bautätigkeit nicht aus.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte der betroffene Ausländer nicht vernommen werden. Der Zeuge R konnte zwar bestätigen, den Ausländer nie auf der Baustelle gesehen zu haben, mußte allerdings einräumen, selbst nicht allzu häufig auf der Baustelle gewesen zu sein.

Es gab keine Niederschrift des GÜP über eine Einvernahme des Ausländers, da - so ausdrücklich die Anzeige - der Ausländer dafür nicht ausreichend Deutsch konnte. Daher stützte sich die Anzeige auf die "dienstlichen Wahrnehmungen" der beiden GIen K und K, das angefochtene Straferkenntnis zusätzlich auf die Aussage von GI K vor der belangten Behörde. In der Anzeige findet zwar Erwähnung, daß "weitere Erhebungen" durch Herrn Z vom GÜP stattfanden. Worin diese bestanden bleibt nach der Gestaltung der Anzeige unklar; sie dürften nach dem Bild, das die Anzeige bietet - aber nicht ergiebig gewesen sein, da in der Anzeige keine gewichtigen Feststellungen enthalten sind, die über die ausdrücklich als solche bezeichneten (!) "dienstlichen Wahrnehmungen" der GIen K und K hinausgehen.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung war daher zu untersuchen, ob die "dienstlichen Wahrnehmungen" der beiden genannten GIen den - vehement bestrittenen - Vorwurf, der Berufungswerber habe die Ausländer beschäftigt, tragen.

Im Zentrum der Problematik steht dabei die Art und Weise der Identifikation des Berufungswerbers als Arbeitgeber. Nach dem Protokoll der Einvernahme vom GI K vor der belangten Behörde (idF: Protokoll) ergeben sich Indizien, die gegen den Berufungswerber sprechen: Der Ausländer sei von der Wohnung des Berufungswerbers gekommen, als er aufgegriffen wurde, er habe den Beamten den Weg zur Baustelle gezeigt und er habe eine richtige Personsbeschreibung des Berufungswerbers gegeben.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte sich nach übereinstimmender Aussage der Zeugen GI K und GI K jedoch heraus, daß diesen Zeugen gegenüber keine Personsbeschreibung erfolgte! Ferner blieb unklar, worauf die Behauptung des Protokolls beruhte, der Ausländer sei gerade von der Wohnung des Berufungswerbers gekommen. Der Zeuge K verfügte lt. seiner Aussage in der öffentlichen mündlichen Verhandlung über keine Wahrnehmung, daß der Ausländer dies gesagt habe! Daß auf dem Weg von der Baustelle zum GÜP bei der Wohnung des Berufungswerbers vorbeigeschaut worden sei (so das Protokoll und die Aussage von GI K in der öffentlichen mündlichen Verhandlung; dort der Zeuge präzisierend, daß der Ausländer die Beamten zu der den Beamten unbekannten Wohnung des Berufungswerbers geführt habe) wurde vom Zeugen K ausdrücklich negiert! Der Zeuge GI K gab bekannt, daß erst durch eine in der Nähe der Baustelle befindliche Nachbarin (also nicht schon zuvor durch den Ausländer) in Erfahrung gebracht worden sei, wem die Baustelle "gehört", während der Zeuge K glaubte, sich daran erinnern zu können, der Ausländer selbst habe gesagt, dies sei die Baustelle von "Baumeister "! Daß eine Entlohnungszusage durch den Berufungswerber (und nicht durch sonst jemanden) erfolgte, stellten die beiden Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung als Schlußfolgerung aus sonstigen Umständen (GI K konkret: Aus der Tatsache der von der Nachbarin in Erfahrung gebrachten Bauherrneigenschaft des Berufungswebers) dar! Bezüglich der Tatzeiten liegen - entgegen der ausdrücklichen Feststellung in der Anzeige! - keine Wahrnehmungen der Zeugen GI K und GI K vor! Diese bestätigten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung übereinstimmend, daß jedenfalls ihnen gegenüber keine diesbezüglichen Aussagen des Ausländers gemacht wurden.

Hingegen sagte der Zeuge K aus, daß die Nachbarin auf der Baustelle befragt worden sei, ob sie den Ausländer schon einmal gesehen habe und daß die Nachbarin diese Frage nicht zu bejahen vermochte.

Übereinstimmend sagten die Zeugen aus, daß der Ausländer als Entlohnungshöhe 70 S angegeben habe. Diese Aussage sei auf dem GÜP (Protokoll)/auf der Baustelle (GI K)/im Dienstfahrzeug auf dem Weg von der Baustelle zum GÜP (GI K) erfolgt. Daß der Ausländer das in der Anzeige vorkommende Wort "Freundschaftsdienst" gebrauchte, konnten die Zeugen nicht bestätigen. Die Frage, ob der Ausländer bezüglich der Entlohnungshöhe sofort geantwortet oder zunächst Ausflüchte gesucht habe, wurde von GI K bejaht, von GI K verneint.

Dazu traten weitere Ungereimtheiten: Etwa hinsichtlich der Personen, welche der Ausländer auf der Baustelle erwartet haben soll: Den Berufungswerber (Protokoll, GI K)/einen Arbeiter (GI K)/weiß nicht mehr wen (GI K)/der Ausländer habe "zu Kollegen" arbeiten fahren wollen (Protokoll).

Nichts davon war dem Zeugen K in Erinnerung; der Ausländer habe nicht gesagt, daß er jemanden auf der Baustelle treffen wolle.

Darüber, wie der Ausländer seine Arbeit auf der Baustelle artikulierte: Durch Mörtelmachen (Protokoll) durch Gesten in Verbindung mit verbalen Andeutungen betreffend die Planierung eines Erdhaufens (GI K, GI K). Dazu, ob der Ausländer seine Ortskundigkeit auf der Baustelle demonstrierte: Ja, durch Zeigen von Werkzeug (GI K)/nein (GI K).

Übereinstimmend bestätigten die Zeugen, daß der Ausländer bei der Führung von der Aufgriffsstelle zur Baustelle nicht den kürzesten Weg (welcher am GP vorbeigeführt hätte) genommen hatte.

Am Schluß der öffentlichen mündlichen Verhandlung plädierten sowohl die Vertreter des AI als auch der Vertreter des Berufungswerbers auf Freispruch. Ein Vertreter der belangten Behörde war nicht erschienen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Nach der Lage des Falles hatte niemand den Ausländer auf der Baustelle arbeiten gesehen. Die Beschuldigung des Berufungswerbers beruht allenfalls auf Angaben des Ausländers, deren Wert schon wegen dessen mangelnder Beherrschung der deutschen Sprache (die der Aufnahme einer Niederschrift am GÜP entgegenstand und auf die sich die Zeugen GI K und GI K in der öffentlichen mündlichen Verhandlung mehrfach zurückzogen) überaus zweifelhaft bleiben muß. Ebenso gravierend wirkt sich aus, daß in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht einmal geklärt werden konnte, auf welche Behauptungen wem gegenüber die Verbalisierungsversuche des Ausländers sich überhaupt erstreckten bzw, anders formuliert, inwieweit der Schuldvorwurf auf Schlußfolgerungen aus wirklichen oder vermeintlichen Begleitumständen beruhte. Von den Begleitumständen, die auf die Richtigkeit des Tatvorwurfes hinweisen könnten, blieb in der öffentlichen mündlichen Verhandlung gesichert lediglich die Tatsache, daß der aufgegriffene Ausländer die Organe zu einer Baustelle (nämlich jene des Berufungswerbers) führte. Alle anderen Indizien waren mit frappierenden Widersprüchen behaftet bzw mit der dringenden Gefahr verbunden, daß aus sprachlichen Mißverständnissen bzw ungesicherten Tatsachen falsche Schlüsse gezogen wurden.

Die einzige gesicherte Tatsache, nämlich daß der Ausländer den Erhebungsbeamten eine Baustelle zeigte, vermag aber aus auf der Hand liegenden Gründen den Tatvorwurf bei weitem nicht ausreichend zu stützen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Langeder

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum