Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250568/21/Lg/Bk

Linz, 12.01.1998

VwSen-250568/21/Lg/Bk Linz, am 12. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 14. April 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der Frau A gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Jänner 1997, Zl. 101-6/3-33-41391.3, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Tatvorwurf wird jedoch dahingehend abgeändert, daß keine Inanspruchnahme betriebsentsandter Ausländer (§ 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG) sondern eine Direktbeschäftigung der Ausländerinnen in Form von Arbeitsverhältnissen (§ 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG) vorgeworfen wird. Demgemäß sind im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses alle Passagen zu streichen, die auf eine Beschäftigung durch Arbeitgeber mit ausländischem Sitz Bezug nehmen. Vielmehr muß es auf Seite 1 des Spruches heißen: "... zu verantworten, daß von der genannten OEG in dem von ihr betriebenen Lokal "C folgende ausländische Staatsbürgerinnen beschäftigt wurden, ohne daß für diese eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde:" (Es folgt die Aufzählung der Ausländerinnen.) Der 1. Absatz auf Seite 2 (mit der Tatzeitangabe) bleibt erhalten. Die folgenden, sich auf die Agenturen beziehenden Absätze des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses sind zu streichen. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist ferner dahingehend zu korrigieren, daß anstelle von § 18 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG § 3 Abs.1 und § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG idF BGBl.Nr. 895/1995 zitiert werden. Diesem Zitat sind ferner § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2 und 19 VStG hinzuzufügen. Die im angefochtenen Straferkenntnis verhängten Strafen und Kostenbeiträge bleiben aufrecht, und zwar unter Zitierung des § 64 Abs.1 und 2 VStG. II. Die Berufungswerberin hat zuzüglich zu den Kosten des erstbehördlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von drei mal je 2.000 S, insgesamt also in Höhe von 6.000 S zu leisten. Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG iVm §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG idF BGBl.Nr. 895/1995. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) drei Geldstrafen in Höhe von je 10.000 S bzw drei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je zwei Tagen und acht Stunden verhängt, weil sie es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche persönlich haftende Gesellschafterin der Firma W zu verantworten habe, daß von der genannten Firma folgende drei Ausländerinnen (in Form der Inanspruchnahme betriebsentsandter Ausländer) beschäftigt worden seien, ohne daß die gemäß § 3 Abs.1 AuslBG für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien: 1) S, ungarische Staatsangehörige; 2) N, tschechische Staatsangehörige; 3) B; ungarische Staatsangehörige.

Die Beschäftigung sei in Form der Inanspruchnahme der Arbeitsleistungen von Ausländern, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, am 19.2.1996 im Lokal "C erfolgt. Demgemäß wurde die Bw gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG bestraft.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Aussage des Herrn M gegenüber dem Kontrollorgan des AI für den 19. Aufsichtsbezirk. Demnach würden die drei ausländischen Tänzerinnen jeweils über eine Agentur im jeweiligen Heimatland beschäftigt. Die W OEG hätte mit den Agenturen einen Vertrag und bezahle den Agenturen 500 S pro Tag. Die Mädchen würden von den Agenturen gebracht und innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat wieder abgeholt. Bezahlt würden die Mädchen von der Agentur. Die Aufgabe der Mädchen sei der Tanz. Wenn Gäste im Lokal sind, würde ein Mädchen nach dem anderen für jeweils drei Musiknummern tanzen. Wenn ein Gast das Mädchen an den Tisch einlade, erhalte es 30 S pro Cocktail. Den Mädchen stünden im Haus zwei Wohnungen zur Verfügung, in welchen sie unentgeltlich wohnen dürften. Nach einem Aktenvermerk des Arbeitsinspektors anläßlich der Betriebskontrolle habe dieser beobachtet, daß die Aufforderung zum Tanzen durch einen Kellner ergangen sei. Ferner nimmt das angefochtene Straferkenntnis Bezug auf die dem Akt beiliegenden vertraglichen Vereinbarungen zwischen der W OEG und zwei Agenturen mit Sitz in Ungarn bzw in Tschechien. In diesen Verträgen wird vereinbart, daß die Ausländerinnen bei der Agentur beschäftigt sind und ausschließlich von dieser entlohnt werden. Die W verpflichtet sich pro Tag 500 S an die Agentur zur Auszahlung zu bringen. Bei Zahlungsverzug würden von der Agentur Klagen eingereicht und die Ausländerinnen nach Hause beordert. Die Ausländerinnen würden ausschließlich von der Agentur entlohnt. Es sei ihnen auf Wunsch alle zehn Tage mindestens zwei Tage freizugeben, damit sie nach Hause fahren können. 2. In der Berufung wird dagegen eingewendet, daß sich Herr M bei seinen damaligen Angaben geirrt habe und die damals vorgelegten Verträge zum Tatzeitpunkt nicht mehr gültig gewesen seien. Ab 1.2.1996 sei mit Werkverträgen agiert worden, welche "allerdings innerhalb 30 Tage vorerst beendet waren". Zwei dieser Werkverträge werden vorgelegt (den dritten Werkvertrag habe die "dritte Person" mitgenommen). In diesen "Werkverträgen" zwischen der W als Auftraggeber und den Ausländerinnen B bzw S ist festgehalten:

"Werkvertrag, abgeschlossen zwischen ... Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer die Ausführung von Variete Darbietungen. Die Bereitstellung der für die Aufgabenerfüllung notwendigen Betriebsmittel (Kostüme, Requisiten) erfolgt auf eigene Kosten und Gefahr. Sach und widmungsgerechter Gebrauch der leihweise vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Bühne und Garderobe usw. Für die ordnungsgemäße Durchführung der vereinbarten Werksleistung erhält der Auftragnehmer ein Honorar (zuzüglich 20 % MWSt). Dem Auftragnehmer bleibt es frei, die übertragene Leistung selbst oder durch Einschaltung eines Dritten (Vertreters) zu erbringen. Schäden, welche durch mangelhafte Leistungserbringung bzw durch Nichtleistung entstehen, werden dem Auftragnehmer angelastet bzw gegen noch offene Ansprüche aufgerechnet. Die auf die Einkünfte entfallenden Steuern und Abgaben sind selbst zu tragen. Der Auftraggeber ist gegenüber Dritten schad- und klaglos zu halten. Seitens der W erfolgt daher keine Anmeldung zur Sozialversicherung und kein Beitragsabzug bzw kein Steuerabzug. Der Auftragnehmer haftet daher für die ordnungsgemäße Abrechnung und Abfuhr sämtlicher Steuern und Abgaben. Die Vertragspartner erklären übereinstimmend, daß mit diesen Vertrag kein Dienstverhältnis begründet wird. Der Auftragnehmer darf Variete Darbietung jeglicher Art für andere Firmen nur mit schriftlicher Zustimmung des Auftraggebers durchführen. Für jeden Verstoß gegen diese Bestimmung wird der Auftragnehmer ein nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegenden Pönale in der Höhe von ÖS 20.000,- an den Auftraggeber bezahlen. Die Aufkündigung des Vertrages kann sowohl vom Auftraggeber, als auch von Auftragnehmer schriftlich, mit einer einwöchigen Frist erfolgen. Die Vertragspartner kommen überein, daß die tägliche Abrechnung durch Erstellung einer Gutschrift seitens des Auftraggebers erfolgt. Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. In Streitfällen ist das für den Auftraggeber zuständige Gericht in anzurufen. Der Auftragnehmer (falls Ausländer) darf die übertragende Leistung nur solange erbringen und sich bei uns aufhalten, solange es das Gesetz für diesen Ausländer (Nationalität) vorsieht. Von einen Monat bis höchstens drei Monate, oder solange eine Aufenthaltsbewilligung für längere Zeit ausgestellt ist ..." 3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung präzisierte der Vertreter der Bw das Vorbringen dahingehend, daß für die gegenständlichen Ausländerinnen nicht mehr die Agenturverträge sondern die "Werkverträge" gegolten hätten. Nicht die Agentur sondern die Ausländerinnen hätten 500 S + 20 % MwSt pro Tag erhalten. Die Anwesenheitstage seien vertragsgemäß notiert und gutgeschrieben worden; es sei auch nicht ausgeschlossen gewesen, daß auf Wunsch kurzfristiger (tageweise) ausbezahlt wurde (nicht erst vor der Heimreise). Am Getränkekonsum seien die Ausländerinnen nicht beteiligt gewesen. Für das Quartier hätten sie 50 S pro Nacht bezahlen müssen, sofern sie im Hause wohnen wollten; überwiegend hätten sich die Ausländerinnen jedoch ein Hotel gesucht. Sie seien auch nicht verköstigt worden.

Die Ausländerinnen hätten etwa acht Stunden pro Tag gearbeitet und zwar während der Öffnungszeiten des Lokals zwischen 10.00 und 22.00 Uhr. Ein Bühnenauftritt für drei Lieder dauere ca 10 Minuten. Der Wechsel (auch mit anderen Tänzerinnen) erfolge "automatisch". Auf die Vertragsklausel, daß die Ausländerinnen nicht woanders auftreten dürfen, sei Wert gelegt worden, da dies das Geschäft schädigen würde. Es sei daher auch darauf geachtet worden, daß die Ausländerinnen nicht stundenweise fehlen. Worin das "Werk" bestand, konnte der Vertreter der Bw auf ausdrückliches Befragen nicht sagen. Er legte aber Wert auf die Feststellung, daß ein Zeitraum von 30 Tagen nicht überschritten wurde.

Die "Vertreterregelung" der vorgelegten Werkverträge erläuterte der Vertreter der Bw dahingehend, daß eine Ausländerin, wenn sie zu Hause war, eine andere Ausländerin "schicken" konnte. Dies habe einen gewissen Werbeeffekt der W OEG im Ausland (unter in Betracht kommenden Frauen) gehabt.

Die Ausländerinnen konnten mangels Erscheinens nicht einvernommen werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Der rechtlichen Beurteilung ist der Sachverhalt, wie er vom Vertreter der Bw dargestellt wurde, zugrundezulegen. Demnach liegen keine Werkverträge sondern Arbeitsverhältnisse oder zumindest arbeitnehmerähnliche Verhältnisse vor. Auf die Bezeichnung der Verträge (als "Werkverträge") kommt es nicht an. Ebensowenig ist der Ausschluß von "Dienstverhältnissen" im Vertragstext von Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Vertragsgestaltung (§ 2 Abs.4 AuslBG).

Die Arbeitsleistungen der Ausländerinnen stellen kein Werk im rechtlichen Sinne dar. Geschuldet wurden vielmehr nach Zeit bemessene Arbeitsleistungen. Dies zeigt sich auch in der Form der Entlohnung deutlich. Es wurde auch die Anwesenheit während der Arbeitszeit kontrolliert, längere Entfernungen waren untersagt. Die Ausländerinnen waren durch die Abfolge der Tanzdarbietungen in die Betriebsorganisation eingebunden. Diese Organisation wurde vom Arbeitgeber bestimmt. Es bestand auch durch die "Konkurrenzklausel" eine spezifische Bindung an das Unternehmen. Arbeitzeit, Arbeitsort und Art der Arbeit standen daher nicht zur Disposition der Ausländerinnen. Mangels eines Werks indiziert auch die "Vertretungsregelung" keinen Werkvertrag; gemeint war lediglich die unverbindliche Möglichkeit, mittels Mundpropaganda andere Ausländerinnen zu schicken. Aus diesen Gründen ist davon auszugehen, daß die Ausländerinnen in einem Arbeitsverhältnis zur W standen (§ 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG). Eine Inanspruchnahme betriebsentsandter Ausländer (§ 28 Abs.1 Z1 lit.b AuslBG) lag daher nicht vor. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (§ 28 Abs.2 AuslBG) war daher der Tatvorwurf zu ändern und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses richtigzustellen. Die Bw hat sohin den hier vorgeworfenen Tatbestand in objektiver Hinsicht und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht. Insbesondere wirkt die irrtümliche Auffassung der Bw, der geschilderte Leistungsaustausch unterfalle nicht dem AuslBG, nicht entschuldigend. Daß die Bw eine dahingehende - krasse - Fehlauskunft von der zuständigen Behörde erhalten hätte, wurde nicht einmal behauptet. Auch die vermeintliche oder tatsächliche Beobachtung der Bw, daß ähnliche Konstruktionen behördlicherseits nicht beanstandet worden seien, ändert an der Rechtswidrigkeit und der Schuld der Bw nichts. Hinsichtlich der Strafbemessung folgt der unabhängige Verwaltungssenat den im angefochtenen Straferkenntnis angestellten Erwägungen. Wegen der Unbescholtenheit der Bw und der relativ kurzen Beschäftigungsdauer erscheint die Mindestgeldstrafe (10.000 S) angemessen. Die genannten Milderungsgründe fallen jedoch - in Anbetracht auch des Umstandes, daß es sich um keine singuläre Entgleisung eines Privatmannes sondern um einen systematischen Einsatz von Ausländern im Geschäftsleben handelt - nicht so stark ins Gewicht, daß die Anwendung des § 20 VStG geboten wäre. Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, daß eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG vertretbar erscheint. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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