Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-250596/44/Lg/Bk

Linz, 20.12.1999

VwSen-250596/44/Lg/Bk Linz, am 20. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzerin: Dr. Klempt) nach der am 18. November 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn D gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 14. Mai 1997, Zl. MA2-SV-20u.19-1997 Kri, betreffend den Spruchpunkt A, wegen Übertretungen des AuslBG, BGBl.Nr. 218/1975 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) 24 Geldstrafen mit einer Gesamtsumme von 1,870.000 S bzw. 24 Ersatzfreiheitsstrafen verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der V (idF: V), dafür verantwortlich sei, dass seitens der V als Generalunternehmer gegen § 28 Abs.6 AuslBG verstoßen worden sei, weil am 3.2.1997 die 24 näher genannten Ausländer bei ihrem Auftraggeber, der Firma O GmbH, Anlagenbau und Industriemontage, , als Subunternehmer der V ohne die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere auf der Baustelle L arbeitend angetroffen worden seien.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Bestimmung des § 28 Abs.6 AuslBG. Die Generalunternehmereigenschaft der V sei seitens des Beschuldigten nicht in Frage gestellt worden. Ein geeignetes Kontrollsystem sei der V durchaus zumutbar gewesen. Eine Prüfung der Rechtsverhältnisse bezüglich der von der Firma O beigezogenen Gesellschaften bzw. Personen sei nach Ansicht der belangten Behörde nicht erforderlich.

2. In der Berufung wird die Darstellung des Subunternehmerschaftsverhältnisses zwischen der V und O, wie sie schon im Rahmen der Stellungnahme im erstbehördlichen Verfahren gegeben worden war (sh dazu unten 3.) wiederholt.

Die Rechtsverhältnisse zwischen der Firma O und ihren Auftragnehmern seien sehr wohl relevant, da daraus hervorgehe, dass die Firma O selbst Generalunternehmer gewesen sei und schon deshalb den Beschuldigten eine Haftung als Generalunternehmer nicht treffen könne. Die V habe gegenüber der Personalverwaltung der Firma O keine Einfluss- (Überprüfungs-, Weisungs- und Sanktions-)möglichkeiten zur Verfügung gehabt. Daher habe sich der Bw auf die Mitteilung verlassen müssen, dass keine bewilligungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen seien. Das Verhalten des Bw sei daher nicht schuldhaft gewesen. Gegen die Bestimmung des § 28 Abs.6 AuslBG werden verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen. Im Übrigen wendet sich die Berufung gegen die Strafhöhe.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

3.1. Dem angefochtenen Straferkenntnis liegt die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 16. Aufsichtsbezirk vom 27.2.1997 zu Grunde. Danach seien am 3.2.1997 auf der gegenständlichen Baustelle 24 näher bezeichnete Ausländer arbeitend angetroffen worden. Diese hätten angegeben, Gesellschafter verschiedener OEGs zu sein. Ein Feststellungsbescheid gemäß § 2 Abs.4 AuslBG habe nicht vorgelegt werden können. Der Angezeigte habe als Auftraggeber (Generalunternehmer) im Rahmen seiner Tätigkeit als Unternehmer den Tatbestand des § 28 Abs.6 AuslBG erfüllt.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4.3.1997 wurde gegen den Bw jener Tatvorwurf erhoben, wie er auch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses formuliert ist - sog. "Auftraggeber-(Generalunternehmer-)haftung". (" Laut Anzeige ... wurden nachstehend angeführte Ausländer arbeitend ... bei ihrem Auftraggeber O GmbH ... als Subunternehmer der V GesmbH, W ... [Generalunternehmer] angetroffen: ... Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs.6 i.Z.m. § 28 Abs.1 Ziffer 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz ..." Zu einem unbekannten Zeitpunkt nach der Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung wurden die Rechtsgrundlagen im Akt auf "§ 28 Abs.6 i.V.m. § 3 Abs.1 i.Z.m. § 28 Abs.1 lit.a" AuslBG umgebessert.)

Am 3.4.1997 nahm der Vertreter des Bw Akteneinsicht.

In einer Ergänzung zur oben genannten Anzeige vertrat das Arbeitsinspektorat für den 16. Aufsichtsbezirk im Schreiben vom 16.4.1997 die Auffassung, dass der Verdacht bestehe, dass "in eventu" eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegen könnte. Verträge bzw. Auftragsschreiben zwischen der V und der Firma O seien bis dato nicht vorgelegt worden. (Letzteres geschah jedoch mit Schreiben des Bw vom 29.4.1997; siehe 3.2..)

3.2. In der Stellungnahme vom 29.4.1997 brachte der Bw vor, die V habe mit Vertrag vom 28.1.1997 als Werkbestellerin die O GmbH als Werkunternehmerin beauftragt, bei den Gewerken und die Montage von Rohrleitungen und Rohrleitungskomponenten vorzunehmen. Auf Grund dieses Vertrages sei die Firma O verpflichtet gewesen, in rechtlicher und wirtschaftlicher Selbständigkeit außerhalb des Betriebes der V einen fachlich abgrenzbaren Auftrag im Rahmen eines Gesamtauftrages zu erbringen. Die Firma O sei nicht verpflichtet gewesen, das Werk selbst auszuführen. Mit Ausnahme sicherheitstechnischer und qualitativer Fragen sei die Firma O keiner Aufsicht durch die V unterlegen; vielmehr sei sie bei der Herstellung des Werkes weisungsfrei gewesen. Sie habe aber für den Erfolg ihrer Tätigkeit einstehen müssen. Es sei der Werkunternehmerin auch weder Material noch Werkzeug zur Verfügung gestellt worden.

Zum Beweis wird das Auftragsschreiben der V an die O GmbH vorgelegt.

Von der Firma O sei mitgeteilt worden, dass keinerlei im Sinne des AuslBG bewilligungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse vorgelegen seien. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte habe der Beschuldigte auf die Aussage seines Subunternehmers vertrauen dürfen und seien ihm auch keine weiteren Überprüfungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden. Den Beschuldigten habe daher zumindest kein Verschulden getroffen, wenn man davon ausgehe, dass dennoch Bewilligungspflichten nach dem AuslBG vorlagen.

3.3. Gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma O (B) wurde ein Strafverfahren wegen illegaler Beschäftigung der gegenständlichen Ausländer geführt. Dieses Verfahren endete mit Schuldsprüchen in der ersten Instanz und beim unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland und ist derzeit beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Nach den Sachverhaltsfeststellungen des UVS Burgenland waren die "Auftragsverhältnisse" zwischen der Firma O und einer Reihe von den gegenständlichen Ausländern gebildeten Personengesellschaften als Beschäftigungsverhältnisse zu qualifizieren, wobei als Arbeitgeber die Firma O angesehen wurde.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden verschiedene Zeugen einvernommen (vgl. dazu die Erkenntnisse des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom heutigen Tage Zl. VwSen-250596/45/Lg/Bk,250597/35/Lg/Bk). Hinsichtlich des Spruchpunktes A vertraten die Parteien übereinstimmend die Auffassung, dass dem Tatvorwurf durch das unter 5.2. zitierte Erkenntnis die gesetzliche Grundlage entzogen wurde und dies eine Einstellung des Verfahrens nach sich ziehe.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

5.1. Entscheidungserheblich ist zunächst der Umstand, dass während der Verfolgungsverjährungsfrist das Verfahren gegen den Bw mit dem Tatvorwurf der sogenannten "Generalunternehmerhaftung" (§ 28 Abs.6 AuslBG) geführt wurde. Für den Vorwurf der "Direktbeschäftigung" der Ausländer durch die VAM gibt es keine zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährungsfrist taugliche Verfolgungshandlung; der im Ergänzungsschreiben des Arbeitsinspektorates für den 16. Aufsichtsbezirk vom 16.4.1997 geäußerte (Alternativ-)Verdacht einer Arbeitskräfteüberlassung reicht dafür nicht aus, da Anzeigen keine taugliche Verfolgungshandlung bilden (vgl. statt vieler VwGH 27.9.1988, Zl. 88/08/0146 betreffend die Anzeige eines AI an die Bezirksverwaltungsbehörde). Auch die Akteneinsicht durch den Vertreter des Bw (am 3.4.1997) unterbrach die Verfolgungsverjährungsfrist nicht, da zu diesem Zeitpunkt das Schreiben des AI (vom 16.4.1997) betreffend den "Alternativverdacht" noch nicht Akteninhalt war und daher vom Vertreter des Bw im Rahmen der Akteneinsicht nicht zur Kenntnis genommen werden konnte (wobei es nicht der zusätzlichen Feststellung bedarf, dass der Verdachtsgrund - Nichtvorlage des Auftragsschreibens - nachträglich wegfiel). Eine Auswechslung des Tatvorwurfs nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ist dem unabhängigen Verwaltungssenat nach ständiger Rechtsprechung des VwGH verwehrt.

5.2. Zum daher ausschließlich zu prüfenden Vorwurf der "Generalunternehmerhaftung" ist zu bemerken, dass § 28 Abs.6 AuslBG idF des sogenannten "Antimissbrauchsgesetzes" (BGBl.Nr. 895/1995) auf Anfechtung durch den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (dem weitere unabhängige Verwaltungssenate folgten) hin durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Juni 1998, Zlen: G408/97-8... als verfassungswidrig aufgehoben wurde. Gemäß dem Ausspruch dieses Erkenntnisses ist diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden, weil die strafrechtliche Verantwortung für fremdes Verhalten einen so schwerwiegenden Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze darstellt, dass eine weitere Anwendung dieser Bestimmung nicht mehr in Betracht kommt (Art. 140 Abs.7 Satz 2 B-VG).

5.3. Da demgemäß das Verhalten des Bw zum Tatzeitpunkt nicht strafbar war, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

D r. K o n r a t h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum