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des Landes Oberösterreich
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VwSen-250612/23/Lg/Bk

Linz, 31.08.1998

VwSen-250612/23/Lg/Bk Linz, am 31. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Schieferer, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzerin: Dr. Klempt) nach der am 24. November 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn C, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10. April 1997, Zl. 101-6/3-33-46926, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 45 Abs.1 Z1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und acht Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma H-Restaurant Gesellschaft mbH, L, zu verantworten habe, daß der vietnamesische Sta. P am 20.6.1996 von oa Firma beschäftigt worden sei, ohne daß die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien und obwohl der Bw bereits mit ha. Straferkenntnis vom 11.7.1994 rechtskräftig wegen Übertretung des AuslBG bestraft worden sei.

Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige des AI Wels vom 27.6.1996. Diese Anzeige gibt die NS der Aussage des Bw zum Zeitpunkt der Betretung, bei der der Ausländer beim Aufwischen des Lokals angetroffen wurde, wieder. Danach sei der Ausländer am selben Tag erst vor zehn Minuten gekommen. Der Bw habe ihn angerufen, ob er ihm helfen kann, weil seine Frau, welche im Lokal ebenfalls in Arbeitskleidung anwesend gewesen sei, zur GKK gehen mußte. Der Ausländer sollte nur aushelfen. Er bekomme dafür nichts bezahlt, zu Essen bekomme er vom Bw. Der Anzeige ist die Bemerkung beigefügt, daß für den Ausländer bis 26.12.1995 eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt war, der Verlängerungsantrag aber, ebenso wie die Berufung, negativ beschieden worden sei. Ferner ist der Bemerkung angefügt, daß der Bw zunächst angegeben habe, seine Frau sei bei der GKK zur Therapie, die Frau sei dann aber aus der Küche gekommen und habe einen Therapieplan vorgelegt, wonach sie (am selben Tag) um 7.30 Uhr einen Behandlungstermin gehabt habe (die Kontrolle fand um 10.30 Uhr statt).

Am 5.12.1996 sagte der Ausländer anläßlich seiner Einvernahme am Stadtamt T im Rechtshilfeweg aus: "Ich habe im besagtem Lokal 1 1/2 Jahre gearbeitet, für diesen Zeitraum im Jahre 1995 hatte ich eine gültige Arbeitserlaubnis des Arbeitsamtes Linz. Ende 1995 ist die Bewilligung des Arbeitsamtes abgelaufen. Ich war einige Zeit arbeitslos. Am 20.6.96 habe ich nur 2 Std im Lokal H gearbeitet. An diesem Tag war C krank und ich wurde ersucht auszuhelfen. Für diese kurze Zeit habe ich kein Endgeld erhalten und auch keine Kost. Da ich an der gleichen Adresse wh. bin wie der C, ersuchte er mich um die Aushilfe, also wurde ich von diesem eingestellt. Ich habe das Lokal gereinigt. Ich habe seit 22.7.96, wieder eine Arbeitsbewilligung und arbeite wieder im besagten Lokal. Mein Gehalt beträgt 11.630-S mon Brutto. Keine weiteren Angaben dazu." In seiner Stellungnahme vom 16.1.1997 ließ der Bw, rechtsfreundlich vertreten, unbestritten, daß der Ausländer am 20.6.1996 beim Aufwischen des Fußbodens im H Restaurant betreten wurde. Es wird jedoch bestritten, daß der Ausländer an diesem Tag als Reinigungskraft iSd AuslBG beschäftigt war. Es habe sich vielmehr um eine unentgeltliche Hilfestellung des Ausländers gegenüber den mit ihm befreundeten Bw und dessen Gattin gehandelt, da der Bw aufgrund einer Magenerkrankung nicht in der Lage gewesen sei, sich selbst um die Belange des Lokals zu kümmern oder irgendwelche Arbeiten zu verrichten. Verstärkt sei die Problematik dadurch gewesen, daß die Gattin an diesem Tag zu einem Akupunkturtermin bestellt war, sodaß das Lokal an diesem Tag geschlossen hätte werden müssen, falls nicht kurzfristig von dritter Seite Hilfestellung erfolgt wäre. Diese Hilfestellung habe der Ausländer dem befreundeten Ehepaar (Bw und Gattin) geleistet; er sei für dieses kurzfristig in der Notsituation hilfeleistend eingeschritten. Dazu wird noch erläuternd angegeben, daß der Ausländer von seinem Ausbildungsstand und von seinen persönlichen arbeitstechnischen Vermögen als Koch qualifiziert ist und wohl keinesfalls eine Anstellung als Reinigungskraft annehmen würde. In der Folgezeit habe der Ausländer ja auch entsprechend seiner beruflichen Qualifikation mit 12.7.1996 eine Anstellung als Koch im gegenständlichen Restaurant angenommen.

Dem Akt liegt ferner eine Kopie der Beschäftigungsbewilligung für den betreffenden Ausländer für die Zeit vom 12.7.1996 bis 11.1.1997 bei. Ebenso eine Kopie, die bestätigt, daß der Ausländer für diese Zeit zur Sozialversicherung angemeldet wurde. Am 25.1.1997 sagte der Bw vor der belangten Behörde aus: "Ich möchte die Angaben meines Anwaltes insoweit ergänzen, als es nicht richtig ist, daß ich aufgrund einer Erkrankung (mir wurden zwei Drittel des Magens entfernt) nicht im Lokal arbeiten konnte. Richtig ist, daß ich sehrwohl im Lokal gearbeitet habe und ich konnte jedoch nur leichte Arbeiten ausführen. Ich helfe in der Küche, nehme Bestellungen auf und helfe beim Servieren aus. Meine Gattin hatte am 20.6.1996 einen Akupunkturtermin bei der GKK, wofür ich eine Bestätigung binnen zwei Wochen übersenden werde. Sie war bei der Kontrolle wieder zurückgekehrt, sie hatte jedoch Schmerzen im Arm, weshalb Herr P ihr angeboten hat, den Boden für sie aufzuwischen, wobei es sich um eine unentgeltliche Gefälligkeit handelte. Herr P ist kein Freund von mir oder meiner Gattin, er kam am 20.6.1996 nur ins Lokal, um mit mir gemeinsam wegen des Berufungsverfahrens (wegen Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für ihn) beim Arbeitsamt vorzusprechen." Beigelegt ist dem Akt eine Bestätigung der GKK darüber, daß Frau H am 20.6.1996 von 8.00 bis 8.30 Uhr in der GKK anwesend war.

Ferner liegt dem Akt ein Auskunftsschreiben der GKK bei, wonach der Ausländer vom 22.7.1996 bis 10.2.1997 zur Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (Vollversicherung) sowie Arbeitslosenversicherung gemeldet aufschien.

Am 2. April 1997 nahm das AI für den 19. Aufsichtsbezirk dahingehend Stellung, daß die "Angaben des Beschuldigten in der Niederschrift ganz anders klingen als die anläßlich der Kontrolle getätigten Aussagen. Unter anderem war der Antrag auf Beschäftigungsbewilligung sowie der Berufung bereits abgelehnt, womit eine Besprechung bezüglich einer Berufung unsinnig ist. Auch die Behauptung, daß der Ausländer als qualifizierter Koch und nicht als Reinigungskraft arbeiten würde, hat keine Relevanz und wurde durch die Wahrnehmungen anläßlich der Kontrolle widerlegt... Im übrigen widersprechen sich die Angaben des Beschuldigten und die Rechtfertigung des Rechtsvertreters. Als lückenlosen Beweis für die Beschäftigung sieht das AI für den 19. Aufsichtsbezirk die anläßlich der Kontrolle getätigten Aussagen des Beschuldigten, wonach er den Ausländer angerufen und um Aushilfe gebeten sowie anschließend verköstigt hat." 2. In der Berufung wird zunächst darauf hingewiesen, daß die Angaben des Bw und des Ausländers vor den Behörden unter Sprachschwierigkeiten erfolgten. Dies gelte auch für die Darstellung der Sachlage durch den Bw ggü seinem Rechtsanwalt, der die Stellungnahme vom 16.1.1997 verfaßte. Bei gegenständlicher Tätigkeit habe es sich um einen unentgeltlich, freiwillig und kurzfristig aus menschlicher Verbundenheit geleisteten Hilfsdienst gehandelt, der nicht als Beschäftigung zu qualifizieren sei. Die Frage, ob die persönliche Verbundenheit, die für die gegenständliche Hilfeleistung ausschlaggebend war, als "Freundschaft" bezeichnet, sei unerheblich bzw auf unterschiedliche Einschätzungen unterschiedlicher Kulturkreise und unter schwierigen sprachlichen Bedingungen zustandegekommene Äußerungen zurückzuführen. Der Ausländer habe bei seiner Betretung keine Arbeitskleidung getragen und die Gattin des Bw sei bei der Kontrolle schon wieder im Lokal anwesend gewesen. Der Ausländer habe kein Entgelt, weder in Form von Bargeld noch in Naturalform, versprochen bekommen und sei ihm auch solches nicht gewährt worden. Dies habe der Ausländer bei seiner Einvernahme ja auch ausdrücklich gesagt. 3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der Bw aus, daß am betreffenden Tag seine Gattin von einer Behandlung bei der GKK zurückgekehrt gewesen sei. Der Ausländer habe gesehen, wie sie den Boden reinigte und über Schmerzen im Arm klagte. Er sei daraufhin der Gattin des Bw zur Hand gegangen. Dafür sei er weder bezahlt noch verköstigt worden. Eine solche Tätigkeit sei auch nicht in den Arbeitsbereich des Ausländers, der in den Zeiten seiner Beschäftigung im Lokal Koch gewesen sei, gefallen. Der Ausländer habe vor der Kontrolle ca zehn Minuten gearbeitet; die Zeitangabe des Ausländers (zwei Stunden) vor dem Stadtamt Traun könne sich der Bw nicht erklären, vielleicht beruhe diese auf Sprachproblemen. Der Vorwurf der Verköstigung sei dem Bw völlig unverständlich. Der Bw verwies auf Sprachprobleme, weshalb im Gespräch mit dem Kontrollorgan durchaus Mißverständnisse entstanden sein könnten. Der Bw legt eine Kopie des Bescheids des AMS vom 11.7.1996 über die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Ausländer vor. Der diesbezügliche Antrag stammte vom 4.7.1996. Es sei daher - entgegen der Argumentation des AI - durchaus sinnvoll gewesen, daß am Tag der Kontrolle über eine allfällige zukünftige Beschäftigung des Ausländers gesprochen werden sollte. Auf ein solches Gespräch sei auch im vorangegangenen Telefonat zwischen dem Bw und dem Ausländer Bezug genommen worden. Der Ausländer (der einzige direkte Zeuge) sagte aus, er habe beim Bw angerufen, ob er wegen der Arbeitsbewilligung vorbeischauen dürfe. Als er in das Lokal kam, habe er die Gattin des Bw mit dem Bodenaufwischen beschäftigt gesehen. Da sie kränklich wirkte, habe er ihr geholfen. Nach ca zehn Minuten sei das Kontrollorgan erschienen; die Passage in der Niederschrift vor dem Stadtamt Traun, wonach er zwei Stunden im Lokal gearbeitet habe, entspreche nicht der Wahrheit. Ein Dolmetsch sei bei der damaligen Einvernahme ja nicht dabei gewesen. Für die gegenständliche Hilfe sei ihm keine Entlohnung versprochen worden auch kein Essen. Das Kontrollorgan sagte aus, der Bw habe ihm bei der Kontrolle gesagt, die gegenständliche Arbeit würde an sich seine Frau machen. Es sei dem Kontrollorgan eine GKK-Bestätigung über eine Behandlung der Gattin des Bw am betreffenden Morgen vorgelegt worden. Der Zeuge habe zunächst den Eindruck gehabt, die Gattin des Bw sei noch bei der Behandlung in der GKK, sie sei aber dann im Lokal erschienen. Der Bw habe gesagt, der Ausländer würde erst seit zehn Minuten diese Arbeit machen. Der Zeuge habe sich auch hinsichtlich der Entlohnung erkundigt. Der Bw habe angegeben, daß der Ausländer nicht entlohnt würde. Der Zeuge habe auch "nach Essen, Trinken, etc" gefragt. Dies sei "eigentlich bejaht" worden. Der Zeuge habe den Eindruck gehabt, vom Bw verstanden zu werden. Andererseits sagte der Zeuge aus, die Niederschrift sei kurz ausgefallen, weil die Konversation nicht leicht gewesen sei. Der Vertreter des AI brachte vor, daß die Aussagen des Bw und des Ausländers unglaubwürdig seien, da ein Gespräch zwischen dem Bw und dem Ausländer über einen bereits im Berufungsverfahren negativ beschiedenen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung wenig sinnvoll sei. Ferner sei bei der Betretung gesagt worden, der Ausländer bekomme eine Mahlzeit. Gefälligkeitsdienste seien nach der Judikatur des UVS Wien nur gegenüber physischen Personen (nicht gegenüber einer GesmbH) möglich. Der Vertreter des AI verwies schließlich auch noch auf die Regelung des § 28 Abs.7 AuslBG. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Für die von der belangten Behörde als erwiesen angesehene Beschäftigung des Ausländers durch den Bw sprechen einige belastende Momente: Der Ausländer wurde bei einer Arbeit in einem Lokal angetroffen. Die "Lebenserfahrung" spricht daher dafür, daß es sich um eine bezahlte Arbeit für den Betreiber der Gaststätte handelte. Überdies wird eine Entlohnung durch den Vermerk in der Niederschrift des Kontrollorgans ("... zu Essen bekommt er von mir") nahegelegt. Dazu kommt, daß, laut dieser Niederschrift, der Ausländer auf telefonische Bitte des Bw um Aushilfe ins Lokal gekommen war. Schließlich erscheint denkbar, daß die Zeit zwischen dem 26.12.1995 und dem 12.7.1996, in welcher der Bw über keine Beschäftigungsbewilligung für den Ausländer verfügte, mit illegaler Arbeit überbrückt wurde. Auf der anderen Seite ist diesen Belastungsmomenten entgegenzuhalten: Die "Lebenserfahrung", die für eine Beschäftigung eines arbeitend angetroffenen Ausländers spricht, stellt keinen zwingenden Beweis dar; es sind durchaus auch unentgeltliche Gefälligkeitsdienste denkbar (vgl dazu Bachler, Ausländerbeschäftigung - Eine Gratwanderung zwischen Legalität und Illegalität, 1995, S 31 ff). Solche Situationen stellen - das ist mit dem Ausdruck "Lebenserfahrung" gemeint - sicherlich nicht die Regel dar. Ob eine Beschäftigung oder ein unentgeltlicher Gefälligkeitsdienst vorliegt, richtet sich nach den Umständen der Situation. Im Erkenntnis vom 23.1.1998, Zl. VwSen-250566 führte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich aus: Bezüglich der Glaubwürdigkeit behaupteter Gefälligkeitsdienste ist zwischen verschiedenen typischen Situationen zu unterscheiden. Sicherlich entspricht es der Lebenserfahrung, daß Menschen im allgemeinen nicht dazu neigen, für andere unentgeltlich Arbeitsleistungen zu erbringen. Es müssen also zusätzliche Momente hinzutreten, die die Unentgeltlichkeit von Arbeitsleistungen plausibel erscheinen lassen. Dies wird in der Regel nur dann der Fall sein, wenn zwischen den Betroffenen ein gewisses persönliches Naheverhältnis herrscht, was zwischen "Privaten" eher glaubwürdig ist als etwa bei leistungsempfangenden Unternehmen. Da es sich dabei aber nur um typische Situationen handelt, ist es auch nicht ausgeschlossen, daß im Einzelfall auch gegenüber einem Unternehmen Gefälligkeitsdienste erbracht werden, wenn sich ausreichende Anhaltspunkte dafür ergeben. Generell gilt, daß Gefälligkeitsdienste umso glaubwürdiger sind, je kürzer und je weniger belastend die Arbeiten sind.

Betrachtet man unter diesem Blickwinkel die gegenständliche Situation, so ist zunächst die Dauer der Arbeit des Ausländers zu berücksichtigen. Als gesichert kann nur von einer Dauer von ca zehn Minuten (so der Bw von Anfang an sowie der Bw und der Ausländer in der öffentlichen mündlichen Verhandlung) ausgegangen werden. Selbst wenn man der Aussage des Ausländers vor dem Stadtamt Traun (zwei Stunden) folgen würde (was auch aus noch anzusprechenden rechtlichen Gründen problematisch wäre), würde dies nichts an der extremen Kürze der tatsächlichen Arbeit ändern. Dafür, daß der Ausländer bereits längere Zeit vor der Betretung für den Bw arbeitete und/oder eine Arbeit für einen nachher liegenden Zeitraum vereinbart war, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Eine überbrückende Beschäftigung aus den zeitlichen Eckdaten legaler Beschäftigung zu konstruieren, wäre eine durch keinerlei Ermittlungsergebnisse gedeckte Spekulation. Die konkrete Dauer einer längeren Beschäftigung als der vom Bw und vom Ausländer behaupteten, müßte frei erfunden werden.

Hält man sich an Greifbares, so bleibt nur die übereinstimmende Aussage des Ausländers und des Bw, daß der Ausländer für die Gattin des Bw einsprang, indem er an ihrer Stelle den Boden des Lokals aufwischte. Offensichtlich wurde er dabei betreten, bevor er damit fertig war; dies war nach den übereinstimmenden Aussagen des Bw und des Ausländers bereits nach zehn Minuten der Fall. Die (hypothetische) Gesamtdauer einer Reinigung des gesamten Bodens des Lokals mag an die zwei Stunden heranreichen; dies (aber auch anderes) könnte der Ausländer bei seiner (ohne Dolmetsch gemachten) Aussage vor dem Stadtamt Traun vor Augen gehabt haben (sofern überhaupt davon ausgegangen wird, daß er diese Aussage in dieser Form gemacht hatte). Daß das vom Bw und vom Ausländer behauptete persönliche Naheverhältnis den Grund für die Leistung des Ausländers darstellte, ist nach den Umständen des vorliegenden Falles nicht unglaubwürdig. Der Ausländer kannte den Bw und seine Gattin von seiner vorherigen Tätigkeit bei diesen näher und es ist Kleinbetrieben nicht undenkbar, daß sich positive persönliche Beziehungen entwickeln, die ein ausreichendes Motiv für unentgeltliche Leistungen bilden, wenn diese ein gewisses Maß nicht überschreiten. Im vorliegenden Fall spricht schon die kurze Dauer der Tätigkeit und die damit einhergehende geringe Belastung für die Behauptungen des Bw und des Ausländers. Bekräftigt wird diese Darstellung dadurch, daß der Bw schon bei der Betretung sagte, die gegenständliche Tätigkeit würde unter normalen Umständen seine Frau machen und er die Behinderung seiner Gattin durch eine schriftliche Bestätigung der GKK glaubhaft machen konnte. Auch die zeitliche Abfolge (Behandlung: 8 - 8.30, Kontrolle 10.30) paßt in das Bild. Ferner fügt sich sinnvoll ein, daß der Ausländer die Gefälligkeit der Gattin des Bw, allenfalls dem Ehepaar (nicht jedoch ausschließlich dem Bw) erwies. Ob dieses persönliche Naheverhältnis als "Freundschaft" zu apostrophieren ist oder ein anderer Ausdruck psychologisch passender wäre, ist unerheblich. Unerheblich sind daher auch terminologisch unterschiedliche Äußerungen des Bw bzw seines Rechtsanwalts im erstbehördlichen Verfahren. Für die für den Begriff des Arbeitsverhältnisses konstitutive persönliche Abhängigkeit des Ausländers ergeben sich (wie es bei unentgeltlichen Gefälligkeitsdiensten naturgemäß der Fall ist) keine Anhaltspunkte. Nirgendwo ist während des gesamten Verfahrens die Behauptung aufgetaucht, der Ausländer habe die Tätigkeit im Rahmen eines Weisungsverhältnisses ausgeführt. Die einzigen Personen, die es wissen können (der Ausländer und der Bw) behaupteten übereinstimmend während des gesamten Verfahrens das Gegenteil. Ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis (für das persönliche Abhängigkeit nicht Voraussetzung ist) liegt nicht vor, weil es (aus besagtem Grund) an der erforderlichen Dauer bzw Regelmäßigkeit der Tätigkeit fehlt. Weiters wäre für die Annahme einer Beschäftigung der Nachweis einer Entlohnung erforderlich. Gegen die Annahme einer Entlohnung sprechen die übereinstimmenden Aussagen des Bw und des Ausländers während des gesamten Verfahrens. Hier könnte, wie gesagt, die erwähnte "Lebenserfahrung" (in der Regel werden Arbeiten für andere nicht unentgeltlich geleistet) ins Spiel gebracht werden. Der Bw und der Ausländer haben jedoch übereinstimmend und während des gesamten Verfahrens dargetan, daß es sich um eine ganz kurzfristige Tätigkeit, die sich aus einer Notlage ergab und die auf persönliche Verbundenheit beruhte, handelte und die daher unentgeltlich erfolgte. Zusätzlich wurde der Nachweis erbracht, daß die Gattin des Bw, für die der Ausländer hinsichtlich der Bodenreinigung einsprang, einen Behandlungstermin hatte und es daher nicht unwahrscheinlich ist, daß sie diese Arbeit nicht ohne weiters selbst erbringen konnte.

Eine Entlohnung könnte allerdings (nicht nur in der im gegenständlichen Fall nicht erweisbaren Geldform sondern auch) in Naturalform gewährt worden sein. Nach dezidierter Aussage des Bw und des Ausländers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde dem Ausländer für die konkrete Tätigkeit jedoch auch keine Naturalentlohnung (hier in Betracht kommend: ein Essen) versprochen. Hier scheint auch die "Lebenserfahrung" für den Bw zu sprechen, da es in Wohlstandsländern nicht üblich ist, daß gegen "Essen" gearbeitet wird. In diesem Zusammenhang darf allerdings die Notiz in der Niederschrift des Kontrollorgans "zu Essen bekommt er von mir" nicht unberücksichtigt bleiben. An sich würde - nach gängigen Regeln der Beweislehre - die zeitliche "Tatnähe" dafür sprechen, daß der Bw diesbezüglich - iVm der Unterstellung, daß er noch nicht über die Rechtslage betreffend die Möglichkeit einer Naturalentlohnung im Bilde war - ein "Geständnis" abgelegt hat. Sprachschwierigkeiten könnten dem insofern schwer entgegengehalten werden, als der Ausdruck "Essen" dem Bw als Gastronom sicherlich geläufig war. Auch besteht kein Grund zur Annahme, daß die Niederschrift in diesem Punkt bewußt falsch verfaßt wurde. Dennoch bleibt ein gravierender Unsicherheitsfaktor, resultierend daraus, daß in jenem Verfahrensabschnitt, in welchem die rechtsstaatlichen Kautelen (Unmittelbarkeit, Dolmetsch) zur Entfaltung gelangen - in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat - klare und übereinstimmende Aussagen des Bw und des einzigen Zeugen vorliegen. Diese Aussagen erscheinen überdies vor dem Hintergrund der sonstigen Randbedingungen des Geschehens (kurzes Einspringen für die Gattin des Bw) durchaus nicht lebensfremd. Zudem fällt ins Gewicht, daß der Ausländer bereits bei seiner ersten Einvernahme (vor dem Stadtamt Traun) dezidiert eine Verköstigung für diese Leistung in Abrede gestellt hatte.

Die daraus resultierenden Zweifel an einer Naturalentlohnung werden durch folgende Überlegung verstärkt: Entscheidend ist ja nicht, ob der Ausländer aus irgendeinem Grund gelegentlich oder häufiger vom Bw zu Essen bekam, sondern ob die Verköstigung im Rahmen eines synallagmatischen Leistungsaustausches ("do ut des") erfolgte, ob also ein Vertrag etwa mit dem Inhalt "einmaliges Aufwischen des Bodens gegen ein Essen" vorlag. Anders ausgedrückt geht es darum, ob die jeweilige Leistung (ein Essen, ein Bodenaufwischen) auch ohne die jeweilige Leistung des anderen erbracht worden wäre. Ein solcher synallagmatischer Bezug geht aus dem Wortlaut der Notiz in der Niederschrift nicht hervor. Die Darstellung der Gesprächssituation durch das Kontrollorgan in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist diesbezüglich problematisch: Diffus ist schon die Fragestellung ("ich fragte nach Essen, Trinken, etc"; daraus geht nicht hervor, ob eine allfällige Verköstigung als Gegenleistung für die Arbeit intendiert war), unklar ist auch der Sinn der Einschränkung in der referierten Antwort ("dies wurde eigentlich [!] bejaht"). Das bedeutet, daß die damalige Gesprächssituation in der öffentlichen mündlichen Verhandlung selbst von seiten des Kontrollorgans nicht in einer Weise rekonstruiert werden konnte, die eine Naturalentlohnung (iS eines Synallagmas) zu Tage treten ließen. In diesem Zusammenhang fallen Sprachschwierigkeiten durchaus ins Gewicht, insbesondere auch die Aussage des Kontrollorgans in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, daß die Konversation nicht leicht war. Die sich daraus ergebenden Unsicherheiten sind umso bedeutsamer, als sie den springenden Punkt der Schuldfrage (die Frage der Entlohnung) betreffen. Wegen der gravierenden Konsequenzen, die sich daran knüpfen, ist daher auf den Sinnzusammenhang, in welchem (geringwertige) Naturalleistungen durch einer Arbeitgeberrolle verdächtigte Personen "eingestanden" werden, genauestens Bedacht zu nehmen. Unzulässig wäre es, Ungenauigkeiten in diesem Punkt als "Ausgleich" dafür zu instrumentalisieren oder wenigstens in Kauf zu nehmen, daß ein "richtiges Arbeitsverhältnis" (längerfristige Beschäftigung bzw Geldentlohnung) nicht nachweisbar ist.

Da daher - im Zweifel - nicht davon auszugehen ist, daß der Ausländer für seine in Rede stehende Arbeit mit Essen entlohnt wurde, kann dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber Tätigkeiten in der Dauer von zehn Minuten (bis allenfalls zwei Stunden) gegen ein (nicht "wertvolles") Essen überhaupt unter den Titel des Beschäftigungsverhältnisses erfassen wollte und ob, bejahendenfalls, unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel, die dafür gesetzlich vorgesehene Strafe nicht unverhältnismäßig hoch ist. Dahingestellt kann auch bleiben, ob für eine Tätigkeit in dieser "Größenordnung" eine Beschäftigungsbewilligung überhaupt erlangbar gewesen wäre. Den im Verfahren mitunter angezogenen Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen des Bw und des Ausländers, resultierend daraus, daß über den Inhalt des dem Besuch des gegenständlichen Lokals widersprüchliche Aussagen vorliegen (letzteres freilich nicht im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung!), ist entgegenzuhalten, daß ein Gespräch über eine allfällige künftige Beschäftigung des Ausländers nicht lebensfremd gewesen wäre, wie die ganz kurze Zeit später tatsächlich erteilte Beschäftigungsbewilligung zeigt. Selbst wenn man dem nicht folgte und annähme, der Bw hätte den Ausländer kurzfristig um Hilfe ersucht, würde dies nichts verschlagen sondern immer noch ein Indiz für die vom Bw stets behauptete Notsituation darstellen. Am oben gewonnenen Ergebnis ändert auch nichts, daß sich in der Niederschrift der Aussage des Stadtamts Traun das Wort "eingestellt" findet. Vor dem Hintergrund der sonstigen Aussagen des Ausländers bei dieser Einvernahme wäre die Ausnahme abwegig, daß der Zeuge damit ein Beschäftigungsverhältnis ansprechen wollte. Wiederum fällt ins Gewicht, daß die Einvernahme ohne Dolmetsch erfolgte und überdies aus der Niederschrift die Gesprächssituation (Wortlaut von Frage und Antwort) nicht rekonstruierbar ist. Dazu kommt der an sich geminderte Beweiswert von Protokollen aus anderen Verfahren (vgl dazu Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage, 1992, S 306 ff).

Zusammenfassend ist also festzuhalten, daß die für eine Beschäftigung wesentliche Entlohnung in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erwiesen werden konnte. Dasselbe gilt für die persönliche Abhängigkeit bzw für die ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis begründenden Merkmale. Vielmehr ist im Zweifel davon auszugehen, daß eine unentgeltliche Hilfstätigkeit vorlag, weil der Ausländer der Gattin des Bw (die er von seiner früheren Tätigkeit beim Bw her kannte) aus Gefälligkeit eine einzelne Arbeit abnahm, welche diese (gleiches gilt, wie sich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung herausstellte auch für den Bw) aus Gesundheitsgründen nur schwer selbst leisten konnte.

Im übrigen ist zur Vermeidung von Mißverständnissen festzuhalten, daß selbst bei Annahme einer Entlohnung in der konkreten Situation nicht vorschnell auf ein Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden dürfte. Ein Beschäftigungs-verhältnis ist seiner Natur nach ein - nach Zeit bemessenes - Dauerschuldverhältnis. Im gegenständlichen Fall handelte es sich jedoch um ein auf einen bestimmten Arbeitserfolg (einmalige Säuberung des Lokals) gerichtetes Zielschuldverhältnis, was die Annahme eines Werkvertrages nahelegen würde. (Zu dieser grundlegenden Unterscheidung vgl statt vieler Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht, 6. Auflage, 1997, S 139.) Zu den Einwänden des Vertreters des AI ist zu bemerken, daß die hier in Rede stehende Gefälligkeit gegenüber der Gattin des Bw, also gegenüber einer physischen Person getan wurde. Hinsichtlich der Regelung des § 28 Abs.7 AuslBG, wonach dann, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, das Vorliegen einer illegalen Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, daß eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt, sei festgehalten: Da im vorliegenden Fall der "Beschäftiger" (eigentlich: der "Nichtbeschäftiger") glaubhaft gemacht hat, daß eine Beschäftigung nicht vorlag, ist auf die verfassungsrechtliche Problematik dieser - sich noch dazu nur an die Bezirksverwaltungsbehörde wendende - Schuldvermutung hier nicht näher einzugehen. Da dem Bw die ihm vorgeworfene Tat nicht nachgewiesen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: Gefälligkeitsdienst

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