Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250613/17/Lg/Bk

Linz, 07.01.1998

VwSen-250613/17/Lg/Bk Linz, am 7. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 17. Dezember 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn U gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 28. Februar 1997, Zl. MA2-SV-13-1996, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) als dem handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma C HandelsgmbH. zwei Geldstrafen in Höhe von je 10.000 S bzw zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 12 Stunden verhängt, weil er es als außenvertretungsbefugtes Organ iSd § 9 Abs.1 VStG zu verantworten habe, daß die beiden türkischen Staatsbürger Y und H am 15.2.1996 in der Bäckerei dieser Firma beschäftigt wurden, ohne daß die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung stützt sich das angefochtene Straferkenntnis im wesentlichen auf die amtlichen Wahrnehmungen anläßlich der Kontrolle bzw die diesbezügliche Niederschrift mit dem Gesellschafter G und den Umstand, daß der Bw von der Möglichkeit einer Rechtfertigung nicht Gebrauch gemacht hatte.

2. In der Berufung wird dagegen vom anwaltlich vertretenen Bw im wesentlichen eingewendet, daß der Bw die Ausländer nicht selbst eingestellt habe. Ferner sei zu berücksichtigen, daß der einvernommene Gesellschafter G die Unterschrift unter die vom Kontrollorgan anläßlich der Betretung aufgenommene Niederschrift verweigert habe.

Eine Einstellung der beiden Ausländer sei gar nicht erfolgt. Wie der Bw im nachhinein erfahren habe, seien die beiden Ausländer offensichtlich zu Besuch bei den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern gewesen. Die Ausländer hätten sich ohne Berechtigung und ohne Wissen des Bw in den Geschäftsräumlichkeiten des Unternehmens der C und G HandelsgesmbH. aufgehalten. Wenn die beiden Tätigkeiten im Unternehmen ausgeführt haben, lasse dies noch nicht den Schluß zu, daß der Beschuldigte die beiden genannten Personen tatsächlich eingestellt bzw beschäftigt hat. 3. Die Erstbehörde gab zur Berufung folgende Stellungnahme ab: Es wird darauf hingewiesen, daß die Niederschrift von beiden amtlichen Organen unterfertigt und der Grund der Nichtunterfertigung durch Herrn G, nämlich die Verweigerung, angeführt wurde. Hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Bw bzw die Behauptung der Vertretungsbefugnis durch ein Kollektivorgan bzw eine allfällige interne Ressortgliederung wird darauf hingewiesen, daß selbst die Richtigkeit dieser Behauptungen an der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung des Bw nichts ändert. Zur Behauptung, daß die beiden Ausländer nur zu Besuch in den gegenständlichen Räumlichkeiten anwesend gewesen seien, wird vorgebracht, daß in der Berufung selbst an anderer Stelle es als Verfahrensmangel gerügt wird, daß der zweite Geschäftsführer nicht dahingehend einvernommen wurde, ob der Beschuldigte berechtigt gewesen sei, die beiden Ausländer einzustellen. Damit wurde aber die Einstellung bzw die Beschäftigung durch die Firma C & G GmbH. vom Beschuldigten selbst bestätigt, was auch mit den Angaben in der Niederschrift übereinstimme. 4. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Der Anzeige liegt ein Personendatenblatt betreffend Ö bei, nicht jedoch auch ein solches betreffend B. Laut Aktenvermerk sei Ö (türkischer Sta.) beim Brötchenformen mit mehligen Händen gesehen worden, B (Staatsangehörigkeit: "BHS") habe eine Teigknetmaschine bedient, Mehlstaub auf den Schuhen gehabt und weiße Bäckereiarbeitskleidung getragen. In einer Niederschrift mit G S ist vermerkt: "Ich bin mit 25 % Gesellschafter der Bäckerei C & G GesmbH. Mein Partner C ist Geschäftsführer der Bäckerei. Beide ausländische Arbeitnehmer hat mein Partner und Geschäftsführer eingestellt. Sind heute den ersten Tag hier. Herr G verweigert die Unterschrift!" 5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw vor, zur Tatzeit nicht in Österreich gewesen zu sein. Er selbst habe die Ausländer mit Sicherheit nicht eingestellt. Sie seien ihm auch gänzlich unbekannt. Der andere Geschäftsführer (D) habe ihm versichert, auch er habe diese Ausländer nicht eingestellt. Diethör habe außerdem firmenintern nichts mit Personaleinstellungen zu tun sondern nehme andere Funktionen (bei denen es auf seine Deutschkenntnisse bzw seine Gewerbebefugnis ankomme) wahr. Hinsichtlich der Kontrolle könne er nur vermuten, daß sich Personen aus der über der Backstube befindlichen Moschee in die Backstube begeben hatten, was zur Zeit des Ramadan öfter vorkomme, da die Leute zu dieser Zeit Fladenbrot bekommen. Der Zeuge G sagte aus, bei der Kontrolle hätten außer ihm zwei andere, namentlich genannte Ausländer, nicht jedoch die verfahrensgegenständlichen, in der Backstube gearbeitet. Diese Zusammenarbeit zu dritt habe dem normalen Beschäftigungsstand für diese Tätigkeit entsprochen. Wer außer den genannten Personen noch in der Backstube war, wisse er nicht mehr, es seien aber oft Leute aus dem Gebetsraum aus- und eingegangen. Er habe von seinem Arbeitsbereich keinen Überblick über die gesamte Backstube gehabt. Es sei auch nicht so, daß sich jede Person, die von der Moschee herunterkommt, am Brotbacken beteiligen darf. Hinsichtlich der mit ihm aufgenommenen Niederschrift habe er die Situation so verstanden, daß er nach der Geschäftsführung befragt wurde. Die Unterschrift habe er verweigert, weil er den Inhalt der Niederschrift nicht genau verstanden habe. Personen mit Namen Y und H kenne er nicht. Der Zeuge B (AI) sagte aus, es seien mit den betroffenen Ausländern wegen Sprachschwierigkeiten keine Niederschriften aufgenommen worden. Sie seien aus diesem Grund auch gar nicht zur Sache befragt worden. An die Zahl der in der Backstube befindlichen Personen konnte sich der Zeuge nicht mehr erinnern, meinte aber, daß die Situation wegen der gleichzeitig vorgenommenen fremdenpolizeilichen Kontrollen unübersichtlich gewesen sei. Es seien jedenfalls zwei Personen bei der Arbeit betreten worden, es könnten auch drei sein. Eine Person habe eine weiße Jacke angehabt. Warum nur ein Ausländer das Personaldatenblatt ausgefüllt hatte, konnte der Zeuge nicht mehr sagen. Eine Einvernahme der Ausländer habe sich erübrigt, weil ohnehin ein "Verantwortlicher" vorhanden gewesen sei, welcher überdies die Beschäftigung der beiden Ausländer gar nicht abgestritten habe. Die Unterschriftsverweigerung durch den "Verantwortlichen" begründete der Zeuge mit der Vermutung, dieser könne gemeint haben, nicht zur Unterschriftsleistung zuständig zu sein. Mit diesem "Verantwortlichen" sei eine Verständigung möglich gewesen. Er habe dahingehend argumentiert, daß sein Partner zuständig sei. In Verbindung mit einer ergänzenden Befragung des bei der Kontrolle ebenfalls mitwirkenden Herrn P ergab sich, daß es sich bei der Niederschrift mit G grundsätzlich um eine sinngemäße Wiedergabe der Aussagen gehandelt hatte; ob es sich beim Satz "Beide ausländische Arbeitnehmer hat mein Partner und Geschäftsführer eingestellt" um eine wörtliche Wiedergabe oder eine Wiedergabe aus dem Gedächtnis handelte, konnte nicht mehr festgestellt werden. Ein Dolmetsch war bei der Kontrolle nicht zugegen. Der Zeuge B versicherte aber, daß es sich bei den angezeigten Ausländern auch um jene gehandelt habe, bezüglich derer die Anzeige erfolgte. Die betroffenen Ausländer konnten mangels Erscheinens (bekannter Ladungsadresse) nicht einvernommen werden. Beweisanträge wurden in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht gestellt.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dazu zählt ua die Angabe des Tatortes. Tatort ist im Falle der illegalen Beschäftigung von Ausländern durch eine GesmbH der Sitz des Unternehmens. Der Unternehmenssitz ist aber im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht angegeben. Eine diesbezügliche Korrektur des Spruches durch den unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zulässig, da die innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist liegende Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.3.1996) an demselben Mangel leidet wie der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, sodaß, anders formuliert, keine taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gesetzt wurde. Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Eine sprachliche Korrektur des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses dahingehend, daß explizit aufscheint, durch wen die Beschäftigung erfolgte, erübrigt sich demgemäß ebenfalls.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch ohne diesbezügliche Mängel der Bw - im Zweifel - freizusprechen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Staatsangehörigkeit - ein wesentliches Tatbestandsmerkmal - des B ungeklärt ist: Während sich im Aktenvermerk vom 15.2.1996 noch die Angabe "BHS" findet, wird in der Anzeige und in der Folge die Annahme einer türkischen Staatsbürgerschaft zugrundegelegt. Bei B handelt es sich außerdem um jenen Ausländer, für welchen kein Personendatenblatt ausgefüllt wurde. Bezüglich dieses Ausländers erfolgte auch die vergleichsweise genauere Beschreibung der Tätigkeit bzw des äußeren Eindrucks bei der Betretung. Abgesehen davon war die Darstellung des Bw bzw des Zeugen G, bei den in der Anzeige namentlich angegebenen Personen handle es sich um ihnen nicht bekannte Personen, bei denen eine Einstellung bzw Mitarbeit aus den angegebenen Gründen auszuschließen sei, nicht unschlüssig. Ferner waren Mißverständnisse bei der Aufnahme der Niederschrift mit G nicht auszuschließen und erfolgte keine Einvernahme der betroffenen Ausländer selbst. Schließlich stimmt die von G und vom Zeugen B angegebene Zahl der Arbeitenden überein; B hält zwar eine Personsverwechslung rückblickend für unmöglich, räumt aber eine Unübersichtlichkeit der Situation ein. Zu bemerken ist ferner, daß aufgrund der Aktenlage die wesentlichen Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses (Entlohnung, persönliche Abhängigkeit, wirtschaftliche Unselbständigkeit usw) nicht feststellbar sind.

All dem steht zwar die gewiß nicht von der Hand zu weisende Möglichkeit gegenüber, daß bei der Betretung zwei für den gegenständlichen Betrieb arbeitende Ausländer angetroffen wurden, für welche die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere nicht vorlagen, daß diese von der gegenständlichen GesmbH beschäftigt wurden und daß sich der Bw durch Schutzbehauptungen seiner Bestrafung zu entziehen versucht. Andererseits sind die erwähnten Begleitumstände geeignet, erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfes zu erwecken. Dies trifft auch auf die Aussage des Zeugen G zu. Der Tatvorwurf ist daher nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit erwiesen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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