Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250651/26/Lg/Bk

Linz, 25.11.1999

VwSen-250651/26/Lg/Bk Linz, am 25. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 16. September 1999 und am 30. September 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn J gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 19. September 1997, Zl. SV96-12-12-1997/Pef, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Ausländerin B Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt. Hinsichtlich der Ausländerin V wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt und die Berufung abgewiesen.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstbehördlichen Verfahrens betreffend die Ausländerin V einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 2.000,00 Schilling (entspricht  145,35 Euro) zu leisten. Hinsichtlich der Ausländerin B erwachsen dem Berufungswerber keine Kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 16 Abs.2, 45 Abs.1 Z1 VStG iVm §§ 3, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG idF BGBl.Nr. 201/1996.

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 10.000 S bzw zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 56 Stunden verhängt, weil er die ungarischen Staatsbürgerinnen E vom 1.12.1996 bis 6.12.1996 und R vom 9.12.1996 bis 12.12.1996 in G beschäftigt habe, ohne dass die gemäß § 3 Abs.1 AuslBG erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

2. In der Berufung wird bestritten, dass der Bw Arbeitgeber der Ausländerinnen gewesen sei. Das Lokal T sei vielmehr zur Tatzeit von der Firma R betrieben worden. Inhaberin des Lokals sei Frau B, Geschäftsführer des Lokals K gewesen, welcher zu diesem Zeitpunkt auch an der Adresse des Lokales wohnhaft gewesen sei. Der Bw sei weder bei der genannten Firma noch als Geschäftsführer oder sonstwie tätig gewesen. Da daher der falsche Arbeitgeber in Anspruch genommen worden sei, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Obwohl ordnungsgemäß geladen, erschienen der Bw und die gegenständlichen Ausländerinnen nicht zur öffentlichen mündlichen Verhandlung. Die ebenfalls als Zeugin geladene B (B) entschuldigte sich unter Hinweis auf Schwangerschaftsprobleme. Einvernommen wurden die Gendarmen S, F und K.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

4.1. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung bzw zum Wiederaufnahmeantrag des Schreibens vom 20.10.1997:

Das angefochtene Straferkenntnis wurde am 25.9.1997 hinterlegt. Am 11.10.1997 kehrte der Bw zur Abgabestelle zurück und übernahm das gegenständliche Poststück am 13.10.1997. Mit Schreiben vom 20.10.1997 (gleichzeitig das Datum des Poststempels) wurde die Berufung gegen das Straferkenntnis erhoben.

Da, wie gezeigt, der Bw am 11.10.1997 an die Abgabestelle zurückkehrte, wurde die Zustellung erst am darauffolgenden Tag wirksam (§ 17 Abs.3 ZustG). Da die Berufung am 20.10.1997 erhoben wurde, wurde die Berufungsfrist (§ 63 Abs.5 AVG) gewahrt. Da keine Fristversäumnis vorliegt, war dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattzugeben, was mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16.11.1997, Zl. SV96-12-14-1997/Pef, zu Recht ausgesprochen wurde.

Obwohl die Berufung, wörtlich genommen, nur für den Fall der Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrages erhoben wurde, deutet der unabhängige Verwaltungssenat den mit der Berufung verbundenen Wiedereinsetzungsantrag in seiner Gesamtheit sinngemäß als rechtzeitig eingebrachte Berufung.

4.2. Zur Zurechnung der Tat:

Hinsichtlich der Lokalbetreiberschaft sagten die einvernommenen Zeugen übereinstimmend aus, dass das Lokal zur Tatzeit nicht von der in der Berufung ins Treffen geführten Frau R sondern vom Bw geführt wurde. Dies sei aufgrund mehrfacher polizeilicher Kontrolltätigkeit allgemein bekannt gewesen und nicht zuletzt auch dadurch bestätigt worden, dass sich der Bw über die Beanstandungen dergestalt beschwert habe, dass er selbst von seiner Verantwortung für den Lokalbetrieb ausging. Noch in seiner Rechtfertigung vom 8.6.1997 argumentierte der Bw gegenüber der Erstbehörde damit, dass die Ausländerinnen auf Urlaub in Österreich gewesen seien und erst in der Berufung taucht das Argument der Verantwortlichkeit einer anderen Person auf. Schon aufgrund dieser Ermittlungsergebnisse ist davon auszugehen, dass die Verantwortung für die allfällige illegale Beschäftigung von Ausländerinnen im Lokal beim Bw lag. Bestätigt wird dies zusätzlich durch die Auskunft von Frau R gegenüber der Erstbehörde, wonach das Lokal von ihrem Gatten bis zu dessen Tod (welcher vor der hier gegenständlichen Tatzeit lag) geführt worden sei und die Gewerbeberechtigung nach dessen Tod zurückgelegt worden sei. Der Bruder ihres verstorbenen Gatten, der Bw, habe das Lokal weitergeführt, ohne Frau R zu informieren. Diese Ausführungen decken sich mit Beobachtungen der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen Gendarmen.

4.3. Zur Ausländerin V:

Bezüglich der Ausländerin V hatte der Zeuge K in der öffentlichen mündlichen Verhandlung konkrete Erinnerungen. Demnach habe die Ausländerin angegeben, einen Fixbetrag von 500 S pro Tag bekommen zu haben und 100 S für die Übernachtung bezahlt zu haben. Das Geld habe sie vom Geschäftsführer der Bar bekommen. Diese Zeugenaussage stimmt mit der Niederschrift, welche am Gendarmerieposten unter Beisein einer Dolmetscherin mit der Ausländerin aufgenommen worden war, überein. Da die Ausländerin somit einen Fixbetrag für eine nach Zeit bemessene Tätigkeit bekam, erscheint der Tatvorwurf berechtigt. Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die Mindestgeldstrafe und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde. Mangels erheblichen Überwiegens von Milderungsgründen kommt eine Anwendung des § 20 VStG nicht in Betracht. Da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, scheidet eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG aus.

4.4. Zur Ausländerin B:

Auch bezüglich dieser Ausländerin hatte der Zeuge K konkrete Erinnerungen. Demnach habe die Ausländerin angegeben, von den Gästen bezahlt zu werden. Sie habe jedoch für Piccolo Sektflaschen einen gewissen Betrag bekommen. Dies deckt sich mit der Niederschrift, wonach die Ausländerin 50 S bekommen habe, wenn ihr ein Gast eine Piccolo Sektflasche gekauft habe. Aus der Niederschrift ist weiters ersichtlich, dass die Ausländerin sagte, pro Nacht zwischen 200 S und 400 S verdient zu haben, von den Gästen für ihre Tanzkünste bezahlt worden zu sein und von diesen Getränke bekommen zu haben.

Dazu ist aus rechtlicher Sicht zu bemerken, dass eine Getränkeumsatzbeteiligung ein erfolgsabhängiges Entgelt im Rahmen einer Beschäftigung darstellen kann. Im Gegensatz zu einem "Fixbetrag" für nach Zeit bemessenen Leistungen gehen Getränkeumsatzbeteiligungen häufig mit einer geminderten oder wegfallenden persönlichen Abhängigkeit einher. In solchen Fällen kann zwar eine Beschäftigung in Form eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses vorliegen (vgl. § 2 Abs.2 lit.b AuslBG), kommt es aber für eine solche Qualifikation auf die besonderen Begleitumstände an. Nach der Rechtsprechung des VwGH (vgl. zB das Erkenntnis vom 17.11.1994, Zl. 94/09/0195) ist "entscheidend ... für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ... die wirtschaftliche Unselbständigkeit, wegen welcher sich eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, in einer einem arbeitnehmerähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist nicht persönlich vom Empfänger der Leistung abhängig; seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, die ihn als arbeitnehmerähnlich qualifizieren lässt, ist darin zu erblicken, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Leistung wirtschaftlich abhängig ist. Was den "organisatorischen" Aspekt ihrer Arbeitnehmerähnlichkeit betrifft, bedarf es der Prüfung, ob das konkrete und genau zu erhebende Gesamtbild der Tätigkeit, die diese Person im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, so beschaffen ist, dass sie trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert ist, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen, sodass sie als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönlich abhängige Arbeitnehmer tätig ist ... Die danach gebotene Gesamtbetrachtung der einzelnen Faktoren, die für oder gegen ein zumindest arbeitnehmerähnliches Verhältnis ... sprechen", sind demnach "genau zu erheben" und im Sinne eines " beweglichen Systems" gegeneinander abzuwägen. Die einzelnen Momente, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen können, sind zahlreich, komplex und nicht abschließend aufzählbar (vgl. dazu Bachler, Ausländerbeschäftigung - eine Gratwanderung zwischen Legalität und Illegalität, 1995, S 10 ff). Im gegenständlichen Fall wäre dabei wohl der Umstand nicht ohne Bedeutung, dass es zumindest als möglich erscheint, dass das Hauptgewicht der Einnahmen der Ausländerin auf Bezahlungen seitens der Gäste (nicht auf der dem Bw zuzurechnenden Getränkeumsatzbeteiligung, welche sich nach der mit der Ausländerin aufgenommenen Niederschrift überdies auf die von ihr selbst konsumierten Piccolo Sektflaschen beschränkte) gelegen sein könnte.

Im Rahmen des gegenständlichen Ermittlungsverfahrens konnten die in Betracht kommenden Aspekte nicht unumfassend genug erforscht werden, sodass - im Zweifel - freizusprechen war.

Ergänzend sei bemerkt, dass die Ausländerin zwar niederschriftlich angegeben hatte, in der gegenständlichen Bar (?) zu wohnen, aber weder aus der Niederschrift noch aus den Zeugenaussagen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Art allfälliger Gegenleistungen der Ausländerin Klarheit gewonnen werden konnte.

4.5. Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die im Spruch genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Langeder

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