Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250665/17/Lg/Bk

Linz, 12.11.1999

VwSen-250665/17/Lg/Bk Linz, am 12. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 16. September 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn J, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 3. Dezember 1997, Zl. SV-96/41-1997-E/Mü, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis dem Grunde nach bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 56 Stunden herabgesetzt.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG iVm §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG.

Zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 10.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt, weil er am 17.7.1997 den nigerianischen Staatsangehörigen I in seinem Betrieb in N beschäftigt habe, ohne dass die gemäß § 3 Abs.1 AuslBG für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung wird der Frachtvertrag zwischen dem Bw und dem Ausländer als "reiner Umgehungsvertrag" gewertet. Der Ausländer sei in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis beschäftigt worden, worauf das Eigentum des Fahrzeuges (dieses gehörte dem Bw) ebenso hinweise, wie die Tatsache, dass bereits viermal um eine Beschäftigungsbewilligung für den Ausländer angesucht worden sei.

2. In der Berufung wird unter Hinweis auf die fehlende Einbindung des Ausländers in den Organismus des Betriebes des Bw bestritten, dass ein Arbeitsverhältnis vorlag. Laut Frachtvertrag sei der Ausländer an keine Arbeitszeit und keine Weisungen des Bw gebunden gewesen. Der Ausländer habe selbst das Unternehmerrisiko getragen. Die Arbeit sei "nicht unbedingt" durch den Ausländer selbst zu verrichten gewesen. Arbeitsmittel seien nicht beigestellt worden, den Pkw habe der Ausländer gemietet. Das Honorar für geleistete Beförderungsaufträge sei lediglich nach Rechnungslegung an den Bw bezahlt worden, wie im Frachtvertrag vorgesehen gewesen sei. Nach dem Frachtvertrag sei der Ausländer nicht verpflichtet gewesen, die Beförderung selbst durchzuführen; vielmehr sei er befugt gewesen die Beförderung durch dritte Unternehmen oder Personen besorgen zu lassen. Von der Veranlagungsstelle des Finanzamtes Linz sei dem Ausländer bestätigt worden, dass dieser um eine Steuernummer angesucht habe und es könne dem Bw nicht angelastet werden, dass eine Steuernummer erst nach Nachweis von steuerlich relevanten Umsätzen bzw Gewinne und Einkünften vergeben werde.

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige des GP Gallneukirchen vom 18.7.1997 sei der vom Ausländer gelenkte Klein-Lkw am 17.7.1997 zur Kontrolle angehalten worden (BI S, RI W). Der Ausländer habe angegeben, den Transport von Bankunterlagen zu einzelnen Bankfilialen im Bereich mittleres Mühlviertel durchgeführt zu haben. Er mache dies seit drei Wochen im Auftrag des Bw, da sich dieser an der Hand verletzt habe und dazu nicht fähig sei.

In einem Telefonat am 18.7.1997 habe der Bw gegenüber BI S angegeben, er sei Transportunternehmer und führe auch die Zustellung von Bankbelegen zu den einzelnen Bankfilialen durch. Der Ausländer hätte dabei als selbständiger Unternehmer von ihm eine Tour übernommen und führe diese Arbeit in seinem Auftrag aus. Er mache dies seit ca 3 bis 4 Wochen und erhalte dafür ein monatliches Fixum von 15.000 S. Der Ausländer sei beim Finanzamt als selbständiger Unternehmer mit Steuernummer gemeldet.

Eine telefonische Überprüfung der Angaben beim Finanzamt Linz habe ergeben, dass ein selbständiger Unternehmer mit dem Namen des Ausländers beim Finanzamt nicht aufscheine.

Am 28.8.1997 gab der Bw vor der Erstbehörde an, es liege keine Übertretung des AuslBG vor, weil er mit dem Ausländer einen Frachtvertrag abgeschlossen habe und der Ausländer somit nicht in seiner Firma beschäftigt gewesen sei. Der Ausländer sei lediglich Auftragnehmer des Bw gewesen. Hiezu verwies der Bw auf den beigeschlossenen Frachtvertrag vom 1.7.1997.

Nach diesem Frachtvertrag braucht der Auftragnehmer die Beförderung nicht selbst durchzuführen. Er ist befugt sie durch dritte Unternehmen oder Personen besorgen zu lassen. Der Auftragnehmer haftet jedoch auch in diesem Fall für die ordnungsgemäße Erfüllung des Frachtvertrages. Der Auftragnehmer hat seine Frachtführertätigkeit selbständig durchzuführen. Er ist an keine bestimmte Arbeitszeit und keine Weisung gebunden, soweit dies nicht zur Klarstellung des erteilten Auftrages dient.

Der Auftragnehmer hatte für die Durchführung dieses Frachtvertrages sämtliche Betriebsmittel auf eigene Kosten und Gefahr beizustellen. Insbesondere wird der Auftrag mit dem eigenen Fahrzeug des Auftragnehmers besorgt.

Der Auftragnehmer erhält für seine Tätigkeit eine monatliche Vergütung, wie in der (nicht beiliegenden) Anlage zum Frachtvertrag genannt. Die Zusammensetzung der Vergütung ist in der Anlage zum Frachtvertrag detailliert dargestellt. Die Abrechnung erfolgt monatlich und wird nach der durch den Auftragnehmer zu erstellenden Rechnung binnen zehn Tagen ab Eingang der Rechnung beim Auftraggeber überwiesen.

Der Frachtvertrag beginnt am 1.7.1997 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses erklärt sich der Auftragnehmer bereit, den neuen Frachtführer rechtzeitig in die Auslieferung einzuweisen, sodass eine kontinuierliche Auslieferung gesichert ist.

Bei falschen oder schuldhaft verzögerten Auslieferungen hat dies der Auftragnehmer auf eigene Kosten zu erledigen, andernfalls er vom Auftraggeber mit den anfallenden Kosten belastet wird, mindestens jedoch mit 5.000 S exkl. USt pro verzögerter Auslieferung. Im Verhinderungsfall, wie zB Krankheit oder Urlaub, hat der Auftragnehmer auf seine Kosten unverzüglich entsprechenden Ersatz zu besorgen. Wird dies unterlassen, so wird der Auftragnehmer mit den dafür anfallenden Kosten belastet, mindestens jedoch mit 5.000 S exkl. USt pro Auslieferung.

Zur Gewährung einer ungestörten und zeitgerechten Auslieferung dürfen nur Waren im Auftrag des Auftraggebers transportiert werden. Die Mitnahme von Waren für dritte Personen berechtigt den Auftraggeber zur sofortigen Auflösung des Vertragsverhältnisses sowie zur Geltendmachung einer Schadenersatzforderung in angemessener Höhe, mindestens jedoch in der Höhe einer monatlichen Vergütung, wie in der Anlage angegeben. In Ausnahmefällen kann vom Auftraggeber eine Ausnahme gewährt werden, welche schriftlich zu erfolgen hat.

Der Bw legte ferner eine Bestätigung vom 27.8.1997 vor, wonach der Ausländer beim Finanzamt Linz um eine Steuernummer angesucht hat. Die beiliegende Kopie des entsprechenden Ansuchens trägt das Datum vom 17.7.1997.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der Bw, sein Unternehmen führe Kleintransporte bis 600 kg durch. Auf die Idee mit dem Frachtvertrag sei er gekommen, weil ein Beschäftigungsbewilligungsantrag für den betreffenden Ausländer gescheitert sei. Dabei habe er den Text eines Vertrages mit einer Firma übernommen, deren Auftragnehmer er selbst sei. Der Bw habe zur Zeit zwei Beschäftigte und, sein Privatfahrzeug eingerechnet, drei Fahrzeuge.

Der Ausländer habe eine von vornherein festliegende Tour, welche stets die gleiche gewesen sei, gefahren (O G, sämtliche R des Mühlviertels; Dauer: jeweils eine halbe Nacht). Der Ausländer habe das Fahrzeug, welches im Eigentum des Bw stand, immer von der Firma geholt, dann sei er zu den Bankzentralen gefahren, welche die Objekte versendeten, hierauf habe er die Objekte zu den Adressaten gefahren und schließlich habe er das Fahrzeug wieder bei der Firma abgegeben. Dabei habe ihn der Bw jedes Mal gesehen.

Der Ausländer habe einen Pauschalbetrag von 15.000 S pro Monat erhalten. Wenn der Ausländer nicht zur Verfügung stand, habe sich dieser Betrag proportional verringert. Der im Frachtvertrag vorgesehene Vertretungsfall (Beauftragung eines Dritten durch den Ausländer) sei nie praktisch geworden; vielmehr sei, wenn der Ausländer nicht zur Verfügung stand, der Bw die Tour selbst gefahren.

Dass das Ansuchen des Ausländers um eine Steuernummer am Tag der Betretung erfolgte, sah der Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung "nicht als Zufall an".

Nach der Betretung habe der Bw den Frachtvertrag aufgelöst und nochmals um Beschäftigungsbewilligung für den Ausländer, der weiterhin für ihn gefahren sei, angesucht.

Der Ausländer sagte aus, er habe damals als "selbständiger Arbeiter" für den Bw gearbeitet. Den Frachtvertrag habe er "nicht ganz" gelesen und "nicht ganz" verstanden. Verstanden habe er, was ihm der Bw gesagt habe. Der Bw habe ihm von 15.000 S 4.000 S für die Autoversicherung und die Krankenversicherung abgezogen. Auch die Meldung beim Finanzamt habe der Bw durchgeführt. Er selbst habe keine Steuern bezahlt. Wenn er weniger gearbeitet habe, habe er entsprechend weniger bekommen. Er habe seit Jänner 1997 beim Bw gearbeitet, als "Selbständiger" jedoch erst dann, als der Beschäftigungsbewilligungsantrag gescheitert war. Dies sei dem Ausländer nicht befremdlich erschienen, da er früher als Zeitungskolporteur gearbeitet habe und es dort ähnlich gewesen sei.

Der Zeuge BI S bestätigte die Richtigkeit der von ihm verfassten Anzeige. Zur Zeit seines Anrufs beim Finanzamt habe er die Auskunft erhalten, dass für den Ausländer keine Steuernummer vergeben war. Bei der Handelskammer habe er die Auskunft erhalten, dass für den Ausländer kein Gewerbeschein ausgestellt worden war.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Die wesentlichen Sachverhaltselemente waren in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht strittig. Demnach beschäftigte der Bw den Ausländer zunächst ohne "Frachtvertrag". Nach Scheitern des Antrags auf Beschäftigungsbewilligung wurde - ohne Änderung der Tätigkeit des Ausländers - ein "Frachtvertrag" unterzeichnet und später die Tätigkeit des Ausländers wieder als Beschäftigung tituliert. Die Tätigkeit des Ausländers war auf den geschilderten Transport auf der erwähnten Route beschränkt, wobei die Aufgabe so gleichförmig war, dass es keiner gesonderten Weisungen mehr bedurfte. Der Ausländer verfügte über keine eigenen Betriebsmittel sondern verwendete jene (das Transportfahrzeug) des Bw. Damit war der Ausländer arbeitnehmertypisch in die Betriebsorganisation des Bw eingegliedert. Die Höhe der Entlohnung war davon abhängig, wie oft der Ausländer die geschilderte Route fuhr.

Aufgrund dieser Umstände erscheint das Vorliegen einer Beschäftigung iSd AuslBG erwiesen. Daran ändert nichts, dass der Bw den Ausländer einen "Frachtvertrag" unterschreiben ließ, den dieser aufgrund sprachlicher Probleme ohnehin nicht (oder "nicht ganz") verstand. Sowohl der Bw als auch der Ausländer gaben unumwunden zu, dass der Abschluss eines "Frachtvertrags" nur auf das Scheitern eines Beschäftigungsbewilligungsantrags zurückzuführen war, was ein Umgehungsgeschäft nahe legt. Überdies entsprach der "Frachtvertrag" nicht den tatsächlichen Verhältnissen, was sich etwa am Eigentum des Transportfahrzeugs zeigt, welches nach dem "Frachtvertrag" vom Ausländer selbst zur Verfügung zu stellen gewesen wäre. Diese Abweichung der tatsächlichen Verhältnisse vom "Frachtvertrag" deutet auf ein Scheingeschäft. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang ferner, dass der Ausländer weder über eigene Betriebsmittel noch über eine Gewerbeberechtigung verfügte und dass sich sein Tätigkeitsprofil während der postulierten Geltungsdauer des "Frachtvertrags" nicht änderte, dass der Ausländer im Verkehr mit den Behörden (Versicherung, Finanzamt) gänzlich vom Bw abhängig war und dass eine Steuernummer erst im Zusammenhang mit der Betretung beantragt wurde. Die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, bestand nur "auf dem Papier", da der Bw, wenn der Ausländer nicht zur Verfügung stand, die Route selbst fuhr. Die Beurteilung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs.4 AuslBG) verweist daher klar auf eine Beschäftigung.

Selbst wenn man im Hinblick darauf, dass der Ausländer nicht während der gesamten Beschäftigungsdauer täglich die Route für den Bw fuhr sondern er sich bezüglich der Häufigkeit seiner Einsätze einer gewissen Dispositionsfreiheit erfreute, eine Lockerung der persönlichen Abhängigkeit annähme, so läge darin eine mehr oder minder starke Annäherung an ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, welches jedoch, wovon die belangte Behörde zutreffend ausging, ebenfalls dem Beschäftigungsbegriff des AuslBG unterfällt.

Dem Bw war daher die Tat in objektiver und - da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind - auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mangels Überwiegens von Milderungsgründen kommt eine Anwendung des § 20 VStG nicht in Betracht. Da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, scheidet auch eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG aus. Der nach diesen Kriterien bemessenen Geldstrafe entspricht eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden. Die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erspart dem Bw den Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der Geldstrafe.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Langeder

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