Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250688/5/Lg/Bk

Linz, 10.08.1999

VwSen-250688/5/Lg/Bk Linz, am 10. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk, Edisonstraße 2, 4600 Wels, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 26. März 1998, Zl. SV96-1-1998, mit welchem Herr Friedrich H. wegen illegaler Beschäftigung des polnischen Sta. Stanislaw B in der Zeit von März 1997 bis 12. Dezember 1997 ermahnt worden war, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, daß über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 5.000 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden verhängt wird. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen. Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird dahingehend ergänzt, daß unter den fehlenden arbeitsmarktrechtlichen Papieren auch die Anzeigebestätigung aufscheint. Ferner wird der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend korrigiert, daß als die zur Tatzeit geltende Fassung des AuslBG BGBl.Nr. 776/1996 aufscheint.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG iVm §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG, BGBl.Nr. 218/1975 idgF BGBl.Nr. 776/1996.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschuldigten, Herrn Friedrich H, eine Ermahnung erteilt, weil er es zu verantworten habe, daß der polnische Sta. Stanislaw B in der Zeit vom März 1997 bis 12. Dezember 1997 als Hilfsarbeiter in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis in W 13, beschäftigt worden sei, ohne daß die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

2. In seiner Berufung wendet das Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk (AI) ein, der Ausländer habe zwei Tage ausgeholfen und dafür 1.000 S bekommen. Der Ausländer sei erstmals im Dezember 1996 zum landwirtschaftlichen Anwesen des Beschuldigten gekommen, er habe sich dort wochenweise aufgehalten und es sei ihm Unterkunft und Verpflegung gewährt worden. Unbestritten liege ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vor. Es wird beantragt, die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen.

3. In der Stellungnahme des Beschuldigten vom 7.5.1998 wird "die Sachverhaltsfeststellung selbst" angefochten und vorgebracht, der Beschuldigte habe dem Ausländer aus Nächstenliebe zur Weihnachtszeit Quartier gewährt. Er habe dem Ausländer keinen Arbeitsauftrag erteilt. Es habe kein persönliches oder wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis bestanden. Aus sozialen Erwägungen habe die Familie E dem Ausländer gelegentlich Essen und Trinken gegeben. Aus der gleichen sozialen Erwägung habe der Beschuldigte dem Ausländer 1.000 S für die Heimreise nach Polen gegeben. Es liege daher kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vor. Selbst bei anderer Auffassung wäre von der Strafe abzusehen wegen der Bedeutungslosigkeit und der Gelegentlichkeit der Hilfsdienste, die der Ausländer aus eigenem Antrieb erbracht habe. Es wird beantragt, der Berufung des AI keine Folge zu geben oder in eventu den Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

4. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige wurde der Ausländer von Gendarmeriebeamten am 12. Dezember 1997 arbeitend auf einer Baustelle des Beschuldigten (einem landwirtschaftlichen Anwesen, das teilweise neu errichtet wird) angetroffen. Der Ausländer habe angegeben, immer nur kurze Zeit in Österreich gewesen zu sein und für Essen und Schlafen gearbeitet zu haben. Geld habe er keines bekommen.

Der Beschuldigte gab gegenüber den Erhebungsorganen an, der Ausländer sei im März 1997 zu ihm gekommen und er habe nach Unterkunft und Arbeit gefragt. Der Beschuldigte habe dem Ausländer Unterkunft und Essen aus Nächstenliebe gewährt. Der Ausländer sei meist einige Tage da und einige Tage weg gewesen. Im Sommer sei er mindestens einen Monat weg gewesen. Er habe dem Ausländer nie Arbeit angeschafft und Geld gegeben. Der Ausländer habe freiwillig gearbeitet, vermutlich aus Dankbarkeit für das Essen und Schlafen.

Vor der belangten Behörde rechtfertigte sich der Beschuldigte wie folgt: Der Ausländer sei erstmals im Dezember 1996 zu ihm gekommen und habe ihn um Beschaffung von Arbeit gebeten. Zu dieser Zeit habe der Beschuldigte das Dach neu eingedeckt. Der Ausländer habe zwei Tage mitgearbeitet und der Beschuldigte habe ihm "dafür" bzw "in erster Linie dafür", daß er seine Heimreise nach Polen antreten konnte, 1.000 S gegeben. Im März 1997 sei der Ausländer wieder erschienen. Der Ausländer habe sich dann wochenweise bei ihm aufgehalten, wobei ihm der Beschuldigte auf der Baustelle Unterkunft gewährt habe. Familie E habe den Ausländer gelegentlich verköstigt. Im August 1997 sei der Ausländer für ca einem Monat verschwunden. Am Kontrolltag habe der Ausländer nur Plastik von Fenstern entfernt, die für die Montage bestimmt gewesen seien. Der Beschuldigte sei Kurator in der evangelischen Pfarrgemeinde und habe lediglich aus Nächstenliebe gehandelt.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Der Stellungnahme des Beschuldigten ist zunächst entgegenzuhalten, daß nur das AI, nicht auch der Beschuldigte, gegen den gegenständlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen Berufung erhoben hat. Diese - einzige - Berufung richtet sich nur gegen die Erteilung einer Ermahnung, somit nicht gegen den Schuldspruch. Aufgrund der vom AI erhobenen Strafberufung und der hinsichtlich des Schuldspruches der Behörde erster Instanz eingetretenen Teilrechtskraft ist vom unabhängigen Verwaltungssenat die Schuldfrage nicht mehr zu prüfen (vgl etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.5.1999, Zl. 97/09/0364, vom 23.2.1994, Zl. 93/09/0383 und vom 19.5.1993, Zl. 92/09/0031).

Aus diesem Grund hat der unabhängige Verwaltungssenat davon auszugehen, daß der Tatvorwurf, wie er sich im Spruch des angefochtenen Bescheides präsentiert, in objektiver und subjektiver Hinsicht zu Recht besteht. Fraglich ist lediglich, ob aufgrund der im erstbehördlichen Verfahren festgestellten bzw aufgrund der vom Beschuldigten in seiner Stellungnahme vorgebrachten, für die Bestimmung der Strafhöhe relevanten Tatsachen zu Recht von einer Bestrafung abgesehen wurde. Verneinendenfalls hat der unabhängige Verwaltungssenat die Strafhöhe festzulegen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG hat das Absehen von der Strafe zwei (nach dem Wortlaut der Bestimmung und nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) kumulative Voraussetzungen: Die Geringfügigkeit des Verschuldens und die Unbedeutendheit der Tatfolgen.

Im angefochtenen Bescheid wird das "Entgegenkommen" der Behörde im wesentlichen damit begründet, daß zwar Unwissenheit nicht vor Strafe schütze, daß aber die Ermahnung ausreiche, um den Beschuldigten zu veranlassen, in Hinkunft die Gesetze hinreichend zu beachten. Demgegenüber ist festzuhalten, daß die Dauer der illegalen Beschäftigung (März bis Dezember mit Ausnahme des August und unter Berücksichtigung weiterer Unterbrechungen iSd Vorbringens des Beschuldigten, daß die Beschäftigung nur "wochenweise" stattfand) der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Unbedeutendheit der Tatfolgen entgegensteht. Schon aus diesem Grund ist § 21 Abs.1 VStG nicht anzuwenden.

Es ist aber auch nicht erkennbar, daß das Verschulden des Beschuldigten den dem §  21 Abs.1 VStG eigenen Geringfügigkeitsgrad aufweist. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß die illegale Ausländerbeschäftigung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein sog. "Ungehorsamsdelikt" ist, zu dessen Begehung Fahrlässigkeit ausreicht und der im gegenständlichen Fall vorliegende Verschuldensgrad (zu diesem siehe sogleich unten) nicht deliktsuntypisch gering ist.

Der Verschuldensgrad ist im Zusammenhang mit der Prüfung der Voraussetzungen des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) von Bedeutung. Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, daß der Kernargumentation der Stellungnahme des Beschuldigten, die darauf abzielt, die Leistungen des Beschuldigten (Unterkunftsgewährung) und des Ausländers (Arbeit) seien nicht einem synallagmatischen Verhältnis zueinander gestanden, die Rechtskraft des Schuldspuchs des angefochtenen Bescheids im Wege steht. Dem Beschuldigten ist aber zuzubilligen, daß er nicht erkannte, daß durch die Unterkunftsgewährung für Arbeitsleistungen iVm einer Lockerung der Abhängigkeit, wie sie für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis (welches dem angefochtenen Bescheid ja zugrundegelegt wurde) charakteristisch ist, ein ausländerbeschäftigungsrechtlich relevantes Beschäftigungsverhältnis begründet wird. Infolge seines aktenkundigen religiösen Engagements erscheint auch glaubwürdig, daß soziale Erwägungen bei der Beschäftigung des Ausländers eine wesentliche Rolle gespielt haben; daran ändert nichts, daß religiöse Aktivität auch auf dem Gebiet des Fremden- bzw des Ausländerbeschäftigungsrechts keine Sonderrechtsordnung schafft.

Mildernd wirkt ferner die absolute Unbescholtenheit des Beschuldigten. Die Erschwerung durch den relativ langen Beschäftigungszeitraum wird dadurch gemildert, daß erhebliche Unterbrechungen anzunehmen sind. Aus diesen Gründen erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat die Anwendung des § 20 VStG zulässig und innerhalb des so gewonnenen Strafrahmens die Verhängung der Mindestgeldstrafe bzw eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe vertretbar.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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