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des Landes Oberösterreich
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VwSen-250709/27/Lg/Bk

Linz, 19.11.1998

VwSen-250709/27/Lg/Bk Linz, am 19. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 17. November 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn J, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 4. Mai 1998, Zl. Sich96-302-1996, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafen werden jedoch auf 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafen auf 28 Stunden je Ausländer herabgesetzt. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist als geltende Fassung das AuslBG BGBl.Nr. 895/1995 anzuführen. Der Passus "bei Holzaufräumungsarbeiten mit einer Forstmulchmaschine ist zu streichen".

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstbehördlichen Verfahrens ermäßigt sich auf insgesamt 1.000 S.

Rechtsgrundlage: Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG iVm §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG. Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 10.000 S bzw zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je fünf Tagen verhängt, weil er zwei näher genannte chilenische Staatsbürger am 7.11.1996 im Gemeindegebiet P und am 8.11.1996 im Gemeindegebiet S (beide Bezirk H) bei Holzaufräumungsarbeiten mit einer Forstmulchmaschine beschäftigt habe, ohne daß die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien. 2. In der Berufung wird auf die Stellungnahme vom 6.2.1997 hingewiesen. Es habe sich um keine Beschäftigung von Ausländern sondern um Schulungsmaßnahmen gehandelt. Daß Volontariate gemäß § 3 Abs.5 AuslBG vorgelegen hatten, sei auch daraus ersichtlich, daß die Schulungsmaßnahmen nach erfolgter Anzeige beim Arbeitsmarktservice Kirchdorf nicht untersagt worden seien. 3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige des GP G vom 8.11.1996 seien die beiden Ausländer am 7.11. und am 8.11.1996 an den angegebenen Orten bei Holzaufräumungsarbeiten mit einer Forstmulchmaschine angetroffen worden. Die Ausländer hätten angegeben, seit 4.11.1996 in I untergebracht zu sein und Arbeiten für ihren Arbeitgeber J durchzuführen. Der Bw habe angegeben, die beiden Chilenen seien bei ihm zur Vorführung bzw Erprobung eines Prototypen (Mulcher) als Volontäre beschäftigt. Die beiden Ausländer seien der deutschen Sprache kaum mächtig gewesen. Dem Akt liegt die Anmeldung der Ausländer bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt per 23.9.1996 bei. Ferner liegen dem Akt Kopien der Meldung der beiden Ausländer vom 11.11.1996 als Volontäre beim AMS K - beantragt für die Zeit vom 11.11.1996 bis 10.12.1996, bestätigt für die Zeit vom 28.11.1996 bis 10.12.1996 - bei.

Ferner liegt dem Akt ein Schreiben eines Herrn G (Chile) bei, in welchem dieser bestätigt, daß die beiden gegenständlichen Ausländer aufgrund des Kaufvertrages vom 30. September 1995 zur Schulung entsandt worden seien. Die Schulungsteilnehmer seien bei der Firma in V, Chile beschäftigt. Sie hätten dort ein gültiges Arbeitsverhältnis und würden dort entlohnt werden. Die Schulungsteilnehmer seien nach den Regeln der Firma entsendet worden. Einer der Schulungsteilnehmer sei Elektrotechniker und Mechaniker, der andere Landmaschinentechniker. Beide würden Erfahrung mit landwirtschaftlichen Maschinen haben und würden sich schnell einarbeiten. In der Rechtfertigung vom 8.1.1997 nimmt der Bw auf den genannten Kaufvertrag Bezug. Die Firma des Bw würde sich ua mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Spezial-Forstmulchmaschinen beschäftigen. Unter Hinweis auf das erwähnte Schreiben des Herrn G wird geltend gemacht, daß die beiden Ausländer vom 9.9. bis zum 9.12.1996 zur Einschulung auf dieser Maschine nach Österreich entsandt worden seien. Die Schulungsteilnehmer seien bei der AUV Linz angemeldet worden (Schreiben vom 23.9.1996). Nach Bekanntwerden, daß für diese Einschulung eine "Beschäftigungsbewilligung" erforderlich sei, sei diese sofort beantragt und erteilt worden. Die Gesetzesänderung für Volontäre sei dem Bw nicht bekannt gewesen, sonst hätte er die korrekte Vorgangsweise eingehalten. In der Rechtfertigung vom 12.2.1997 wird nochmals darauf hingewiesen, daß die Einschulung der beiden Chilenen Vertragsbestandteil von nach Chile verkauften Spezialforstmulchmaschinen gewesen sei. Ohne diese Einschulung wäre dieses Exportgeschäft nicht zustandegekommen. Die Chilenen hätten weder Entgelt bezogen noch Arbeiten im üblichen Sinne verrichtet. Die Einschulung habe für den Betrieb des Berufungswerbers eine Belastung und keine Erleichterung dargestellt. Daher habe er keine Veranlassung gesehen, eine Bewilligung zu beantragen. Die Anmeldung bei der Unfallversicherungsanstalt erfolgte, weil auch bei Einschulungsarbeiten Verletzungen entstehen hätten können. Sofort nach der polizeilichen Beanstandung seien die Einschulungsarbeiten ausgesetzt und Bemühungen um entsprechende Bewilligungen eingeleitet worden. 4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagten die Gendarmen, welche die Ausländer betreten hatten, aus, sie hätten die Ausländer entweder gar nicht bei der Arbeit gesehen oder in der Form, daß einer der Ausländer die Forstmulchmaschine betätigt habe und der andere bei einem Kfz ölverschmiert beschäftigt gewesen sei. Vor Ort seien nur die beiden Ausländer angetroffen worden. Ein Gespräch sei aufgrund der mangelnden Sprachkenntnisse der Ausländer nur schwer möglich gewesen. Daß der Bw "Arbeitgeber" sei, wie in der Anzeige vermerkt, stelle eine Schlußfolgerung der Beamten dar. Nähere rechtlich relevante Umstände der Beschäftigung seien nicht erfragt worden.

Der Bw legte dar, daß es völlig absurd wäre, sich ausgerechnet chilenischer Staatsangehöriger als "Schwarzarbeiter" zu bedienen. Vielmehr sei deren Anwesenheit nur durch den Kauf der von der Firma des Bw entwickelten und gebauten Spezialforstmulchmaschinen zu erklären. Die Einschulung sei integrierender Bestandteil des Kaufvertrages. Die Chilenen seien zur Einschulung, nicht zur Arbeit hier gewesen. Das schriftliche Schulungsprogramm werde (was am Tag nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung tatsächlich erfolgte) nachgereicht. Die Einschulung habe der Berufungswerber selbst vorgenommen. Den Chilenen seien aber nicht ununterbrochen ein Einschuler zur Seite gestellt worden; dies erkläre, warum bei den Betretungen auf zwei aufeinanderfolgenden Tagen keine dritte Person angetroffen worden sei. Die Arbeiten im Wald seien nicht Gegenstand der Firmentätigkeit des Bw. Diese Arbeiten seien nur notwendige Begleiterscheinung der Einschulung und der Geräteerprobung. Die Maschinen seien bisher mehr oder minder Prototypen gewesen, sodaß es nicht nur auf die Einschulung der Leute, die in Chile auf den Maschinen arbeiten sollten, ankam, sondern auch auf die praktische Erprobung der Maschinen. Dem Waldeigentümer seien daher nur Unkosten (Treibstoff) in Rechnung gestellt worden. Die Kosten des Aufenthalts der Chilenen seien nicht gesondert rückverrechnet sondern im Kaufpreis berücksichtigt worden. Der Bw sei in keinerlei vertraglicher Beziehung mit den Chilenen gestanden. Im übrigen sei die Einschulung witterungsbedingt nur an einem Teil der für das Volontariat zur Verfügung stehenden Tage möglich gewesen.

Der Bw habe zur Tatzeit von der Notwendigkeit einer Anzeigebestätigung nichts gewußt. Das Volontariat liege im öffentlichen Interesse, da es Voraussetzung für die Exporttätigkeit seiner Firma sei. Der Vertreter des AI vertrat die Auffassung, es sei ein Volontariat vorgelegen. Allerdings habe die Anzeigebestätigung gefehlt, was die Strafbarkeit begründe.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Im Hinblick auf die - unwidersprochenen - Darlegungen des Bw geht der unabhängige Verwaltungssenat mit dem Vertreter des AI davon aus, daß ein Volontariat (Fehlen einer vertraglichen Arbeitspflicht, ausschließlich Weiterbildungszweck, Unentgeltlichkeit, Dauer - vgl Schnorr, AuslBG, 4. Auflage, 1998, Rz 13 zu § 3) vorlag. Unstrittig ist ebenfalls, daß der Bw die (seit dem 1. Juni 1996 - § 3 Abs.5 AuslBG idF des sog. "Antimißbrauchsgesetzes", BGBl.Nr.895/1995) erforderliche Anzeigebestätigung nicht eingeholt hatte, weil ihm die entsprechende Novelle des AuslBG entgangen war. Der Zweck des Verbots einer Beschäftigung (im weiteren Sinn - vgl § 2 Abs.2 lit.c iVm Abs.3 lit.b AuslBG) von Volontären ohne Einholung einer Anzeigebestätigung ist aus den "Gesetzesmaterialien" nicht ersichtlich. In der Literatur wird als Motiv für die Einführung des Anzeigeverfahrens gemäß § 3 Abs.5 AuslBG eine Mißbrauchskontrolle angeführt (vgl Schnorr, ebd, Rz 15 zu § 3). Die Strafbarkeit wurde demnach vom Vorliegen eines Volontariats gelöst und in dem Sinn an die Vereitelung des Kontrollverfahrens geknüpft, daß die Ausbildung von Volontären bei Unterlassen der Einholung einer Anzeigebestätigung strafbar ist, obwohl - unter dem Blickwinkel der Merkmale des Volontariats - ein Volontariat - und damit kein "Mißbrauch" - vorliegt. Hand in Hand mit dieser sinngemäß einem Bewilligungsverfahren gleichkommenden Notwendigkeit einer Anzeigebestätigung wurde das Delikt (früher: Verletzung einer Anzeigepflicht) aus dem Katalog des § 28 Abs.1 Z2 AuslBG herausgenommen und in § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG integriert. Diese Gesetzeslage mit ihren subtilen Unterscheidungen war zu Beginn der gegenständlichen Volontariate (Ende September 1996) erst kurze Zeit in Kraft (und zwar seit Juni 1996 - § 34 Abs.16 AuslBG). Da diese Gesetzeslage damals dem Bw nicht bekannt war, ist zu prüfen, ob diese Gesetzesunkenntnis entschuldbar war. Dagegen spricht, daß es die Pflicht von Gewerbetreibenden ist, sich ua mit den gesetzlichen Vorschriften betreffend die Ausländerbeschäftigung laufend vertraut zu machen (vgl statt vieler das Erkenntnis des VwGH vom 14.1.1993, Zl. 92/09/0245). Die Anerkennung eines schuldausschließenden Rechtsirrtums durch den VwGH ist selten (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 21.3.1995, Zl. 94/09/0020, 0021, 0022 über das Erlöschen der für einen kalendermäßig fixierten Zeitraum erteilten Beschäftigungsbewilligung; vgl im Zusammenhang mit § 7 Abs.6 AuslBG ferner des Erkenntnis des VwGH vom 18.2.1993, Zl. 92/09/0321). Ein dieser "Ausnahmejudikatur" entsprechender Fall liegt jedoch hier nicht vor: Eine (durch kalendermäßige Fixierung) "irreführende" staatliche "Erklärung" hat der Bw nicht in Händen. Ferner - und dies wiegt schwerer - war auch vor der geltenden Gesetzeslage eine Anzeigepflicht (wenngleich mit anderer Funktion) für Volontariate vorgesehen. Zur den Normunterworfenen für eine Orientierung zur Verfügung stehenden Zeit ist außerdem - ungeachtet der Inkrafttretensvorschrift des § 34 Abs.16 AuslBG - festzuhalten, daß die gegenständliche Bestimmung bereits mit BGBl.Nr. 895/1995 publiziert wurde. Seine Rechtsunkenntnis entschuldigt den Bw daher nicht. Die Tat wurde allerdings unter Umständen begangen, die einem Schuldausschließungsgrund (hier: Rechtsunkenntnis) - sehr - nahekommen (§ 34 Z11 StGB). Dieser Umstand - in Verbindung mit dem Fehlen von Erschwerungsgründen (die im angefochtenen Straferkenntnis schablonenhaft ins Treffen geführten Nachteile der illegalen Beschäftigung von Ausländern schlechthin fallen beim Vorliegen eines Volontariats nicht ins Gewicht) - allein wiegt im vorliegenden Fall für sich genommen schon so schwer, daß eine Anwendung des § 20 VStG angebracht erscheint. Aus diesem Grund war die geringstmögliche Strafe zu verhängen, also - bei angemessener Würdigung des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat - die Geldstrafe auf je 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf je 28 Stunden zu reduzieren. Dies erspart dem Bw außerdem die Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat und reduziert die Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde.

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheitert an den - kumulativen - Voraussetzungen dieser Bestimmung. Die Beschäftigung unter Verletzung des Anzeigeverfahrens ist nicht in die Kategorie der unbedeutenden Tatfolgen einzustufen. In Konstellationen wie der vorliegenden ist nicht der Grad der Berührung des Arbeitsmarktes sondern die Vereitelung des gesetzlich vorgesehenen Kontrollverfahrens ausschlaggebend. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Tat die zweite Voraussetzung des § 21 Abs.1 (Geringfügigkeit des Verschuldens) VStG erfüllt. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder Beschlagwortung: Volontariat, Rechtsunkenntnis

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