Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230680/2/Kei/Shn

Linz, 31.03.1999

VwSen-230680/2/Kei/Shn Linz, am 31. März 1999 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Ludwig H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 9. Juli 1998, Zl. Sich96-1672-1996-Bu, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 und § 51 Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie haben durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört, indem Sie am 19.10.1996 gegen 22.30 Uhr im Cafe P, dem Max B mit der flachen Hand einen Schlag ins Gesicht versetzten." Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch eine Übertretung des "§ 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl.Nr. 566/1991 idgF" begangen, weshalb er "gemäß § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl.Nr. 566/1991 idgF" zu bestrafen gewesen sei â€" und zwar mit einer Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor:

Obwohl vom Bezirksgericht Mauerkirchen im Urteil vom 27. Juni 1997, U 240/96, rechtskräftig festgestellt worden sei, daß der Beschuldigte nach einem Wortwechsel mit Max B diesem einen "minimalen Schlag" (Tapperl) versetzt hätte, hätte die Behörde aktenwidrig angenommen, daß Ludwig H dem Max B einen Schlag mit der flachen Hand versetzt hätte.

Von einem besonders rücksichtslosen Verhalten könne nicht gesprochen werden und es entbehre dieser Vorwurf jeglicher Grundlage. Darüber hinaus sei dadurch auch nicht die öffentliche Ordnung gestört worden, weil dieses Tapperl weder Lärm verursacht hätte noch von der Öffentlichkeit besonders wahrgenommen worden sei.

Der Beschuldigte sei von der erhobenen Anklage der Körperverletzung freigesprochen worden und es sei nicht einmal eine Verurteilung wegen Raufhandels erfolgt, sodaß das Gericht dem Beschuldigten in strafrechtlicher Hinsicht keinerlei Vorwurf an der Beteiligung bei diesem Geschehen gemacht hätte. Schon aus dem Inhalt des gegenständlichen Strafverfahrens ergebe sich zwangsläufig, daß der Beschuldigte auch im Zweifel im Verwaltungsstrafverfahren freizusprechen bzw das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen sei.

Der Bw beantragt, daß das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 9. Juli 1998, Zl. Sich96-1672-1996-Bu, ersatzlos behoben und daß das Verfahren zur Einstellung gebracht wird.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19. August 1998, Zl. Sich96-1672-1996-Bu, Einsicht genommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der 1. Absatz des Artikel 4 des Protokolles Nr.7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten samt Erklärungen (= Art.4 Abs.1 des 7. ZP MRK) lautet:

Niemand darf wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden.

4.2. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Mauerkirchen vom 27. Juni 1997, Zl. U 240/96/19, wurde der Bw von der Anklage der Begehung des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB (Vorfall am 19. Oktober 1996 gegen 22.30 Uhr im Cafe Pub Royal in 5270 Mauerkirchen, Obermarkt 26) freigesprochen.

Vor dem Hintergrund der Bestimmung des Art.4 Abs.1 des 7. ZP MRK, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (= EGMR) im Fall "Gradinger gegen Österreich" (Zl. 33/1994/480/562 vom 23. Oktober 1995) und der Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte (= EKMR) im Fall "Marte/Achberger gegen Österreich" (Zl. 22541/93 vom 9. April 1997) - in diesen beiden Entscheidungen wurde eine Verletzung des Art.4 des 7. ZP MRK festgestellt - war im gegenständlichen Verfahren - um dem Grundsatz "ne bis in idem" zu entsprechen - spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG keinen Beitrag zu den Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Keinberger

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