Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221692/8/Kl/Rd

Linz, 17.05.2001

VwSen-221692/8/Kl/Rd Linz, am 17. Mai 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des R, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 20.4.2000, Ge96-1-4-2000, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
 
II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.
 
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 20.4.2000, Ge96-1-4-2000, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 22 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368 Z14 GewO 1994 verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer und somit für die Einhaltung der Bestimmungen der GewO Verantwortlicher der "L Handelsaktiengesellschaft, " zu verantworten hat, dass diese Gesellschaft den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 13.10.1999, Ge20-42-4-1999, nicht eingehalten hat, indem er - entgegen den von der Behörde genehmigten Projektsunterlagen (Einreichplan vom 13.9.1999, Plannr.:) - zwischen dem 13.10.1999 und dem 17.11.1999 in der L-Filiale in E, im Ausgangsbereich aus dem Geschäft zwischen Kassa und Ausgangstür eine ca. 10 cm hohe Stufe errichtet hat (die mittlerweile wieder entfernt wurde), wodurch es zu mehreren Stürzen von Kunden gekommen ist, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer Bescheide, die auf Grund der GewO 1994 ergangen sind, nicht einhält.
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu das Absehen von einer Strafe und Ausspruch einer Ermahnung, in eventu Herabsetzung der Strafe beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw die behauptete Verwaltungsübertretung auf der Verschuldensebene nicht zu verantworten habe, weil er alles unternommen habe, dass die erforderlichen Maßnahmen gesetzt werden, um zu gewährleisten, dass der Ausgangsbereich aus dem Geschäft zwischen Kasse und Ausgangstür entsprechend dem Einreichplan errichtet wird. Er habe sich befugter und geeigneter Architekten und Baufirmen bedient. Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, dass allenfalls nur ein geringfügiges Verschulden angenommen werden könne, weshalb mit Absehen von der Strafe vorzugehen wäre. Außerdem seien Milderungsgründe nicht berücksichtigt worden.
 
In einem ergänzenden Vorbringen legte der Bw eine schriftliche Bestellungsurkunde für eine Bestellung des P zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG vor. Es sei daher nicht der Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer für die Tat verantwortlich. Überdies sei der Firmensitz der L AG in und werde daher örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.
 
3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.
 
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat für den 16.5.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter nicht erschienen sind. Seitens des Vertreters der belangten Behörde wurde vor Beginn der mündlichen Verhandlung auf die Verhandlung verzichtet.
Im Übrigen entfällt die Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.
 
5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
 
5.1. Gemäß § 368 Z14 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer andere als in §§ 366, 367 und in Z1 bis 13 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die aufgrund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.
 
Nach der Judikatur des VwGH (VwGH vom 10.9.1991, 88/04/0311) ist § 368 Z14 GewO bei der Übertretung von Geboten oder Verboten von Bescheiden, die aufgrund der Bestimmungen der GewO ergangen sind, nur dann anzuwenden, wenn nicht in den §§ 366, 367 und 368 Z1 bis 13 ein Straftatbestand normiert ist. Es handelt sich daher um einen subsidiär zur Anwendung kommenden Auffangtatbestand.
 
Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
 
5.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Bw vorgeworfen, dass er eine mit zitiertem Genehmigungsbescheid genehmigte Betriebsanlage entgegen den behördlich genehmigten Projektsunterlagen so ausführte, dass zwischen Kassa und Eingangstür eine ca. 10 cm hohe Stufe errichtet wurde, wodurch es zu mehreren Stürzen von Kunden gekommen ist. Mit diesem Tatvorwurf bringt aber die belangte Behörde zum Ausdruck, dass der Bw eine behördlich (nach Maßgabe der genehmigten Projektsunterlagen) genehmigte Betriebsanlage abgeändert hat, ohne dass für diese Abänderung die für die Abänderung erforderliche Genehmigung vorlag.
Gemäß § 81 Abs.1 GewO bedarf nämlich auch eine Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Gerade die im Spruch angeführten mehreren Stürze von Kunden machen aber deutlich, dass die gegenständliche Planabweichung und damit Änderung der genehmigten Betriebsanlage zur Wahrung der im § 74 Abs.2 Z1 GewO angeführten Interessen, insbesondere Schutz des Lebens und der Gesundheit der Nachbarn und der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebs gemäß aufsuchen, erforderlich ist. Es hat daher der Bw eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO begangen. Ein entsprechender Tatvorwurf wurde dem Bw innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gemacht. Es konnte daher mangels einer fristgerechten Tatumschreibung eine Berichtigung der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde nicht mehr vorgenommen werden.
 
Im Grunde dieser Ausführungen ist aber ersichtlich, dass im Grunde der Übertretung nach § 366 Abs.1 Z3 GewO der Bw die ihm im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegte Tat nach § 368 Z14 GewO nicht begangen hat. Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
 
5.3. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass Tatort nicht der Sitz der Unternehmensleitung in G ist, sondern für den Fall der Errichtung und des Betriebs einer Betriebsanlage der Standort der Betriebsanlage. Es ist daher örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht gegeben.
 
Zur Geltendmachung eines verantwortlichen Beauftragten wird darauf hingewiesen, dass der § 9 VStG nur dann zur Anwendung kommt, sofern nicht Verwaltungsvorschriften speziellere Regelungen treffen (arg. "sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen" in § 9 Abs.1 VStG). Eine solche Spezialregelung enthält § 370 GewO mit der Bestellung und strafrechtlichen Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers. Dieser ist nach § 370 GewO verwaltungsstrafrechtlich für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten ist hingegen in der GewO nicht vorgesehen. Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist daher eine Delegation der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung nicht möglich. Auf die diesbezügliche zahlreiche VwGH-Judikatur wird hingewiesen.
 
6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 

Dr. Klempt
 

Beschlagwortung:
Abweichung von genehmigten Projektsunterlagen, Änderung einer Betriebsanlage;
lex specialis