Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221751/2/Kon/Pr

Linz, 13.07.2001

VwSen-221751/2/Kon/Pr Linz, am 13. Juli 2001
DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der Frau S. H., Sch., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14.1.2001, Ge96-251-1999, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:
 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich der zu Faktum a, b und c ergangenen Schuldsprüche keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass der durch Faktum c verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z2 VStG) des § 82b GewO 1994 hinzuzufügen ist: "Abs.1".
  2. Hinsichtlich der Strafaussprüche wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die zu Faktum a und b ergangenen Strafaussprüche ersatzlos aufgehoben werden.
  3. Der zu Faktum c ergangene Strafausspruch wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Verwaltungsstrafnorm (§ 44a Z3 VStG) zu lauten hat: "§ 368, Einleitungssatz, GewO 1994".

  4. Die Berufungswerberin S. H. hat 20 % der unter Faktum c gegen sie verhängten Geldstrafe, ds 300 S (entspricht 21,80 Euro) als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.
  5.  

Rechtsgrundlage:
zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG
zu III.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
Im angefochtenen Straferkenntnis wird die Berufungswerberin (im Folgenden Bw) unter Faktum a und b jeweils der Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm den jeweils angeführten Auflagenpunkten der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20.4.1998, Ge20-4612/01/02/03/04/05-1998 und vom 27.1.1993, Ge20-4612/03-1993, für schuldig erkannt und
unter Faktum c der Verwaltungsübertretung gemäß § 368 Z14 iVm § 83b GewO 1994 bestraft.
 
In den jeweiligen Schuldsprüchen sind die Tatvorwürfe angeführt.
 
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über die Bw gemäß §§ 367 Z25 und 368 Z14 GewO 1994 jeweils Geldstrafen in der Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt.
 
Ferner wurde die Bw verpflichtet, insgesamt 450 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
 
Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass im Zuge eines am 15.11.1999 durchgeführten Lokalaugenscheines festgestellt worden sei, dass die "L. Gastro Gesellschaft mbH" im Standort Sch., den Gast- und Beherbergungsbetrieb bereits betrieben habe, obwohl die mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Ge20-4612/01/02/03/04/05-1998 vom 24.4.1998 und Ge20-4612/03-1993 vom 27.1.1993, vorgeschriebenen Auflagen noch nicht erfüllt gewesen wären und genannte Gesellschaft es verabsäumt habe, die genehmigte Betriebsanlage zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob sie dem Genehmigungsbescheid und den sonst für die Anlage geltenden gewerberechtlichen Vorschriften entspreche.
 
Aufgrund dieser Feststellungen und der Tatsache, dass die Bw bis zum heutigen Tage keine Stellungnahme dazu abgegeben habe, sei die Tat als erwiesen anzusehen.
 
Die Strafbemessung sei unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG erfolgt.
 
Als straferschwerend wären einige einschlägige Verwaltungsvorstrafen zu werten gewesen; strafmildernde Umstände lägen nicht vor.
 
Gegen dieses Straferkenntnis hat die Bw rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen vorgebracht:
Sie wäre als gewerberechtliche Geschäftsführerin bei der genannten Gesellschaft tätig gewesen. Im Zuge der mehrmals durchgeführten Lokalaugenscheine seien Mängel festgestellt worden, durch die einer Betriebsanlagengenehmigung nicht zugestimmt hätte werden können. Die anfallenden Kosten zur Behebung der Auflagen hätten nicht von der L. Gastro GesmbH als Pächter getätigt werden sollen, sondern zur Gänze von den Hausbesitzern. Da diese nach mehrmaliger Aufforderung keine Bereitwilligkeit einer Zusammenarbeit gezeigt hätten, um die erforderlichen Auflagen durchzuführen, habe sich die L. Gastro GesmbH entschlossen, den Betrieb mit 8.4.2000 zu schließen, wodurch ein Konkurs nicht zu verhindern gewesen wäre.
 
Durch den ständigen Ärger mit den Hausbesitzern, der Gemeinde, der BH Gmunden sowie durch den Kampf den Umsatz zu erwirtschaften, um die anlaufenden Kosten und Zahlungen zu begleichen, habe sich bei ihr im Dezember 1999 der Krebs gemeldet, womit ein neuer Kampf, eigentlich der um ihr Leben, begonnen hätte.
Sie sei im Jänner 2000 ins Krankenhaus gekommen, habe sich einer Chemo- und Strahlentherapie unterziehen müssen und habe sich somit nicht mit Dingen wie den K. beschäftigen können. Ihr Mann habe mehrmals bei der belangten Behörde vorgesprochen und Bescheid über ihre Krankenhausaufenthalte gegeben.
Sie sehe überhaupt nicht ein, dass sie beinahe 5.000 S Strafe bezahlen solle, wo sie sowieso gerade das Nötigste zum Leben habe. Sie lebe derzeit vom Krankengeld, da das A. nicht den nötigen Umsatz bringe, da sie zwei Personen angestellt habe. Sie habe einen Pensionsantrag gestellt und sollte diesem stattgegeben werden, würde sie sich aus der Selbständigkeit zurückziehen.
Es könne doch nicht wirklich sein, dass man einer zerstörten Existenz, nach einem Jahr, eine Strafe auferlege, die sowieso genug gestraft worden sei und der Betrieb K., um den sich die Bestrafung handle, ständig unter wechselnden Betreibern, legal oder illegal weitergeführt werde.
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen, nämlich die Nichterfüllung der Bescheidauflagen lt. Faktum a und b, wie weiters die unterlassene Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage ist zweifelsfrei erfüllt und wird dem gesamten Berufungsvorbringen nach auch nicht bestritten.
 
Die angelasteten Verwaltungsübertretungen stellen sogenannte Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs.1 VStG dar, zu deren Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes ist dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
 
Mit den Ausführungen in der vorliegenden Berufung ist es der Bw nicht gelungen, in glaubhafter Weise darzulegen, dass sie kein Verschulden an den ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen trifft.
Als gewerberechtliche Geschäftsführerin trifft sie die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung dafür, dass die in den Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheiden vom 27.1.1993 bzw. 24.4.1998 vorgeschriebenen Auflagen eingehalten bzw. erfüllt werden. Sie kann sich daher nicht damit verantworten, dass die Erfüllung dieser Auflagen dem Hausbesitzer oblegen gewesen wäre, da dieser nicht Adressat des gewerbebehördlichen Betriebsanlagenbescheides ist. Auch die übrigen in der Berufung vorgebrachten Umstände vermögen sie nicht zu entschuldigen. Dies gilt hinsichtlich aller ihr zur Last gelegten Fakten.
 
Aus diesen Gründen waren die Schuldsprüche der belangten Behörde voll zu bestätigen.
 
Hinsichtlich der Fakten a und b war allerdings der Strafausspruch aus folgenden Gründen aufzuheben:
Unter Faktum a und b wurde der Bw vorgeworfen, jeweils mehrere in den Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen nicht erfüllt zu haben. Wegen dieser Nichterfüllung mehrerer Auflagenpunkte wurden über sie Gesamtstrafen im Ausmaß von jeweils 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von jeweils 36 Stunden) hiezu verhängt.
Die Nichteinhaltung jeder einzelnen Bescheidauflage, welche ein Gebot oder ein Verbot darstellt, stellt aber nach der Bestimmung des § 367 Z25 GewO 1994 eine eigene nach dieser Bestimmung zu ahndende Verwaltungsübertretung dar, wobei unter den Voraussetzungen des § 22 Abs.1 VStG die Strafen nebeneinander (kumulativ) zu verhängen sind (vgl. VwGH 16.10.1981, 3148/80, 25.2.1993, 92/04/0133 uva). Die Rechtsfigur des fortgesetzten Deliktes kommt nur hinsichtlich der Nichterfüllung der einzelnen Auflagenpunkte zum Tragen.
 
Dadurch, dass die belangte Behörde entgegen dem in den gegenständlichen Fällen zum Tragen kommenden Kumulationsprinzip, wonach für jedes Delikt eine eigene Strafe zu verhängen gewesen wäre, zu Faktum a und b jeweils eine einzige Strafe ausgesprochen hat, ist nicht erkennbar, wie hoch das Ausmaß der Strafe für jede einzelne der Übertretungen hätte sein sollen. Dies bedeutet einen Verstoß gegen § 41a Z3 VStG und ist daher rechtswidrig (vgl VwGH 17.11.1992, 92/11/0103).
 
Dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz war es nicht möglich, die jeweils verhängten Gesamtstrafen aliquot aufzuteilen, weil einerseits nicht als feststehend zu erachten ist, dass der Nichterfüllung der jeweiligen Auflagenpunkte stets der gleiche Schuld- und Unrechtsgehalt zu Grunde liegt und andererseits die Strafbestimmung des § 367 GewO 1994 auch keine Mindeststrafsätze vorsieht. Es liegt sohin kein Maßstab vor, anhand dessen die verhängten Gesamtstrafen aliquot aufgeteilt werden könnten, ohne dabei Gefahr zu laufen, das in § 51 Abs.6 VStG ausdrücklich normierte Verschlechterungsverbot hinsichtlich der einzelnen Übertretungen zu missachten (vgl. VwGH 30.6.1994, 94/09/0049).
 
Die zu Faktum a und b ergangenen Strafaussprüche waren daher ersatzlos aufzuheben.
 
Zum Strafausmaß betreffend Faktum c:
Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
 
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
 
Die Bw ist zunächst darauf hinzuweisen, dass jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des zitierten § 19 VStG vorzunehmen hat.
 
Bezüglich der zu Faktum c verhängten Geldstrafe vermochte der Unabhängige Verwaltungssenat keine fehlerhafte Ermessensausübung dadurch zu erkennen, dass die Strafzumessungskriterien der Abs.1 und 2 des § 19 VStG nicht Beachtung gefunden hätten.
 
Vielmehr erweist sich die verhängte Geldstrafe als durchaus dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen und ist keinesfalls als überhöht zu werten. Sie ist der Bw auch wirtschaftlich zumutbar.
 
Der zu Faktum c ergangene Strafausspruch war daher voll zu bestätigen.
 
Zu II.
Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 

Dr. K o n r a t h
 

Beschlagwortung: mehrere Verwaltungsübertretungen gem. § 367 Z25 GewO 1994 sind kumulativ zu bestrafen, die Verhängung einer Gesamtstrafe ist rechtswidrig

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