Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221763/3/Kon/Pr

Linz, 06.08.2001

VwSen-221763/3/Kon/Pr Linz, am 6. August 2001
DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn H. H., V., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 26.3.2001, Ge96-2420-2001, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:
 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass
  1. nach der Wortfolge: " ... gemäß § 370 Abs.2" einzufügen ist: "GewO 1994";
  2. nach der Wortfolge: " ... Live-Konzert veranstaltet und dadurch die" einzufügen ist die Wortfolge: "... mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16.11.1994, Ge20-46-171-04-1994, nur für Untermalungsmusik im rückwärtigen Gastraum";
  3. dem als verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z2 VStG) zitierten § 81 GewO 1994 hinzuzufügen ist: "Abs.1."
  4.  
  1. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro), die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 60 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf den Betrag von 250 S (entspricht 18,17 Euro) herabgesetzt werden.
  2.  

Im Übrigen wird der Strafausspruch mit der Maßgabe bestätigt, dass die Verwaltungsstrafnorm (§ 44a Z3 VStG) zu lauten hat: "§ 366 Abs.1, Einleitungssatz GewO 1994."
 

Rechtsgrundlage:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.
zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
 
 
 
Entscheidungsgründe:
 
Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber H. H. (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 GewO 1994 für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 120 Stunden) verhängt.
Weiters wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 500 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
 
Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:
"Sie haben als gemäß § 370 Abs.2 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer des ‚Vereins Jugendhaus V.' folgendes zu verantworten:
 
Der ‚Verein Jugendhaus V.' hat am Abend des 27.1.2001 bis zumindest 23.00 Uhr am Standort V., in seinem Gastgewerbebetrieb mit der Betriebsart Cafe ein Live-Konzert veranstaltet und dadurch die genehmigte gewerbliche Betriebsanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung geändert. Diese Änderung der Betriebsanlage ist geeignet, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen (§ 74 GewO 1994)."
 
Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass dem Bw mit Bescheid vom 16.11.1994, Ge20-46-171-04-1994, in der Fassung des Bescheides vom 14.5.1998, Ge20-46-171-01-98, die Genehmigung am Standort V., für einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart eines Cafes mit der täglichen Betriebszeit von 8.00 Uhr bis 2.00 Uhr früh erteilt worden sei, wobei nur Untermalungsmusik im rückwärtigen Gastraum genehmigt worden wäre. Eine gewerbebehördliche Genehmigung für ein Live-Konzert sei jedenfalls nicht vorgelegen.
 
Es sei unbestritten geblieben, dass am Abend des 27.1.2001 (bis zumindest 23.00 Uhr) ein Live-Konzert im Lokal stattgefunden habe. Die Abhaltung von Live-Konzerten sei jedenfalls geeignet, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise zu belästigen und erfordere daher diese Änderung der bestehenden genehmigten gewerblichen Betriebsanlage eine Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994.
 
In seiner Rechtfertigung vom 15.3.2001 habe der Bw lediglich vorgebracht, dass das Stadtamt Vöcklabruck mit Bescheid vom 2.7.1998 eine Veranstaltungsbewilligung für die Durchführung von maximal zehn Live-Konzerten (an Freitagen, Samstagen oder vor Feiertagen) pro Jahr im Cafe erteilt habe. Dazu sei festzustellen, dass eine Veranstaltungsbewilligung die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung nicht ersetzen könne, da es sich dabei um zwei unterschiedliche Rechtsmaterien handle.
 
Im Hinblick auf den Strafrahmen von bis zu 50.000 S und einschlägigen Vormerkungen sei auch die Strafhöhe, die nur 10 % des Strafrahmens betrage, angemessen.
 
Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung vom Bw im Wesentlichen ausgeführt:
Mit rechtskräftigem Bescheid des Stadtamtes Vöcklabruck vom 2.7.1998 sei ihm eine Veranstaltungsbewilligung für Live-Konzerte im Gastlokal des Vereins Jugendhaus Vöcklabruck im Haus Sch. ua erteilt worden.
Wie er nunmehr zu seinem Erstaunen feststellen habe müssen, sei die belangte Behörde der Rechtsansicht, dass trotz Vorliegen einer rechtskräftigen Veranstaltungsbewilligung solche Veranstaltungen doch nicht stattfinden dürften. Hiezu hätte die belangte Behörde lediglich die Begründung abgegeben, dass es sich "um zwei unterschiedliche Rechtsmaterien" handle.
Es könne ihm wohl nicht zugemutet werden, ein zwischenbehördliches Kompetenzproblem lösen zu müssen, wobei dieses Kompetenzproblem in dieser Art erst durch das gegenständliche Straferkenntnis für ihn erkennbar geworden wäre. Zudem habe die belangte Behörde anlässlich einer vor ca. drei Jahren stattgefundenen Tagsatzung zu erkennen gegeben, dass gegen Live-Konzerte mit einer entsprechenden Veranstaltungsbewilligung nichts einzuwenden sei. Das nunmehrige Abgehen der belangten Behörde von der ursprünglich geäußerten Rechtsansicht könne ihm wohl nicht zugerechnet werden, keinesfalls könne diese geänderte Rechtsmeinung aber strafrechtliche Folgen für ihn haben.
Ganz im Gegenteil habe er aufgrund der rechtskräftigen Veranstaltungsbewilligung davon ausgehen können, dass Live-Konzerte im behördlich festgelegten Umfang erlaubt seien.
Somit fehle das für einen Strafausspruch unbedingt notwendige Element der "schuldhaften" tatbestandsmäßigen Handlung. Nach obiger Darstellung habe er davon ausgehen müssen, Live-Konzerte entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen veranstalten zu dürfen, sodass schuldhaftes Verhalten seinerseits nicht vorliege. Damit fehle ein wesentliches Element der subjektiven Tatseite, sodass der bekämpfte Bescheid zur Gänze aufzuheben sei.
Weiters sei festzustellen, dass die in der Begründung des bekämpften Bescheides angesprochenen Vorstrafen in keinem Zusammenhang mit Live-Konzerten stünden, sodass er auch aus früheren Verfahren ein diesbezüglich rechtswidriges Verhalten nicht habe erkennen können. Bei den angesprochenen Vorstrafen handle es sich um Übertretungen der bewilligten Öffnungszeiten, sodass die Einschlägigkeit dieser Vorstrafen sehr fraglich erscheine und damit die Strafhöhe unangemessen hoch sei.
Der Bw stellt den Antrag, den bekämpften Bescheid zur Gänze aufzuheben bzw. die Strafhöhe auf ein angemessenes Maß herabzusetzen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Gemäß § 74 Abs.1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
 
Betreffend das Merkmal der Regelmäßigkeit steht die zitierte gesetzliche Regelung im systematischen Zusammenhang mit § 1 Abs.4 leg.cit., wonach auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gilt, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert (Grabler, Hermann: Kommentar zur GewO, RZ 6 zu § 74).
 
Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Änderung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
 
Dem Begriff der Änderung wohnt im Zusammenhalt mit den im h. beigefügten, die Genehmigungspflicht bedienenden Merkmalen, die dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende Bedeutung eines "Anderswerdens" inne (VwGH 27.3.1981, 80/04/1236).
Mit dem Tatbestand "ändert" bzw. "Änderung" im § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 ist jede - durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte - bauliche oder sonstige, die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Inhabers der Betriebsanlage erfasst, durch die sich die in § 74 Abs.2 Z1 bis 5 bezeichneten Gefährdungen ergeben können (VwGH 20.9.1994, 93/04/0086).
 
Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.
 
Die Durchführung von "Live-Konzerten" stellt zweifellos eine die gegenständliche gastgewerbliche Betriebsanlage betreffende Maßnahme ihres Inhabers dar, welche die durch § 74 Abs.2 Z1 bis 5 leg.cit. geschützten Interessen gefährden könnten. Insbesondere ist diesbezüglich eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm ins Auge zu fassen. Die damit verbundene Änderung iSd § 81 Abs.1 leg.cit. ist darin zu erblicken, dass zusätzlich oder zumindest anstelle der für den rückwärtigen Gastraum betriebsanlagenrechtlich genehmigten Untermalungsmusik "Live-Konzertmusik" (sohin Musik durch eine Band) in der gastgewerblichen Betriebsanlage durchgeboten wird. Dadurch, dass diese "Live-Konzerte" entsprechend der dem Bw erteilten Veranstaltungsbewilligung bis zu 10 mal im Jahr in der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage durchgeführt werden können, ist auch das Merkmal der Regelmäßigkeit iSd Legaldefinition des § 74 Abs.1 GewO 1994 gegeben. Es kann hinsichtlich dieser Konzerte nicht mehr von einer bloß unregelmäßigen, fallweisen Artentfaltung der gastgewerblichen Tätigkeit des Bw gesprochen werden.
Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als gegeben zu erachten.
 
Was deren subjektive Tatseite betrifft, deren Vorliegen vom Bw im Besonderen verneint wird, ist festzustellen, dass ihm zwar Zweifel sowohl an der Genehmigungspflicht der Maßnahme als auch an deren Änderungscharakter zugebilligt werden können, es ihm aber aus berufsgebotener Sorgfaltspflicht als Gewerbetreibenden oblegen gewesen wäre, sich über die Genehmigungspflicht bei der zuständigen Gewerbebehörde (BH Vöcklabruck) zu erkundigen.
 
In diesem Zusammenhang wird der Bw darauf hingewiesen, dass gemäß § 358 Abs.1 GewO 1994 für ihn im gegenständlichen Fall die Möglichkeit bestand (und auch noch weiter besteht), sollte er die Genehmigungspflicht der gegenständlichen Änderung in Zweifel ziehen, beim Landeshauptmann als Gewerbebehörde einen entsprechenden Prüfungsantrag zu stellen.
 
Abschließend ist hinsichtlich des Verschuldens festzuhalten, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG darstellt, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Diese Glaubhaftmachung iSd angeführten Gesetzesstelle vermochte der Bw aufgrund der obigen Erwägungen aber nicht darzubringen. Es ist sohin auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt, weshalb der Schuldspruch der belangten Behörde zu Recht ergangen ist.
 
Zur Strafhöhe:
Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
 
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
 
Der Bw ist zunächst darauf hinzuweisen, dass jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme der Strafzumessungskriterien wie in Abs.1 (objektive) und Abs.2 (subjektive) des § 19 VStG vorzunehmen hat.
 
Wenngleich der Bw tatbestandsmäßig gehandelt hat, ist ihm im Hinblick auf die Genehmigungspflicht der gegenständlichen Änderung doch ein, die Schuld allerdings nicht ausschließender, Rechtsirrtum als Strafmilderungsgrund zuzubilligen. Dieser Rechtsirrtum kann als davon herrührend gesehen werden, als die Genehmigungspflicht der Maßnahme (Live-Konzert) in diesem speziellen Fall nicht so offenkundig in Erscheinung tritt als die beispielsweise bei einer Ausdehnung der Betriebszeit oder bei einem erweiternden Ausbau der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage der Fall wäre. Auch die dem Bw erteilten Veranstaltungsbewilligungen können als Ursache für seinen, wenngleich die Schuld nicht ausschließenden, Rechtsirrtum herangezogen werden.
 
Aus diesen Erwägungen heraus sah sich der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsinstanz veranlasst, die verhängte Geldstrafe auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen, zumal auch die verminderte Strafhöhe den Präventionszweck noch erfüllen kann.
 
Da der Berufung zumindest teilweise stattgegeben wurde, entfällt die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens (§ 65 VStG).
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
Dr. K o n r a t h