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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221778/2/Kl/Rd

Linz, 10.07.2001

VwSen-221778/2/Kl/Rd Linz, am 10. Juli 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 9.10.2000, MA2-Pol-6090-2000, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
 
II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.
 
 
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 9.10.2000, MA2-Pol-6090-2000, wurde über die Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 GewO 1994 verhängt, weil sie als Gewerbeinhaberin des Cafe, zu verantworten hat, dass in diesem Lokal am 9.6.2000 zwischen 23.00 und 24.00 Uhr ein Livemusiker mit einem Keyboard unter der Verwendung von leistungsstarken Boxen auftrat und damit eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung geändert und nach der Änderung betrieben wurde. Durch den Bescheid des Magistrats der Stadt Wels vom 24.8.1981, MA2-Ge-3033-1981, war nur der Betrieb einer Stereoanlage unter Einhaltung der dort angeführten Auflagen genehmigt worden. Die oa Änderung bedürfte zur Wahrung der Interessen der Nachbarn (Belästigung durch Lärm) jedenfalls einer Genehmigung.
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass aus dem Bescheid das bescheiderlassende Organ nicht mit Klarheit und Eindeutigkeit festgestellt werden könne. Weiters wurde inhaltliche Unrichtigkeit geltend gemacht, weil aus dem vorgelegten Mietvertrag ersichtlich sei, dass das gegenständliche Lokal an Fr. G vermietet wurde, welche als Gastwirtin und Hotelbetreiberin im eigenen Namen und auf eigene Rechnung das Lokal betrieben hat. Die Aufkündigung des Mietverhältnisses sei eine reine Schutzbehauptung und nicht erfolgt.
 
3. Der Magistrat der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit einer weiteren Berufung am 29.1.2000 vorgelegt und in einer Stellungnahme ausgeführt, dass im weiteren Straferkenntnis berücksichtigt worden sei, dass eine Aufkündigung des Mietvertrages nicht stattgefunden habe, also der Mietvertrag aufrecht war. Es hätte daher das Ruhen der Gewerbeausübung angezeigt werden müssen. Geht man jedoch vom Nichtvorliegen eines Mietvertrages aus, so liegt zwar kein Ruhen vor, es ist aber der Betrieb trotz Änderung der Bw anzulasten. Es sei daher jedenfalls eines der beiden angefochtenen Straferkenntnisse zu bestätigen.
 
4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
 
5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
 
5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH liegt dem Begriff "Änderung" iZm den ihm beigefügten die Genehmigungspflicht bedingenden Merkmalen die dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechende Bedeutung eines "Anders-werdens" inne. Eine Änderung liegt somit in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Ob eine Änderung vorliegt, bemisst sich ausschließlich, nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid. Erfasst ist jede durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte bauliche oder sonstige die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Betriebsinhabers, durch die sich in § 74 Abs.2 Z1 bis 5 bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteiligen Einwirkungen ergeben können. Durch die erwarteten Auswirkungen der Änderung der Anlage müssen sich neue oder größere Gefährdungen usw iSd § 74 Abs.2 ergeben können (vgl. Grabler-Stolzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, S. 1009, Anm. 29 mN).
 
Wie sich aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z3 ergibt, enthält diese Gesetzesstelle zwei - alternative - Tatbestände. Stellt nun die Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides darauf ab, dass die Betriebsanlage nach Änderung durch den Ausbau der ................ zu Wohnräumen "betrieben wurde", verabsäumte es jedoch, darzulegen, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte, so verabsäumte es die Behörde, das Tatverhalten hinlänglich iSd § 44a Z1 VStG darzustellen (VwGH 26.4.1994, 93/04/0243).
 
ISd aufgezeigten VwGH-Judikatur entspricht daher der gegenständliche Tatvorwurf nicht den Anforderungen, weil einerseits mit dem gegenständlichen Tatvorwurf der Bw sowohl die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage als auch der Betrieb nach Änderung vorgeworfen wurde, wobei es sich aber um ein jeweils gesondertes strafbares Verhalten handelt. Der Vorwurf von zwei gesonderten Delikten in ein und demselben Spruch ist daher unzulässig. Andererseits wurde aber dem Konkretisierungserfordernis nach der letztzitierten Judikatur des VwGH nicht entsprochen, weil im Spruch nicht dargelegt wurde, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte.
 
Weil bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war eine Berichtigung des Spruches des Straferkenntnisses nicht mehr möglich. Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
 
5.2. Den Berufungsausführungen, dass dem Straferkenntnis das entscheidende Organ nicht zu entnehmen ist, ist entgegenzuhalten, dass aus der Präambel des angefochtenen Straferkenntnisses eindeutig hervorgeht, dass es sich um einen Intimierungsbescheid handelt, also ein Bescheid, der "im Namen des Bürgermeisters der Stadt Wels" erlassen wird. Bescheiderlassendes Organ ist daher der Bürgermeister der Stadt Wels. Er ist im übertragenen Wirkungsbereich als Bezirksverwaltungsbehörde tätig.
 
5.3. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 
 
 
 

Dr. Klempt
 

Beschlagwortung:
Tatkonkretisierung, Betreiben, Alternativtatbestand