Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230245/3/Wei/Bk VwSen230246/3/Wei/Bk

Linz, 31.05.1994

VwSen-230245/3/Wei/Bk

VwSen-230246/3/Wei/Bk Linz, am 31. Mai 1994

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Fragner, Berichter: Dr. Weiß, Beisitzerin: Mag. Bissenberger) über die Berufungen der Ehegatten H (geb. ) und E (geb. ) H, H, M, beide vertreten durch Dr. W M, Rechtsanwalt in M, H, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Perg je vom 5.

August 1993, Zlen. Pol-96/49/1993+1 und Pol-96/49/1993, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem O.ö.

Polizeistrafgesetz - O.ö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985) zu Recht erkannt:

I. Die Berufungen werden in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Straferkenntnisse mit der Maßgabe bestätigt, daß jeweils als verletzte Rechtsvorschriften der § 2 Abs 3 lit d) iVm § 2 Abs 1 Satz 1 O.ö. PolStG und als Strafvorschriften für die verhängten Geldstrafen und die Ersatzfreiheitsstrafen der § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG anzusehen sind.

II. Im Strafausspruch wird den Berufungen Folge gegeben und die verhängten Geldstrafen werden auf je S 15.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 3 Tage und 15 Stunden reduziert.

III. Die Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren erster Instanz ermäßigen sich auf je S 1.500,--. Für die Berufungsverfahren entfällt die Leistung von Kostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 Abs 2, 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit den oben bezeichneten inhaltlich gleichlautenden Straferkenntnissen je vom 5. August 1993 hat die belangte Behörde beide Berufungswerber wie folgt für schuldig erkannt:

"Sie haben gemeinsam mit Ihrer Gattin (bzw Ihrem Gatten) ab Mitte Juni 1993 einzelne Räumlichkeiten des von Ihnen von Herrn S angepachteten Hauses in M, H, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zur Verfügung gestellt, ohne dies mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution der Gemeinde angezeigt zu haben." Als verletzte Rechtsvorschrift sah die belangte Behörde den § 2 Abs 3 lit d) O.ö. PolStG an. Gemäß § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG verhängte sie eine Geldstrafe von je S 20.000,-und eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 1 Woche.

1.2. Gegen diese Straferkenntnisse, die den Bw jeweils am 12. August 1993 zu eigenen Handen zugestellt wurden, richten sich die inhaltlich gleichlautenden Berufungen vom 26.

August 1993, die an diesem Tag - und damit rechtzeitig - zur Post gegeben wurden und am 27. August 1993 bei der belangten Behörde einlangten.

2.1. Die belangte Behörde begründete die Straferkenntnisse wie folgt:

"Sie haben, wie bereits erwähnt, gemeinsam mit Ihrem Gatten (Ihrer Gattin) das Haus des Herrn S in M, H, angemietet. Mit 2.6.1993 eröffneten Sie dort unter dem Namen 'H' einen sogenannten Privatklub. Ihren eigenen Angaben vom 2.8.1993 zufolge, haben Sie sodann ab etwa Mitte Juni 1993 in einzelnen Räumlichkeiten dieses Hauses die öffentliche Prostitution ausüben lassen bzw. die hiefür erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Sie selbst geben in der erwähnten Rechtfertigung an, daß der Privatklub aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen und auch den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend nicht als solcher weitergeführt werden konnte. Es war einfach erforderlich, Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken ausüben zu lassen, um wirtschaftlich 'überleben' zu können.

Für diesen Zweck bedienten Sie sich zweier Prostituierter, die Ihnen von einer Agentur vermittelt wurden. Sie und Ihr Ehepartner als Pächter des genannten Bauobjektes stellten die für diese Tätigkeit notwendigen Räumlichkeiten zur Verfügung. Dabei beachteten Sie aber nicht die zitierte Gesetzesbestimmung, in der für solche Zwecke aufgetragen wird, daß die Aufnahme der Prostitution in solchen Gebäuden mindestens zwei Monate vorher der Gemeinde anzuzeigen ist.

In Ihrer Stellungnahme vom 2.8. 1993 zum Ergebnis des Beweisverfahrens geben Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch zu. Es erübrigt sich daher genauer in die Beweisführung einzugehen.

Die gesetzte Handlung stellt somit einen Verstoß gegen die Bestimmungen des O.ö. Polizeistrafgesetzes dar und ist daher von Ihnen auch verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keinerlei Umstände vorliegen, die geeignet wären, das gesetzwidrige Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Die verhängte Strafe wurde unter Bedachtnahme auf die Einnahmens-, Vermögens- und Familienverhältnissen festgesetzt. Dabei wurde Ihre Unbescholtenheit und das Geständnis in Ihrer Rechtfertigung mildernd gewertet.

Erschwerende Umstände lagen nicht vor." 2.2. Die Berufungen rügen unter dem so bezeichneten Berufungsgrund der unrichtigen Sachverhaltsfeststellung, daß in den Straferkenntnissen ein konkreter Vorfall nicht angeführt werde, weshalb die Identität der Tat nicht gegeben sei. Darüber hinaus wären keinerlei Feststellungen über die Verfügungsberechtigung hinsichtlich des Hauses H in M getroffen worden, und zwar auch nicht hinsichtlich der im Straferkenntnis bezeichneten einzelnen Räumlichkeiten. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, daß eine gemeinsame Verfügungsberechtigung mit dem Ehepartner bestünde. Eine diesbezügliche Zuordnung sei aufgrund des bisher durchgeführten Beweisverfahrens gar nicht möglich. Da bisher nicht einmal die Räumlichkeiten des Wohnhauses und die darüber Verfügungsberechtigten hätten bestimmt werden können, liege kein Sachverhalt vor, der unter den konkreten Tatbestand des § 2 Abs 3 lit d O.ö.

Polizeistrafgesetzes subsumiert werden könnte. Insbesondere sei es in einem Verwaltungsstrafverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsgrundsätze der objektiven Wahrheitserforschung und der Unschuldsvermutung unzulässig, stillschweigend davon auszugehen, daß zwischen den Berufungswerbern eine Mittäterschaft vorliege, weil (gemeint wohl: wenn) die Ermittlung des einen oder des anderen als Täter nicht möglich ist.

Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird behauptet, daß das bisher durchgeführte Beweisverfahren für die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht ausreiche. Es liege daher ein sogenannter Feststellungsmangel vor, der im Zuge eines Berufungsverfahrens auch unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht werden könne. Darüber hinaus reiche aber der zur Last gelegte Sachverhalt für eine Verurteilung nicht aus, weil er nicht unter sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 2 Abs 3 lit d O.ö.

Polizeistrafgesetz subsumierbar sei.

Zur Strafhöhe bemängeln die Berufungen ohne nähere Darstellung, daß die verhängten Geldstrafen weder schuldnoch tatangemessen und weder aus generalpräventiven noch aus spezialpräventiven Zwecken erforderlich seien. Auch die Höhe der verhängten Geldstrafen entspreche keinesfalls den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Berufungswerber.

Abschließend wird jeweils die (ersatzlose) Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat die Berufungen mit den bezughabenden Verwaltungsstrafakten zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Berufungen wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten. Die erkennende Kammer hat unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt erscheint, die Berufungen weder neue Tatsachen noch Beweisthemen behaupten und daher im wesentlichen Rechtsfragen zu beurteilen sind. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben.

3.2. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Akten keine Bedenken gegen den von der belangten Behörde angenommenen und den Straferkenntnissen zugrundegelegten Sachverhalt. Die Berufungswerber haben sich anläßlich ihrer niederschriftlichen Einvernahmen vom 2. August 1993 geständig verantwortet und erklärt, daß sie die Gesetzesbestimmung über die Meldepflicht an die Gemeinde nicht kannten. Beide berichteten, daß sie das Haus gemeinsam gepachtet (richtig: gemietet) hatten, um zunächst einen Privatklub mit Sauna und Schwimmbad zu betreiben. Bereits etwa Mitte Juni gaben sie diesen Plan aus wirtschaftlichen Gründen auf und entschlossen sich, Räumlichkeiten zum Zwecke der Ausübung der Prostitution gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Dabei ließen sie sich von einer Agentur Damen vermitteln, die nach den erforderlichen ärztlichen Untersuchungen auch tatsächlich die Prostitution gewerbsmäßig in den von den Berufungswerbern zugewiesenen Räumlichkeiten ausübten. Nach der im Akt befindlichen Anzeige der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos vom 12. Juli 1993 und auch nach der Schilderung der Berufungswerber besteht kein Zweifel, daß die Berufungswerber im angemieteten Haus ein Bordell betrieben haben und für Getränke sowie für die den Prostituierten zur Verfügung gestellten Räume Entgelte kassierten.

Die Berufungswerberin bezeichnete sich als Freiberuflerin mit einem Einkommen von ca S 18.000,-- brutto und Sorgepflichten für 2 Kinder. Der Berufungswerber gab als ausgeübten Beruf Kellner mit einem Einkommen von S 17.000,-netto, kein Vermögen und Sorgepflichten für 2 Kinder an.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs 3 lit d) O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Anzeige gemäß Abs 1 nicht erstattet.

Wer beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, hat diese Absicht gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 O.ö. PolStG der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen, soweit die Prostitution nicht nach § 2 Abs 3 lit c) O.ö. PolStG ohnehin allgemein verboten ist.

Nach § 2 Abs 1 Satz 2 O.ö. PolStG hat die Gemeinde innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen der Anzeige die Verwendung für Zwecke der Prostitution mit Bescheid zu untersagen, wenn aufgrund der örtlichen oder sachlichen Verhältnisse zu befürchten ist, daß dadurch die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden.

Erkennbarer Zweck dieser Anzeigepflicht ist, der Gemeinde die Prüfung der Untersagungskriterien des 2. Satzes des § 2 Abs 1 O.ö. PolStG so rechtzeitig zu ermöglichen, damit die beabsichtigte Verwendung von Gebäuden zur Prostitution bereits vor tatsächlicher Aufnahme der Prostitution verboten werden kann.

Nach der Strafnorm (Sanktionsnorm) des § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 2 Abs 3 leg. cit. mit Geldstrafe bis S 200.000,-- und im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

Aufgrund der unbestrittenen entscheidungswesentlichen Tatsachen steht aus rechtlicher Sicht fest, daß die Berufungswerber bereits etwa Mitte April 1993 die beabsichtigte Verwendung des Wohnhauses H, M, für Zwecke der Prostitution der Gemeinde hätten anzeigen müssen, wenn sie etwa ab Mitte Juni 1993 Räumlichkeiten in diesem Wohnhaus für die Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellten. Da sie nach ihren Angaben diese Absicht erst im Juni 1993 hatten, hätten sie im Sinne einer gesetzeskonformen Vorgangsweise nach der erforderlichen Anzeige an die Gemeinde 2 Monate zuwarten müssen, um einen allfälligen Untersagungsbescheid abzuwarten. Erst danach wäre es zulässig gewesen, das Wohnhaus oder einzelne Räumlichkeiten für Zwecke der Prostitution zu verwenden, soweit nicht andere - im gegenständlichen Verfahren nicht relevante - Verbote entgegenstehen.

4.2. Die Berufungen behaupten, daß mangels Anführung eines konkreten Vorfalles Identität der Tat nicht gegeben sei.

Soweit mit diesem unklaren Einwand Bedenken unter dem Aspekt der Konkretisierung der Tat iSd § 44a Abs 1 Z 1 VStG geltend gemacht werden, ist dem im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde den für die gegenständliche Verwaltungsübertretung relevanten Sachverhalt so hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, daß eine Verwechslungsgefahr nicht bestand und die Berufungswerber von Anfang an in der Lage waren, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Einwände und Beweisanbote vorzubringen (vgl ua näher verst Sen VwSlg 11894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046). Es bedurfte für das Tatbild der Verwaltungsübertretung gemäß § 2 Abs 3 lit d) iVm § 2 Abs 1 Satz 1 O.ö. PolStG nicht der genauen Anführung eines bestimmten Einzelfalles der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution in Räumlichkeiten des angemieteten Wohnhauses.

Es genügt die Feststellung, daß die Prostitution jedenfalls seit Mitte Juni 1993 in zur Verfügung gestellten Räumen angebahnt und ausgeübt wird, ohne daß mindestens zwei Monate vorher die Anzeige gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 O.ö.PolStG durch die Berufungswerber erfolgt ist.

Die Nichterstattung einer Anzeige über die beabsichtigte Verwendung von Räumen für Zwecke der Prostitution ist ein schlichtes Unterlassungsdelikt, dessen Unwert sich in der Nichtvornahme des gebotenen Tuns erschöpft. Das Tatbild dieses Ungehorsamsdelikts iSd § 5 Abs 1 VStG ist bereits hergestellt, sobald feststeht, daß die Prostitution ohne rechtzeitige Anzeige der Verwendungsabsicht an die Gemeinde aufgenommen wurde. Dies ist gegenständlich unbestritten der Fall gewesen. Weder in ihrer niederschriftlichen Rechtfertigung noch in den Berufungen haben die Berufungswerber entlastende Tatsachen vorgebracht und Beweise angeboten, die mangelndes Verschulden hätten glaubhaft machen können. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wären die Berufungswerber aber verpflichtet gewesen, initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht (vgl näher mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 708 ff). Für die Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretung genügt gemäß § 5 Abs 1 Satz 1 VStG Fahrlässigkeit. Die Unkenntnis der landesgesetzlichen Anzeigepflicht nach § 2 Abs 1 O.ö. PolStG kann die Berufungswerber nicht entlasten, weil sie nach den ihnen bekannten Umständen verpflichtet gewesen wären, einschlägige und fachkundige Informationen einzuholen, bevor sie zur regelmäßigen Erzielung eigener Einkünfte Räume ihres Wohnhauses für Zwecke der Prostitution widmen und zur Verfügung stellen. Die Einholung von Auskünften bei der zuständigen Gemeinde oder der belangten Strafbehörde wurde offensichtlich unterlassen.

4.3. Die Berufungen behaupten weiter, daß zur Frage der Verfügungsberechtigung keine Feststellungen getroffen worden wären und daß es unzulässig sei, stillschweigend von Mittäterschaft der Berufungswerber auszugehen, wenn die Ermittlung des einen oder anderen als Täter nicht möglich sei. Auch mit diesen Einwänden sind die Berufungen nicht im Recht. Die Verfügungsberechtigung hat die belangte Strafbehörde dadurch zum Ausdruck gebracht, daß beide Berufungswerber als Mieter bzw Pächter bezeichnet wurden.

Sie haben auch nach ihren Angaben gemeinsam das Wohnhaus angemietet und für ihre Zwecke adaptiert und sind schon deshalb gemeinsam verfügungsberechtigte Bestandnehmer im Sinne der §§ 1090 ff ABGB. Daß gesonderte Mietverträge über verschiedene Räumlichkeiten des Wohnhauses mit dem Vermieter abgeschlossen oder besondere Nutzungsvereinbarungen der Mieter untereinander mit exklusiver Verfügungsberechtigung über einzelne Räume getroffen worden wären, wurde weder behauptet noch gibt es für eine derart ungewöhnliche Privatrechtsordnung irgendwelche aktenkundige Anhaltspunkte.

Die pauschalen Berufungsbehauptungen sind daher nicht geeignet, einen Begründungsmangel oder fehlende Feststellungen, die bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu treffen gewesen wären, aufzuzeigen.

Auch die Rüge bezüglich der Frage der Mittäterschaft geht ins Leere. Da die Berufungswerber aufgrund ihres gemeinsamen Bestandrechtes und der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen auch gemeinsam die Räumlichkeiten für Zwecke der Prostitution zur Verfügung gestellt haben, kann kein Zweifel bestehen, daß sie auch beide zur rechtzeitigen Anzeige an die Gemeinde verpflichtet gewesen wären. Beide sind dieser unteilbaren Verpflichtung nicht nachgekommen und haben daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung je selbständig als unmittelbare Täter begangen.

4.4. Zur Strafbemessung der belangten Behörde werden in den Berufungen nur völlig unsubstantiierte Einwände vorgebracht, die einer sachbezogenen Erörterung kaum zugänglich sind. Die gebotene amtswegige Überprüfung der Straffrage (vgl dazu verst Sen VwSlg 12489 A/1987) ergibt aber, daß die belangte Behörde die Strafe etwas zu hoch angesetzt hat. In den Straferkenntnissen wurde auf die Milderungsgründe der Unbescholtenheit und des Geständnisses hingewiesen. Zum letzteren Milderungsgrund ist zu sagen, daß zwar keine reumütigen Geständnisse iSd § 19 Abs 2 VStG iVm § 34 Z 17 1.

Fall StGB vorliegen, die Berufungswerber aber durch ihre Aussagen vor der belangten Behörde wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen haben, was nach dem 2. Fall der zitierten Strafzumessungsvorschrift gleichgehalten wird. Im Ergebnis wurde der Milderungsgrund daher zu Recht zugebilligt.

Nach Ansicht der erkennenden Kammer kommt den Milderungsgründen etwas mehr Gewicht zu als von der belangten Strafbehörde angenommen und erscheinen andererseits die in den Straferkenntnissen leider nicht näher dargestellten persönlichen Verhältnisse der Berufungswerber infolge der getätigten Investitionen und der Sorgepflichten für 2 Kinder nicht allzu günstig. Der unabhängige Verwaltungssenat geht angesichts der gemeinsamen unternehmerischen Erwerbstätigkeit der Berufungswerber davon aus, daß beide in etwa das gleiche Einkommen erzielen und auch die gleichen Belastungen haben. Das monatliche Nettoeinkommen von beiden Berufungswerbern kann unter Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben zumindest im Bereich von je S 15.000,-- angenommen werden. Der in der Niederschrift vom 2. August 1993 für den Berufungswerber angeführte Beruf "Kellner" kann schon deshalb nicht zutreffen, weil der Berufungswerber im letzten Absatz für den Fall der Bestrafung zu bedenken gab, daß er sämtliches Vermögen in den Betrieb gesteckt habe und das derzeitige Vermögen gerade ausreiche, um den Betriebsaufwand und den Lebensunterhalt zu decken. Mit dieser Aussage hat er aber zum Ausdruck gebracht, daß er unternehmerisches Risiko trägt und nicht bloß unselbständig tätig ist. Abgesehen davon gab er als "Kellner" sogar ein Nettoeinkommen von S 17.000,-- an.

Zusammenfassend ist die erkennende Kammer der Ansicht, daß bei beiden Berufungswerbern der verwirklichte Unrechts- und Schuldgehalt sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse gleich einzuschätzen sind, was auch die gleiche Strafe rechtfertigt. Die ausgesprochenen Geldstrafen von je S 15.000,-- erschienen angemessen.

4.5. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde von der belangten Behörde entgegen der ständigen Judikatur des O.ö.

Verwaltungssenates im Mißverhältnis zur primären Geldstrafe festgesetzt, ohne daß dies näher begründet worden wäre. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip des Art 1 Abs 3 PersFrSchG 1988 (BGBl Nr. 684/1988) darf die Ersatzfreiheitsstrafe grundsätzlich nur in Relation zur verhängten Geldstrafe festgesetzt werden, wobei das Verhältnis der höchstmöglichen Geldstrafe zur höchstmöglichen Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend ist. Nur mit besonderer Begründung darf davon abweichend aus Rücksicht auf die besonderen persönlichen Verhältnisse des Täters eine unverhältnismäßige Ersatzfreiheitsstrafe bemessen werden, die aber der Schuld des Täters entsprechen muß.

Der unabhängige Verwaltungssenat hatte schon wegen der Herabsetzung der Geldstrafen die Ersatzfreiheitsstrafen neu festzusetzen. Bei dem gemäß § 10 Abs 1 lit b) O.ö. PolStG in Betracht kommenden Strafrahmen für die Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Wochen erschien der erkennenden Kammer eine Freiheitsstrafe von 3 Tagen und 15 Stunden für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen für tat- und schuldangemessen.

5. Bei diesem Ergebnis waren die Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren erster Instanz gemäß § 64 Abs 2 VStG auf den Betrag von je S 1.500,--, ds 10 % der verhängten Geldstrafe, zu reduzieren. Für das Berufungsverfahren waren gemäß § 65 VStG keine Kostenbeiträge vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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