Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230649/21/Kei/Shn

Linz, 24.03.1999

VwSen-230649/21/Kei/Shn Linz, am 24. März 1999 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Helmut G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 9. Dezember 1997, Zl. Sich96-3001-1996/P/WIM, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. März 1999, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 700 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 78 Stunden herabgesetzt wird.

Es wird zweimal anstelle von "Sich01-556-1995" gesetzt "Sich01-556-1995-P/ZE". Die Strafsanktionsnorm lautet "§ 84 Abs.1 Z1 Sicherheitspolizeigesetz".

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, ds 70 S, zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrns vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die im Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses angeführte, als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG), lautet:

"Sie haben sich, ohne hiezu befugt zu sein, am 28.3.1996 von 16.25 Uhr bis 16.30 Uhr im Gefahrenbereich (auf dem Grundstück Nr. 67/2, KG., im eingezäunten Baugelände der OKA) beim projektierten Kraftwerk Lambach der OKA in der Marktgemeinde 4651 Stadl-Paura aufgehalten, obwohl der Aufenthalt in diesem Gefahrenbereich mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27.3.1996, Sich01-556-1995, verboten wurde." Der Berufungswerber (Bw) habe dadurch "§ 84 Abs.1 Z.1 Sicherheitspolizeigesetz-SPG, BGBl.566/1991 i.d.g.F. i.V.m. § 1 und § 3 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27.3.1996, Sich01-556-1995" übertreten, weshalb er "gemäß § 84 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. 566/1991 i.d.g.F." zu bestrafen gewesen sei â€" und zwar mit einer Geldstrafe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden).

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.

Der Bw brachte in der Berufung im wesentlichen vor (wörtliche und auszugsweise Wiedergabe):

Die Behörde hat lediglich die Meldungsleger einvernommen, nicht aber die Zeugen seitens der Traunschützer. Ob tatsächlich Franz W bis zu den Hüften im Wasser stand, hätte dessen Einvernahme ergeben. Eine ergänzende Befragung der Inspektoren Hirner und Berger hätte wohl gereicht, gaben doch beide an, daß sich auf der Lambacher Seite in der Traun eine Person im Wasser befand. Die ergänzende Befragung der Gendarmeriebeamten wäre deshalb auch sinnvoll gewesen, um sie zur Mitnahme eines Seiles zur Bergung des W zu befragen.

Zum Beweis dafür, daß das Eindringen in das Sperrgebiet zur Sicherung und Bergung des in die Traun geratenen Aktivisten diene, beantrage ich die zeugenschaftliche Einvernahme des Franz S, Florian M und Richard M, deren ladungsfähige Adressen sich im Akt befinden.

Das Straferkenntnis basiert auf einer gesetzwidrigen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land. Nur wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, es werde an einem bestimmten Ort eine allgemeine Gefahr für Leben oder Gesundheit mehrer Menschen oder für Eigentum oder Umwelt in großem Ausmaß entstehen, hat die Sicherheitsbehörde das Betreten des Gefahrenbereiches und den Aufenthalt in ihm mit Verordnung zu verbieten.

Die Behörde ging von einem monatlichen Nettoeinkommen von S 12.000,-- aus. Tatsächlich bin ich beschäftigungslos und ist die Strafhöhe deshalb unverhältnismäßig hoch. Im Hinblick auf die Rettungsaktion war das Verschulden gering und die Folgen unbedeutend. Ein Vorgehen gem. § 21 VStG wäre daher angezeigt gewesen.

Es wird daher beantragt,

der Unabhängige Verwaltungssenat möge der Berufung Folge geben und das Straferkenntnis zur Gänze aufheben,

in eventu die Strafe in eine Ermahnung umwandeln oder auf ein Minimum beschränken.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 15. Jänner 1998, Zl. Sich96-3001-1996-WIM/MR, Einsicht genommen und am 12. März 1999 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27. März 1996, Zl. Sich01-556-115-P/ZE, die am 28. März 1996 in der Zeit von 16.25 bis 16.30 Uhr in Kraft war, wurde im Hinblick auf den Bereich des Baugeländes der OKA in der Marktgemeinde 4651 Stadl-Paura ein Platzverbot (§ 36 Abs.1 und Abs.3 Sicherheitspolizeigesetz) erlassen.

Am 28. März 1996 in der Zeit von 16.25 bis 16.30 Uhr befanden sich die 4 Personen Florian M, Richard M, Franz S und der Bw auf dem Grundstück Nr. 67/2, in der Marktgemeinde 4651 Stadl-Paura in dem Bereich, im Hinblick auf den das oa Platzverbot erlassen wurde. Franz W versuchte zur oa Zeit im Bereich des Ufers der Traun auf der "Lambacher-Seite" und in der Traun Baggerarbeiten zu behindern. Franz W ist bis maximal zum Bereich des Bauches im Wasser der Traun gewesen. Die 4 oa Personen hatten ein Seil mit sich zu dem Zweck, daß sie mit dem Seil dem Franz W - falls er in Gefahr geraten würde - helfen könnten. Es waren im gegenständlichen Zusammenhang mehrere Gendarmeriebedienstete im Bereich des Ufers der "Lambacher-Seite" der Traun anwesend, die einen Retterschein bzw einen Helferschein hatten.

4. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde durch den Oö. Verwaltungssenat vor dem Hintergrund der Ausführungen, die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat gemacht worden sind, als erwiesen angenommen.

Für den Oö. Verwaltungssenat liegen keine Bedenken im Hinblick auf die Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27. März 1996, Zl. Sich01-556-1995-P/ZE, vor.

Der objektive Tatbestand des § 84 Abs.1 Z1 Sicherheitspolizeigesetz iVm § 1 und § 3 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 27. März 1996, Zl. Sich01-556-1995-P/ZE, wurde im gegenständlichen Zusammenhang verwirklicht.

Das Vorliegen eines Notstands (§ 6 VStG) wird verneint. Bei dieser Beurteilung wurde berücksichtigt:

Der Bereich, im Hinblick auf den ein Platzverbot verhängt wurde, wurde durch den Bw (und die drei anderen Personen) (bereits) zu einer Zeit betreten, zu der Franz W nicht in einer Gefahr gewesen ist.

Es sind im gegenständlichen Zusammenhang mehrere Gendarmeriebedienstete, von denen einige einen Retterschein bzw einen Helferschein gehabt haben, anwesend gewesen. Wenn Franz W in Gefahr geraten wäre, hätte eine Hilfeleistung durch diese Personen erfolgen können. Selbst wenn davon ausgegangen wird, daß im gegenständlichen Zusammenhang eine Gefahr für Franz W vorgelegen ist, so wird festgehalten, daß sich Franz W vorsätzlich in eine derartige Situation begeben hat.

Der VwGH hat in mehreren Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht, daß eine selbstverschuldete Zwangslage nicht einen Notstand begründen kann.

Ein Schuldausschließungsgrund oder ein Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor. Das Verschulden des Bw wird als Vorsatz qualifiziert. Die Schuld des Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG. Die Schuld ist nämlich nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 12. September 1986, Zl. 86/18/0059, VwGH vom 20. Oktober 1987, Zl. 87/04/0070 uva Erkenntnisse). Da die Schuld nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 erster Satz VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

Zur Strafbemessung:

Mildernd wurde die Unbescholtenheit des Bw gewertet (§ 34 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG). Ein weiterer Milderungsgrund ist nicht zutage getreten. Ein Erschwerungsgrund ist nicht zutage getreten. Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wurde von folgenden Grundlagen ausgegangen: kein Einkommen, kein Vermögen und keine Sorgepflichten. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß ein spezialpräventives Erfordernis nicht vorliegt, des Aspektes der Generalprävention und des Ausmaßes des Verschuldens wird eine Geldstrafe in der Höhe von 700 S als angemessen beurteilt. Die Geldstrafe wurde deshalb herabgesetzt, weil der Oö. Verwaltungssenat im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse des Bw von einer anderen Grundlage ausgegangen ist als die belangte Behörde. Um der Verhältnismäßigkeit zwischen der verhängten Geldstrafe und der angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe zu entsprechen war auch die angedrohte Ersatzfreiheitsstrafe neu festzusetzen.

Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen und ihr hinsichtlich der Strafe teilweise Folge zu geben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 70 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Keinberger

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