Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240395/2/Gf/Km

Linz, 20.04.2001

VwSen-240395/2/Gf/Km Linz, am 20. April 2001 DVR.0690392

 
 
 
 
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der S A, vertreten durch RA Dr. G G u.a., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 1. März 2001, Zl. SanLA-53/00, wegen zweier Übertretungen des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:
 
 
I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
 
II. Die Berufungswerberin hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.
 
Rechtsgrundlage:
§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.
 
 
 
 
Entscheidungsgründe:
 
 
1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 1. März 2001, Zl. SanLA-53/00, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil sie am 16. Mai 2000 in S Knuspermüsli in Verkehr gebracht habe, ohne dass auf der Verpackung der Brennwert und der Gehalt an Eiweiß, Kohlehydraten, Fett und gesättigten Fettsäuren angegeben, andererseits aber der Hinweis "mind. 90% L (+) = rechtsdrehende Milchsäure" angebracht gewesen sei; dadurch habe sie eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 1 lit. a und des § 5 Abs. 1 Z. 1 lit. b der Nährwertkennzeichnungsverordnung, BGBl.Nr. 896/1995 (im Folgenden: NWKV), begangen, weshalb sie gemäß § 74 Abs. 5 Z. 2 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 372/1998 (im Folgenden: LMG), zu bestrafen gewesen sei.
 
1.2. Gegen dieses ihr am 6. März 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. März 2001 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.
 
2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der der Rechtsmittelwerberin angelastete Sachverhalt im Rahmen einer von einem Organ der Lebensmittelaufsicht durchgeführten Kontrolle sowie durch ein Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz festgestellt worden und sohin als erwiesen anzusehen sei.
 
Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin als mildernd zu werten gewesen, während erschwerende Umstände nicht hervorgekommen seien.
 
2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin unter Hinweis auf die Rechtslage in der BRD vor, dass der auf der Verpackung enthaltene Hinweis auf "rechtsdrehende Milchsäure" - weil für den Nährwert oder Brennwert völlig unerheblich - nicht als eine nährwertbezogene Angabe zu qualifizieren sei. In diesem Sinne müsse auch die NMKV - der Vorgabe der Nährwertkennzeichnungsrichtlinie 90/496/EWG entsprechend - harmonisch ausgelegt werden.
 
Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
 
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates Steyr zu Zl. SanLA-53/00; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
 
 
4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
 
 
4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 2 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der den Bestimmungen einer auf Grund des § 19 Abs. 1 LMG erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.
 
Nach § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 und § 5 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b der auf der letztzitierten Bestimmung fußenden NWKV muss beim Inverkehrbringen von verpackten Lebensmitteln der Brennwert und der Gehalt an Eiweiß, Kohlehydraten und Fett angegeben werden.
 
4.2. Im gegenständlichen Fall wird der Rechtsmittelwerberin im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses einerseits angelastet, dass die verfahrensgegenständlichen Lebensmittel "nicht mit nachfolgenden Nährwertkennzeichnungen gekennzeichnet war(en): 1. Angabe des Brennwertes, 2. Angabe des Gehaltes an Eiweiß, Kohlehydraten, Fett, und ungesättigten Fettsäuren." Andererseits wird der Beschwerdeführerin vorgeworfen, dass die Lebensmittel mit der Aufschrift "mind. 90% L (+) = rechtsdrehende Milchsäure" in Verkehr gebracht wurden, obwohl Milchsäure in der NWKV nicht als Nährstoff genannt ist und auch keinen Bestandteil der in § 5 Abs. 1 Z. 1 NWKV genannten Nährstoffgruppen bildet; daher stelle sich dies als eine unzulässige Angabe "und somit eine Übertretung der Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes und der Nährwertkennzeichnungsverordnung dar."
 
Im Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 20. September 2000, Zl. 2793/2000, wird (nur) festgestellt, dass die Bezeichnung "mind. 90% L (+) = rechtsdrehende Milchsäure" eine unzulässige Angabe i.S.d. § 4 der NWKV darstellt; demgegenüber wurde die Bestrafung explizit auf "§ 5 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a)" bzw. auf "§ 5 Abs. 1 Ziff. 1 lit. b)", nicht aber auf § 4 NWKV (oder § 8 lit. f i.V.m. § 74 Abs. 1 LMG) gestützt (wobei zudem unzulässigerweise für beide angelasteten Delikte eine Gesamtstrafe verhängt wurde).
 
Im Ergebnis ist somit nicht nachvollziehbar, ob seitens der belangten Behörde die Bestrafung der Rechtsmittelwerberin wegen einer falschen Bezeichnung der Lebensmittel oder deshalb, weil bestimmte - notwendige - Kennzeichnungselemente nicht angegeben waren, erfolgen sollte.
 
4.3. Nach § 44a Z. 1 und 2 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat sowie die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten.
 
Vor dem zuvor aufgezeigten Hintergrund wird das hier angefochtene, in sich widersprüchliche Straferkenntnis diesem von der Vorstellung, einem Beschuldigten eine zweckentsprechende Rechtsverteidigung zu ermöglichen sowie dessen allfällige Doppelbestrafung wirksam zu verhindern, getragenen Erfordernis jedoch offensichtlich nicht gerecht.
 
Der gegenständlichen Berufung war sohin schon aus diesem Grunde gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben. Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens hatte jedoch im Hinblick auf die nach § 74 Abs. 7 LMG noch offene Verfolgungsverjährungsfrist nicht zu erfolgen.
 
5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin in analoger Anwendung des § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
Dr. G r o f

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