Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240396/2/Gf/Km

Linz, 21.04.2001

VwSen-240396/2/Gf/Km Linz, am 21. April 2001

DVR.0690392
 
 
 
 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der S A, vertreten durch RA Dr. G G u.a., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 1. März 2001, Zl. SanLA-55/00, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:
 
I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
 
II. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zum Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 1.000 S (entspricht  72,67 Euro) zu leisten.
 
Rechtsgrundlage:
§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.
 
 
 
 
Entscheidungsgründe:
 
 
1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 1. März 2001, Zl. SanLA-55/00, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt, weil sie am 16. Mai 2000 in S falsch bezeichnetes Trinkjoghurt in Verkehr gebracht habe; dadurch habe sie eine Übertretung des § 7 Abs. 1 lit. c i.V.m. den §§ 8 lit. f und 74 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 105/2000 (im Folgenden: LMG), begangen, weshalb sie nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.
 
1.2. Gegen dieses ihr am 6. März 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 19. März 2001 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.
 
2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der der Rechtsmittelwerberin angelastete Sachverhalt im Rahmen einer von einem Organ der Lebensmittelaufsicht durchgeführten Kontrolle sowie durch ein Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz festgestellt worden und sohin als erwiesen anzusehen sei.
 
Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin als mildernd zu werten gewesen, während erschwerende Umstände nicht hervorgekommen seien.
 
2.2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf Art. 18 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/13/EG vor, dass ihr im angefochtenen Straferkenntnis gar nicht vorgeworfen worden sei, dass die Angaben auf der Verpackung unrichtig wären bzw. insgesamt dieser Richtlinie nicht entsprechen würden. Demgegenüber verstoße aber § 9 Abs. 3 LMG gegen Art. 18 Abs. 1 dieser innerstaatlich unmittelbar anwendbaren Richtlinie, sodass ihre Bestrafung letztlich auf einer gemeinschaftswidrigen Rechtsgrundlage basiere.
 
Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
 
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates Steyr zu Zl. SanLA-54/00; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 und 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.
 
 
4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
 
 
4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt.
 
Nach § 8 lit. f LMG gelten Lebensmittel u.a. dann als falsch bezeichnet, wenn sie mit verbotenen, nämlich nicht zuvor durch Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen (§ 9 Abs. 3 LMG) zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben in Verkehr gebracht werden.
 
In diesem Sinne ist es gemäß § 9 Abs. 1 LMG u.a. verboten, sich bei der Bezeichnung des Lebensmittels auf gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck derartiger Wirkungen zu erwecken.
 
4.2. Im gegenständlichen Fall ist allein die Rechtsfrage strittig, ob die eine antizipative bescheidmäßige Zulassung normierende Bestimmung des § 9 Abs. 3 LMG mit Art. 18 der RL 2000/13/EG vereinbar ist bzw. welche Norm im Konfliktfall vorgeht.
 
4.2.1. Nach Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung dafür, ABl. L vom 6.5.2000, S. 29 bis 42 (im Folgenden: EtikettierungsRL), dürfen die Mitgliedstaaten den Verkehr mit Lebensmitteln, die den Vorschriften dieser Richtlinie entsprechen, nicht durch die Anwendung nichtharmonisierter einzelstaatlicher Vorschriften verbieten, die die Etikettierung und Aufmachung einzelner Lebensmittel oder der Lebensmittel im allgemeinen regeln; gemäß Art. 18 Abs. 2 EtikettierungsRL gilt dies jedoch u.a. nicht für nichtharmonisierte einzelstaatliche Vorschriften, die zum Schutz der Gesundheit oder vor Täuschung gerechtfertigt sind, sofern diese nicht bewirken, dass die Anwendung der in dieser RL vorgesehenen Definitionen und Bestimmungen beeinträchtigt wird.
 
Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b EtikettierungsRL darf die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, einem Lebensmittel nicht die Eigenschaft der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck einer derartigen Eigenschaft entstehen lassen.
 
4.2.2. Wenn nun § 9 Abs.1 LMG - soweit diese Bestimmung für den gegenständlichen Fall maßgeblich ist - verbietet, sich bei der Bezeichnung des Lebensmittels auf gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck derartiger Wirkungen zu erwecken, so ist gerade mit Blick auf die letztzitierte Vorschrift (Art. 2 Abs. 1 lit. b EtikettierungsRL) nicht ersichtlich, inwiefern diese Norm mit EU-rechtlichen Vorgaben in Konflikt geraten könnte. Es ist nämlich bei sonstiger inhaltlicher Identität offenkundig lediglich eine Frage der Formulierung, ob ein und dasselbe Anliegen verbal positiv ("gesunderhaltende Wirkung") oder negativ ("Heilung einer menschlichen Krankheit") ausgedrückt wird, sodass aus der Sicht des vorliegenden Falles in Art. 2 Abs. 1 lit. b EtikettierungsRL einerseits und § 9 Abs. 1 LMG andererseits ohnehin Inhaltsgleiches geregelt wird.
 
Dazu kommt, dass § 9 Abs. 3 LMG zudem vorsieht, dass dem Unternehmer ein subjektiv-öffentlicher Rechtsanspruch auf Zulassung gesundheitsbezogener Angaben auf dem Etikett zukommt, wenn dies mit dem Schutz der Verbraucher vor Täuschung vereinbar ist (vgl. in diesem Sinne auch den Beschluss des VwGH vom 18. Dezember 2000, Zl. 99/10/0260 [= EU 2001/0001]).
 
4.3. Von der dargelegten Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlage im Hinblick auf EU-rechtliche Vorschriften ausgehend kann es aber keinem Zweifel unterliegen, dass es sich bei den der Rechtsmittelwerberin angelasteten - und von ihr auch unbestrittenen - Angaben ("unterstützt die natürliche Darmflora positiv", "aktiviert den Stoffwechsel und die Abwehrkräfte", "regt die Darmtätigkeit an") um solche handelt, die den Eindruck einer gesunderhaltenden Wirkung i.S.d. § 9 Abs. 1 lit. a LMG erwecken sollen. Da die Beschwerdeführerin jedoch - was von ihr selbst gar nicht in Abrede gestellt wird - nicht über eine Zulassung gemäß § 9 Abs. 3 LMG verfügt, liegt sohin im Ergebnis eine verbotene Falschbezeichnung nach § 74 Abs. 1 i.V.m. § 8 lit. f LMG vor. Sie hat daher tatbestandsmäßig i.S.d. Tatvorwurfes und - da es ihr bei der gebotenen Anlegung des objektiven Sorgfaltsmaßstabes eines sorgfältigen Unternehmers oblegen wäre, sich zeitgerecht um die Erteilung der erforderlichen Zulassung zu bemühen - zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.
 
4.4. Im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat haben sich weiters keine Hinweise darauf ergeben, dass die belangte Behörde im Zuge der Strafbemessung das ihr zukommende Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt hätte, zumal sie ohnehin bloß eine im untersten Zweihundertstel des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen zu verhängen gefunden hat; diesbezüglich hat auch die Beschwerdeführerin selbst keine Einwände vorgebracht.
 
4.5. Aus allen diesen Gründen war daher die gegenständliche Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.
 
5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Strafe, d.s. 1.000 S, vorzuschreiben.
 
 
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
Dr. G r o f
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum