Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240416/2/Gf/Km

Linz, 18.11.2001

VwSen-240416/2/Gf/Km Linz, am 18. November 2001 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des H H, vertreten durch die RAe Dr. J H und Dr. T H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8. Oktober 2001, Zl. SanRB96-100-2000, wegen einer Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8. Oktober 2001, Zl. SanRB96-100-2000, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH am 25. Juli 2000 im Hinblick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum falsch bezeichnete Lebensmittel durch Verkauf in Verkehr gebracht habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 129/2000 (im Folgenden: LMG), begangen, weshalb er zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 12. Oktober 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 25. Oktober 2001 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt auf Grund eines entsprechenden Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien zwei einschlägige Vorstrafen als erschwerend zu beurteilen gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass aus dem Gutachten nicht hervorgehe, ob der nach Beendigung des Lagerversuches festgestellte Keimgehalt zu hoch und damit ein zuverlässiger Indikator für eine allfällige Verdorbenheit gewesen sei. Außerdem sei von einem Privatgutachter die Unbedenklichkeit der Gegenprobe und damit auch der Kennzeichnung festgestellt worden. Schließlich sei nunmehr im gesamten EU-Raum auf Grund des technischen Fortschritts für Waren der gegenständlichen Art eine Aufbrauchsfrist von 7 Tagen - anstelle von 3 Tagen, wie sie in Österreich vom Ständigen Hygieneausschuss für frisches Fleisch empfohlen wird - verkehrsüblich.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zl. SanRB96-100-2000; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt.

Nach § 8 lit. f LMG sind Lebensmittel u.a. dann falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung über ihre Haltbarkeitsdauer geeigneten Angaben versehen sind.

4.2. Im gegenständlichen Fall wurde durch das Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 17. August 2000, Zl. 4345/2000, festgestellt, dass die am 25. Juli 2000 entnommene Probe am 1. August 2000 (letzter Tag der Mindesthaltbarkeitsfrist) einen säuerlichen Geruch und Geschmack sowie einen hohen Keimgehalt aufwies, "wodurch die bestimmungsgemäße Verwendung ausgeschlossen" gewesen sei (S. 2).

Demgegenüber ergibt sich aus dem Privatgutachten des gem. § 50 LMG staatlich autorisierten Lebensmittelgutachters Dr. Wolfgang Steyrer vom 4. August 2000, Zl. HO-G-00/053, dass die unter einem gezogene Gegenprobe "keinen Anlass zu einer Beanstandung im Sinne der Regelungen des Österreichischen Lebensmittelbuches" bot, sondern vielmehr "als in Österreich verkehrsfähig beurteilt werden" konnte.

Im Ergebnis liegen sonach zwei einander widersprechende Sachverständigengutachten vor (, die sich allerdings nicht auf ein und dieselbe Ware, sondern gemäß § 39 Abs. 3 LMG lediglich auf "augenscheinlich gleiche Wareneinheiten" beziehen). Da im LMG keine besondere Beweisregeln - sohin auch nicht für die gegenständliche Fallkonstellation - bestehen, gelten hiefür die allgemeinen Grundsätze der freien Beweiswürdigung (vgl. z.B. VwGH v. 19. März 1992, 91/09/0007; s.a. W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1996, 376, m.w.N.).

Wenn aber beide Gutachten jeweils in gleicher Weise nachvollziehbar zu einem unterschiedlichen Ergebnis kommen, für sich besehen also jeweils schlüssig sind, so kann daraus insgesamt nur gefolgert werden, dass die Probenziehung nicht repräsentativ war.

Damit kann aber der - von der Strafbehörde zu führende - Nachweis eines tatbestandsmäßigen Verhaltens des Beschwerdeführers offenkundig nicht (wie mit dem bekämpften Straferkenntnis angelastet) für den Gesamtinhalt (= 32 Packungen) der "2 Kartons" (sondern allenfalls nur für jene beiden Packungen aus diesen beiden Kartons, die von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz begutachtet wurden) als erbracht angesehen werden. Vielmehr ist - bezogen auf den Tatvorwurf - insgesamt betrachtet gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK im Zweifel zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers von dessen Unschuld auszugehen.

4.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. G r o f

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