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des Landes Oberösterreich
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VwSen-250737/35/Lg/Bk

Linz, 24.09.1999

VwSen-250737/35/Lg/Bk Linz, am 24. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Fragner) nach den am 13. Juli 1999 und am 22. September 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen über die Berufung der Frau Anna D, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30.9.1998, Zl. 101-6/3-33-51654, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) fünf Geldstrafen in Höhe von je 20.000 S und fünf Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je zwei Tagen verhängt, weil sie es als persönlich haftende Gesellschafterin der D W & D OEG mit dem Sitz in Linz, zu verantworten habe, daß von diesem Unternehmen im Lokal "Cafe N", 4020 Linz, am 8.10.1996 folgende Ausländerinnen beschäftigt worden seien, ohne daß die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien: Anita S K, Anita K, Melinda C, Brigitta B, Szilvia B.

In der Begründung wird Bezug genommen auf die Anzeige der BPD Linz vom 12.10.1996, die Stellungnahme der Bw vom 3.2.1997, eine weitere Stellungnahme der Bw vom 28.9.1998. Die Verurteilung stützt sich im wesentlichen auf die Feststellung in der Anzeige, wonach die Ausländerinnen prozentuell am Getränkeumsatz beteiligt gewesen seien. Der von der Bw ins Treffen geführte Erlaß des BfAS sei nicht einschlägig, da die Tätigkeit nicht von einer in Österreich berechtigten Agentur vermittelt worden sei.

2. In der Berufung wird vorgebracht, die Feststellungen der Anzeige seien unzutreffend. Die Befragung der Ausländerinnen sei unter zweifelhaften Umständen erfolgt (Fehlen eines Dolmetsch). Die Ausländerinnen hätten von der D OEG kein Geld erhalten. Geld hätten die Ausländerinnen ausschließlich von Gästen erhalten. Die Ausländerinnen hätten völlig frei und weisungsungebunden (eigene Musikwahl und Gestaltung der Darbietung) als Showtanzkünstlerinnen agiert. Außerdem hätten sie über Tanzdiplome verfügt. Überdies würden sie aus "bewilligungsfreien Drittländern" stammen.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

3.1. Laut Anzeige vom 12.10.1996 sei von Polizeibeamten am 8.10.1996 um 21.45 Uhr dienstlich wahrgenommen worden, daß die fünf Ausländerinnen im Cafe N anwesend waren. Während ein Mädchen tanzte, seien die restlichen Mädchen bei den Gästen an den Tischen gesessen. Die Mädchen seien in einem Animierlokal spärlich bekleidet gewesen. Im Lokal hätten sich drei Gäste befunden.

Übertretungen nach dem Fremdengesetz hätten nicht festgestellt werden können; die Ausländerinnen seien in Linz, wohnhaft und polizeilich gemeldet gewesen.

Hinsichtlich ihres Aufenthalts befragt, hätten die Ausländerinnen übereinstimmend angegeben, daß sie die Bühne, wo sie ihre Tanzdarbietungen vorführen, auf die Dauer von 30 Tagen zu einem Preis von 1.000 S vom Lokalbetreiber gemietet hätten. Für ihre Darbietungen würden sie kein Entgelt erhalten. Sie seien lediglich prozentuell am Getränkeumsatz beteiligt. Gelegentlich würden sie für ihre Tanzdarbietungen kleinere Geldbeträge von den Gästen erhalten. Einen entsprechenden Bühnenvertrag hätten die Mädchen nicht vorweisen können.

Der herbeigeeilte Manfred W, Lokalinhaber, habe angegeben, der Meinung zu sein, daß diese Mädchen für ihre selbständige Arbeit keine Beschäftigungsbewilligungen benötigen würden. Nach einer Belehrung durch die genannten Organe hätte W sich einsichtig gezeigt und zugegeben, eine Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG begangen zu haben. Er habe angegeben, sich zukünftig um die erforderlichen Bewilligungen zu bemühen.

Dieser Anzeige liegen keine von den Ausländerinnen bzw Herrn W unterschriebenen Niederschriften zugrunde.

3.2. In der Stellungnahme vom 3.2.1997 führt Manfred W aus, er sei nicht Lokalbetreiber. Es sei unrichtig, daß die Mädchen die Bühne gepachtet hätten. Daher habe auch kein Bühnenvertrag vorgelegt werden können. Es sei auch nicht danach gefragt worden. An das Mietverhältnis hätten die Beamten nur geglaubt, weil ein solches Verhältnis bei der letzten Kontrolle im Juni 1996 vorgelegen sei. Damals hätten die Mädchen die Bühne mit Mietvertrag gemietet gehabt.

Die hier ggstl. Ausländerinnen hätten von der D OEG kein Geld erhalten. Die Mädchen hätten nur von den Gästen Geld erhalten und zwar Noten im Wert zwischen 20 S und 1.000 S. Diese Geldscheine seien den Mädchen zugesteckt worden, wenn sie sich tanzend auf die Gäste zubewegt hätten. Dies seien Geschenke der Gäste gewesen, welche aus Alkohollaune heraus gegeben worden seien.

Überdies habe es sich bei den Ausländerinnen um Künstlerinnen gehandelt. Als Volontäre hätten sie keiner Beschäftigungsbewilligung bedurft.

Für zwei Mädchen werden "Tanzdiplome" vorgelegt. Diese Diplome haben folgenden Inhalt: "Zeugnis: Als kompetenter, internationaler Wertungsrichter und Tanzpädagoge bestätige ich amtlich daß ... nach dem einjährigen Modetanz- und Modeballettkurs des Tanzstudios "H-G" vor dem Prüfungsausschuß eine erfolgreiche Prüfung bestanden hat. Bewertung: Kategorie "C". Dieses Zeugnis berechtigt aufgrund der Anordnung Nr. 17/1990 (XII.18) - (Ministerium für Unterricht und Kultur) in § 18 den Befugten zur Teilnahme an Bühnenauftritten und internationalen Wettbewerben, zum Auftritt in Solo oder in Ensemble oder auf einer Bühne ..." (unterzeichnet vom Studioleiter/Tanzpädagoge).

3.3. Dem Akt liegt ferner der Erlaß des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 12.8.1998, Zl. 34.500/48-A/98 bei.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter der Bw vor, die Vermittlung der Mädchen sei über eine österreichische Agentur erfolgt (Firma M/I). Die Getränkeumsatzbeteiligung der Mädchen sei mit dieser Agentur abgerechnet worden. Näheres über den Inhalt des Vertrages der D OEG mit dieser Agentur konnte Herr W nicht sagen. Er sei mit vielen Agenturen in Kontakt, durch sein Lokal seien "tausend Mädchen gegangen". Ob er hinsichtlich dieser Agentur noch über schriftliche Unterlagen verfüge, wisse er nicht; das müsse er gegebenenfalls prüfen. Möglicherweise würden sich in seinen Unterlagen aber Adressen der Ausländerinnen finden, welche über den Agenturvertrag einzuvernehmen wären.

BI Hofer sagte aus, es habe sich damals um eine fremdenpolizeiliche Kontrolle gehandelt. Eine eigentliche Einvernahme der Ausländerinnen habe es nicht gegeben. Von den vier Kontrollorganen habe in erster Linie er selbst und zwar anläßlich der Paßkontrolle mit allen Ausländerinnen gemeinsam in einem Nebenraum gesprochen. Die Ungarinnen hätten "nicht viel Deutsch gekonnt", aber doch verständlich Auskunft gegeben. Die Frage, ob er Mißverständnisse ausschließen könne, beantwortete er nur hinsichtlich des Aufenthalts und der paßrechtlichen Situation positiv. Von einer Getränkeumsatzbeteiligung sei gesprochen worden, an näheres könne sich der Zeuge aber nicht mehr erinnern. In anderem Zusammenhang meinte der Zeuge jedoch, die Ausländerinnen hätten das ihnen von der Getränkeumsatzbeteiligung her zustehende Geld vom "Chef", als welcher Herr W bezeichnet worden sei, bekommen. Andererseits argumentierte der Zeuge, die "Chefrolle" des Herrn W sei dem Kontrollorganen von vornherein klar gewesen. Davon abweichend sagte der Zeuge aus, die Ausländerinnen hätten bestritten, Geld (gemeint: von einer dem Lokal zuzurechnenden Person) zu bekommen; vielmehr hätten sie lediglich von Gästen Geld erhalten. Der Zeuge wollte überdies nicht ausschließen, daß er bezüglich der Getränkeumsatzbeteiligung nur eine Ausländerin befragt und unter Umständen von deren Antwort auf die übrigen Ausländerinnen rückgeschlossen habe. Hinsichtlich des Rechtstitels ihres Aufenthalts an der Meldeadresse (Wohnungsmiete?) seien die Ausländerinnen nicht befragt worden. Der Zeuge glaubte auch, sich erinnern zu können, daß die Ungarinnen von einem Agenturvertrag sprachen, welcher aber nicht beigebracht werden habe können. Über eventuelle Entlohnungsmodalitäten im Zusammenhang mit dem Agenturvertrag sei nicht gesprochen worden, da die Ungarinnen mangels ausreichender Sprachkenntnisse nicht in der Lage gewesen wären, zu so diffizilen Fragen Stellung zu nehmen. Auch über den Betriebsablauf (Anwesenheitspflichten, Weisungsverhältnisse und dgl.) sei nicht gesprochen worden.

Der Zeuge AI Kastler konnte sich zwar daran erinnern, daß er gemeinsam mit seinem Kollegen Hofer mehrere fremdenrechtliche Kontrollen auch im gegenständlichen Lokal vorgenommen habe. Auch könne er sich daran erinnern, daß er anläßlich dessen mit den Ausländerinnen gesprochen habe. Die Zeugen AI Brandstetter und Insp. Pointinger vermochten sich ebenfalls nur noch daran zu erinnern, daß die Amtshandlung von den Kollegen Hofer und Kastler geführt wurde. Die Befragung dieser Zeugen war nicht ergiebiger, als jene des Zeugen Kastler.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

In rechtlicher Hinsicht ist für die Frage, ob die Ungarinnen, wie vorgeworfen, in einem Beschäftigungsverhältnis zur D OEG standen, entscheidend, ob mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann, daß sie von dieser entlohnt wurden. Dies ist nicht der Fall.

Eine Entlohnung kommt noch nach der Lage des Falles allenfalls in Form einer Getränkeumsatzbeteiligung in Betracht. Diesbezüglich liegt nur eine vier Tage nach der Kontrolle (und daher offensichtlich aus dem Gedächtnis) verfaßte Anzeige vor, welche sich nicht auf eine Niederschrift mit den Ausländerinnen stützen kann. Die Erinnerung der Kontrollorgane an die damalige Kontrolle war zum Zeitpunkt der öffentlichen mündlichen Verhandlung nur noch mehr oder weniger lückenhaft vorhanden. Überdies wurde von den Kontrollorganen bestätigt, daß die Gesprächssituation durch Sprachschwierigkeiten gekennzeichnet war. Weder aus dem Akt noch aus den Zeugenaussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist rekonstruierbar, von welcher Ausländerin (welchen Ausländerinnen) die Information über eine Getränkeumsatzbeteiligung stammte. Ungewiß bleibt ferner, ob die gegenständliche(n) Informantin (Informantinnen) die gestellten Fragen (deren Inhalt unbekannt ist) überhaupt verstanden bzw wie sie sich wortlautgemäß dazu äußerte(n). Ferner fällt als mögliche Fehlerquelle ins Gewicht, daß die angeblichen Aussagen der Ausländerin(nen) ein "Nebenprodukt" einer fremdenrechtlichen Kontrolle waren und damals von den beteiligten Kontrollorganen viele solcher Kontrollen in verschiedenen Lokalen durchgeführt wurden. Überdies zeigte sich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, daß mitunter nicht klar danach unterschieden wurde, welche Informationen von der (den) Ausländerin(nen) stammte und was als ohnehin bekannt Eingang in die Tage später verfaßte Anzeige fand. Dazu kommt, daß die Zeugenaussage des sich noch am besten erinnern könnenden BI Hofer nicht frei von Widersprüchen bzw Ungereimtheiten ist (etwa hinsichtlich des Verhältnisses der Entlohnung der Ausländerinnen in Form einer Getränkeumsatzbeteiligung zu dem vom Zeugen angesprochenen Agenturvertrag). Selbst dieser Zeuge räumte schlüssig ein, daß es im hier interessierenden Fragenbereich aufgrund von Sprachschwierigkeiten zu Mißverständnissen gekommen sein konnte, ja sogar, daß über so diffizile Fragen wie die der Anwesenheit der Ausländerinnen zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse wegen mangelnder Sprachkenntnisse der Ausländerinnen nicht geredet werden konnte. Unter diesen Umständen kann nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit von einer Getränkeumsatzbeteiligung ausgegangen werden.

Dem Plädoyer des Vertreters des AI am Schluß der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist einzuräumen, daß, rückblickend auch auf andere Verfahren, der Eindruck nicht von der Hand zu weisen ist, daß Herr W (welcher stets anstelle der de iure verantwortlichen Bw auftritt) Situationen gerne so darstellt, wie sie ihm nach der jeweils aktuellen Lage seines rechtlichen Informationsstandes (auf welchen am Schluß des hier gegenständlichen Verfahrens offenbar der Erlaß des Sozialministers inspirierend wirkte) gerade günstig erscheinen. Auch im gegenständlichen Verfahren ist die Verantwortung überaus schillernd. Dazu kommt, daß die öffentliche mündliche Verhandlung wegen plötzlich auftretender, ebenfalls recht variantenreicher Gebrechen des Körpers oder des Fahrzeugs Ws, die dem unabhängigen Verwaltungssenat immer kurz vor Verhandlungsbeginn mitgeteilt wurden, mehrfach vertagt wurde, wobei die "Agenturvertragsvariante" erst knapp vor der Strafbarkeitsverjährungsfrist angeboten wurde und zwar in einer so diffusen Form, daß die Aufnahme der vom Vertreter der Bw beantragten Beweise innerhalb der Verjährungsfrist nicht mehr möglich gewesen wäre. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch das immer wieder vorgebrachte (und schon nach der Sachlogik offensichtlich verfehlte) Argument des Herrn W, es sei ihm verwehrt gewesen, Beweise anzubieten, weil er nicht nach den faktischen Implikationen seiner nach Bedarf wechselnden Behauptungen gefragt worden sei. Daß all dies kein günstiges Licht auf die Glaubwürdigkeit des Herrn W wirft, liegt auf der Hand, ändert aber nichts daran, daß die für die Annahme einer Beschäftigung wesentliche Entlohnung der Ausländerinnen durch die D OEG nicht mit der nötigen Sicherheit nachgewiesen werden konnte.

Es war daher das Strafverfahren - weil die Tat nicht erwiesen ist - einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. K l e m p t

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