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VwSen-250815/20/Lg/Bk

Linz, 05.12.2000

VwSen-250815/20/Lg/Bk Linz, am 5. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Fragner) nach der am 7. November 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der J gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 1. Juli 1999, Zl. SV96-13-1999-E/Bm, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, zu Recht erkannt:

I. Das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich der Ausländerin KURUCOVA (Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses) dem Grunde nach bestätigt und die Berufung insofern abgewiesen. Die Geldstrafe wird jedoch auf 10.000 S (entspricht  726,73 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabgesetzt. Hinsichtlich der beiden übrigen Ausländerinnen (Punkt 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

Als geltende Fassung des AuslBG ist BGBl. I Nr. 78/1997 zu zitieren.

II. Hinsichtlich des Punktes 1. des angefochtenen Straferkenntnisses ermäßigen sich die Kosten des erstbehördlichen Verfahrens auf 1.000 S (entspricht  72,67 Euro). Darüber hinaus sind keine Verfahrenskosten zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 45 Abs.1 Z1 VStG, §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG.

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 65, 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) drei Geldstrafen in Höhe von je 20.000 S bzw drei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 112 Stunden verhängt, weil sie in dem von ihr geführten Nachtclub "V" in 175, am 19.3.1999 die tschechischen Staatangehörigen 1. Z, 2. V und 3. I beschäftigt habe, obwohl für die Ausländerinnen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt wurde.

In der Begründung wird die Rechtfertigung der Bw, die Ausländerinnen nicht beschäftigt zu haben, als unglaubwürdig angesehen, weil K nackt im Varieteeraum und C sowie F im Schlafzimmer des Nachtclubs, somit betriebsfremden Personen nicht zugänglichen Räumen, angetroffen worden sind. Da der Nachtclub kein Beherbergungsbetrieb ist, sei anzunehmen, dass sich die im Schlafzimmer angetroffenen Personen nach der Tanzvorführung im Varieteeraum gerade ihre Bekleidung überzogen.

2. In der Berufung wird behauptet, C und F seien im ersten Stock, also im persönlichen Aufenthaltsbereich bzw dem persönlichen Schlafzimmer der Bw angetroffen worden. Der Zweck des Aufenthalts der Damen sei gewesen, festzustellen, ob sie Lust hatten, zukünftig im Etablissement zu arbeiten; sie hätten jedoch zu diesem Zeitpunkt noch keine Tätigkeiten erbracht. Dies werde auch durch die Angaben der Ausländerinnen gestützt, sie hätten kein Geld von der Bw bekommen.

Die Ausländerin K habe (nicht völlig nackt) vorgetanzt zum Zweck der Feststellung, ob sie für künftige Tätigkeit im Etablissement geeignet sei. Es habe sich sozusagen um ein Vorstellungsgespräch gehandelt. Das Sondieren nach neuen Arbeitskräften sei nach dem AuslBG nicht verboten.

Im Fall einer Anstellung der drei Ausländerinnen hätte die Bw "natürlich entsprechende Veranlassungen getroffen", die es den Ausländerinnen "ermöglicht hätte, einem legalen Erwerb im Bereich der Prostitution in Österreich nachzugehen. Ich hätte die diesbezüglichen Anträge für den Fall einer in Erwägung gezogenen Anstellung natürlich an die dafür zuständige Behörde gestellt."

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige des GP Ansfelden vom 21.3.1999 seien am 19.3.1999 um 22.10 Uhr die drei Ausländerinnen im gegenständlichen Nachtclub angetroffen worden. K habe im Varieteeraum völlig nackt vor einem männlichen Gast getanzt. Die beiden anderen Ausländerinnen seien in einem Schlafzimmer im 1. Stock angetroffen worden, als sie sich gerade die Kleider über die Unterwäsche anzogen. Weiters hätten sich die Bw (in der Küche) und mit ihr J, Trafikant, sowie M, Nationale unbekannt, aufgehalten. Weitere Tänzerinnen bzw Animierdamen seien im Lokal nicht angetroffen worden.

K sei bereits am 3.2.1999 im Nachtclub angetroffen worden und sei diesbezüglich Anzeige erstattet worden. C sei am 25.2.1999 von Insp. H und Insp. K angetroffen worden. Insp. K habe am 20.3.1999 um 12.45 Uhr am GP Ansfelden C anhand des Lichtbildes im Reisepass eindeutig erkannt.

C und F hätte angegeben, im Lokal als Tänzerinnen beschäftigt zu sein. K habe angegeben, dass sie im Lokal nur tanze, aber die Prostitution nicht ausübe.

Später, am GP, hätten die Ausländerinnen angegeben, dass sie am 19.3.1999 gegen 22.00 Uhr in den Nachtclub auf Besuch gekommen seien.

Die Bw habe angegeben, die Ausländerinnen hätten irgendjemanden besuchen wollen. Sie würde diese Damen nicht beschäftigen. K habe getanzt, weil sie gerade Lust dazu gehabt habe.

In der Stellungnahme des AI für den 19. Aufsichtsbezirk vom 19.4.1999 wird auf die Regelung des § 28 Abs.7 AuslBG hingewiesen. In der Stellungnahme der Bw vom 7.5.1999 wird behauptet, dass die Ausländerinnen nicht bei der Arbeit betreten wurden. Soweit eine der Damen im Lokal tanzend angetroffen wurde, sei dies darauf zurückzuführen, dass das Lokal auch für Damen zugänglich ist und sich die in Rede stehende Dame als Gast im Lokal befunden hat. Die Aussagen der Ausländerinnen im fremdenrechtlichen Verfahren seien widersprüchlich und ließen keinen Schluss auf ein Arbeitsverhältnis oder ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis zur Bw zu.

In der Stellungnahme des AI vom 19.5.1999 wird im Wesentlichen argumentiert wie in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses.

In der Stellungnahme der Bw vom 25.6.1999 wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen und abermals festgehalten, dass die polizeilichen Feststellungen den Vorwurf einer Beschäftigung nicht ausreichend stützen würden.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von zwei zeugenschaftlich einvernommenen Gendarmen bestätigt, dass die Ausländerin K nackt im Lokal tanzte. Im Lokal seien ein Kellner und ein Gast anwesend gewesen. Die Bw und Herr H hätten sich in der Küche befunden. Die beiden anderen Frauen seien im ersten Stock (ob im "Wohnbereich" oder im "Arbeitsbereich" sei nicht mehr erinnerlich) in Reizwäsche angetroffen worden; sie hätten sich dann wieder bekleidet. Über die Deutschkenntnisse machten die Zeugen widersprüchliche Angaben. Nach einer Entlohnung sei nicht gefragt worden, das Wort "beschäftigt" hätten die Ausländerinnen nicht verwendet. Dieses Wort sei vielmehr aufgrund von Schlussfolgerungen der Gendarmen verwendet worden und zwar abgeleitet aus den Worten von Ausländerinnen: "nur tanzen, nix ficken". Frau C habe einer der beiden einvernommenen Zeugen bereits früher im Lokal gesehen. Die Bw und H hätten nicht auf einen Vorstellungszweck udgl hingewiesen. Es sei normaler Geschäftsbetrieb gewesen.

Der Zeuge H bestätigte, dass er mit der Bw zum Zeitpunkt der Kontrolle in der Küche gewesen sei. Von der Küche habe man keine gute Sicht zur Tänzerin gehabt. Eine Beobachtung sei nicht notwendig gewesen, da bereits festgestanden sei, dass diese Ausländerin untauglich sei. Die im Lokal Beschäftigten D und J seien noch nicht im Lokal gewesen, weil sie sich an diesem Tag verspätet hätten. Die hier gegenständlichen Ausländerinnen seien nicht bezahlt und es sei ihnen auch keine Entlohnung versprochen worden. Das behauptete Probetanzen sei branchenüblich. Es sei nicht auszuschließen, dass die eine oder andere Ausländerin bereits früher einmal als Gast im Lokal war. Nach der im gegenständlichen Betrieb geübten Praxis sei es so, dass Prostituierte selbständig arbeiten, Tänzerinnen jedoch mit Fixlohn angestellt würden.

Die späte Berufung auf den Vorstellungszweck erklärte der Vertreter der Bw damit, dass die Kanzlei zunächst nur fremdenrechtlich befasst gewesen sei. Die Bw sagte sinngemäß, ihr sei die Kontrolle zu schnell gegangen, um sich richtig artikulieren zu können.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

In erster Linie ist festzuhalten, dass dem angefochtenen Straferkenntnis keine behördlichen Einvernahmen von Zeugen unter Wahrheitspflicht und, wo nötig, unter Beiziehung eines Dolmetsch zugrunde liegen. Vielmehr kann sich das angefochtene Straferkenntnis lediglich auf den äußeren Eindruck, der sich den Organen bei der Lokalkontrolle bot, stützen. Der für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses erforderliche Leistungsaustausch (Arbeitsleistung gegen Entlohnung) ist jedoch aus dem äußeren Eindruck nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit zu erschließen.

Hinsichtlich der Ausländerin K ist allerdings zu beachten, dass das "Vorstellungsargument" unglaubwürdig ist, weil sich die "Prüfer" (die Bw und H) zum Zeitpunkt der "Prüfung" offensichtlich desinteressiert am Tanzen in der Küche befanden. Dass, wie von H geäußert, eine Beobachtung der Ausländerin wegen bereits erfolgter negativer Beurteilung überflüssig war, erscheint nicht lebensnah (weil die Fortsetzung des Tanzes dann sinnlos gewesen wäre) und auch nach dem persönlichen Eindruck, den der Zeuge bei dieser Aussage machte, nicht glaubwürdig. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Ausländerin als Tänzerin unter normalen Bedingungen im Lokal tätig war und ihr Tanz keinen Vorstellungszweck hatte. Dafür spricht ja auch, dass normaler Lokalbetrieb herrschte und ansonsten kein "Tanzpersonal" vorhanden gewesen wäre. Dass diese Ausländerin entlohnt wurde, ergibt sich aus der Aussage H, wonach Tänzerinnen im Lokal ein Fixgehalt erhalten würden.

Was die beiden anderen Ausländerinnen betrifft, so ist ausschlaggebend, dass sie bei keiner Tätigkeit angetroffen wurden, die dem äußeren Anschein nach als Arbeitsleistung qualifiziert werden könnte. Auch blieb nach den Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung unklar, in welchem räumlichen Funktionsbereich sich die Ausländerinnen bei ihrer Betretung aufhielten; in Betracht kommt sowohl der Privatbereich der Bw, als auch der sogenannte "Wohnbereich" als auch der sogenannte "Arbeitsbereich". Zwar sind gewisse Anhaltspunkte für eine Beschäftigung dieser Ausländerinnen erkennbar (ihre angebliche eigenen Aussagen, zu tanzen, ihre leichte Bekleidung, die allfällige frühere Anwesenheit im Lokal). Diesen Indizien steht jedoch gegenüber, dass, selbst wenn man der "Vortanzargumentation" keinen Glauben schenken würde, unklar bleibt, in welcher Funktion sich die Ausländerinnen im gegenständlichen Haus befanden, was aber wesentlich ist, weil nach Aussage des Zeugen H Tänzerinnen angestellt werden, Prostituierte jedoch nicht. Die Unklarheiten werden nicht dadurch geringer, dass fraglich ist, ob die Einstufungen des Zeugen H rechtlich korrekt sind. All diese Unklarheiten zusammengenommen kann nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die beiden Ausländerinnen von der Bw beschäftigt wurden. Diesbezüglich sind die Ermittlungen der Gendarmerie in wesentlichen Punkten lückenhaft, was umso mehr ins Gewicht fällt, als die belangte Behörde ihre "Ermittlungen" auf die Einholung von Parteienstellungnahmen beschränkte.

Zur Bemessung der Strafhöhe (hier nur betreffend die Ausländerin K) ist zu bemerken, dass das angefochtene Straferkenntnis die Höhe der von ihr verhängten Strafen nicht begründete. Die (Leer-)Formel, dass "auf das Ausmaß des Verschuldens, allfällige Erschwerungs- und Milderungsgründe Bedacht genommen" wurde, kann nicht als Begründung angesprochen werden. Im Hinblick auf die Kürze des vorgeworfenen Tatzeitraumes erscheint die Verhängung der Mindestgeldstrafe und einer entsprechenden Ersatzfreiheitsstrafe angemessen, da sonstige Milderungsgründe und Erschwerungsgründe nicht bekannt sind. Eine Anwendung des § 20 VStG kommt nicht in Betracht, da ein entsprechendes Überwiegen von Milderungsgründen nicht vorliegt. Die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG scheidet aus, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K l e m p t

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