Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250821/14/Kon/Pr

Linz, 08.06.2000

VwSen-250821/14/Kon/Pr Linz, am 8. Juni 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des H. P., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K. F., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 10.8.1999, SV96-21-1998/BA/WT, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23.5.2000, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuldausspruch:

"Sie haben in der Zeit vom 22.9.1998 bis 13.10.1998 auf Ihrer Baustelle in K., die vier tschechischen Staatsbürger a) M. L., geb., wh. in C.B., b) P. V., geb. , wh. in C. B. c) A. N., geb., wh. C. B. und d) M. U., geb., wh. C.B., in folgenden Ausmaß beschäftigt, obwohl für die genannten Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder eine Entsendebewilligung erteilt, oder eine Anzeigebestätigung, oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde und die Ausländer für diese Beschäftigung keine gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besessen haben.

Art der Beschäftigung: Stukkateure und Trockenausbauer

Ausmaß der Beschäftigung: 22.9.1998 bis 13.10.1998

Ort der Beschäftigung: K.,

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975, i.d.g.F."

Kern der Begründung des Straferkenntnisses der belangten Behörde in Bezug auf das Vorliegen der objektiven Tatseite ist, dass die verfahrensgegenständlichen Ausländer in wirtschaftlich organisatorischer Abhängigkeit zum Beschuldigten gestanden seien, sodass eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG vorgelegen wäre.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig volle Berufung erhoben und in dieser die objektive Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens bestritten. Dies wird mit umfangreichen Rechtsausführungen dahingehend begründet, dass der Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs.2 AuslBG, nämlich die Verwendung der verfahrensgegenständlichen Ausländer in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnis nicht erfüllt sei.

Nach Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde und Durchführung einer öffentlichen Verhandlung unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und von Zeugen am 23.5.2000 hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt, oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

  1. in einem Arbeitsverhältnis
  2. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

In Bezug auf die zitierte Gesetzesstelle ist festzuhalten, dass es für die Anwendbarkeit des AuslBG nicht auf die formellen Rechtsbeziehungen, sondern darauf ankommt, dass der betreffende Sachverhalt faktisch einen der Tatbestände im § 2 Abs.2 bis 4 leg.cit. erfüllt.

Aufzuzeigen ist dabei, dass das AuslBG durch spezifische Rechtsbegriffe gekennzeichnet ist, die über den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbegriff des Arbeitsvertragsrechtes hinausgehen.

Davon abgesehen, ist der Begriff des Arbeitsverhältnisses in § 2 Abs.2 lit.a AuslBG mit dem im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes ident. Demnach liegt ein Arbeitsverhältnis dann vor, wenn der Beschäftigte in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zum Beschäftigten steht und diesem weisungsunterworfen ist.

Ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis im Sinne von § 2 Abs.2 lit.b leg.cit. liegt dann vor, wenn der Beschäftigte zwar persönlich nicht weisungsgebunden, wirtschaftlich aber abhängig ist. So gesehen ist es nicht möglich, das AuslBG durch Abschluss eines sogenannten freien Dienstvertrages zu umgehen. Was die erwähnte wirtschaftliche Abhängigkeit betrifft, ist in Bezug auf das AuslBG anzumerken, dass es dabei auf die Abhängigkeit in organisatorischer Hinsicht ankommt. Darunter ist zu verstehen, dass es dem Beschäftigten nicht möglich ist, seine Arbeitskraft im Rahmen der für den Beschäftiger erbrachten Leistungen noch anderen als diesem anzubieten.

Zur Charakterisierung arbeitnehmerähnlicher Personen kommt es insgesamt auf die "wirtschaftliche Unselbständigkeit" oder "Fremdbestimmtheit" an.

Typische Merkmale wirtschaftlicher Unbeständigkeit sind:

  1. Die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten sondern in einem Betrieb des Unternehmers;
  2. eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;
  3. die verpflichtete persönliche Erbringung der geschuldeten Leistung;
  4. Beschränkung der Entscheidungsfähigkeit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit),
  5. Berichterstattungspflicht;
  6. die Verrichtung der Tätigkeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmens;
  7. das Ausüben der Tätigkeit bei einem oder einer geringen Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;
  8. die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);
  9. die Entgeltlichkeit und
  10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zugute kommt.

Die aufgezählten Kriterien sind bei der Beurteilung im Sinne eines beweglichen Systems zu gewichten.

Bei der öffentlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat hat sich der Beschuldigte im Wesentlichen inhaltsgleich wie bereits gegenüber der belangten Behörde verantwortet.

So gab er an, den Ausländer M. U. privat gekannt zu haben und diesem im Juli 1998 über den bevorstehenden Umbau des Hauses K., erzählt zu haben. Im Zuge dieses Gespräches habe der Ausländer U. für die alten Holzfenster dieses Hauses Interesse gezeigt. Der Beschuldigte, der vorhatte, diese alten Holzfenster gegen Plastikfenster auszutauschen und diesen Austausch auch vorgenommen hat, hat damals dem Ausländer U. die kostenlose Überlassung der alten Fenster angeboten, sofern U. diese Fenster selbst ausbaue und nach Tschechien verbringe. U. habe dieses Angebot angenommen, da die Fenster an sich noch in gutem Zustand gewesen wären und er sie für sein Haus in Tschechien verwenden wollte. Ein konkreter Termin, bis wann die alten Fenster von U. hätten ausgebaut werden müssen, sei nicht vereinbart worden, jedoch habe der Beschuldigte U. darauf hingewiesen, dass ab 22.9.1998 mit den Umbauarbeiten begonnen würde. Wenn U. bis September die Fenster nicht ausgebaut hätte, hätte dies der Beschuldigte selbst gemacht, wobei er aber die alten Holzfenster nicht ausgebaut, sondern herausgebrochen und sie sodann durch die ASA entsorgt hätte. Die eingemauerten Holzfenster seien jedoch von U. und seinen Leuten mit kleinen Stemmeisen feinsäuberlich ausgestemmt worden, da sie ja U. wieder verwerten habe wollen. Er habe U. die alten Holzfenster kostenlos überlassen, dieser habe sie nur selbst auszubauen und zu verbringen gehabt. Aufzuzeigen ist weiters, dass nach den Angaben des Beschuldigten dieser zunächst nur den Ausländer U. gekannt und mit diesem die Vereinbarung über den Fensterausbau getroffen hat. U. sei dann mit den angeführten Ausländern in weiterer Folge auf der Baustelle eingetroffen, um dort mit deren Hilfe die Fenster auszubauen. Weiters hat er U. bei dem erwähnten Gespräch auch die kostenlose Überlassung alter Diskomöbel aus der Diskothek in Mönchdorf angeboten.

Diese Sachverhaltsdarstellung des Beschuldigten kann weder anhand der Aktenlage noch anhand der Aussagen der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen widerlegt werden. Ebenso wenig kann aus dieser Sachverhaltsdarstellung des Beschuldigten wie auch aus den Wahrnehmungen der Zeugen P. H.- R. und RevInsp. P. in Ansehung der oben angeführten Kriterien mit ausreichender Sicherheit auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses zwischen dem Beschuldigten als Arbeitgeber und den verfahrensgegenständlichen Ausländern als Arbeitnehmer geschlossen werden. Als entlastender Umstand im Sinne des § 25 Abs.2 VStG war dabei zu werten, dass der Beschuldigte aktenkundig den Umbau des Hauses K., durch befugte Unternehmen durchführen ließ. Was die erwähnte Montage der Rigipsplatte betrifft, so hat der Beschuldigte schon bei seiner Vernehmung am 17.11.1998 durch die belangte Behörde glaubwürdig dargelegt, dass es sich diesbezüglich um eine Gefälligkeitsleistung der Ausländer gehandelt habe. So sei die erwähnte Rigipsplatte wegen einer falsch ausgeschnittenen Steckdosenöffnung nochmals anzubringen gewesen.

Im Widerspruch zur angelasteten Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG steht auch der Umstand, dass die belangte Bezirksverwaltungsbehörde den Beschuldigten im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Ausländer, lt. im Akt erliegender Strafverfügung vom 21.10.1998, Ge96-93-1998, der Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z54 GewO 1994 für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500 S verhängt hat. Diese Strafverfügung ist am 5.11.1998 in Rechtskraft erwachsen und nach wie vor Rechtsbestand. Diesem Straftatbestand nach der Gewerbeordnung ist implizit - und geht dies auch aus dem diesbezüglichen Tatvorwurf hervor -, dass die verfahrensgegenständlichen Ausländer gewerbsmäßig im Sinne der Legaldefinition des § 1 Abs.2 bis 5 GewO 1994 tätig waren, und würde daher dieser Umstand den Tatbestand der unberechtigten Ausländerbeschäftigung gemäß § 3 Abs.1 AuslBG ausschließen. Dies zum einen im Hinblick auf das Gewerbsmäßigkeitsmerkmal der Selbständigkeit, welche sich mit der Tragung des Unternehmerrisikos verbindet, zum anderen, weil keinerlei Anhaltspunkte für eine vorhanden gewesene wirtschaftlich-organisatorische Abhängigkeit der Ausländer zum Beschuldigten im Tatzeitraum vorliegen. Weiters ist als entlastend zu werten, dass die Arbeiten der Ausländer, nämlich der Fensterausbau, diesen selbst, insbesondere dem M. U., zugute kamen und nicht dem Beschuldigten. Für diesen hätte es keinen wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Mehraufwand bedeutet, wenn er die alten Holzfenster im Zuge der Umbauarbeiten ohne auf deren Unversehrtheit achten zu müssen, kurzerhand herausbrechen und die so demolierten Fenster entsorgen hätte lassen, was bei einigen Fenstern auch tatsächlich der Fall war.

Wenn die Ausländer den Bauschutt, der im Zuge des Ausstemmens der ihnen überlassenen Fenster entstanden ist, wegräumten, so stellt dies keine Tätigkeit für den Beschuldigten dar. Auch war der Beschuldigte nicht verhalten, den Ausländern allenfalls erfolgte Gefälligkeitsleistungen, wie beispielsweise die vorhin erwähnte Rigipsplattenmontage, zu untersagen.

Von einer zeugenschaftlichen Einvernahme des Bauführers A. N. zum Beweis dafür, dass die verfahrensgegenständlichen Ausländer bestimmte Arbeiten im Auftrag des Beschuldigten vorgenommen hätten, wie dies die Amtspartei (Arbeitsinspektorat) in der Berufungsverhandlung beantragte, konnte Abstand genommen werden, weil die Vornahme von Arbeiten durch die Ausländer ohnehin unstrittig ist.

Aus den dargelegten Gründen ist dem Beschuldigten die angelastete unberechtigte Ausländerbeschäftigung nicht nachzuweisen, weshalb der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden war.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für den Beschuldigten die Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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