Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250866/11/Kon/Pr

Linz, 08.03.2001

VwSen-250866/11/Kon/Pr Linz, am 8. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn Dr. R. W., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R. A., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15.2.2000, SV96-29-6-1999, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7. März 2001, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 (erster Fall) VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigte mit nachstehendem Tatvorwurf der Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1 AuslBG für schuldig erkannt:

"Sie haben als Arbeitgeber den slowakischen Staatsbürger G. J., geb. jedenfalls vom 30.10.1999 bis zumindest 04.11.1999, ca. 8 Stunden täglich mit Maurerarbeiten für den Ausbau Ihrer Tierarztpraxis in F., beschäftigt, obwohl für den genannten Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4 AuslBG) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5 AuslBG) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a AuslBG) oder ein Befreiungsschein (§ 15 AuslBG) ausgestellt wurde."

Gemäß § 28 Abs.1 Z1 erster Strafsatz AuslBG wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 54 Stunden) verhängt.

Hiezu führt die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, dass der Sachverhalt, das rechtswidrige wie schuldhafte Verhalten aufgrund der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk vom 19.11.1999 sowie den eigenen Angaben des Beschuldigten, als erwiesen anzusehen sei.

So sei vorweg festzustellen, dass der im Schuldspruch angeführte Tatbestand vom Beschuldigten im Zuge seiner Rechtfertigung zugegeben worden sei, weshalb der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung sich als erwiesen darstelle.

Im Übrigen könne der Rechtfertigung des Beschuldigten, dass er mit dem Ausländer G. kein Beschäftigungsverhältnis eingegangen sei, nicht gefolgt werden, da nach niederschriftlicher Aussage seiner Mutter, Frau L. W., vom 4.11.1999, vor den Organen des Arbeitsinspektorates, er mit dem Ausländer G. einen Stundenlohn von 60 S für den Ausbau seiner Tierarztpraxis vereinbart hätte.

Sohin sei ihm nicht gelungen, der Behörde seine Schuldlosigkeit glaubhaft darzulegen. Bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt hätte ihm bewusst werden müssen, dass er durch sein Verhalten den Tatbestand der illegalen Ausländerbeschäftigung verwirklicht habe.

Schuldausschließungs- oder sonstige Entlastungsgründe hätten nicht gefunden werden können.

Von der belangten Behörde wurde die gesetzliche Mindeststrafe nach dem ersten Strafsatz (ATS 10.000,--) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde das Vorliegen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses zu Unrecht festgestellt habe. Die Anzeige des Arbeitsinspektorates und seine eigenen Angaben, aus denen die belangte Behörde den Beweis hiefür ableite, seien jedoch keinesfalls geeignet, das Vorliegen einer entgeltlichen Beschäftigung anzunehmen, um den Tatbestand des § 3 Abs.1 AuslBG zu erfüllen. So enthalte die Anzeige lediglich eine Mutmaßung seiner Mutter, die in Wirklichkeit keine Kenntnis von den Bedingungen dieses unentgeltlichen Freundschaftsdienstes des Ausländers J. G. gehabt habe. Die Angaben des Ausländers seien insofern zu relativieren, als diese ohne Beiziehung eines Dolmetschers abgefragt worden seien. Beide Befragten hätten erst über eindringliche Vorhaltungen des Arbeitsinspektors jene Angaben getätigt, die ihnen von diesem vorgeschlagen worden wären, da sie selbst keinen Stundenlohn gewusst hätten, und nur durch das suggerierende Einschreiten und dem Vorschlag des Inspektors, dass ein Stundenlohn von 60 S als üblich anzusetzen wäre, einen solchen Lohn bestätigt hätten. Richtig sei, dass es weder der ernsthafte Wille der Mutter des Bw bzw. des Ausländers J. G. gewesen wäre, eine Wissenserklärung abzugeben, da eine Stundenlohnvereinbarung nicht vorgelegen und auch gar nicht bekannt gewesen wäre.

Dazu komme, dass diese "Aussagen" im Widerspruch zu seinen Angaben stünden. Richtig sei, dass er aus Zeitgründen, die er geschildert habe, das Angebot seines Gastes J. G. ihm unentgeltlich zu helfen und eine bestimmte, überschaubare Arbeit zu erledigen, angenommen habe. Dies habe sich daraus ergeben, dass der Ausländer J. G. vorher Gast bei ihm gewesen wäre.

Bei objektiver Betrachtung des Vorgehens bei der Befragung der Umstände, dass Herr J. G. als Gast bei ihm gewesen wäre, und die Arbeit keinen besonderen Umfang besessen habe, seien auch bei objektiver Betrachtung Zweifel am Vorliegen einer entgeltlichen Beschäftigung gegeben.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Berufungsverhandlung am 7.3.d.J. erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

Gemäß § 2 Abs.2 leg.cit gilt als Beschäftigung die Verwendung

a) in einem Arbeitsverhältnis,

b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.

Der Begriff des Arbeitsverhältnisses iSd zuletzt zitierten Gesetzesstelle ist -abgesehen von der Unbeachtlichkeit der Art der Rechtsbeziehungen - mit dem Arbeitsverhältnis iSd Arbeitsvertragsrechtes ident. Dies erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Beschäftigten von einem Arbeitgeber mittels Weisungsgebundenheit. Allerdings genügt nach der neueren Judikatur des VwGH eine bloß "funktionelle Autorität" des Arbeitgebers, wobei genügt, dass der Arbeitnehmer irgendwie in einen von seinem unabhängigen Arbeitsablauf eingegliedert ist und der Arbeitgeber potentiell die Möglichkeit hat, die Arbeit durch Weisung zu organisieren.

Hingegen sind die Merkmale eines Arbeitsverhältnisses oder eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses und damit das Bewilligungserfordernis nach dem AuslBG nicht gegeben:

Gemäß § 45 Abs.2 iVm § 24 VStG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Gemäß § 25 Abs.2 VStG sind die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

In beweiswürdigender Hinsicht ist aufzuzeigen, dass die öffentlich mündliche Berufungsverhandlung am 7.3. d.J. die Angaben des Bw sowohl in seiner Rechtfertigung vom 23.12.1999 wie auch in der Berufung, denen zufolge die Arbeitsleistungen des slowakischen Staatsbürgers J. G. einen Freundschaftsdienst dargestellt hätten, für glaubwürdig zu erachten sind. Dies vor allem auch deshalb, weil sie durch die in der Verhandlung als Auskunftsperson einvernommene Mutter des Bw, Frau L. W., im Wesentlichen bestätigt wurden, wobei anzumerken ist, dass Frau W. ihre Aussagen erst nach vorangegangener Einvernahme des Bw und in Unkenntnis dessen Angaben tätigte. So ist es keineswegs unglaubwürdig, insbesondere vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund der Kriegsereignisse im Jahre 1945, dass, wie im Fall des Bw, eine österr. Familie mit einer Familie aus der Slowakei als ehemaligen Ostblockstaat, freundschaftlich verbunden ist. Eine verstärkte Wiederaufnahme der freundschaftlichen Beziehung, die sich auch in Form unangemeldeter Besuche ausdrücken kann, ist dabei durch die vor rd. 10 Jahren erfolgte politische Änderung in den ostmitteleuropäischen Staaten leichter möglich geworden. Es wäre jedenfalls in beweismäßiger Hinsicht nicht vertretbar, die diesbezüglichen Angaben des Bw als bloße Schutzbehauptungen abzutun. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit von behaupteten familiären und freundschaftlichen Kontakten österreichischer Familien mit Familien aus den benachbarten Staaten des seinerzeitigen Ostblocks, wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 18.11.1998, 96/09/0286 ua, verwiesen. Durchaus erklärbar und keinesfalls unwahrscheinlich ist es daher, wenn auf Besuch weilende Ausländer aus Freundschaft ihren Gastgeberfamilien bei Arbeiten helfen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich diese Ausländer, welche doch aus wirtschaftlich schlechter gestellteren Staaten kommen, sich gerade durch diese Arbeiten ihren Gastgeberfamilien erkenntlich zeigen wollen. Die, wie im gegenständlichen Fall, einem ausländischen Besucher gewährte Unterkunft, wie auch dessen Verköstigung, könnten in diesem Zusammenhang aber nicht als Naturalentlohnung angesehen werden. So hat gerade der Bw bei seiner Vernehmung angegeben, dass der Ausländer G. unabhängig davon, ob er bei den Bauarbeiten mitgeholfen hätte oder nicht, als Gast bei der Familie hätte wohnen können und von ihr auch verköstigt worden wäre.

Belastend stellt sich für den Bw zunächst dar, dass der Ausländer gegenüber dem Arbeitsinspektor am 4.11.1999 durch entsprechendes Ankreuzen im Personenblatt angab, einen Stundenlohn von ca. 60 S erhalten zu haben. Hiezu kommt, dass Frau L. W. als Auskunftsperson in ihrer niederschriftlich festgehaltenen Befragung ebenfalls angab, der Ausländer beziehe einen Stundenlohn von ca. 60 S. Allerdings stellte sich in der Berufungsverhandlung heraus, dass die Angaben der Frau W. - wie schon in der Berufung angeführt - bloße Mutmaßungen darstellten. So gab Frau L. W. in der Berufungsverhandlung am 7.3.2001 an, über die gegenständlichen Arbeitsleistungen persönlich mit dem Ausländer G. überhaupt keine Vereinbarungen getroffen zu haben. Dies erscheint insofern glaubhaft, da in der gegenständlichen Verhandlung der vorher befragte Bw angab, den Ausländer G. in die durchzuführenden Arbeiten eingewiesen zu haben. Dies allerdings erst, nachdem der Ausländer nach seinem Eintreffen von sich aus seine Hilfe angeboten habe. Weiters wird die Angabe, die Entrichtung eines Stundenlohns, lt. Personenblatt in Frage gestellt, als die Höhe dieses Betrages vom Arbeitsinspektor bei der Amtshandlung selbst vorgeschlagen wurde. Diesem Vorschlag lag dabei die Überlegung zu Grunde, dass durch einen üblicherweise geleisteten Stundenlohn der Bw nicht dem Vorwurf des Ausnützens iSd AVRAG, ausgesetzt würde. Da bei der Amtshandlung am 4.11.1999 der kontrollierende Arbeitsinspektor im Wesentlichen nur mit Frau Liselotte Würmer, die über den genaueren Inhalt der Abmachung zwischen G. und ihrem Sohn, dem Bw, nichts wusste, geführt wurde, ist nicht auszuschließen, dass die Angabe eines Stundenlohnes auf einem Missverständnis beruht bzw. der Ausländer Angaben tätigte, die nicht den Tatsachen entsprachen.

Aus diesem Grund vermag das im Akt erliegende Personenblatt mit den Angaben des Ausländers J. G. nicht vollständig den Beweis zu erbringen, dass ein Stundenlohn bezahlt und somit von einer Beschäftigung iSd § 2 Abs.2 AuslBG auszugehen ist, weshalb in Beachtung des Grundsatzes in dubio pro reo wie im Spruch zu entscheiden war. Weitere Beweismittel standen im Verfahren nicht zur Verfügung.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Bw von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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