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VwSen-250867/2/Lg/Bk

Linz, 30.05.2000

VwSen-250867/2/Lg/Bk Linz, am 30. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn A gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 10. Februar 2000, Zl. SV96-101-1997-Br, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl.Nr. 218/1975 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 2.000 S bzw zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je drei Tagen verhängt, weil am 10.11.1997 zwei näher bezeichnete jugoslawische Staatsbürger als Arbeiter der I, H betreten worden seien, für die zwar Beschäftigungsbewilligungen ausgestellt gewesen seien, für die aber nicht, wie im § 3 Abs.6 AuslBG vorgesehen, eine Beschäftigungsbewilligung am Arbeitsplatz zur Einsichtnahme bereit gehalten worden sei. Die I habe sohin am 10.11.1999 entgegen dem § 3 Abs.6 AuslBG die beiden jugoslawischen Staatsbürger beschäftigt, ohne den Bescheid über die für deren Beschäftigung erforderliche Beschäftigungsbewilligung an der jeweiligen Arbeitsstelle bereit zu halten und sohin Übertretungen des § 28 Abs.1 Z4a AuslBG verwirklicht. Der Bw sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der I und sohin als zu deren Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG für diese Übertretungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Er habe § 28 Abs.1 Z4a iVm § 3 Abs.6 AuslBG verletzt.

2. In der Berufung wird im Wesentlichen geltend gemacht, der Bw habe seinen Arbeitnehmern Kopien der Beschäftigungsbewilligungen mitgegeben und die Arbeitnehmer ständig angewiesen, die arbeitsmarktrechtlichen Papiere stets mitzuführen. Beide Ausländer hätten angegeben, nur ausnahmsweise die Beschäftigungsbewilligung nicht mit sich geführt (vergessen) zu haben. Eine lückenlose Überprüfung der Erfüllung der Pflicht zur Mitführung der Papiere sei unzumutbar. Insbesondere sei es unzumutbar, täglich das Mitführen der Papiere bei jenen Arbeitnehmern zu prüfen, welche von zu Hause weg zur Arbeitsstelle fahren. Ferner wird auf die widersprüchliche Tatzeitangabe im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hingewiesen.

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Am 20.1.1998 rechtfertigte sich der Bw damit, seine ausländischen Arbeitnehmer stets angewiesen zu haben, die gegenständlichen Papiere am jeweiligen Beschäftigungsort mitzuführen. Warum die beiden gegenständlichen Ausländer diese Pflicht verletzt hätten, sei ihm unbekannt.

Der Ausländer K sagte am 21.1.1999 im Rechtshilfeweg vernommen aus, er habe ohne Weisung seines Chefs seine Papiere, darunter die Beschäftigungsbewilligung regelmäßig mit sich geführt. Am Tattag habe er die Papiere in seinem Auto in Salzburg vergessen, das er am Ort seiner Abholung durch den Firmenbus stehen gelassen hatte.

Am 28.1.1999 sagte der Ausländer M im Rechtshilfeweg einvernommen aus, er habe eine Kopie der Beschäftigungsbewilligung immer in der Geldbörse mit. Am Tattag habe er sie ausnahmsweise zu Hause vergessen. Daran, ob er durch den Bw angewiesen worden sei, die Beschäftigungsbewilligung mit sich zu führen, vermochte sich der Zeuge letztlich nicht mehr genau zu erinnern.

Am 25.2.1999 rechtfertigte sich der Bw dahingehend, seine Arbeitnehmer hätten weisungsgemäß regelmäßig die Papiere mit sich geführt. Da er dies gewusst habe, habe er den Arbeitnehmern - unter Verzicht auf ohnehin unmögliche tägliche Kontrollen - einen gewissen Vertrauensvorschuss entgegengebracht und sich mit stichprobenartigen Kontrollen begnügt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Gemäß § 28 Abs.1 Z4 lit.a AuslBG ist strafbar, wer "entgegen dem § 3 Abs.6 einen Ausländer beschäftigt, ohne den Bescheid über die für seine Beschäftigung erteilte Beschäftigungsbewilligung am Arbeitsplatz zur Einsichtnahme bereitzuhalten."

Die in der Strafnorm des § 28 Abs.1 Z4 lit.a AuslBG bezogene Gebotsnorm des § 3 Abs.6 AuslBG differenziert zwischen den Pflichten des Arbeitgebers und den Pflichten des Ausländers: "Die Beschäftigungsbewilligung ist vom Arbeitgeber im Betrieb, eine Ausfertigung der Beschäftigungsbewilligung, der Arbeitserlaubnis oder des Befreiungsscheines vom Ausländer an der jeweiligen Arbeitsstelle zur Einsichtnahme bereitzuhalten."

§§ 3 Abs.6 und 28 Abs.1 Z4 lit.a AuslBG wurden durch BGBl.Nr. 450/1990 im Wege eines Initiativantrages eingefügt. Der AB, 1462 BlgNR 17. GP, enthält zwar unter dem Titel "Kontroll- und Strafbestimmungen" weitschweifige Ausführungen über Auswirkungen der Ausländerbeschäftigung, jedoch keine für die Interpretation des Gesetzes, insbesondere der hier interessierenden Frage, wo der Arbeitgeber die Beschäftigungsbewilligung zur Einsicht bereithalten muss, brauchbare Äußerung.

Auszugehen ist bei der Lösung dieser Frage vom Begriff des "Arbeitsplatzes" in § 28 Abs.1 Z4 lit.a AuslBG. Bei der Auslegung dieses Begriffes ist iSd Grundsatzes der Bedeutungsidentität der Begriffsverwendung (idS auch Schnorr, AuslBG, RZ 3 zu § 6: "Andere Arbeitsplatzbegriffe sind im Rahmen des AuslBG irrelevant") auf den Begriff des Arbeitsplatzes, wie in § 6 Abs.1 AuslBG verwendet, zurückzugreifen. Demnach kommt es auf die Verwendung des Ausländers und den Betrieb, in dem er eingestellt ist, an (vgl. Schnorr, ebd). Da die Art der Verwendung des Ausländers im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle spielt, ist nur das zweite Begriffselement, "der Betrieb", maßgebend. Daraus wird man zu folgern haben, dass die Bereithaltung der Beschäftigungsbewilligung "im Betrieb" jedenfalls ausreicht. Zum selben Ergebnis führt die Überlegung, dass die in § 28 Abs.1 Z4 lit.a AuslBG ausdrücklich angesprochene Gebotsnorm (§ 3 Abs.6 AuslBG) den Arbeitgeber nur zur Bereithaltung "im Betrieb" verpflichtet und überdies explizit von der Pflicht des Arbeitgebers jene des Ausländers unterscheidet, nämlich die Ausfertigung der Beschäftigungsbewilligung "an der jeweiligen Arbeitsstelle" bereitzuhalten. Diese Differenzierung der Pflichten ist natürlich sinnvoll, da dem Arbeitgeber nicht zugemutet wird, Urkunden an allen Arbeitsstellen zu deponieren, deren Inhalt ohnehin schon aus jenen Papieren hervorgeht, welche die ausländischen Arbeitnehmer dort bereitzuhalten verpflichtet sind.

Abzulehnen ist daher die Auslegung, dass unter dem Begriff des "Arbeitsplatzes" im § 28 Abs.1 Z4 lit.a AuslBG nicht der Betrieb sondern der jeweils momentane Arbeitsort des Ausländers zu verstehen ist. In diesem Sinne dürfte jedoch die Auffassung des AI und, dieser folgend, jene des angefochtenen Straferkenntnisses zu verstehen sein. Dass der Unternehmer nicht jedem einzelnen Ausländer, der in seinem Unternehmen beschäftigt ist, den Beschäftigungsbewilligungsbescheid an den jeweiligen Einsatzort nachtragen bzw nachtragen lassen muss, zeigt deutlich die erwähnte Pflichtendifferenzierung des § 3 Abs.6 AuslBG. Mit demselben Hinweis wäre die Idee zu entkräften, der Unternehmer sei verpflichtet jedem Ausländer (der ohnehin verpflichtet ist, eine Ausfertigung des Beschäftigungsbewilligungsbescheides mit sich zu führen), den Beschäftigungsbewilligungsbescheid an alle Einsatzorte mitzugeben, ihm die Mitführung aufzutragen und die Befolgung dieses Auftrages womöglich mit jener Akribie zu kontrollieren, wie ihm dies etwa bei lebenssichernden Arbeitnehmerschutzmaßnahmen aufgegeben ist. Durchaus unter dem Blickwinkel der Sachlichkeit fragt sich, ob es nicht eher dem Kontrollorgan (in Fällen, in denen Ausländer ihre Mitführungspflicht vernachlässigen - ansonsten stellt sich das Problem praktisch nicht) zuzumuten ist, sich auf anderem Weg über das Vorliegen der Beschäftigungsbewilligung kundig zu machen (etwa über Nutzung der AMS-EDV, was in der Regel sogar schon vor Ort möglich ist).

Dass im gegenständlichen Fall der Bw den Beschäftigungsbewilligungsbescheid nicht "im Betrieb" bereitgehalten hat, ist nicht erwiesen und wurde ihm auch gar nicht vorgeworfen. Der Tatvorwurf im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist vielmehr dadurch zusätzlich verunklart, dass (noch dazu unter Verwechslung der Gesetzesstellen) sowohl die "jeweilige Arbeitsstelle" als auch der "Arbeitsplatz" ohne Konkretisierung des Gemeinten erwähnt wird. Da unter demselben Mangel die Aufforderung zur Rechtfertigung als einzige im Akt befindliche Verfolgungshandlung leidet, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Langeder

Beschlagwortung:

Bereithaltung der Beschäftigungsbewilligung

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