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des Landes Oberösterreich
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VwSen-250900/24/Lg/Bk

Linz, 30.10.2001

VwSen-250900/24/Lg/Bk Linz, am 30. Oktober 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 16. Oktober 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des H, vertreten durch RA Mag. G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 23. November 2000, Zl. SV96-9-2000, wegen einer Übertretung nach dem AuslBG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 10.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass am 12.4.2000 von dieser Gesellschaft der türkische StA. S, beschäftigt wurde, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Bericht der Fremdenpolizei der BH Gmunden vom 12.4.2000, die Rechtfertigungen des Bw sowie auf eine Reihe von Zeugenaussagen. Im gegenständlichen Fall sei zumindest von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis auszugehen, da der Ausländer angegeben habe, vom Bw gebeten worden zu sein, zu helfen. Dass der Ausländer seine Getränke nicht bezahlt hat, deute ebenfalls auf ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis hin. S habe überdies bei der Kontrolle eine für die Tätigkeit einer Küchenhilfe typische Arbeitskleidung getragen.

2. In der Berufung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass keine Beschäftigung iSd AuslBG vorlag. Die Behörde hätte aufgrund der einvernommenen Zeugen zum Ergebnis gelangen müssen, dass S früher einmal beim Bw als Koch beschäftigt war und mit dem Beschuldigten befreundet ist und ihm als Bekannter kurzfristig am 12.4.2000 aus Gefälligkeit ausgeholfen habe. S hätte für diese Gefälligkeit kein Entgelt bekommen. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung seien kurzfristig erbrachte, freiwillige und unentgeltliche Dienste nicht als Beschäftigung im Sinne des AuslBG anzusehen. Die BH Gmunden gehe davon aus, dass jede kurzfristige und freiwillige Tätigkeit für andere in der Form der Erbringung von Dienstleistungen bereits als Beschäftigung anzusehen ist, die eine Bewilligungspflicht nach dem AuslBG nach sich zieht. Aus den Aussagen der Zeugen R, S, E und auch des Beschuldigten gehe klar hervor, dass das Ausrollen des Pizzateiges keine Erfüllung einer Vertragspflicht gewesen ist.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Aus einem Aktenvermerk der Fremdenpolizei der BH Gmunden vom 13.4.2000 geht hervor, der Ausländer sei am 12.4.2000 im gegenständlichen Lokal bei der Arbeit angetroffen worden. Er sei mit dem Ausbreiten des Pizzateiges beschäftigt gewesen. Er habe ein Leibchen mit der Aufschrift "P" getragen. Die Kontrolle habe um 11.30 Uhr stattgefunden.

In seiner schriftlichen Rechtfertigung vom 6.6.2000 brachte der Bw im Wesentlichen vor, dass es richtig sei, dass der Ausländer zum Zeitpunkt des Eintreffens der Meldungsleger mit dem Ausbreiten des Pizzateiges beschäftigt gewesen ist. Er sei jedoch dem Beschuldigten bekannt gewesen, da er im Jahr 1992 für ihn gearbeitet hätte. Am 11.4.2000 sei er um ca 15.00 Uhr, als das Lokal bereits geschlossen gewesen sei, vom Bw eingeladen worden, zu übernachten und am nächsten Tag Mittag zu essen. Am Vorfallstag habe ein reger Geschäftsbetrieb geherrscht. Nachdem S gesehen habe, dass sämtliche Bedienstete im Lokal P die Hände voll zu tun hatten und der Pizzakoch mit den Bestellungen nicht nachkam, habe er kurzfristig angeboten, diesem beim Ausbreiten des Pizzateiges behilflich zu sein. Er habe ungefähr 15 Minuten lang den Teig ausgebreitet, als der Einsatz der BGK Gmunden begann.

Der Ausländer sagte am 12.4.2000 vor der BH Gmunden zeugenschaftlich einvernommen aus, er halte sich seit vier Monaten in Österreich auf. Zuvor sei er, wegen illegalen Aufenthalts, von Deutschland nach Österreich abgeschoben worden. Da in der Pizzeria großer Stress gewesen sei, habe ihn der Bw gebeten (angewiesen), zu helfen. Über einen Lohn habe er mit dem Bw nicht gesprochen. Bei seiner Betretung habe er den aus einer Maschine kommenden Pizzateig "breit gemacht". Belegt habe die Pizza jedoch der Pizzakoch. Das Leibchen habe er angezogen, damit er sich bei der Arbeit nicht schmutzig macht.

Die Zeugin R sagte am 5.10.2000 vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden aus, dass sie zur Zeit der Kontrolle als Küchenhilfe in der Pizzeria beschäftigt gewesen sei. Es sei richtig, dass der Ausländer in der Pizzeria gearbeitet habe. Er habe bereits am Vortag von 17.00 Uhr bis zum Zusperren (etwa 23.00 Uhr) in der Pizzeria gearbeitet. Am Tag der Kontrolle habe er vom Aufsperren bis zum Eintreffen der Meldungsleger gearbeitet. Er sei mit der Zubereitung der Pizzas beschäftigt gewesen. Über Zahlungsmodalitäten könne sie keine Auskunft geben.

Die am 16. bzw 17.10.2000 befragten Zeugen H und G waren offensichtlich Gäste im Rahmen einer Firmen-(Geburtstags-)Feier. G sagte aus, keine Angaben machen zu können. H sagte, S sei ihm persönlich bekannt. Bei seinem Eintreffen in der Pizzeria (ca 12.00 Uhr) habe er S nicht arbeiten gesehen; S habe erst nachher mit der Arbeit begonnen. Ob S zuvor gearbeitet habe, wisse er nicht.

Der Zeuge M gab am 30.10.00 an, es sei richtig, dass der Ausländer zum Zeitpunkt der Kontrolle ausgeholfen hat. Seines Erachtens sei dies jedoch nur kurzfristig gewesen. Ob er für die Tätigkeit bezahlt worden sei, könne er nicht sagen. Er wisse nur, dass er seinen Kaffee nicht bezahlen musste. Am Vortag der Kontrolle habe er S nicht arbeiten gesehen.

C (die Gattin des Bw) gab am 22.11.2000 an, dass der Ausländer am Tag der Kontrolle nur einige Minuten ausgeholfen habe. Er habe dabei ein Leibchen angehabt um sein Hemd nicht zu beschmutzen. Es könne sein, dass er seine Getränke nicht bezahlen habe müssen. Da er ein bisschen geholfen habe, sei es ja selbstverständlich, dass er seine Getränke nicht bezahlen müsse. Sie würde öfter Getränke an Stammgäste gratis geben, auch verschenke sie Knoblauchbrote an die Stammgäste. Der Ausländer sei in der Pizzeria sicher nicht beschäftigt gewesen.

Am 23.10.2000 bestritt der Bw vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden abermals, dass der Ausländer am Vortag der Kontrolle gearbeitet habe. Er sei zwar am Nachmittag angekommen, habe aber dem Bw beim Pizzaausliefern begleitet. Der Ausländer sei ein alter Freund des Bw, er sei sein erster Koch gewesen. Am Kontrolltag habe der Ausländer nur kurz gearbeitet. Er habe dies aus Gefälligkeit getan und sei dafür nicht bezahlt worden. Der Ausländer habe den Pizzateig vorbereitet, weil damals in der Pizzeria sehr viel los gewesen sei. Das Leibchen habe er angezogen, um sich nicht zu beschmutzen.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der Ausländer aus, er habe damals den ihm gut bekannten Bw, bei dem er Jahre zuvor als Pizzakoch gearbeitet habe, besucht. Er habe bei seinen Eltern in L gewohnt und geplant, einen oder zwei Tage beim Bw zu bleiben. Bei der Betretung habe er Pizzateig bereitet, weil viel Betrieb im Lokal gewesen sei. Es habe sich aber nur um eine kurze und unentgeltliche Aushilfe aus Freundschaft gehandelt. Dies habe er eigeninitiativ getan; über Vorhalt seiner früheren Aussage sagte der Zeuge, er wisse nicht mehr, ob er dies eigeninitiativ oder auf Ersuchen des Bw gemacht habe. Der Zeuge habe damals von seiner Familie gelebt. Er habe aber dennoch nicht den Bw um Arbeit gebeten, in der Annahme, dass der Bw, hätte er eine Arbeitskraft gesucht, den Zeugen daraufhin angesprochen hätte. Der Zeuge habe sich für seine kurze Aushilfe keinen Lohn erwartet. Es sei ihm kein Geld versprochen worden. Das Leibchen habe er sich selbst genommen, um seine Kleidung zu schützen. Am Vortag habe er seiner Erinnerung nach weder Pizzateig bereitet noch sei er mit dem Bw Pizza ausliefern gefahren.

Die Gattin des Bw sagte aus, der Ausländer sei damals auf Besuch gewesen. Die Familien würden einander gut kennen. Damals sei ein Pizzakoch im Lokal angestellt gewesen (der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Gmunden und ein zeugenschaftlich befragter Gendarm bestätigten, dass bei der Kontrolle eine Person, bei der die Papiere in Ordnung waren, beim Pizzaofen angetroffen wurde). Sie sei sicher, dass der Ausländer für seine Arbeit kein Geld erhalten sollte, weil sie für die finanziellen Angelegenheiten im Lokal zuständig sei. Der Ausländer habe ja nur wegen des momentanen Geschäftsganges kurz ausgeholfen; so etwas werde nicht entlohnt, auch nicht in Form von Getränken oder Ähnlichem. Dem Ausländer sei die Übernachtung und das Essen gewährt worden, weil er ein Freund sei, nicht um ihn zu entlohnen. Dies wäre ihm auch gewährt worden, wenn er nicht ausgeholfen hätte.

Die Zeugin R, Küchenhilfe, derzeit in Karenz, machte hinsichtlich der Tätigkeit des Ausländers am Tag vor der Betretung widersprüchliche Angaben und gab schließlich kund, sich diesbezüglich nicht mehr erinnern zu können. Am Kontrolltag habe der Ausländer von ca 11.00 Uhr bis zum Zeitpunkt der Kontrolle gearbeitet. Ob der Ausländer zwischendurch die Arbeit unterbrochen hatte, wisse sie nicht. Der Ausländer sei ihr am Tag vor der Kontrolle als Freund der Familie vorgestellt worden (dies im Gegensatz dazu, dass ihr beispielsweise Aushilfskräfte in der Küche als solche vorgestellt worden seien). Über nähere Zusammenhänge der Arbeit des Ausländers (Entlohnung, geplante Dauer) wisse sie nicht Bescheid. Sie habe mit dem Ausländer vielleicht ein- oder zweimal Kaffee getrunken, dabei sei aber nicht über die Arbeit gesprochen worden. Vor den beiden erwähnten Tagen sei der Ausländer nicht in der Pizzeria gewesen. Darüber, ob jemand bzw gegebenenfalls wer neben dem Ausländer bei der Kontrolle am Pizzaofen tätig war, konnte die Zeugin keine klare Auskunft geben. Sie wisse aber, dass in der Zeit vorher der Bw dem Pizzakoch bei starkem Geschäftsgang geholfen habe.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

In Würdigung der vorliegenden Beweise ist davon auszugehen, dass der Ausländer, neben einem Pizzakoch, am Pizzaofen bei der Teigzubereitung angetroffen wurde, wobei er eine Schürze mit Firmenaufschrift umgebunden hatte. Der Beginn der Arbeit ist etwa mit 11.00 Uhr anzusetzen (so die Zeugin R), ihr Ende mit der Kontrolle, welche, laut Aktenvermerk vom 13.4.2000 um 11.30 Uhr stattfand (in Anbetracht der offensichtlichen Kürze der Tätigkeit des Ausländers sind Unsicherheiten bezüglich des genauen Zeitpunkts der Kontrolle bzw einer eventuellen Arbeitsunterbrechung unerheblich). Dass der Ausländer am Vortag gearbeitet hatte, ist im Hinblick auf die Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen (in der öffentlichen mündlichen Verhandlung: verneint durch den Ausländer und die Gattin des Bw; unsicher die Zeugin R) nicht mit der nötigen Sicherheit erwiesen. Als gesichert kann hingegen gelten, dass der Ausländer nicht bereits im Zeitraum vor diesen beiden Tagen in der Pizzeria arbeitete (so übereinstimmend alle Zeugen). Mithin ist davon auszugehen, dass der Ausländer die Arbeit erst ganz kurze Zeit vor der Kontrolle begonnen hatte.

Obwohl das äußere Erscheinungsbild (Betretung bei der Arbeit, Arbeitskleidung in Form einer Schürze, Betretung an einer möglicherweise Betriebsfremden iSd § 28 Abs.7 AuslBG nicht zugänglichen Stelle) Merkmale eines Arbeitsverhältnisses indiziert, bleibt die für die Annahme einer Beschäftigung iSd AuslBG essenzielle Frage offen, ob die Tätigkeit des Ausländers entlohnt war. Diese Frage wurde nicht nur vom Bw sondern auch von allen informierten Zeugen verneint. Die Behauptung eines unentgeltlichen Freundschaftsdienstes erscheint im Hinblick auf die geringe Belastung durch die Arbeitsleistung (kurze Dauer, geringe Anstrengung für einen früher einschlägig tätig Gewesenen) und die nicht zu widerlegende Freundschaftsbeziehung zwischen den Beteiligten bzw deren Familien, nicht unglaubhaft. Vor diesem Hintergrund ist nicht nur das Vorliegen einer Geldentlohnung nicht erwiesen sondern es auch plausibel, dass die "Leistungen" des Bw (Übernachtung, Essen, Trinken) von den Beteiligten nicht als Arbeitslohn verstanden wurden.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Langeder

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