Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250931/7/Lg/Bk

Linz, 30.10.2001

VwSen-250931/7/Lg/Bk Linz, am 30. Oktober 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach der am 18. Oktober 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters von Linz vom 5. März 2001, Zl. 101-6/3-330114160 wegen einer Übertretung nach dem AuslBG, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist die Tatzeit auf den Zeitraum vom 19. bis 21.7.2000 zu reduzieren.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstbehördlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 2.000 S (entspricht 145,35 €) zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG iVm §§ 3 Abs.1, 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG.

Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 5.000 S bzw zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je einem Tag verhängt, weil er als privater Arbeitgeber auf einer Baustelle in L, die polnischen Staatsangehörigen W, und W, in der Zeit vom 13.7.2000 bis 21.7.2000 beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk vom 2.8.2000. Aufgrund der Aktenlage stehe fest, dass der oben angeführte Tatbestand in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen ist. Es treffe ihn auch als privaten Arbeitgeber die Pflicht vor der Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers zu überprüfen, ob dieser die notwendige arbeitsmarktrechtliche Bewilligung besitze. Hätte er seiner Sorgfaltspflicht entsprochen, so wäre es für ihn ersichtlich gewesen, dass die Herren P und M keine gültigen Beschäftigungsbewilligungen vorweisen konnten. Diesbezüglich sei dem Bw Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Bei der Bemessung der Strafhöhe geht das angefochtene Straferkenntnis von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 20.000 S und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten aus. Strafmildernd wirke die Unbescholtenheit und das Geständnis. Straferschwerend sei kein Umstand.

2. In der Berufung wird vorgebracht: "Gegen das Straferkenntnis Übertretung des AuslBG erhebe ich Einspruch, da ich diesbezüglich unschuldig bin."

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Laut Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk vom 2.8.2000 seien bei einer Kontrolle am 21. Juli 2000 um ca. 14 Uhr die zwei polnischen Staatsbürger W, geb. am und W, geb. am , in Arbeitskleidung auf der Baustelle von Frau Mag. G in L, bei Renovierungsarbeiten im Haus angetroffen worden.

Nach der der Anzeige beiliegenden und vom Bw unterfertigten Niederschrift gab dieser an, dass ihn die ihm bekannte Frau R gebeten hat, Renovierungsarbeiten vorzunehmen. Da er selbst wenig Zeit gehabt habe, habe er die beiden bei ihm zu Besuch weilenden Polen (Vater und Sohn) gefragt, ob sie ihm bei diversen Arbeiten (Tapeten entfernen, Ausmalen, ein Loch im Keller verschließen) helfen könnten. Als Gegenleistung für diese Arbeiten habe er ihnen versprochen, sie in den Urlaub in die Südsteiermark mitzunehmen. Sie würden vom Bw Essen und Trinken bekommen. Herr und Frau R hätten von der Beschäftigung der Polen nichts gewusst.

Frau R sagte gegenüber den Organen des AI aus, sie habe den Berufungswerber gebeten, ihr bei der Renovierung der Wohnung zu helfen. Er bekomme dafür keinen Lohn sondern lediglich diverse Materialien nach Beendigung der Renovierungsarbeiten bezahlt. Von der Beschäftigung der beiden Polen habe sie nichts gewusst.

Laut den der Anzeige beiliegenden Personenblättern gaben die Ausländer an, seit neun Tagen beschäftigt zu sein. Die tägliche Arbeitszeit betrage sieben Stunden. Mag. G wird unter den Rubriken: "Ich arbeite derzeit für" und "Chef hier heißt" genannt. Die Rubriken "Essen/Trinken", "Wohnung" und "Über Geld nicht gesprochen" sind angekreuzt.

Der auch nach Auskunft des Bw der deutschen Sprache mächtige M sagte am 21.7.2000 vor dem GP L aus, er habe vor ein paar Wochen den Berufungswerber angerufen und gefragt, ob er für 1 bis 2 Wochen Arbeit hätte, da er und sein Sohn P ein bisschen Geld verdienen wollten bzw. damit sie danach kostenlosen Urlaub machen könnten. Der Berufungswerber habe den Ausländern daraufhin die Familie R vermittelt, die W vorher nicht gekannt habe. Der Bw habe gesagt, dass es sich um ein Haus handle und gewisse Arbeiten wie Ausmalen, Verputzen, Fliesen usw. zu machen wären. Über eine Entlohnung sei nicht gesprochen worden; darüber "hätten wir uns später, nach Abschluss der Arbeiten unterhalten".

Die beiden Ausländer seien am 12.7.2000 mit ihrem privaten Pkw eingereist. Nach einem Besuch bei einem Bekannten in Freistadt seien sie am nächsten Tag zum Berufungswerber gefahren, der sie zum gegenständlichen Haus gebracht und ihnen gesagt habe, welche Arbeiten zu machen sind.

Genächtigt hätten die Ausländer in Frau R Haus. Die Lebensmittel hätten sie sich zum Teil selbst besorgt, zum Teil dem von Frau R bisweilen aufgefüllten Kühlschrank entnommen. Sie hätten fast täglich gearbeitet.

Laut AV vom 12.10.2000 sei der Bw beim Magistrat der Stadt Linz erschienen und habe den gegenständlichen Sachverhalt nicht bestritten. Es sei ihm die Tragweite des rechtswidrigen Handelns nicht bewusst gewesen. Er sei bis dato unbescholten und die Arbeiten hätten insgesamt nur einige Stunden gedauert. Er ersuchte - im Hinblick auf seine Einsicht in die Unrechtmäßigkeit seines Handelns - um die Erteilung einer Ermahnung.

Laut AV vom 10.1.2001 sei der Bw beim Magistrat Linz erschienen und sei ihm die Stellungnahme des AI zur Kenntnis gebracht worden. Er habe auf eine weitere Stellungnahme verzichtet.

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der Berufungswerber aus, die Bauherrin, Frau R, habe eine Firma mit der Hausrenovierung beauftragt. Diese Firma habe die Hausrenovierung mit Ausnahme "zweier Kleinigkeiten" übernommen. Die Ausnahme habe darin bestanden, dass im Keller eine Grube im Ausmaß von ca 1 x 1 m auszubetonieren war und im Halbstock bzw der Mansarde ein an der Wand aufgetretener Schimmel beseitigt und die Wandmalerei ausgebessert habe werden müssen. Da Frau R dem Berufungswerber als geschickten Fachmann kenne, habe sie ihn gebeten, ihr bei diesen Arbeiten behilflich zu sein. Der Berufungswerber sei Bauleiter bei einer Baufirma und stehe knapp vor der Pensionierung. Er habe kein Interesse, privat Baustellen zu übernehmen, da er ohnehin beruflich voll ausgelastet sei. Ein "Pfusch" würde ihn wirtschaftlich überhaupt nicht interessieren. Er habe Frau R lediglich einen Freundschaftsdienst erwiesen; er habe vom Einsatz des Polen nicht profitiert, da er von Frau R kein Geld für seine Mithilfe bekommen habe.

Der ihm seit Langem bekannte M, dessen Gastronomielokale in Polen nicht florieren und der sich deshalb in wirtschaftlicher Bedrängnis befand, habe ihn angerufen und um Arbeit gebeten. Dies habe sich mit dem Problem der Frau R gut getroffen. Weiters habe sich gut getroffen, dass M seinem Sohn "für die Matura" eine Urlaubsreise schenken wollte und der Berufungswerber mit den beiden Polen zusammen Urlaub in der Südsteiermark machen wollte. Damit der Bw rascher für den Urlaub Zeit habe, habe sich M erbötig gemacht, dem Berufungswerber bei der Familie R zu helfen. Ausdrücklich bekundete der Berufungswerber die Richtigkeit seiner damaligen niederschriftlichen Aussage, dass er den Ausländern als Gegenleistung für ihre Arbeiten versprochen hatte, sie in den Urlaub in die Südsteiermark mitzunehmen.

Der Berufungswerber bestritt, dass die Ausländer am Tag ihrer Betretung bereits neun Tage lang gearbeitet hatten. Die Ausländer seien am Freitag betreten worden und hätten die Arbeit erst am Mittwoch zuvor begonnen. Die Ausländer seien aber am Tag der Betretung mit den geplanten Arbeiten noch nicht fertig gewesen.

Die gegenständlichen Arbeiten seien nach der Kontrolle von der Firma fertiggestellt worden, die Frau R mit den erwähnten Renovierungsarbeiten beauftragt hatte. Der Berufungswerber sei dann nur noch einmal auf die Baustelle gekommen, um die Küche abzumontieren.

Das Kontrollorgan sagte aus, die Kontrolle sei auf einem anonymen Hinweis hin erfolgt. Auf der betreffenden Baustelle seien lediglich die beiden Polen arbeitend angetroffen worden; Arbeiter einer Firma seien nicht sichtbar gewesen. Die Personenblätter seien von den Ausländern eigenhändig ausgefüllt und unterschrieben worden. Ein Druck sei dabei nicht auf sie ausgeübt worden.

Der Berufungswerber sei nicht auf der Baustelle gewesen. Er habe dem Kontrollorgan später gesagt, dass die Ausländer zum Zweck des Ausmalens und Tapetenentfernens auf der Baustelle gewesen seien. Als Gegenleistung würden sie Essen und Trinken und den Urlaub in der Steiermark bekommen. Außerdem habe der Berufungswerber bekannt gegeben, dass Frau R von der ganzen Sache nichts wisse.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Die Behauptung des Berufungswerbers, er habe es übernommen, die von einer (nicht näher genannten) Baufirma "ausgesparten" (aber dann doch wieder übernommenen) Renovierungsarbeiten eigenhändig als Freundschaftsdienst durchzuführen, erscheint fragwürdig, da er selbst auf der Baustelle nicht angetroffen wurde, er die nach der Kontrolle noch ausstehenden Arbeiten nicht selbst durchführte und er aufgrund seiner beruflichen Inanspruchnahme keine Zeit für Arbeiten auf Baustellen außerhalb seines Berufes hatte. Als weitere nicht alltägliche Konstellation mutet es an, dass in wirtschaftlicher Notlage befindliche Ausländer den Berufungswerber um Arbeit baten, dies mit dem Arbeitskräftebedarf der Frau R zeitlich zusammenfiel und ebenfalls gleichzeitig sich gemeinsame Urlaubspläne des Berufungswerbers und der Polen (wozu diesen aber die finanziellen Mittel fehlten) herauskristallisierten. Überdies ergeben sich nach dem Akt Anhaltspunkte dafür, dass die Ausländer (nach deren eigenen Angaben) an Frau R "vermittelt" und von dieser verköstigt wurden bzw sie in dem gegenständlichen Objekt übernachteten, wobei man sich über die Entlohnung nach Beendigung der Arbeit "unterhalten hätte".

Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, dass die anfallenden Arbeiten gänzlich oder zumindest überwiegend von den Polen geleistet wurden. Im Zweifel folgt der unabhängige Verwaltungssenat der Angabe des Berufungswerbers, dass die Ausländer die Arbeit erst am Mittwoch vor dem Betretungstag (einem Freitag), also am 19.7.2000, aufnahmen. Der Tatvorwurf war daher in zeitlicher Hinsicht entsprechend zu reduzieren, unbeschadet des Umstandes, dass die Ausländer ihre Arbeit, wären sie nicht betreten worden, noch beendet hätten.

Weiters ist festzuhalten, dass die Arbeiten der Ausländer (zwei Mann, drei Tage, wobei offensichtlich eine längere Arbeitszeit zumindest projektiert war) einen wirtschaftlichen Wert darstellen. Der unabhängige Verwaltungssenat folgt dem Berufungswerber darin, dass dieser wirtschaftliche Wert nicht (jedenfalls nicht unmittelbar) Frau R sondern dem Berufungswerber zu Gute kam. Das Motiv, warum der Berufungswerber, wenn man der von ihm vorgebrachten Konstruktion folgt, Frau R diesen wirtschaftlichen Wert "schenkte", kann hier auf sich beruhen.

Ist sohin die Erbringung der Arbeitsleistungen durch die Ausländer dem Berufungswerber zuzurechnen, so läge nur dann keine Beschäftigung iSd AuslBG vor, wenn es sich um einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst (der Ausländer in Relation zum Berufungswerber) gehandelt hätte. Die Rechtsfigur des unentgeltlichen Freundschaftsdienstes ist zwar im Bereich des AuslBG dogmatisch anerkannt, jedoch an Voraussetzungen gebunden. Dass der Berufungswerber die Polen seit Längerem kannte, hat er in der öffentlichen mündlichen Verhandlung unwiderlegbar behauptet. Hinsichtlich der Unentgeltlichkeit ergeben sich jedoch schon nach den äußeren Umständen der Situation starke Zweifel: Die Ausländer suchten nach der eigenen Darstellung des Berufungswerbers aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus Arbeit. Schon von daher erscheint es gänzlich unwahrscheinlich, dass sie zur Leistung von Gratisarbeit nach Österreich kamen. Wahrscheinlich ist vielmehr, dass ihr Motiv im Erlangen einer Geldentlohnung (oder zumindest einer geldwerten Entlohnung) bestand. Eine Entlohnung in Geld konnte jedoch nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Wohl aber eine Entlohnung in Form der Finanzierung eines Urlaubs. Dass diese Leistung des Berufungswerbers iS einer synallagmatischen Gegenleistung für Arbeit zu verstehen war, hat der Berufungswerber schon in seiner Niederschrift mit dem AI eingeräumt, wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung durch den AI vom Berufungswerber unwidersprochen anlässlich der Befragung zur Niederschrift bestätigt und vom Berufungswerber überdies in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ein weiteres Mal zugegeben.

Somit lag eine Beschäftigung iSd AuslBG vor. Dass der Berufungswerber rechtlich - sinngemäß - die Auffassung vertritt, diese Form der Naturalentlohnung könne kein Beschäftigungsverhältnis iSd AuslBG begründen, ändert an der rechtlichen Qualifikation des gegenständlichen Sachverhalts nichts. Die Tat ist daher dem Berufungswerber in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts die Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist gesetzlich ausgeschlossen. Da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, erscheint auch eine Anwendung des § 21 VStG unzulässig.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. Langeder

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