Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250951/61/Lg/Ni

Linz, 30.04.2003

 VwSen-250951/61/Lg/Ni Linz, am 30. April 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 27. September und am 17. Dezember 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der M H, vertreten durch den Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 3. August 2001, Zl. SV96-17-1-2001, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 10.000 S (726,73 Euro) bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma H L GmbH, und sohin als das zur Vertretung nach außen berufene Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass die o.a. Firma am 4.1. und 5.1. und zwischen 8.1 und 10.1.2001 den palästinensischen Staatsbürger Z B A beschäftigt habe, obwohl die für eine legale Ausländerbeschäftigung arbeitsmarktrechtlichen Papiere nicht vorgelegen seien.
  2.  

    Begründend wird auf die Regelung des § 2 Abs.2 lit.e AuslBG verwiesen und der
    Bw vorgeworfen, die Firma H sei als Beschäftiger überlassener Arbeitskräfte (Überlasser: E S W KEG, W) aufgetreten. Das Nichtvorliegen der (im Falle einer Überlassung ausländischer Arbeitskräfte ohnehin nicht erlangbaren) arbeitsmarktrechtlichen Papiere sei ohnehin unstrittig.

     

     

  3. In der Berufung wird geltend gemacht, es sei unzulässig, mehrere handelsrechtliche Geschäftsführer wegen desselben Delikts zu bestrafen. Insbesondere sei zu beachten, dass die Bw im Unternehmen zur Gänze andere Aufgaben habe und mit dem Abschluss von Personalleasingverträgen ebenso wenig zu tun habe, wie mit der Aufnahme österreichischer Arbeitskräfte. Für das Personalwesen sei Herr Hatzmann firmenintern zuständig. Die Bw habe nichteinmal Kenntnis davon, dass sich im Unternehmen Ausländer befinden, welche an die Firma H verleast worden sind.
  4.  

    Die Bestrafung verletze die Bw in den verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Der Verfassungsgerichtshof (G159/00 u.a. vom 12.6.2001 und G216/96 vom 9.10.1997) habe judiziert, dass dem Vergleich mit dem gerichtlichen Strafrecht Bedeutung zukomme, insbesondere bei Fragen des Ausmaßes der Bestrafung und der Strafzumessung. Auf die Unternehmensstruktur sei bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer Bedacht zu nehmen (OGH vom 10.1.1978, 3 OB 536/77 und VwGH vom 25.9.1992, 91/17/0134).

     

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6.  

    Laut Niederschrift der BH Ried i.I. vom 23.1.2001 sagte der gegenständliche Ausländer vor der Behörde aus, er sei nach verschiedenen fremdenrechtlich relevanten Verhaltensweisen am 2.1.2001 nach Schalchen in die Wohnung eines Ägypters übersiedelt, wo er am 11.1.2001 festgenommen worden sei. Zwischen 2.1. und seiner Aufgreifung habe er an insgesamt vier Tagen in der "Hendl-Fabrik" H illegal gearbeitet, und zwar am 4.1. und 5.1.2001 sowie in zwei weiteren Schichten zwischen 8.1. und 10.1.2001. Die Arbeitszeit pro Schicht habe 10 Stunden betragen. Er habe Kisten reinigen und Hendl zur Schlachtung aufhängen müssen. Die Arbeit habe ihm ein Araber vermittelt und es sei von ihm "von diesen Leuten" ein Stundenlohn von 70 S in Aussicht gestellt worden.

     

    Zur Rechtfertigung aufgefordert nahm die Bw im Schreiben vom 15.5.2001 dahingehend Stellung, die Firma H habe mit den in Rede stehenden Ausländern keine Vertragsbeziehung eingegangen. Vielmehr seien die Ausländer von der E S W KEG, W, geleast worden. Diese Firma habe zugesichert, einen Gewerbeschein zu besitzen, wobei im Betreff "Personal-Leasing" angeführt ist. Diese KEG habe ferner schriftlich bekannt gegeben, dass sie zehn oder mehr sehr gute, arbeitsame und angemeldete Personen als Hilfsarbeiter anbieten könne. Die Kosten würden 138 S netto pro Person und Stunde betragen. Diese KEG sei außerdem ins Firmenbuch eingetragen. Die Firma H habe daher keinerlei Bedenken hinsichtlich der Seriosität dieser Firma gehegt. Infolge aktenkundiger Probleme mit den in Rede stehenden Ausländern sei die Geschäftsbeziehung jedoch umgehend aufgelöst worden. Die gegenständlichen Ausländer seien die ersten und einzigen, die von der in Rede stehenden KEG an die Firma H verleast worden seien. In der Verwaltungsstrafakte würden sich Niederschriften mit den Herren N und C finden, des Inhalts, dass ihre Bezahlung durch eine der Leasingfirma zuzurechnende Person erfolgt sei (Beweis: Einvernahme des Geschäftsführers der E S W KEG). Dies beweise, dass die Firma H mit den gegenständlichen Ausländern keinen Dienstvertrag sondern nur mit der genannten KEG einen Leasingvertrag abgeschlossen hatte. Der Rechtfertigung liegen Kopien des Ansuchens um Eintragung der E S W KEG in das Firmenbuch und des Angebots der E S W KEG an die Firma H "sehr guter arbeitsamer angemeldeter Personen als Hilfsarbeiter" bei.

     

     

  7. Der Inhalt von "Parallelakten" (betreffend die Beschäftigung anderer überlassener ausländischer Arbeitskräfte), der Inhalt der (für alle in Rede stehenden Fälle gemeinsam durchgeführten) öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie weitere Vorbringen der Bw sind in den Erkenntnissen des Unabhängigen Verwaltungssenats vom 7. April 2003, Zahlen VwSen-250952, 250953 und 250972 (betreffend Johann und M H) ausführlich dargestellt wird. Eine Wiederholung dieser Darstellung im vorliegenden Erkenntnis erscheint daher verzichtbar.
  8.  

     

  9. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

In der erwähnten öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der Überlasser E S zeugenschaftlich einvernommen unter anderem aus, der hier gegenständliche Ausländer habe einen gefälschten italienischen Pass gehabt, weshalb der Zeuge davon ausgegangen sei, dass er für diesen Ausländer keine "Arbeitsbewilligung" benötige. Die Richtigkeit dieses - im Zweifel zu glaubenden - Vorbringens vorausgesetzt, ist § 1 Abs.2 lit.m AuslBG einschlägig. Ebenfalls im Zweifel ist der Bw zu glauben, sie habe diesen Irrtum geteilt. Die Tat ist daher infolge eines Tatsachenirrtums entschuldigt.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

 

 
 

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