Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-250982/7/Lg/Ni

Linz, 15.10.2002

VwSen-250982/7/Lg/Ni Linz, am 15. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 26. September 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des K vertreten durch
den Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr, vom 8. Februar 2002, Zl. Ge-741/01, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtenen Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 1.500 Euro bzw. zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 96 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer
    und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma "S" K Ges.m.b.H., S, als Generalunternehmer, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten habe, dass die mazedonischen Staatsbürger H und I am 5.7.2001 durch die Firma F. & T. Finanzierungsberatung & Beteiligungsgesellschaft m.b.H., W, als Subunternehmer, auf der Baustelle des Generalunternehmers in B beschäftigt wurden, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien. Die gegenständlichen Arbeiten (Verlegen von Fliesen - Terrazzo -) fielen in den Rahmen der Tätigkeit der Firma "S" K Ges.m.b.H. Der Bw habe somit die zumutbare und regelmäßige Beaufsichtigung des Auftragnehmers während der Auftragserfüllung unterlassen. Da er bereits wegen unerlaubter Beschäftigung von bis zu drei Ausländern rechtskräftig bestraft worden sei, stelle dies eine wiederholte Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar.
  2. Begründend verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates. Der Bw habe die ihm zumutbare regelmäßige Beaufsichtigung des Auftragnehmers unterlassen (§ 28 Abs.6 Z2 AuslBG). Er habe sich damit gerechtfertigt, dass die gegenständliche Baustelle in regelmäßigen Abständen kontrolliert worden sei. Selbst eine vermehrte Kontrolle hätte die unerlaubte Beschäftigung der Ausländer nicht verhindert. Infolge des Außerachtlassens der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt habe der Beschuldigte verkannt, dass er durch sein Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklichte.

  3. In der Berufung wird zunächst gerügt, dass es die Behörde unterlassen habe, das dem Bw vorgeworfene Verhalten konkret zu umschreiben. Statt dessen hätten sämtliche Schreiben der Behörde, welche dem Bw erreichten, stets nur den Gesetzeswortlaut des § 28 Abs.6 Z2 AuslBG wiederholt. Es sei daher nach wie vor unklar, inwiefern der Bw seinen Subunternehmer nicht regelmäßig zumutbar beaufsichtigt haben soll. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren habe der Bw dargetan, "zumindest einmal wöchentlich" (also: öfter als einmal wöchentlich) kontrolliert zu haben. Das angefochtene Straferkenntnis sei daher wegen mangelhafter Begründung verfassungswidrig (Verstoß gegen den Gleichheitssatz). Der Begriff "zumutbaren regelmäßigen Beaufsichtigung" sei im Hinblick auf Artikel 7 MRK bzw. Artikel 18 BVG wegen der Unschärfe der Tatbestandsumschreibung verfassungswidrig. Dasselbe gelte im Hinblick auf die unklare Rechtsfolgenverweisung des § 28 Abs.6 AuslBG (Strafrahmenerhöhung). Überdies verstoße die unterschiedliche Behandlung der Ausländer gegen das verfassungsrechtliche Verbot rassischer Diskriminierung.
  4. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  5. Nach den mit den Ausländern am 5.7.2001 aufgenommenen Niederschriften sagten die Ausländer aus, am Betretungstag zum erstenmal auf dieser Baustelle gearbeitet zu haben. Sie seien von einer unbekannten Person angesprochen und von W nach B gebracht worden. Auf der Baustelle sei das Werkzeug bereits vorhanden gewesen. Mit der unbekannten Person sei die Entlohnung vereinbart worden. Die Ausländer hätten bisher nur eine Anzahlung erhalten. Ihre angebliche Aussage vor Ort, sie würden für die Firma "S" arbeiten, wurde von den Ausländern nicht bestätigt.

    Der Bw gab laut dem der Anzeige beiliegenden Aktenvermerk an, die Arbeiten an der betreffenden Baustelle an eine Subfirma weitergegeben zu haben. Er werde den Vertrag mit der Subfirma dem AI umgehend zusenden. Laut Aktenvermerk vom 11. Juli 2001 gab Herr S von der Firma "S" telefonisch bekannt, dass die Firma "F. & T." mit der gegenständlichen Terrazzo-Verlegung beauftragt worden sei.

    Mit dem im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen Tatvorwurf zur Rechtfertigung aufgefordert, verantwortete sich der Bw, anwaltlich vertreten, dahingehend, dass die gegenständlichen Ausländer von der Firma "F. & T." beschäftigt worden seien. Zwischen der Firma "S" und der Firma "F. & T." sei der beiliegende "Rahmenwerkvertrag" vom 4.5.2001 abgeschlossen worden. Nach Punkt X. des Rahmenwerkvertrages seien die beiliegenden Erklärungen zum Vertragsinhalt erklärt worden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass diese Erklärungen bis dato trotz entsprechender Aufforderung durch die Firma "S" nicht retourniert wurden. Im Hinblick auf § 28 Abs.6 Z2 AuslBG wird dargelegt, dass der Bauleiter der Firma "S", G, zumindest einmal wöchentlich auf der Baustelle anwesend war und unter anderem auch die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG kontrollierte. Die gegenständlichen Ausländer seien laut ihrer eigenen Aussage zum erstenmal auf der Baustelle gewesen, sodass er ihre Anwesenheit nicht wahrnehmen konnte.

    Nach dem angesprochenen "Rahmenwerkvertrag" werden die Materialen vom Werkvertraggeber dem Werkvertragsnehmer zur Verfügung gestellt und auf die Baustelle geliefert. Die durchzuführenden Arbeiten würden pro Baustelle genau definiert. Die Koordination der Baustellen erfolge ausschließlich durch den Auftraggeber. Der Werkvertragsnehmer erhalte für die Verlegung von Natur- und Kunststeinprodukten einen im Anhang oder im Deckblatt festgelegten Quadratmeterpreis, Laufmeterpreis und verrechenbare Stundensätze. Werkzeuge und Maschinen müsse der Werkvertragsnehmer beistellen. Der Werkvertragsnehmer sei bei sonstigen Pönalzahlungen verpflichtet, termingerecht zu arbeiten. Ferner sei er für die ordnungsgemäße Erfüllung verantwortlich. Die gegenständliche Vereinbarung werde zunächst auf ein Jahr abgeschlossen, wobei es jeder der beiden Vertragsparteien frei stehe, die Vereinbarung unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist aufzukündigen. Falls es zu keiner Aufkündigung kommt, verlängere sich die Vereinbarung automatisch um ein weiteres Jahr, wobei als Geschäftsjahr das Kalenderjahr als vereinbart gilt. Die beiliegenden allgemeinen Bedingungen seien integrierter Bestandteil des Werkvertrags. Der Werkvertragsnehmer verpflichte sich, wenn er durch die Firma "S" voll ausgelastet sei, für kein anderes Unternehmen tätig zu werden. Andernfalls seien die Termine, zu denen der Werkvertragsnehmer für ein Fremdunternehmen arbeitet, mit der Firma "S" abzustimmen. Die Erklärungen (drei Beilagen) zum Ausländerbeschäftigungsgesetzes müssten unterschrieben werden und seien unwiderruflicher Bestandteil des Vertragsverhältnisses.

    Laut einer beiliegenden Kopie einer "Bestätigung, dass keine Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegen" bestätige das unterzeichnende Unternehmen (im gegenständlichen Fall fehlt allerdings eine solche Unterzeichnung), dass es in der Vergangenheit keinen Verstoß gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz begangen habe und auch in der Zukunft sich hinsichtlich dieses Gesetzes legal verhalten werde. Bei Zuwiderhandeln würde der Auftraggeber, die Firma "S", schad- und klaglos gehalten.

    Nach einer weiteren "Erklärung der Auftragnehmer bzw. Arbeitskräfteüberlasser"
    wird erklärt, dass das Unternehmen zur Kenntnis nehme, dass der Auftraggeber
    bei Gesetzesverstößen zum sofortigen Vertragsrücktritt berechtigt ist. Der Auftragnehmer hafte für alle daraus entstehenden Nachteile und Folgeschäden. Der Auftragnehmer bestätigt, dass sämtliche Entgeltsansprüche der beigestellten / überlassenen Dienstnehmer erfüllt werden und dass die Sozialversicherungsbeitragspflicht gegenüber der Gebietskrankenkasse erfüllt wird. Der Nachweis sei in Form einer von der GKK bestätigten Unbedenklichkeitserklärung jeder Teilrechnung beizulegen. Der Auftagnehmer hafte im Rahmen der Gewährleistung für die zugesicherte bzw. bedungene Qualifikation der Arbeitskräfte und für deren termingerechten Arbeitseinsatz. Bei Ausfall einer oder mehrerer Arbeitskräfte hafte der Auftragnehmer für alle daraus resultierenden Nachteile.

    Mit Schreiben vom 16. Oktober 2001 nahm das AI dahingehend Stellung, dass eine einmalige Kontrolle pro Woche nicht genüge. Außerdem sei die Baustelle nicht 200 km sondern lediglich 173 km von S entfernt.

    Mit Schreiben vom 5.11.2001 nahm der Bw dahingehend Stellung, dass er die Baustelle nach eigener früherer Aussage zumindest einmal pro Woche kontrolliert habe, also mehr als einmal pro Woche. Eine darüber hinaus gehende Kontrolle sei unzumutbar, da für die Baustellenkontrolle, wie das AI richtig festgestellt habe, eine Wegstrecke von zweimal 173 km, als 346 km, bei durchaus schlechten Verkehrsanbindungen zurückgelegt werden müssen, was einen Zeitaufwand von rund viereinhalb Stunden erfordere, was letztlich mit erheblichen Kosten verbunden sei. Der Bw habe dafür gesorgt, dass die gegenständliche Baustelle sechs- bis achtmal monatlich kontrolliert wurde. Überdies sei mit dem Subunternehmer ohnehin die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG zwingend vereinbart worden. Im Übrigen hätten nicht einmal tägliche Kontrollen die illegale Beschäftigung der beiden gegenständlichen Ausländer zu verhindern vermocht, da beide am ersten Arbeitstag betreten wurden.

  6. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung erklärte der Bw, der dem Akt beiliegende "Rahmenwerkvertrag" stelle eine Vertragsschablone für Subunternehmen dar, derer er sich zum Zweck der Abdeckung von Spitzenbelastungen bediene. In der Praxis laufe dies so ab, dass sich der Bw an den Subunternehmer mit Begehren wie etwa: "Ich brauche jetzt drei Mann von dir, die Stufen legen, Platten legen und Sockelleisten kleben können" wendet. Diese Männer würden dann auf die Baustelle geschickt um sich mit dem Bauleiter des Bw zu treffen, der den Arbeitern erkläre, was zu tun sei. Die Arbeiten würden vom Bauleiter regelmäßig kontrolliert; die Häufigkeit der Kontrollen hänge von der Qualität der Arbeiter ab. Die auf diese Weise zum Einsatz gelangenden Arbeitskräfte würden nicht "gemischt" mit Arbeitskräften des Bw arbeiten, obwohl der Arbeitsbereich grundsätzlich derselbe sei. Kontakt zwischen Arbeitnehmern des Bw und den vom Subunternehmer geschickten Arbeitern gäbe es nur in der Weise, dass der Bauleiter des Bw die Arbeiter des Subunternehmers dirigiert. Die Arbeitszeit der Arbeiter des Subunternehmers würde seitens des Bw nicht kontrolliert; da das System praktisch auf einen Akkordlohn hinauslaufe, seien die Arbeiter selbst an einer zügigen Arbeit interessiert.

Die längerfristige Bindung von Subunternehmen habe vor allem den Sinn, das unternehmerische Risiko für die Personalkosten (so wie dies bei der Inanspruchnahme der Leistungen von Personalleasingfirmen eben der Fall sei) zu überwälzen. Außerdem sollten gute Firmen an das Unternehmen des Bw gebunden werden; diese seien dann auch über Jahre hinweg "ausgelastet".

  1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Im vorliegenden Fall ist nach den eigenen Darlegungen des Bw davon auszugehen, dass (nach den Kriterien des § 4 Abs. 2 AÜG bzw. der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hiezu) eine Arbeitskräfteüberlassung vorlag: Es wurde nicht einmal versucht, deutlich zu machen, worin gegenständlich das "Werk" bestanden haben soll. Im Gegenteil: Es wurde ein Dauerschuldverhältnis mit einem "Subunternehmer" (in Wahrheit: Überlasser) dargetan, das - so der Bw mit voller Deutlichkeit insbesondere in der öffentlichen mündlichen Verhandlung - den Zweck der Zurverfügungstellung von Arbeitskräften hatte. Dieser - nach § 4 Abs.2 AÜG maßgebliche - "wahre wirtschaftliche Gehalt" zeigt sich auch an einzelnen Aspekten, wie insbesondere der Anforderung einer bestimmten Anzahl von Arbeitern, der Anweisung und Kontrolle durch den Bauleiter des Bw, der Verarbeitung des Materials des Bw, dem (vergleiche auch den "Rahmenwerkvertrag") ausschließlichen oder zumindest vorrangigen Einsatz der Arbeitskräfte für das Unternehmen des Bw, der (vergleiche die oben erwähnte "Erklärung der Auftragnehmer bzw. Arbeitskräfteüberlasser") Haftung der Letztgenannten für die Qualifikation der Arbeitskräfte und den termingerechten Einsatz der Arbeitskräfte sowie dem Akkordlohnsystemeffekt. Durchaus signifikant verwendete der Bw selbst (in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bzw. in den vorgelegten Schriftstücken) bedenkenlos den Begriff "Überlassung" und bzw. des "Leasings". Gegenüber diesen das Gesamtbild bestimmenden Faktoren treten die vorliegenden, auf einen iSd § 4 Abs.2 AÜG unbedenklichen Werkvertrag hinweisenden Momente völlig in den Hintergrund.

Strafbar ist die Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte (bei gegebenen sonstigen Voraussetzungen) gemäß § 28 Abs.1 Z1 lit.a (iVm § 3 Abs.1, 2 Abs.2 lit.e 2 Abs.3 lit.c) AuslBG. Dieser Tatbestand ist ein aliud gegenüber § 28 Abs.6 AuslBG (sogenannte "Generalunternehmerhaftung"). Da der dem Bw gegenständlich vorgeworfene Tatbestand des § 28 Abs.6 (Z2) AuslBG (mangels Vorlegens eines "echten" Werkvertrages) nicht erfüllt ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

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