Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251004/2/Lg/Ni

Linz, 27.08.2002

VwSen-251004/2/Lg/Ni Linz, am 27. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufungen der H, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 24. Juni 2002, Zl. SV96-37-2000, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 13. Mai 2002, Zl. SV96-37-2000 betreffend eine Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz 1975 zu Recht erkannt:

Die Berufung gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land
vom 24. Juni 2002, Zl. SV96-37-2000 wird als unbegründet abgewiesen (§ 66
Abs.4 AVG iVm § 24 VStG). Die Berufung gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 13. Mai 2002, Zl. SV96-37-2000 wird als verspätet zurückgewiesen (§§ 63 Abs.5, 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG).

Entscheidungsgründe:

  1. Mit Straferkenntnis vom 13. Mai 2002 wurde die Berufungswerberin (Bw) wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 bestraft. Dieses Schreiben wurde laut Übernahmsbestätigung von der Bw am 17.5.2002 persönlich übernommen. Mit Schreiben vom 12. Juni 2002 stellt die nunmehr anwaltlich vertretene Bw den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob gleichzeitig Berufung gegen das erwähnte Straferkenntnis. Begründet wird der Wiedereinsetzungsantrag damit, die Bw habe mit Schreiben vom 21.5.2002 eine Kopie des Straferkenntnisses an ihren ständigen Rechtsvertreter weitergeleitet und um Erhebung einer Berufung ersucht. Dieses Schreiben habe sie am 21.5.2002 persönlich zur Post gegeben, jedoch sei dieses nie in der Kanzlei der Rechtsvertreter eingelangt. Erst im Zuge der Besprechung in der Kanzlei ihrer Rechtsvertreter im Zusammenhang mit anderen Angelegenheiten am 4.6.2002 habe sich die Bw nach dem "Stand in der Sache Ausländerbeschäftigungsgesetz" erkundigt, wobei ihr mitgeteilt worden sei, dass eine diesbezügliche Angelegenheit in der Kanzlei ihrer Rechtsvertreter gänzlich unbekannt sei. Darin sei ein unvorhergesehenes Ereignis zu sehen und könne der Bw nicht als ein den minderen Grades übersteigenden Verschulden angerechnet werden, dass sie das Schreiben an den Anwalt nicht eingeschrieben zu Post gegeben hat, zumal sie im Hinblick auf die allgemeine Zuverlässigkeit des Postverkehrs mit dem Einlangen des Schreibens in der Kanzlei der Rechtsvertreter rechnen durfte.
  2. Mit Bescheid vom 24. Juni 2002 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen. Die geschilderte Vorgehensweise der Bw könne von der Behörde nicht nachvollzogen werden und erscheine angesichts einer selbstverschuldeten Fristversäumung als Schutzbehauptung. Wenn ein derartig wichtiges Schriftstück nicht eingeschrieben und mit der allgemeinen Zuverlässigkeit des Postverkehrs rechnend weitergeleitet wird, sei eher von einem selbstverschuldeten Missgeschick als von einem unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignis zu sprechen. Ein Schreiben der Antragswerberin, wie in der Beilage des Antrages übermittelt, welches mit 21.5.2002 an den Rechtsvertreter ergangen sein soll, ließe sich ohne weiteres im Nachhinein erstellen und könne daher als Beweis für eine rechtzeitige Weiterleitung des Straferkenntnisses nicht anerkannt werden. Die dem Antrag beigefügte eidesstättige Erklärung erscheine der Behörde nicht als ausreichender Beweis. Eine Glaubhaftmachung im Sinne des § 71 Abs.1 Z1 AVG sei daher nicht gelungen.

    In der Berufung wird dagegen eingewendet, unter "Glaubhaftmachung" spreche man dann, wenn die Herbeiführung eines behördlichen Urteils über die Wahrscheinlichkeit einer Tatsache genügt (unter Hinweis auf Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, RZ 315). Im Nichteinlangen eines Poststücks liege nach der Rechtssprechung des VwGH (unter Hinweis auf 99/03/0078; 99/02/0356) ein unvorhergesehenes Ereignis und könne die Tatsache, dass das Poststück nicht "eingeschrieben" aufgegeben wurde, nicht als ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden angerechnet werden.

  3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 Z1 AVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen zu sein, eine Frist einzuhalten und sie kein oder nur ein minderer Grad des Verschuldens trifft.

Die Bw behauptet, dass ihr Auftrag an den Rechtsanwalt, Berufung zu erheben, durch ein Postversehen den Rechtsanwalt nicht erreichte. Der angefochtene Bescheid geht davon aus, dass der Bw die Glaubhaftmachung der (rechtzeitigen) Beauftragung des Rechtsanwalts nicht gelang. Dem angefochtenen Bescheid ist zuzubilligen, dass es nicht im Sinne des Gesetzes liegen kann, § 71 Abs.1 Z1 AVG so zu interpretieren, dass durch übertriebene Toleranz einem Unterlaufen der Berufungsfrist Tür und Tor geöffnet wird. In der Tat ist die bloße Bescheinigung der Beauftragung im Postweg mittels eines im Nachhinein leicht (re-)produzierbaren Schriftstücks von geringem Beglaubigungswert und zwar aus auf der Hand liegenden Gründen auch dann, wenn eine "eidesstättige Erklärung" des Antragswerbers über die Postaufgabe beigefügt wird. Andrerseits erfährt die Behauptung durch gewisse lebensnahe Momente (hier: die Erwähnung weiterer vom Rechtsanwalt zu behandelnder Angelegenheiten im gegenständlichen Schreiben und die Schilderung der Besprechung in der Kanzlei am 4.6.2002 im vom Rechtsanwalt verfassten Wiedereinsetzungsantrag) eine gewisse zusätzliche Stütze, sodass es dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht gänzlich unvertretbar erscheint, von der Glaubwürdigkeit der Behauptung der Postaufgabe auszugehen.

Freilich ist nicht zu verkennen, dass jedermann des mit einem Posttransport verbundene Risiko eines Verlusts der Sendung bekannt ist.

Daher trifft die Gefahr des Verlusts einer Eingabe stets den Einschreiter (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, RZ 239). Ob dieser Gedanke schon dem Begriff des "unvorhergesehenen Ereignisses" entgegensteht, sei dahingestellt. Zum Tragen kommen muss die allgemeine Bekanntheit des in Rede stehenden Risikos jedoch spätestens im Zusammenhang mit der Verschuldensfrage. Im Sinne der angesprochenen Verhinderung des Leerlaufens der Berufungsfrist erschiene es unangebracht, einen Bw von dem mit der Wahl des Posttransports als "Kommunikationsmittel" verbundenen Risiko zu entlasten. Wählt der Bw dieses Mittel, so ist ihm zuzumuten, das Verlustrisiko - etwa durch telefonische Vergewisserung über das Einlangen der Postsendung (entsprechend dem allgemeinen Grundgedanken einer Überwachungspflicht bei Boten) - hintan zu halten. Dies gilt insbesondere in Fällen der Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Einbringung eines Rechtsmittels. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof (27.6.1991, Zl. 90/06/0191) ausgesprochen: Hat der Vertreter des Beschwerdeführers denselben gegenüber den Verwaltungsbehörden nicht vertreten und daher von dem angefochtenen Bescheid keine Kenntnis, so verhält sich der Beschwerdeführer grob fahrlässig, wenn er selbst bzw. durch eine von ihm beauftragte Person diesen Rechtsanwalt mit einer unbescheinigten Postsendung mit der Einbringung einer Beschwerde an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts beauftragt, ohne sich in der Folge etwa fernmündlich zu vergewissern, ob die Sendung beim Rechtsanwalt angekommen und ob dieser bereit ist, die Beschwerde für den Beschwerdeführer einzubringen (zitiert nach Walter-Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 1. Band, 2. Auflage, E51 zu § 71 AVG).

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid betreffend die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags zu bestätigen. Dies hat zur weiteren Konsequenz, dass die Berufung als verspätet zurückzuweisen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

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