Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251049/9/Lg/Ni

Linz, 10.12.2003

 

 

 VwSen-251049/9/Lg/Ni Linz, am 10. Dezember 2003

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 14. November 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G L, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung, vom 21. Mai 2003, Zl. SV96-32-10-2002-Brof, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 726 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt, weil er den tschechischen Staatsangehörigen L S auf dem Gelände der Firma L Bau GesmbH vom 5.8.2002 bis zum 11.8.2002 beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.
  2.  

    Begründend wird angeführt, der Sachverhalt sei aufgrund der Anzeige der Bundesgendarmerie, Grenzüberwachungsposten B L, erwiesen. Da im gegenständlichen Fall Fahrlässigkeit anzunehmen sei, sei die Tat dem Bw auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

     

     

  3. In der Berufung wird zunächst darauf hingewiesen, dass der Bw nicht außenvertretungsbefugtes Organ der L Bau GmbH sei. Er könne daher nicht, falls das vom angefochtenen Straferkenntnis intendiert sei, als Außenvertretungsbefugter dieser Gesellschaft zur Verantwortung gezogen werden.
  4.  

    Vor allem aber wird argumentiert, der gegenständliche Ausländer habe weder für den Bw noch für die L Bau GmbH gearbeitet. Vielmehr ergebe sich aus der Aktenlage, dass der gegenständliche Ausländer für den vom Bw mit der Holzzerkleinerung beauftragten tschechischen Staatsangehörigen S S gearbeitet habe. Es könne auch nicht von einer Arbeitskraftüberlassung im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) ausgegangen werden, da dies voraussetzt, dass der Überlassene einer Überlassung zustimmt. Der Arbeitsauftrag sei vom Bw gegenüber Herrn S ergangen, nicht gegenüber dem gegenständlichen Ausländer. Der Bw habe auch Herrn S entlohnt, nicht den gegenständlichen Ausländer. Der gegenständliche Ausländer habe Herrn S aus Gefälligkeit geholfen, weil dieser auf Urlaub habe gehen wollen.

     

    Der Berufung liegt eine mit 19.8.2002 datierte und von S unterschriebene Bestätigung bei, wonach der Bw S 1.100 Euro für das Zerkleinern von Holz bezahlt habe.

     

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6. Laut Anzeige des Grenzüberwachungspostens B L vom 3.9.2002 wurden L und T S am Sonntag den 11.8.2002 um 8.00 Uhr auf dem Gelände der Firma L in B L betreten, als sie mit einer Holzerkleinerungsmaschine Brennholz zur Beheizung des Firmengebäudes zerkleinerten. Die beiden tschechischen Staatsangehörigen seien vorerst geflüchtet, hätten aber nach kurzer Zeit aufgegriffen und dem GÜP B L übergeben werden können. Zuvor habe T S den Beamten die beiden von ihm und seinem Vater bewohnten Zimmer im Gebäude der Firma L gezeigt. Von diesen Zimmern sowie der Holzzerkleinerungsmaschine seien Fotos angefertigt worden (Beilage). Die beiden Ausländer seien am GÜP B L unter Beiziehung einer gerichtlich zertifizierten Dolmetscherin niederschriftlich einvernommen worden (Beilage).

     

    Laut der beiliegenden Niederschrift sagte L S vor dem GÜP B L aus, sein Bekannter, S S, arbeite schon seit fünf bis sechs Jahren bei der Firma L in B L. Er habe ihn, S, ersucht für ihn bei dieser Firma zu arbeiten, damit er auf Urlaub fahren könne. Dafür hätte S ihm, S, bei der Renovierung seines Hauses in Tschechien geholfen. Er sei daher am Montag den 5.8.2002 mit seinem Sohn T zur Firma L gefahren. S S habe den beiden dort die Holzzerkleinerungsmaschine gezeigt. Dabei sei auch Herr L anwesend gewesen. L S habe allerdings nicht mit L gesprochen, sondern S S habe alles mit Herrn L ausgemacht.

     

    Die beiden tschechischen Staatsangehörigen hätten am Montag 5.8. und Dienstag den 6.8.2002 sowie Freitag 9.8. und Samstag den 10.8.2002 am Hof der Firma L gearbeitet. Am Montag hätten die beiden auch zwei Zimmer bei der Firma L bezogen, wovon eines S gehört habe.

     

    Die beiden Ausländer hätten sich beim Eintreffen der Polizei versteckt, weil sie sich geschreckt hätten. Sie hätten aber nicht gedacht, dass sie für diese Arbeit eine Erlaubnis für Österreich brauchen, da sie nur ihren Bekannten S S hätten helfen wollen, damit dieser auf Urlaub fahren kann. Sie hätten kein Geld von Herrn L bekommen, sondern S hätte im Gegenzug beim Haus von L S gearbeitet.

     

    Zur Rechtfertigung aufgefordert, äußerte sich der Bw mit Schreiben vom 26.11.2002 dahingehend, im Juli 2002 habe der Bw S S im Rahmen eines Werkvertrages beauftragt, verschiedenes vorhandenes Abfallholz zu zerkleinern und heizfähig zu machen. Als Endtermin für die Fertigstellung sei der 12.8.2002 vereinbart worden, da ab 15.8.2002 die Freiwillige Feuerwehr B L auf dem Gelände für mehrere Tage ein Feuerwehrfest veranstaltet habe und bis dahin die Holzarbeiten abzuschließen gewesen wären. Aufgrund der Urlaubszeit von Herrn S sei dieser nicht bis zum gesetzten Endtermin alleine mit der von ihm übernommenen Werkleistung zurechtgekommen und habe offensichtlich zwei Tschechen, die Herrn L S und T S beauftragt, die von ihm übernommenen Werkleistungen (Holzherrichtung) durchzuführen. Die am 11.8.2002 angetroffenen Personen seien nicht von G L beschäftigt worden sondern hätten für Herrn S S gearbeitet.

     

    Die gegenständlichen Tschechen hätten Herrn S lediglich aus Gefälligkeit geholfen. S habe den Genannten mitgeteilt, dass diese in seiner Wohnung in B L schlafen können. Lediglich aus Gefälligkeit habe der Bw den beiden gegenständlichen Ausländern mitgeteilt, dass sie auch in dort leerstehenden Zimmern schlafen könnten, da diese Zimmer unbenutzt frei stünden, und sie so die Wohnung des Herrn S nicht benützen müssten.

     

    Unrichtig sei, dass der Bw den Tschechen eine Unterkunft als Entlohnung gewährt hat. Vielmehr habe lediglich Herr S vom Bw einen Auftrag erhalten.

     

    Bezug nehmend auf eine (dem Akt nicht beiliegende) Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26.9.2002 mit dem Beschuldigten H L (handelsrechtlicher Geschäftsführer der L Bau GesmbH) äußerte sich dieser dahingehend, es sei unrichtig, dass er in der Zeit vom 5.8.2002 bis 11.8.2002 Herrn L S beschäftigt habe und diesem ein Zimmer auf dem Firmengelände zur Verfügung gestellt habe. Richtig sei vielmehr, dass die gesamte Verwaltung des Objektes B L, hinsichtlich Kosten und Nutzen, Herr G L inne habe.

     

    Die Firma L GmbH habe Herrn G L lediglich eine Holzverarbeitungsmaschine zur Verfügung gestellt. Mit dem in der Aufforderung zur Rechfertigung aufgestellten Sachverhalt habe weder H L noch die L GesmbH etwas zu tun. Eine Beschäftigung durch H L oder durch die L Bau GmbH der tschechischen Staatsangehörigen L S und T S sei nicht erfolgt. Unrichtig sei auch die Darstellung, dass als Entlohnung eine Unterkunftsgebung vereinbart worden sei, da weder die L Bau GmbH noch H L jemals die beiden angehaltenen genannten Personen beschäftigt habe und ihnen demgemäß auch keine Unterkunft gewährt habe.

     

    Eine Stellungnahme des Hauptzollamtes Linz vom 15.1.2003 beantwortete eine Stellungnahme des Bw vom 10.2.2003 dahingehend, dass die dort aufgestellte Behauptung einer Arbeitskräfteüberlassung nicht nachvollziehbar sei. Es liege lediglich ein Werkvertrag zwischen dem Bw und Herrn S vor. Von S sei ein Werkerfolg geschuldet worden. Dies ergebe sich daraus, dass die Werkleistung nicht von ihm persönlich sondern von durch ihn beauftragte Personen herbeigeführt wurde. Die beiden arbeitenden Personen stünden in keinem - wie immer gearteten - Rechtsverhältnis zur L GmbH bzw. zum Bw, sodass auch keine Überlassung im Sinne des AÜG unterstellt werden könne. Selbstverständlich liege auch keine Zustimmung der angetroffenen Ausländer zu einer Überlassung vor. Vielmehr handle es sich um eine Gefälligkeit gegenüber Herrn S. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass auch Herr S den beiden Ausländern in seiner Wohnung am Unterkunft gegeben hat. Nur der Einfachheit halber habe der Bw diesen beiden Personen unentgeltlich Unterkunft in Räumen gewährt, die er für sich verwaltet.

     

    Abschließend nahm das Hauptzollamt Linz dahingehend Stellung, dass die Tätigkeit der Ausländer nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt als Beschäftigung im Sinne des AuslBG anzusehen ist, welche vom zur Vertretung nach außen Berufenen der L Bau GesmbH zu vertreten sei.

     

     

  7. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw dar, wegen eines Feuerwehrfestes auf dem betreffenden Areal habe Brennholz rechtzeitig zerkleinert und fortgeschafft werden müssen. Der damit von ihm mehr als einen Monat zuvor beauftragte S habe diesen Auftrag großteils selbst erledigt, für Restarbeiten jedoch, weil selbst Urlaub machend, die beiden gegenständlichen Ausländer herangezogen. Der Bw habe dagegen nichts einzuwenden gehabt. Sein Vertragspartner sei aber ausschließlich S gewesen; nur dieser sei von ihm für das genannte Werk entlohnt worden.
  8.  

    Die Beauftragung der Ausländer sei durch S erfolgt. Der Bw hätte mangels entsprechender Sprachkenntnisse mit den Ausländern gar nicht kommunizieren können. S habe den Ausländern eine Wohnmöglichkeit angeboten, lediglich der Einfachheit halber habe der Bw die Möglichkeit eingeräumt, statt dessen näher gelegene leerstehende Zimmer zu benützen. Dies sei jedoch weder vom Bw noch von den Ausländern als Teil der Entlohnung verstanden worden. Keinesfalls sei die Situation so zu verstehen gewesen, dass S die Ausländer im Namen des Bw und mit Wirkung für diesen engagiert habe.

     

     

  9. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Entsprechend der unwidersprochen gebliebenen und mit der Aktenlage (insbesondere hinsichtlich der Aussage des Ausländers vor dem GÜP L) übereinstimmenden Darstellung durch den Bw ist davon auszugehen, dass zwischen dem Bw und S eine vertragliche Vereinbarung bestand, eine bestimmte Menge Holzes bis zu einem bestimmten Termin zu zerkleinern. Dies tat S auch mit Ausnahme einer gewissen Restmenge, die er wegen eines Urlaubs nicht mehr selbst bewältigen wollte. Entsprechend der genannten Vereinbarung erfolgte, ungeachtet des letztgenannten Umstandes, die Entlohnung vollständig an S. Dazu traten zwei weitere Vereinbarungen, nämlich zwischen S und den beiden Ausländern. Nach diesen Vereinbarungen verpflichteten sich die Ausländer gegenüber S, die Restmenge des Holzes zu zerkleinern und verpflichtete sich S gegenüber den Ausländern, bei einem Privathausbau in Tschechien zu helfen.

 

In Anbetracht dieser Situation ist klar, dass zwischen dem Rechtsverhältnis zwischen dem Bw und S einerseits und den Rechtsverhältnissen zwischen S und den Ausländern andrerseits unterschieden werden muss. Es bieten sich m.a.W. keine ausreichend sicheren Anhaltspunkte dafür, dass ein Vertragsverhältnis zwischen dem Bw und den Ausländern zustande kam. Daran ändert auch die Unterkunftsgewährung nichts, da diese im Sinne des Vorbringens des Bw nicht als Lohnbestandteil zu verstehen ist.

 

Zu prüfen bleibt freilich, ob nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt iSd § 4 Abs.2 AÜG iVm §§ 2 Abs.2 lit.e, 2 Abs.3 lit.c und 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG von einer Überlassung ausgegangen werden kann. Dies ist bei richtig wertender Gesamtbetrachtung nicht der Fall: Der Begriff des wahren wirtschaftlichen Gehalts in § 4 Abs.2 AÜG soll Schein- und/oder Umgehungsgeschäften entgegenwirken. Von einer verdeckten Arbeitskräfteüberlassung, wie sie § 4 Abs.2 AÜG vor Augen hat, kann gegenständlich keine Rede sein. S ist selbst als Arbeitnehmer anzusprechen, der Freunde für den Rest einer von ihm übernommenen Arbeit einspringen ließ und sohin keineswegs gleichzuhalten mit einem aus der Überlassung von Arbeitskräften wirtschaftlichen Nutzen ziehenden Unternehmer. Im Unterschied zum typischen Bild einer (verdeckten) Arbeitskräfteüberlassung nahm nur S, nicht auch der Bw, Einfluss auf die Erledigung der Arbeit durch die Ausländer. Weit hergeholt wäre es auch, die als Ausgleich für diesen Freundschaftsdienst der Ausländer gegenüber S gedachte Hilfe bei einem privaten Hausbau mit der Entlohnung überlassener Arbeitskräfte durch einen Überlasser gleichzusetzen. Wollte man all diesen Überlegungen zum Trotz, allein gestützt auf eine überzogene Auslegung des Begriffs des wahren wirtschaftlichen Gehalts dennoch von einer Überlassung ausgehen, so wäre dieser Begriff (im Hinblick auf das Gebot der Klarheit von Straftatbeständen) in verfassungswidriger Weise konturlos gemacht.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 
 

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