Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251054/15/Lg/Ni

Linz, 31.08.2004

 

 

 VwSen-251054/15/Lg/Ni Linz, am 31. August 2004

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine VII. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzerin: Mag. Bismaier) nach der am 17. Juni 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des L X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M H, S, V, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck, vom 4. Juli 2003, Zl. SV 96-16-2002, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird in beiden Punkten des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von je 2.500 Euro bzw. zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von 120 Stunden verhängt, weil er sich als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG als Außenvertretungsbefugter der "Z L" mit Sitz in S, A, geweigert habe, den Organen des Zollamtes Wels, die am 15.9.2002 um 11.40 Uhr, in dem von der angeführten Gesellschaft betriebenen Lokal China-Restaurant "K" eine Kontrolle durchgeführt hätten,

 

  1. den Zugang zu den Kellerräumen des Lokals zu ermöglichen, obwohl der Bw dazu von den Organen mehrmals aufgefordert worden sei und ihm bekannt gewesen sei, dass sich dort jene zwei Personen aufgehalten hätten, die während der Kontrolle in den Keller geflüchtet seien und sich dort in einem Kellerraum eingeschlossen hätten;
  2. Auskunft über die Identität der betretenen Personen zu geben, obwohl der Bw dazu von den Organen ebenfalls mehrmals aufgefordert gewesen worden wäre.

 

In der Küche des Lokales seien zwei Personen fernöstlicher Abstammung beim Kochen angetroffen worden. Nachdem die von den Kontrollorganen ausgesprochene Aufforderung zur Ausweisleistung von den zwei in der Küche beschäftigten Personen nicht befolgt worden wäre, habe der Bw sich bereit erklärt, die erforderlichen Papiere herauszusuchen. Als einer der beiden Köche einen Topf mit heißem Wasser abstellen habe wollen und damit die Aufmerksamkeit des Kontrollorgans auf sich gelenkt habe, sei es dem zweiten Koch gelungen, durch eine Tür in den Keller zu flüchten. Gleichzeitig sei eine Kellnerin, die sich im Gastzimmer aufgehalten habe, ebenfalls in den Keller geflohen.

 

Bei der in der Küche verbliebenen Person habe es sich um den Bruder des Bw, Herrn X L, chinesischer Staatsangehöriger, Mehrheitsgesellschafter der "Z L", gehandelt. Dieser besitze einen Aufenthaltstitel für Italien.

 

Bei der anschließenden Nachschau sei festgestellt worden, dass sämtliche Türen zu den Kellerräumen versperrt gewesen seien. Trotz mehrmaliger Aufforderung durch die Kontrollorgane habe sich der Berufungswerber geweigert, die Türen zu öffnen und den Organen Zutritt zu gewähren.

 

Der Berufungswerber sei der Aufforderung, die Identität der betretenen Personen bekannt zu geben, nicht nachgekommen. Die Amtshandlung sei aus diesem Grund abgebrochen worden.

 

Der Berufungswerber habe dadurch § 26 Abs.2 iVm § 28 Abs.1 Z2 lit.d (Pkt.1 des angefochtenen Straferkenntnisses) bzw. § 26 Abs.1 iVm § 26 Abs.4 und § 28 Abs.1 Z2 lit.c AuslBG (Pkt.2 des angefochtenen Straferkenntnisses) verletzt.

 

In der Begründung wird Bezug genommen auf die Anzeige des Zollamtes Wels vom 8.10.2002 sowie auf die Rechtfertigung des Bw vom 21.11.2002 und die Stellungnahme des Zollamtes Wels vom 6.12.2002.

 

Der Tatvorwurf sei aufgrund des geschilderten Sachverhalts als erwiesen anzusehen. Als Schuldform sei Absichtlichkeit anzunehmen.

 

 

  1. In der Berufung wird vorgebracht, der Bw habe sich bereit erklärt, die Papiere für die in der Küche angetroffenen Personen herauszusuchen. Infolge der Entfernung einer Person aus der Küche bzw. der Entfernung einer weiteren Person aus dem Gastzimmer (von letzterer habe der Bw keine eigene Anschauung gehabt) habe der Bw die Sichtung der Papiere unterbrechen müssen, da er den Kontrollorganen in den Keller gefolgt sei.
  2.  

    Im Kellerbereich befinde sich ein weiteres Lokal ("B") welches weder vom Bw noch von der Z L betrieben werde sowie zu diesem Lokal gehörige WC-Anlagen. Weitere drei Räumlichkeiten würden zu dem von der Z L betriebenen China-Restaurant gehören. Diese Räume seien frei zugänglich. Es gebe keinen Generalschlüssel und würden die Zimmerschlüssel nicht gesondert verwahrt sondern im Schloss stecken. Es wäre dem Bw daher nicht möglich gewesen diese Räumlichkeiten aufzuschließen. Ein gewaltsames Aufbrechen der Türe wäre dem Bw weder zumutbar noch möglich gewesen. Der Bw habe versucht diese Umstände anlässlich der Amtshandlung so weit darzulegen als ihm dies auf Grund seiner Sprachkenntnisse möglich gewesen sei. Es sei daher nicht richtig, wenn ihm vorgeworfen wird, er hätte sich kategorisch geweigert, den einschreitenden Beamten den Zutritt zu den Kellerräumen zu gewähren. Ebenso wenig könne vom Vorliegen einer diesbezüglichen Absicht gesprochen werden.

     

    Im Übrigen mangle es dem Spruch an der gemäß § 44a VStG erforderlichen Bestimmtheit, da nicht ersichtlich sei, um welche Kellerräume es sich gehandelt habe und nähere Ausführungen hinsichtlich der betretenen Personen unterblieben seien.

     

    Zu den Vermögensverhältnissen wird angeführt, dass der Bw über ein Nettoeinkommen in der Höhe von 900 Euro/Monat verfüge und sorgepflichtig für zwei Kinder sei. An der Z L sei er mit 25 % beteiligt und sei die angesprochene Liegenschaft mit Hypotheken im Ausmaß von rund 5 Millionen ATS belastet.

     

  3. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  4.  

    Laut Anzeige des Zollamtes Wels vom 8.10.2002 sei bei der Kontrolle am 25.9.2002, 11.40 Uhr, in der Küche des gegenständlichen Restaurant zwei Personen fernöstlicher Abstammung angetroffen worden. Der Bw habe erklärt, er wolle die erforderlichen Papiere heraussuchen. Der Koch habe die Kontrollorgane abgelenkt, so dass die zweite Person geflüchtet sei. Bei der Nacheile habe dann noch beobachtet werden können, dass der Flüchtende die Kellerstiege hinuntergerannt sei. Gleichzeitig sei im Gastzimmer eine Kellnerin geflohen. Diese Person sei ebenfalls in Richtung Keller gelaufen, da der Ausgang von einer Kontrollperson besetzt gewesen sei. Bei der Überprüfung des Kellers seien sämtliche Türen versperrt gewesen. Der Geschäftsführer sei mehrmals aufgefordert worden, diese zu öffnen. Er habe sich geweigert, dies zu tun. Mangels rechtlicher Zwangsmaßnahmen sei die Amtshandlung abgebrochen worden.

     

    Dies wurde dem Bw in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.10.2002 vorgeworfen.

     

    Mit Schreiben vom 21.11.2002 rechtfertigte sich der Bw dahingehend, es sei ihm unbekannt, ob jemand in den Keller oder sonst wohin geflüchtet sei. Es sei dem Bw nicht möglich gewesen, die Kellerräume aufzuschließen. Ein gewaltsames Aufbrechen sei ihm nicht zumutbar gewesen. Diese Umstände habe er anlässlich der Amtshandlung insoweit dargelegt, als ihm dies aufgrund seiner bescheidenen Kenntnisse der deutschen Sprache möglich gewesen sei. Der Bw habe sohin den Tatbestand des § 26 Abs.2 iVm § 28 Abs.1 Z2 lit.d AuslBG nicht verwirklicht. Auch die subjektive Tatseite sei nicht erfüllt.

     

    Mit Schreiben vom 6. Dezember 2002 nahm das Zollamt Wels dahingehend Stellung, dass es dem Bw sehrwohl möglich gewesen wäre, die Personen, welche sich eingesperrt hatten, aufzufordern, die Türen wieder zu öffnen. Die Betretung der versperrten Kellerräume sei erforderlich gewesen, um die Identität der geflüchteten Personen feststellen zu können.

     

    Des Weiteren werde angemerkt, dass der Bw als Arbeitgeber gemäß § 26 Abs.4 AuslBG verpflichtet gewesen wäre, über die Identität der betretenen Personen Auskunft zu geben. Da dem ebenfalls nicht entsprochen worden sei, wäre im laufenden Verfahren eine Ausdehnung hinsichtlich des Straftatbestandes nach § 28 Abs.1 Z2 lit.f AuslBG zu überlegen.

     

  5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte das Kontrollorgan ADir. O aus, im Zuge der Kontrolle der Küche sei eine Person geflüchtet. Er habe gesehen, wie "ein Schatten" bzw. "eine Silhouette" die Kellerstiege "hinunter geflüchtet" sei. Ob es sich dabei um die von ihm in der Küche betretene Person handelte, vermochte der Zeuge nicht mit Sicherheit zu sagen. Im Keller seien vier bis fünf Türen vorhanden gewesen. Der Zeuge habe versucht, sämtliche Türen zu öffnen, sie seien jedoch alle versperrt gewesen. Ein Lokal "B" bzw. diesem zugehörige Räume habe der Zeuge nicht wahrgenommen. Er habe jedenfalls verlangt, dass sämtliche versperrte Türen aufzusperren seien.
  6.  

    Der Berufungswerber habe sich auf Aufforderung hin, die Türen aufzusperren, passiv verhalten. Ob der Berufungswerber irgendwelche Erklärungen abgab, wisse der Zeuge nicht mehr. Ebenso habe der Zeuge keine Erinnerung, ob der Berufungswerber zu erkennen gegeben hat, dass er die Türen nicht öffnen wolle oder könne. Der Berufungswerber habe aber nicht zum Zeugen gesagt, dass er keinen Schlüssel habe. Dazu, ob der Zeuge den Berufungswerber aufgefordert hatte, in die Zimmer hineinzurufen, sodass eventuell sich in den Räumlichkeiten befindliche Personen von innen die Türe öffnen sollten, habe der Zeuge keine Erinnerung mehr. Der Zeuge nehme jedenfalls an, dass ihn der Berufungswerber verstanden habe. Der Zeuge habe sich der deutschen und englischen Sprache bedient und seinem Ansinnen mittels Gesten Nachdruck verliehen.

     

    Der Berufungswerber führte aus, im Keller befänden sich drei "zu seinem Lokal gehörende" Räume. Die übrigen Räumlichkeiten (zwei WC, ein Heizraum) würden zum Lokal "B" gehören.

     

    Die ersterwähnten Räumlichkeiten würden als Wohnräume für Personal dienen. Damals hätten darin der Bruder des Berufungswerbers sowie der Koch und der Kellner (die beiden letztgenannten würden die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen) gewohnt. Die genannten Personen würden je einen Raum - und zwar jeweils allein - bewohnen. Der Berufungswerber verfüge über keinen (zweiten) Schlüssel zu diesen Räumen; die Schlüssel hätten die jeweiligen Personen selbst, wobei es vorkomme, dass die Schlüssel mitunter auch außen stecken würden.

     

    Der Berufungswerber sei der Aufforderung des Kontrollorgans folgend mit in den Keller gegangen. Er habe verstanden, dass das Kontrollorgan in die Zimmer hineingewollt habe. Er habe dem Kontrollorgan jedoch gesagt, dass er keinen Schlüssel habe.

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Zu Pkt.1 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 28 Abs.1 Z2 lit.d AuslBG ist strafbar, wer entgegen § 26 Abs.2 den im § 26 Abs.1 genannten Behörden und Rechtsträgern den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebsräumen, auswärtigen Arbeitsstellen und Aufenthaltsräumen der Arbeitnehmer oder das Befahren von Privatstraßen nicht gewährt.

 

Gemäß § 26 Abs.2 AuslBG sind die im Abs.1 genannten Behörden und Zollorgane sowie die Organe der Träger der Krankenversicherung zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist.

 

Vor der Novelle BGBl.I Nr.68/2002 (in Kraft ab 1. Juli 2002) bestand gemäß §§ 28 Abs.1 Z2 lit.d und 26 Abs.2 AuslBG die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Pflicht, den Zutritt (außer zu den oben erwähnten Räumlichkeiten) zu "den vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern beigestellten Wohnräumen und Unterkünften" zu gewähren. Diese Pflicht entfiel mit der genannten Novelle (zur Begründung vergleiche den AB, 1039 BlgNr. 21. GP, Seite 2). Die Zutrittsverweigerung zu den in Rede stehenden Räumlichkeiten steht mithin nicht mehr unter Strafsanktion.

 

Nach der unwidersprochenen und unwiderlegten Behauptung des Berufungswerbers handelte es sich bei den gegenständlichen Kellerräumen um Wohnräume für Bedienstete. Da diesbezüglich keine strafbewehrte Zutrittsgewährungspflicht mehr besteht, war schon aus diesem Grund spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu Pkt.2 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in seinem Erkenntnis vom 25.8.2004, Zl. VwSen-251089, begründet, warum die Nichtbekanntgabe der Identität von mutmaßlichen ausländischen Arbeitskräften (im Gefolge von VfSlg 15.600/1999) nicht mehr strafbar ist und § 26 Abs.1 und Abs.4 iVm § 28 Abs.1 Z2 lit.c und lit.f seit der am 1. Juli 2002 geltenden Fassung des AuslBG nicht mehr in dieser Richtung interpretiert werden dürfen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.6.2001, Zl. 98/09/0363). Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gallnbrunner

 

 

 

 

 
 

 
 

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