Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251070/27/Lg/Ni

Linz, 25.08.2004

 

 

 VwSen-251070/27/Lg/Ni Linz, am 25. August 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 30. März 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der S S, S, L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K B, M, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels, vom 18. August 2003, Zl. BZ-SV-132-2003, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist dahingehend zu ändern, dass als Tatzeit der 4. und 5.7.2003 einzusetzen ist und die Worte "als Tänzerin" zu streichen sind.
  2. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 200 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 16 Abs. 2, 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt, weil sie in ihrem Nachtclub in W, D, die dominikanische Staatsangehörige M C vom 1. bis 5.7.2003 als Tänzerin beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.
  2.  

    In der Begründung wird auf die Anzeige des Zollamtes Wels vom 9.7.2003 hingewiesen. Von der Möglichkeit zur Rechtfertigung (Aufforderung vom 14.7.2003) habe die Bw nicht Gebrauch gemacht.

     

     

  3. In der Berufung wird vorgebracht, die Ausländerin sei nicht beschäftigt worden sondern sie sei selbstständige Unternehmerin gewesen. Sie habe mit dem Geschäftsführer des Nachtclubs vereinbart, dass sie 30 Euro (25 Euro plus USt.) erhalten sollte. Dies erst nach Verrechnung durch sie. Sie sollte sich vereinbarungsgemäß auch selbst versichern und die Steuern abführen. Daher liege ein klassisches Werksvertragsverhältnis vor.
  4.  

    In eventu wird vorgebracht, dass die Geldstrafe überhöht sei, da die Ausländerin nur kurze Zeit im Betrieb tätig gewesen und über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügt habe.

     

     

  5. Anlässlich der Berufungsvorlage nahm der Bürgermeister der Stadt Wels dahingehend Stellung, dass das Berufungsvorbringen unglaubwürdig sei, da die Ausländerin vor der Bundespolizeidirektion angegeben habe, als Tänzerin im gegenständlichen Nachtclub beschäftigt gewesen zu sein (Festlegung von Arbeitszeit, Lohn und Arbeitsablauf). Es sei daher zumindest von Arbeitnehmerähnlichkeit (wirtschaftlicher Unselbstständigkeit; vgl. VwGH 17.11.1994, 94/09/0195) auszugehen.
  6.  

     

  7. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  8.  

    Laut Anzeige des Zollamtes Wels vom 9.7 2003 sei die Ausländerin im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung nach § 7 Abs. 4 Z4 Fremdengesetz gewesen und ihr somit nur die Tätigkeit als Prostituierte erlaubt gewesen.

     

    Laut Niederschrift vom 5.7.2003 gab die Ausländerin vor der Bundespolizeidirektion Wels an, sie sei Ende des Jahres 2002 mit einem sogenannten Prostituierten-Visum nach Österreich gekommen und habe dann in verschiedenen Lokalen als Prostituierte gearbeitet. Seit vier Tagen arbeite sie in W im Lokal "T H" als Tänzerin. Immer dann, wenn ein Gast kommt, habe sie drei Musikstücke zu tanzen. Dann komme wieder ein anderes Mädchen zum Tanzen dran. Pro Tag erhalte sie 30 Euro. Sie habe von 12.00 Uhr mittags bis 21.00 Uhr gearbeitet. Am 5.7.2003 hätte sie bis 22.00 Uhr arbeiten sollen, aber es sei kurz zuvor die Polizei gekommen, die sie noch in ihrer Arbeitskleidung (weißer Slip und BH) angetroffen habe. Bei der Kontrolle sei festgestellt worden, dass ihr Visum nicht stimme. Sie sei festgenommen und zur Polizei gebracht worden. Dort sei ihr in der Zwischenzeit der Schubhaftbescheid ausgestellt worden.

     

    Am 8.7.2003 sagte die Ausländerin unter Beisein einer Dolmetscherin vor der BPD Wels (Fremdenpolizei) aus, sie sei am 28.11.2002 nach Österreich eingereist und arbeite seit diesem Zeitpunkt als Prostituierte. Seit Anfang Juli habe sie im Lokal "T H" als Tänzerin gearbeitet. Sie habe in diesem Lokal immer dann, wenn Gäste gekommen sind, drei Musikstücke getanzt und sei dann von einem anderen Mädchen abgelöst worden. Ihre Arbeitszeit sei täglich von 12.00 Uhr mittags bis 21.00 Uhr abends gewesen. Für ihre Tätigkeit von 12.00 Uhr bis 21.00 Uhr war mit dem Geschäftsführer E C ein Lohn von 30 Euro vereinbart gewesen. Weiters sei vereinbart gewesen, dass dieser Lohn wöchentlich ausbezahlt wird. Weiters sei vereinbart gewesen, dass die Ausländerin weitere 30 Euro erhalte, wenn sie länger als bis 21.00 Uhr gearbeitet hätte. Es sei ausgemacht gewesen, dass sie in diesem Club nur tanze und keine Prostitution ausübe.

     

    Der Ausländerin sei mitgeteilt worden, dass ihre Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs.4 Z4 FrG nur eine Tätigkeit als Prostituierte erlaube. Sie habe somit eine Beschäftigung ausgeübt, die sie nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen. Sie wohne bei einer Freundin, sei dort jedoch nicht polizeilich gemeldet. Sie verfüge über kein Bargeld und könne die Mittel für den Unterhalt nicht nachweisen. Es sei ihr die Absicht mitgeteilt worden, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von sechs Jahren zu erlassen und sie in die dominikanische Republik abzuschieben.

     

    Ferner liegt dem Akt die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.7.2003 bei.

     

  9. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte E C zeugenschaftlich einvernommen aus, er sei für die Vertragsabschlüsse im gegenständlichen Betrieb - einer Go-Go-Bar - zuständig. Es sei zu unterscheiden zwischen Mädchen die über Agenturen kommen und solchen, die, wie die gegenständliche Ausländerin, die Animation ausüben. Letztere habe animiert und nicht die Prostitution ausgeübt.
  10.  

    Die Ausländerin sei nicht vier Tage im Lokal gewesen. Vielmehr sei die Kontrolle am zweiten Tag ihrer Anwesenheit erfolgt. Daran könne sich der Zeuge deshalb erinnern, weil es nicht häufig der Fall sei, dass so rasch nach Erscheinen einer Dame eine Kontrolle erfolgt. "Auf Deutsch gesagt" heiße dies, dass der Behörde eine Information vorgelegen sein muss, dass die Ausländerin das Lokal gewechselt hat.

     

    Die Ausländerin habe damals bei ihrem Freund gewohnt, den sie mittlerweile geheiratet habe.

     

    Der Zeuge bestätigte die Berufungsbehauptung, dass die Ausländerin sich selbst versichert und die Steuern abgeführt habe. Dies sei im "Werkvertrag" vereinbart gewesen.

     

    Die Ausländerin habe, entsprechend dem "Werkvertrag", ein Fixum von 30 Euro inklusive Mehrwertsteuer pro "Schicht" erhalten. Damals sei nämlich, da das Lokal von 12.00 Uhr Mittag bis 06.00 Uhr morgens geöffnet gewesen sei, "in zwei Schichten gearbeitet" worden, wobei die Ausländerin in der "Tagesschicht" habe arbeiten wollen. Die Aussage der Ausländerin, es seien ihr bei längerer Arbeit weitere 30 Euro zugestanden, sei nur so zu erklären, dass sie eventuell die Absolvierung einer zweiten "Schicht" ins Auge gefasst habe, was aber selten praktiziert worden sei, da zwei volle "Schichten" im Lokal "schwer auszuhalten" seien. Mittlerweile sei die "Tagesschicht" wegen schlechten Geschäftsgangs aufgegeben worden. Das Fixum sei den Animierdamen nur zugestanden, wenn sie "die ganze Zeit" (gemeint: der - sich nach der Öffnungszeit richtenden - "Schicht") anwesend gewesen seien. Wenn die Animierdamen (etwa wegen schlechter Kundenfrequenz) früher gegangen seien, sei ihnen das Fixum nicht zugestanden. Es sei aber im Interesse der Animierdamen selbst gelegen gewesen, die volle Zeit zu absolvieren, da sie sonst die 30 Euro verloren hätten. Ob die Animierdamen überhaupt ins Lokal gekommen seien, sei ihnen freigestanden. Auch während ihrer Anwesenheit seien sie nicht konkret zu Tätigkeiten angewiesen worden.

     

    Die Ausländerin habe außerdem "auf Werkvertragsbasis prozentmäßig gearbeitet". Damit meine der Zeuge eine Getränkeumsatzbeteiligung. Ein Piccolo beispielsweise habe 22 Euro gekostet, wovon die Ausländerin 4 Euro erhalten habe. Der Gast habe das Getränk beim Kellner bezahlt. Der Getränkekonsum mache im Wesentlichen das Geschäft des Lokals aus. Im Interesse der Hebung des Getränkekonsums würden die Animierdamen tanzen; einer Anweisung dazu bedürfe es nicht.

     

    Die Auszahlung sei tageweise erfolgt.

     

     

  11. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Nach der Darstellung des Zeugen E C (der hier gefolgt wird) stand es der Ausländerin frei, zur "Schicht" zu erscheinen oder nicht. Sie wurde auf zweifache Weise entlohnt und zwar in Form eines Fixums und einer Getränkeumsatzbeteiligung. Es erfolgten zwar keine Detailanweisungen, die Ausländerin war jedoch dadurch in den Betriebsablauf eingebunden, dass ihre Arbeitszeit sich nach der Öffnungszeit des Lokals richtete, näherhin in Form des "Schichtbetriebs". Eine spezifische Bindungswirkung entstand daraus, dass der Lohnbestandteil des Fixums mit einer Präsenzpflicht während einer gesamten "Schicht" junktimiert war. Die Betriebsmittel (Lokal, Getränke) wurden vom Betrieb zur Verfügung gestellt. Die Leistungen aus dem Getränkeumsatz kamen hauptsächlich dem Betrieb zu Gute, ja machten dessen schwerpunktmäßigen Geschäftsbestandteil aus. Dass die Ausländerin während ihrer Tätigkeit im gegenständlichen Betrieb für einen weiteren Arbeitgeber arbeitete, ist in Anbetracht des "Schichtbetriebs" (in Verbindung mit der Erwägung der Ausländerin eine zweite Schicht im selben Betrieb zu absolvieren und die Aussage des Zeugen, dass dies sehr belastend wäre) nicht anzunehmen. Jedenfalls war die Ausländerin während ihrer Anwesenheit im Betrieb gehindert, ihre Arbeitskraft anderweitig einzusetzen. Dass die Ausländerin nur zwei Tage (entgegen ihrer Angabe von vier Tagen) im Etablissement tätig war, ist im Zweifel anzunehmen. Wie der Zeuge plastisch schilderte, kam die Kontrolle überraschend bereits am zweiten Tag ihrer Tätigkeit, woraus zu schließen ist, dass die Kontrolle der Grund für die Kurzfristigkeit der Tätigkeit der Ausländerin im Lokal war.

 

Bei Zusammenschau dieser Umstände ist von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, mithin von einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG auszugehen. Daran ändert nichts, dass das Vertragsverhältnis als "Werkvertrag" bezeichnet wurde: Abgesehen davon, dass bei einem Vertrag wie dem gegenständlichen nicht ersichtlich ist, worin das "Werk" bestehen soll, kommt es bei der Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG vorliegt, nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) an. Das selbe ist der Argumentation aus sozialversicherungsrechtlichem und steuerrechtlichem Blickwinkel entgegen zu halten.

 

Bemerkt sei, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Tätigkeit von Animierdamen und/oder Tänzerinnen gegen Umsatzbeteiligung oder Fixum als arbeitnehmerähnliche Beschäftigung im Sinne des AuslBG eingestuft wird: "Der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Reihe von Erkenntnissen wiederholt dargelegt, dass die Tätigkeit als Tänzerin und/oder Animierdame in Barbetrieben oder vergleichbaren Etablissements eine Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG darstellt" (so der VwGH im Hinblick auf Getränkeumsatzbeteiligung; vergleiche das Erkenntnis vom 14.11.2002, Zl. 99/09/0167, mit Hinweisen auf die Vorjudikatur; zur Umsatzbeteiligung vergleiche ferner VwGH 27.2.2003, Zl. 2000/09/0164). Hinsichtlich einer Animierdame und Tänzerin sprach der VwGH im Erkenntnis vom 3.6.2004, Zl. 2002/09/0198 aus, im gegenständlichen Fall sei aufgrund einer Entlohnung von 400 ATS pro Nacht von einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG auszugehen (mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzliche Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Der Unrechtsgehalt der Tat ist durch die relative Kürze der Beschäftigungsdauer (die freilich durch den Umstand der Frühzeitigkeit der Kontrolle bedingt ist) bestimmt. Als Schuldform ist im Hinblick auf die irrige Rechtsmeinung des Berufungswerbers, es handle sich aus den angeführten sozialversicherungsrechtlichen und steuerrechtlichen Gründen in Verbindung mit der "Werkvertragstitulatur" nicht um eine Beschäftigung, im Zweifel Fahrlässigkeit anzunehmen. Mildernd wirkt die Unbescholtenheit des Berufungswerbers. In Anbetracht dieser Umstände erscheint die verhängte Geldstrafe nicht zu hoch gegriffen. Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit allein reicht nicht für die Anwendung des § 20 VStG aus. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des  §  21 Abs. 1 VStG zu denken wäre.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum