Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251075/3/Lg/Ni

Linz, 21.06.2004

 

 

 VwSen-251075/3/Lg/Ni Linz, am 21. Juni 2004

DVR.0690392


 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder über die Berufung des Dipl.-Ing. R B, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung, vom 26. September 2003, Zl. SV96-11-2003, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG), zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt. Der Antrag auf Anwendung des § 21 Abs.1 VStG wird abgewiesen. Dem Antrag auf Anwendung des § 20 VStG wird Folge gegeben, die Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 34 Stunden herabgesetzt.

 

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 50 Euro.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19, 20 VStG.

Zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er die argentinische Staatsangehörige B R, in seinem Wohnhaus in P, in der Zeit von 4.2.2003 bis 16.5.2003 als Au-pair-Mädchen in seinem Haushalt beschäftigt habe, obwohl die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere nicht vorgelegen seien.
  2.  

    In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Rechtslage, wonach Ausländer zwischen 18 und 28 Jahren für eine sechs Monate dauernde Tätigkeit als Au-pair-Kraft vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen sind (§ 1 Z12 "AuslBG" - gemeint: Ausländerbeschäftigungsverordnung BGBl. Nr. 609/1990, idF BGBl II Nr. 124/2001), sofern diese Tätigkeit zwei Wochen vor Beginn der Tätigkeit bei der zuständigen Geschäftsstelle des regionalen AMS angezeigt wurde. Abgesehen von dieser Ausnahme sei ein Au-pair-Verhältnis als arbeitnehmerähnliches Verhältnis im Sinne des § 2 Abs.2 lit.b AuslBG einzustufen (unter Hinweis auf VwGH 1.3.1989, Zl. 88/09/0161) und mithin bewilligungspflichtig.

     

    Das angefochtene Straferkenntnis geht ferner davon aus, dass der Sachverhalt in objektiver Hinsicht unstrittig sei. Fraglich sei lediglich das Vorliegen eines entschuldigenden Rechtsirrtums.

     

    Dem Argument des Bw, der Vater des Mädchens habe beim Österreichischen Konsulat in Argentinien auf die Frage nach den erforderlichen Bewilligungen die Auskunft erhalten, es sei für einen Aufenthalt bis zu einem Jahr als Au-pair-Mädchen lediglich eine Meldung bei der Gemeinde innerhalb von 14 Tagen notwendig und der Bw habe von der Gemeinde anlässlich der Meldung keine Auskunft (gemeint: über die Voraussetzungen einer legalen Beschäftigung nach dem AuslBG) erhalten, hält das angefochtene Straferkenntnis die allgemeine Informationspflicht von Arbeitgebern bei der zuständigen Behörde entgegen. Dieser Pflicht sei der Bw schon deshalb nicht nachgekommen, weil er sich beim Vater des Au-pair-Mädchens statt bei der zuständigen Bewilligungsbehörde erkundigt und sich auf dessen Auskunft verlassen habe.

     

     

  3. In der Berufung wird eingewendet, es habe sich nicht um ein "klassisches Au-pair-Verhältnis" gehandelt. Es handle sich um die Tochter eines guten Bekannten, welche geringfügig und nach "gemeinsamer Abstimmung" (gemeint: statt einseitiger Anordnung) im Haushalt mitgeholfen habe. Das Taschengeld sei (aufgrund des freundschaftlichen Verhältnisses mit den Eltern der Ausländerin) höher gewesen als dem Wert der Arbeit entsprochen hätte. Überdies habe die Ausländerin öfter frei bekommen, um Österreich und Europa kennen zu lernen. Daher sei das AuslBG nicht anzuwenden.
  4.  

    Zur Frage des Rechtsirrtums wird die Auffassung vertreten, es sei rechtlich völlig unerheblich, ob sich der Vater des Mädchens beim Konsulat der Österreichischen Botschaft in Argentinien oder der Bw selbst in Österreich erkundigt habe. Ferner sei davon auszugehen, dass der Vater des Mädchens die Auskunft der Österreichischen Botschaft richtig verstanden und weitergegeben habe. Die Erkundigungen des Vaters des Mädchens seien "in vereinbarter Abstimmung und Rücksprache" mit dem Bw erfolgt.

     

    Die reibungslose Abwicklung der Meldung nach dem Meldegesetz bei der Gemeinde habe genau der Auskunft der Österreichischen Botschaft entsprochen. Trotz Deklaration des Aufenthaltszwecks sei kein Hinweis seitens der Gemeinde auf ausländerbeschäftigungsrechtliche Erfordernisse erfolgt. Daher sei kein Grund ersichtlich gewesen, die Auskunft der Botschaft in Zweifel zu ziehen. Es liege daher ein die Strafbarkeit ausschließender Rechtsirrtum vor.

     

    Subsidiär wird vorgebracht, dass die Strafe überhöht sei, weil nur "formal" eine Anzeige unterlassen worden sei. Es habe für den Bw keinen Sinn gemacht, diese "Meldung" zu unterlassen. Es lägen daher die Voraussetzungen des § 21 VStG, zumindest jedoch jene des § 20 VStG vor.

     

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6.  

    Dem Akt liegt die Anzeige des GP Puchenau bei, dem der Vorwurf der Beschäftigung eines Au-pair-Mädchens, der Tatzeitraum und die Bezahlung eines Taschengeldes zu entnehmen ist. Zur Rechtfertigung aufgefordert äußerte sich der Bw dahingehend "es wäre praktisch für uns" die Ausländerin "als Au-pair-Mädchen zu behalten". Es handle sich um eine seit Jahren bekannte Familie. Der Vater des Mädchens vom Österreichischen Konsulat in Argentinien habe die Auskunft erhalten, dass sich seine Tochter als Au-pair-Mädchen bis zu einem Jahr in Österreich aufhalten dürfe. Sie müsse sich aber binnen 14 Tagen bei der Gemeinde melden. Bei der Gemeinde habe man keine Auskunft erhalten. Der Bw gebe die Übertretung zu, berufe sich aber auf die fehlerhafte Auskunft des Konsulats. Er habe daher im Glauben gehandelt, alles richtig gemacht zu haben.

     

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Dem Argument des Bw, es handle sich gegenständlich um "kein klassisches" Au-pair-Verhältnis und die Tätigkeit der Ausländerin falle daher nicht unter das AuslBG, kann nicht gefolgt werden. Der Umstand, dass die Ausländerin persönlich unabhängig (weisungsungebunden) arbeitete schließt (nach der dem AuslBG zugrundeliegenden arbeitsrechtlichen Terminologie) begrifflich zwar ein Arbeitsverhältnis, nicht jedoch ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis (§ 2 Abs.2 lit.b AuslBG) aus. Am Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses ändert auch ein relativ geringes Arbeitsvolumen ("geringfügig", mit Reiseunterbrechungen; dies allerdings während einer - auch wenn man nur die bereits absolvierte Beschäftigung in Betracht zieht - mehrmonatigen Beschäftigungsdauer) eben so wenig wie die Tatsache, dass die Arbeit relativ gut bezahlt war und eine gute Bekanntschaft zwischen den Familien zum Hintergrund hatte. Dass die Arbeit der Ausländerin überflüssig (und das Taschengeld als Geschenk anzusehen) gewesen wäre, erschiene lebensfremd und auch mit der Aussage des Bw, dass es praktisch wäre, das Au-pair-Mädchen behalten zu können, nicht in Einklang stehend. Derlei wurde ja auch nicht behauptet.

 

Dem angefochtenen Straferkenntnis ist ferner darin beizupflichten, dass der Rechtsirrtum des Bw nicht als schuldausschließend zu werten ist. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass die Informationsquelle des Bw ein Bekannter war. Schon dieser Umstand lässt das Risiko von Fehlinformationen zu Lasten des Bw gehen. Daran ändert auch nichts, dass sich der Informant, wie dem Bw im Zweifel zu glauben ist, bei der Österreichischen Botschaft in Argentinien erkundigt hatte. Die Richtigkeit dieses Vorbringens vorausgesetzt, bleibt der genaue Inhalt der tatsächlichen Kommunikation zwischen Informant und Botschaft notgedrungen im Dunklen bzw. unüberprüfbar. Dies zumal eine explizite und konkrete Bezugnahme der (angeblichen) Auskunft der Österreichischen Botschaft auf die Regelungen des AuslBG aus dem Vorbringen des Bw nicht deutlich wird; viel mehr entsteht der Eindruck, als seien das Melderecht und das Aufenthaltsrecht im Vordergrund gestanden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Bw nicht die Behauptung erfasst, er habe auch die Auskunft erhalten, dass die Arbeitsaufnahme vor Erreichen des 18. Lebensjahres zulässig sei (was nach den Daten der Aktenlage nicht unerheblich ist). Gerade um Missverständnisse der in Rede stehenden Art zu vermeiden, ist - im Einklang mit der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes - an der persönlichen Erkundigungspflicht bei der zuständigen Behörde festzuhalten.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Was die Strafbemessung betrifft, ist, ausgehend vom gesetzlichen Strafrahmen (im angefochtenen Straferkenntnis wurde die Mindestgeldstrafe verhängt) der (durch die Dauer der Beschäftigung - unter in Rechnungstellung der vom Bw behaupteten Geringfügigkeit und allfälliger Reiseunterbrechungen - bestimmte) Unrechtsgehalt zu berücksichtigen. Ebenso zu berücksichtigen ist jedoch der - hier relativ geringe - Schuldgehalt der Tat. Es ist dem Bw zuzubilligen, dass er sich, wenn auch erfolglos, um Klärung der Rechtslage bemühte. Dies ist ebenso mildernd zu werten wie das geständige Verhalten des Bw. Letzteres fällt insbesondere im Hinblick auf den abbreviatorischen Charakter der Anzeige erheblich ins Gewicht. Bei wertender Gesamtbetrachtung dieser Umstände erscheint die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts (§ 20 VStG) - bei voller Ausschöpfung der Herabsetzungsmöglichkeit im Hinblick auf die Strafe - gerechtfertigt.

 

Nicht jedoch liegen die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG vor. Hinsichtlich der Tatfolgen ist zu bemerken, dass das Anzeigeverfahren im Gegensatz zur Meinung des Bw keine irrelevante Formalität darstellt; dieses ermöglicht vielmehr die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen eines Au-pair-Verhältnisses (etwa des Erreichens des 18. Lebensjahres des Au-pair-Mädchens vor der Arbeitsaufnahme). Das Konterkarieren des geordneten Prüfungsverfahrens kann daher nicht als bedeutungslos abgetan werden. Auch das Verschulden des Bw ist nicht als so geringfügig einzustufen, dass die Grenze des § 21 Abs.1 VStG erreicht wäre. Der gegenständlich konkrete Schuldgehalt wurde vielmehr im Rahmen der Schuldform (Fahrlässigkeit) und überdies, im Hinblick auf die Besonderheit der Situation, als mildernd angemessen berücksichtigt. Die Tat bleibt mithin nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre.

 

Die Herabsetzung der Strafe führt zum Entfall der Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat und zur Minderung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

 
 

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