Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251094/46/Lg/Hu

Linz, 27.09.2005

 

 

 

VwSen-251094/46/Lg/Hu Linz, am 27. September 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder über die Berufung der Z H, I, E, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau a.I. vom 2. Jänner 2004, Zl. SV96-81-2003-Shw, nach der am 2. März und am 26. Oktober 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich des Spruchpunktes 1. (H N) abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Hinsichtlich des Spruchpunktes 2. (A R P) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Die Berufungswerberin hat hinsichtlich des Spruchpunktes 1. zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 200 Euro zu leisten. Hinsichtlich des Spruchpunktes 2. entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin (Bw) zwei Geldstrafen in Höhe von 1.000 Euro bzw. zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von 48 Stunden verhängt, weil sie am 22.10.2003 die weißrussische Staatsbürgerin H N, und von 17.9.2003 bis 16.10.2003 die dominikanische Staatsbürgerin A R P im Nightclub "A", L, U, beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.
  2.  

    Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige des Zollamtes Wels vom 23.10.2003. Von der Möglichkeit zur Rechtfertigung habe die Bw nicht Gebrauch gemacht.

     

  3. In der Berufung wird dagegen eingewendet, N sei keine Kellnerin mit Inkasso, sondern übe im gegenständlichen Betrieb lediglich die Prostitution aus. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei kein Gast im Haus gewesen. N habe den Kontrollorganen von der Polizei und vom Zoll nur die Türe geöffnet und ihnen auf deren Verlangen ein Getränk ausgeschenkt. Sie habe jedoch den Herren mitgeteilt, dass sie keine Kellnerin sei.
  4.  

    Zu R P wird ausgeführt, diese sei Anfang September aufgetaucht um habe gefragt, ob sie arbeiten könne. Sie habe, befragt nach Papieren, eine Visumsverlängerung beantragt. Die Bw habe ihr jedoch nicht gestattet im Betrieb zu arbeiten. Die Bw habe der Ausländerin jedoch eine Arbeitsbestätigung für die Bezirkshauptmannschaft Braunau ausgestellt und die Ausländerin im Betrieb angemeldet, da behördlicherseits erklärt worden sei, dass dies Voraussetzung für die Visumsverlängerung sei. Diese Ausländerin habe jedoch nie im Betrieb der Bw gearbeitet.

     

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6.  

    Laut Anzeige des Zollamtes Wels vom 23.10.2003 sei aufgrund der niederschriftlichen Angaben der A R P vom 16.10.2003 (vor der BH Braunau, anlässlich des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis) bekannt geworden, dass diese seit 17.9.2003 als Prostituierte im Night Club "A" tätig sei.

     

    Die bezogene Niederschrift liegt der Anzeige bei. Danach habe die Ausländerin angegeben, seit 17.9.2003 im Club A zu sein. Die Chefs hießen "U" und "Z" (H). U habe die Ausländerin in Wels im Club Cafe M angeworben. Die Ausländerin arbeite im Night Club als Prostituierte. Der Tarif sei ihr von U vorgegeben:

     

    "Der Kunde bezahlt: Ich bekomme:

     

    20 Minuten 75,-- Euro 50,-- Euro

    1/2 Stunde 110,-- Euro 60,-- Euro

    1 Stunde 200,-- Euro 120,-- Euro

    Whirlepool 250,-- Euro 150,-- Euro

     

    Ich bin auch am Getränkekonsum beteiligt und bekomme dafür eine Provision:

    Der Kunde bezahlt: Ich bekomme:

    Pikkolo 20,-- 4,--."

     

     

    Bisher habe die Ausländerin nur für Pikkolo Provision erhalten. Andere Sorten Sekt, eine halbe Flasche oder eine Flasche Sekt seien bei der Ausländerin noch nicht konsumiert worden. Sie erkläre jedoch ausdrücklich, dass sie auch dafür Provision bekommen würde.

     

    Für das Zimmer im Haus A müsse sie 8 Euro Miete bezahlen. Wenn sie arbeite seien die 8 Euro zu entrichten, wenn sie nicht arbeite müsse sie nichts bezahlen.

     

    Für die Verpflegung müsse sie selbst aufkommen.

     

    Sie könne sich die Dienstzeit nicht frei aussuchen, von den Chefleuten würde ihr diese vorgegeben. Sie habe eine tägliche Arbeitszeit von 21.00 Uhr bis 4.00 Uhr. Sie habe alle zwei Wochen zwei Tage frei.

     

    Wenn sie mit einem Freier aufs Zimmer gehe, so werde das Entgelt für die Dienstleistung, Geschlechtsverkehr, von der Chefin kassiert.

     

    Jede Nacht werde mit dem Chef abgerechnet.

     

    Die Versicherungsbeiträge bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft würden vom Chef bezahlt. Die Prämie von 239 Euro sei bisher jedoch nicht einbezahlt worden.

     

    Zu N führt die Anzeige aus, dass von den Beamten des Zollamtes Wels festgestellt worden sei, dass diese die Hauseingangtstür geöffnet habe und anschließend hinter die Bar gegangen sei um Bier einzuschenken. Weiters habe sie einen Inkassoblock über die servierten Getränke geführt und hinter der Bar mit einer Kellnerbrieftasche kassiert. Auf Befragen habe sie angegeben, dass der Chef zur Zeit nicht hier sei und sie daher diese Tätigkeiten übernommen habe.

     

  7. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestritt die Bw die aktenkundigen Aussagen von R P. Die Bw habe der Ausländerin lediglich ein freies Zimmer für die Zeit von Behördenwegen zur Erlangung des "Prostituiertenvisumsantrags" zur Verfügung gestellt. Der Sohn der Bw (M S) habe zu diesem Zweck die Ausländerin zur Behörde gefahren. Nachdem der Antrag abgelehnt worden sei, habe die Bw die Ausländerin weggeschickt. Die Ausländerin sei insgesamt zweimal bei der Bw gewesen und habe insgesamt etwa 3 bis 4 Tage bei ihr gewohnt.
  8.  

    Diese Aussage wurde vom Sohn der Bw (M S) bestätigt. Er sei mit der Ausländerin zweimal zur Behörde gefahren. Bei der gegenständlichen Aussage der Ausländerin vor der BH Braunau sei er nicht zugegen gewesen. Er könne (wegen seiner für eine Beurteilung ausreichenden Häufigkeit - vier bis fünf Mal pro Woche - seiner Anwesenheit im Lokal) bezeugen, dass R P nicht im Lokal gearbeitet habe.

     

    Drei damals im Lokal tätige Prostituierte (N, F, H) sagten aus, R P nie im Lokal arbeiten gesehen zu haben.

     

    R P sagte aus, sie glaube im September 2003 als Prostituierte im Lokal gearbeitet zu haben. Sie habe bei der BH Braunau zum Zweck des Erhalts eines Visums angegeben, seit ca. einem Monat im Nachtclub zu arbeiten. Wie oft sie die Prostitution ausgeübt habe, wisse sie nicht mehr. Auch an Namen von Kolleginnen bzw. deren Anzahl könne sie sich nicht erinnern. Auch hinsichtlich der Nationalität der Kolleginnen waren die Aussagen der Zeugin unsicher, insbesondere was die Anwesenheit einer zweiten Staatsangehörigen der dominikanischen Republik betrifft. Kassiert habe eine Kellnerin, deren Namen sie nicht kenne. Sie habe am Morgen den Anteil (aus Prostitution und Getränkeumsatz) von der Kellnerin ausbezahlt bekommen. Sie habe in U ein Zimmer gehabt, welches aber nicht das Zimmer gewesen sei, in welchem sie die Prostitution ausgeübt habe.

     

    Auf näheres Befragen schränkte die Zeugin ihre Anwesenheit im Club A auf zwei Wochen ein. Einen Grund für diese Änderung der Aussage vermochte sie nicht anzugeben; ihre abweichende Angabe vor der BH Braunau sei vermutlich auf ein sprachliches Missverständnis zurückzuführen (was jedoch, wie zu bemerken ist, nicht erklärt, warum die Ausländerin auch am Beginn ihrer Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat von einer Anwesenheitsdauer von einem Monat sprach).

     

    Hinsichtlich der Ausländerin N bestritt die Bw Prostitutionsausübung und die Getränkeumsatzbeteiligung nicht. Alle im Lokal arbeitenden Prostituierten hätten "selbstständige Prostituiertenvisa"; sie würden als Selbstständige sozialversichert und als solche Steuern bezahlen. Die Steuerbeiträge würden, wie vom Finanzamt vorgeschrieben, von der Bw einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Bei der Sozialversicherung sei das nicht so, daher hätten die Prostituierten dort regelmäßig große Schulden, was die Bw aber nicht berühre.

     

    Die Ausländerin habe nicht als Kellnerin gearbeitet, sondern bei der Kontrolle nur kurzfristig die Bw (bzw. ihren Mann) vertreten. Die Prostituierten würden grundsätzlich keine Kellnertätigkeit verrichten.

     

    Die gegenständliche Ausländerin (N) bestätigte die Aussage der Bw. Die Bar werde vom "Chef oder der Chefin gemacht". Die Prostituierten würden weder ausschenken noch kassieren. Zum Zeitpunkt der Kontrolle habe die Ausländerin lediglich die "Chefin", die Zigaretten geholt habe, vertreten. Es habe sich nur um eine punktuelle Ausnahmesituation gehandelt.

     

    Die aktenkundigen (von R P in ihrer Niederschrift in der BH Braunau bekannt gegebenen) Tarife würden stimmen; insbesondere hinsichtlich der Getränkeumsatzbeteiligung. Wenn die Zeugin ein Zimmer für die Arbeit benutze, bezahle sie 8 Euro. Wenn sie aufs Zimmer gehe, kassiere die "Chefin". Abgerechnet werde täglich. Sie arbeite täglich im Lokal und zwar grundsätzlich während der Öffnungszeiten. Wenn sie einmal später komme, mache das nichts. Frei habe sie, so oft sie wolle.

     

    Die Bw bestätigte, dass die Praxis durch die Zeugin richtig dargestellt wurde.

     

  9. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Hinsichtlich der Ausländerin R P ist festzuhalten, dass der Vorwurf der Beschäftigung nur auf ihre eigene Aussage gestützt werden kann. Für die Glaubwürdigkeit dieser Aussage spricht, dass die Ausländerin über Betriebspraktiken Bescheid wusste; zwingend ist dieser Schluss jedoch nicht, da die Ausländerin darüber auch aus anderen Quellen als über ihre eigene Praxis erfahren haben konnte. Andererseits ist die Aussage der Ausländerin hinsichtlich der Beschäftigungsdauer widersprüchlich und insofern in ein fragwürdiges Licht gerückt. Der Aussage der Ausländerin stehen die gegenteiligen Behauptungen der Bw und deren Bestätigung durch vier Zeugen entgegen. Wenn auch diese Zeugen aus dem "Nahbereich" der Bw stammen, so dürfen ihre Aussagen - zumal wegen der inneren Widerspruchsfreiheit und des festen Auftretens der Zeugen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung - doch nicht ungebührlich unterbewertet werden. Es kann daher nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Ausländerin im vorgeworfenen Tatzeitraum von der Bw beschäftigt wurde. Überdies ist zu beachten, dass durch die Einschränkung der angeblichen Arbeit der Ausländerin im Lokal auf die Dauer von zwei Wochen (wobei die Ausländerin einerseits glaubte, im September dort gearbeitet zu haben, aber andererseits im Rahmen der Niederschriftsaufnahme Mitte Oktober vor der BH Braunau ausgesagt hatte, zu diesem Zeitpunkt noch aktuell dort zu arbeiten) unklar ist, auf welchen konkreten Zeitraum im Spruch eines bestätigenden Erkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates der Tatzeitraum einzuschränken wäre.

 

Hinsichtlich der Ausländerin N steht fest, dass sie im Lokal die Prostitution ausgeübt hatte und am Getränkeumsatz beteiligt war. Ihre Tätigkeit erfolgte im Rahmen der Betriebsorganisation (Öffnungszeiten, Preisgestaltung, Inkassopraktiken usw.), wobei anzunehmen ist, dass der Lebensunterhalt der Ausländerin wesentlich von den diesbezüglichen Einkünften abhängig war. Dem gegenüber tritt der Umstand, dass die Ausländerin auch "später kommen" bzw. sich beliebig "frei nehmen" durfte ebenso in den Hintergrund wie die Bezahlung eines Entgelts für die Zimmernutzung. Nach dem Gesamtbild der Tätigkeit ist daher von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, mithin von einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG auszugehen (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Animiertätigkeit von Ausländerinnen in einem Nachtclub oder ähnlichen Lokalitäten unter Beteiligung am Umsatz - auch an den verkauften Getränken - als Verwendung unter ähnlichen sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmern zu qualifizieren ist: Erkenntnis vom 20.3.2002, Zl. 2000/09/0150 m.w.N.).

 

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs.2 AuslBG vorliegt, unabhängig vom Zweck der Aufenthaltstitel vorgenommen werden muss, wobei insbesondere auf § 2 Abs.4 AuslBG bzw. den dort verankerten wahren wirtschaftlichen Gehalt Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH 15.9.2004, Zl. 2001/09/0202). In ähnlichem Sinn ist nicht maßgebend, auf welche Weise die Ausländerin versichert wurde bzw. steuerrechtlich vorgegangen wurde; entscheidend ist vielmehr, unter welchen arbeitsrechtlich relevanten Bedingungen sie ihre Tätigkeit entfaltete. Die konkreten arbeitsrechtlichen Bedingungen sprechen, wie gezeigt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall für das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG.

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Als Schuldform ist - wegen Rechtsirrtums (die Bw ging offensichtlich davon aus, dass bei der gegenständlichen fremden-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Vorgangsweise der vorgeworfene Tatbestand nicht erfüllt ist) - Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten, dass im angefochtenen Straferkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 

 

 

 

 

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