Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260002/3/Gf/Rl

Linz, 30.08.1991

VwSen - 260002/3/Gf/Rl Linz, am 30. August 1991 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 26. April 1991, Zl. Wa/1005/1991-Ra, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen.

Der Berufungswerber ist schuldig, es in der Zeit vom 6. Dezember 1990 bis 10. Februar 1991 unterlassen zu haben, den abwärts der "P" in T am Werksbach seiner Wasserkraftanlage bestehenden Seitenüberfall instand zu halten. Er hat hiedurch die Verwaltungsübertretung des § 137 Abs.2 lit. r i.V.m. § 50 Abs.1 des Wasserrechtsgesetzes, BGBl.Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 252/1990, begangen und wird hiefür mit einer Geldstrafe von 1.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, belegt.

II. Der Berufungswerber hat gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 100 S und zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 200 S, das sind insgesamt 300 S, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 23. Oktober 1984, Zl. Wa/239/1983, wurde dem Beschwerdeführer der Auftrag erteilt, einen Seitenüberfall an einem gemeinsamen Werksbach, zu dessen Erhaltung er nach einem privatrechtlichen Übereinkommen mit seinem Unterlieger verpflichtet ist, instandzusetzen, damit ein wirksamer Schutz vor einer Überschwemmung der angrenzenden Liegenschaften besteht. Diesem Auftrag ist der Beschwerdeführer in der Folge auch nachgekommen.

1.2. Anläßlich eines Lokalaugenscheines durch die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen am 9. August 1988 stellte der Amtssachverständige für Wasserbautechnik fest (vgl. die Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 9. August 1988, Zl. Wa/1530/ 1980 <richtig wohl: 1988>, Seite 3 und 4), daß wegen der fehlenden Einbindung der Brustmauer des Seitenüberfalles in das anschließende Gelände "die Gefahr einer Umläufigkeit sehr groß" ist; "diese Gefahr wird jedoch durch aufmerksame Beobachtung und ordnungsgemäße Erhaltung des Seitenüberfalles weitgehend ausgeschaltet".

1.3. Bei neuerlichen Lokalaugenscheinen durch die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen am 6. Dezember 1990 und am 19. Februar 1991 wurde festgestellt, daß der Seitenüberfall zwischenzeitlich nicht ordnungsgemäß saniert wurde, weil weiterhin undichte Stellen bestehen und insbesondere im abwärtigen Bereich eine Umgehung der Betonmauer gegeben ist.

1.4. Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21. Februar 1991, Zl. Wa/1005/1991-Ra, hat die belangte Behörde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil dieser den Seitenüberfall nicht im Sinne der ihn gesetzlich treffenden Erhaltungspflicht instandgehalten hat.

Dagegen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.5. Mit Straferkenntnis vom 26. April 1991, Zl. Wa/1005/1991-Ra, dem Beschwerdeführer zugestellt am 13. Mai 1991, hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen diesen Einspruch abgewiesen und über den Beschwerdeführer neuerlich eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil dieser es in derf Zeit vom 6. Dezember 1990 bis 10. Februar 1991 unterlassen hat, den Seitenüberfall gemäß seiner gesetzlichen Verpflichtung instand zuhalten.

Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich der Beschwerdeführer mit der vorliegenden, am 21. Mai 1991 und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen Beschwerde.

2.1. Die belangte Behörde begründet das angefochtene Straferkenntnis im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer nach einem privatrechtlichen Übereinkommen mit seinem Unterlieger zur Instandhaltung des verfahrensgegenständlichen Seitenüberfalles verpflichtet und ihm demgemäß bereits im Jahre 1984 ein entsprechender bescheidmäßiger Auftrag erteilt worden sei. Bei weiteren Überprüfungen - nämlich am 9. August 1988, am 6. Dezember 1990 und am 19. Februar 1991 - sei festgestellt worden, daß insbesondere wegen einer Umgehung dieser Überfallsmauer ständig größere Wassermengen ausfließen würden; auf diese Gefahr hätte bereits der Amtssachverständige anläßlich des Lokalaugenscheines am 9. August 1988 hingewiesen. Eine Einbindung der Überfallsmauer in das anschließende Gelände sei jedoch bisher nicht erfolgt. Zudem habe der Beschwerdeführer offenkundig die ihn gesetzlich treffende periodische Überprüfungspflicht vernachlässigt, da ihm ansonsten dieser Mangel sowie die Schäden in der Mauer hätten auffallen müssen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß er dem bescheidmäßigen Auftrag aus dem Jahre 1984 ordnungsgemäß nachgekommen sei. Die ihm nunmehr zur Last gelegte Umgehung werde hingegen nicht durch ihn, sondern durch seinen Unterlieger verursacht, weil dieser seine Anlage nicht in konsensgemäßem Zustand betreibe (Verfälschung der Gegengewichte an der gemeinsamen Wehr; Überschreiten des Stauzieles durch diesen). Dadurch sei der Seitenüberfall aus- und abgeschwemmt worden.

2.3.In ihrer Gegenschrift zur Beschwerde führt die belangte Behörde aus, daß die Mangelhaftigkeit der Instandsetzung allein darin begründet sei, daß der Seitenüberfall nicht ordnungsgemäß in das anschließende Gelände eingebunden wurde. Die behauptete Verfälschung der Gegengewichte und das grobe Überschreiten des Stauzieles könnte der Beschwerdeführer seinem Unterlieger allein schon deshalb nicht zum Vorwurf machen, weil ihn insoweit mit diesem eine gemeinsame Erhaltungspflicht trifft.

2.4. In seiner Stellungnahme zur Gegenschrift bringt der Beschwerdeführer vor, daß ihm mit Bescheid aus dem Jahre 1984 nicht aufgetragen worden sei, ,den Seitenüberfall in das anschließende Gelände einzubinden. Im übrigen hält er den Vorwurf aufrecht, daß die Umgehung des Seitenüberfalles durch den nicht konsensgemäßen Betrieb der Anlage seines Unterliegers verursacht werde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben, durch Einsichtnahme in die Akten der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zlen. Wa/1005/1991 und Wa/1530/1988. Da aus diesen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung im Ergebnis nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß 51e Abs.2 VStG abgesehen werden.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs.2 lit.r des Wasserrechtsgesetzes, BGBl.Nr.215/1959, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 252/1990 (im folgenden: WRG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der die ihn gemäß § 50 Abs.1 und 2 WRG treffende Erhaltungspflicht verletzt. Nach § 50 Abs.1 und 2 WRG haben die Wasserberechtigten ihre Wasserbenutzungsanlage einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen und sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand bzw. - wenn dieser nicht erweislich ist - derart zu erhalten und zu bedienen, daß keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet; ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich; nachteilige Wirkungen ihrer Anlagen auf andere Gewässerstrecken haben die Wasserberechtigten durch entsprechende Maßnahmen zu beheben. Bestehen bereits Schutz- oder Regulierungsbauten, so haben die Wasserberechtigten die Mehrkosten ihrer Instandhaltung zu tragen.

4.2. Bezüglich der Erhaltungspflicht des Seitenüberfalles als Teil der verfahrensgegenständlichen Wasserbenutzungsanlage besteht unbestrittenermaßen eine privatrechtliche Übereinkunft zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Unterlieger, wonach diese den Beschwerdeführer trifft.

Von wesentlicher Bedeutung ist nun, daß diese Pflicht einmal (wenngleich privatrechtlich) begründet unmittelbar kraft Gesetzes besteht, ohne daß es noch einer zusätzlichen bescheidmäßigen Konkretisierung bedürfte (vgl. VwGH vom 26.3.1980, Zl. 1571, 1576/77, S. 11 f). Daher geht der Einwand des Beschwerdeführers, daß ihm die Einbindung der Seitenüberfallsmauer in das anschließende Gelände mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 23. Oktober 1984, Zl. Wa/239/1983, nicht aufgetragen worden sei und ihn daher eine entsprechende Instandsetzungs- und Erhaltungspflicht nicht treffe, fehl. Die Absätze 1 und 2 des § 50 WRG verpflichten ihn vielmehr selbst dann zu einer laufenden Erhaltung der gesamten Wasserbenutzungsanlage, wenn die Behörde diese zu einem früheren Zeitpunkt und nur teilweise durch Bescheid konkretisiert.

4.3. Daß eine ständige Umgehung der Seitenüberfallsmauer jedenfalls auch deshalb erfolgt, weil diese nicht fachgerecht in das anschließende Gelände eingebunden wurde - wobei diesbezüglich allein den Beschwerdeführer die Erhaltungspflicht trifft -, hat der Amtssachverständige für Wasserbautechnik anläßlich des Lokalaugenscheines am 9. August 1988 festgestellt. Ebenso steht außer Zweifel, daß durch ein Überfließen des Wassers auf die angrenzenden Grundstücke öffentliche Interessen und fremde Rechte im Sinne des § 50 Abs.1 WRG beeinträchtigt werden. Die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers ist damit gegeben. Hinsichtlich der Schuld genügt zur Strafbarkeit - mangels gegenteiliger Regelung im § 137 WRG - gemäß § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten, das nach dieser Norm ohne weiters deshalb angenommen werden kann, weil der Beschwerdeführer keine Schuldausschließungsgründe vorgebracht hat. Ob und in welchem Ausmaß darüber hinaus die Umgehung der Seitenüberfallsmauer auch durch einen konsenswidrigen Betrieb jener Teile der Wasserbenutzungsanlage, für die eine gemeinsame und damit auch eine Erhaltungspflicht des Unterliegers besteht, bewirkt wird, war - als eine Angelegenheit des Zivilrechts - hingegen im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht zu prüfen.

4.4. Da die belangte Behörde somit rechtsrichtig vom Vorliegen der Strafbarkeit des Beschwerdeführers ausgegangen ist, im Zuge der Strafbemessung offensichtlich auch die Grundsätze des § 19 VStG beachtet hat und sich die verhängte Strafe überdies im untersten Bereich des Strafrahmens (ein Dreißigstel der Höchststrafe) bewegt, war die Beschwerde abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs.2 VStG ein Kostenbeitrag für das Strafverfahren in erster Instanz in Höhe von 10% der verhängten Strafe, das sind 100 S, und für das Strafverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Strafe, das sind 200 S, sohin insgesamt in Höhe von 300 S aufzuerlegen.

Im übrigen war eine Kostenentscheidung - weil weder der belangten Behörde noch dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Barauslagen erwachsen sind nicht zu treffen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6