Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260005/2/Kl/Rd

Linz, 15.07.1992

VwSen - 260005/2/Kl/Rd Linz, am 15. Juli 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 16. August 1991, Wa-1007/7-1991, wegen einer Übertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Strafkostenbeiträgen zum Verfahren erster und zweiter Instanz.

Rechtsgrundlage: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis vom 16. August 1991, Wa-1007/7-1991, wurde über K als Handlungsbevollmächtigter der Molkereigenossenschaft G und Umgebung eine Geldstrafe von 8.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen, verhängt, weil er im Sinn des § 26 Genossenschaftsgesetz gemäß § 9 VStG dafür verantwortlich ist, daß aus der Kläranlage der Molkereigenossenschaft G am 17. April 1991 um ca. 16.00 Uhr laut einem Gutachten des Amtes der o.ö. Landesregierung, UA-Gewässerschutz, vom 2. Mai 1991 Abwässer in den N abgeleitet wurden, bei denen eine BSB5-Konzentration von 1.140 mg/l und absetzbare Stoffe in einer Menge von 400 ml/l festgestellt wurden, obwohl nach dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. Oktober 1971 im Ablauf aus der Kläranlage ein maximaler BSB5-Wert von 25 mg/l sowie ein Gehalt an nach zwei Stunden absetzbaren Stoffen von 0,3 ml/l nicht überschritten werden darf. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 800 S verhängt. Als Begründung wurde neben einer Sachverhaltsfeststellung angeführt, daß der Beschuldigte als nach § 26 Genossenschaftsgesetz verantwortlicher Beauftragter zur Führung des Genossenschaftsbetriebes und daher als Verantwortlicher für die Betriebskläranlage namhaft gemacht wurde. Weiters sei der Tatbestand der Einwirkung auf ein Gewässer sowie die Konsensübertretung erwiesen. Gemäß § 5 Abs.1 VStG sei das Verschulden anzunehmen. Gemäß § 19 VStG sei die Strafe tat- und schuldangemessen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, welche im wesentlichen damit begründet wird, daß ein schriftlicher und vom Berufungswerber unterfertigter Dienstvertrag nicht vorliege und ein schriftliches Einverständnis zur in Rede stehenden Vertretungsbefugnis nicht vorliegt. § 26 Genossenschaftsgesetz sei nicht anwendbar, da weder vom Obmann, noch vom Vorstand, noch vom Aufsichtsrat eine entsprechende Vollmacht erteilt wurde. Die Vertretung der Genossenschaft nach außen obliege dem Vorstand. Im übrigen wurde die Molkereigenossenschaft G Mitglied des Reinhalteverbandes A, und es wurde vereinbart, daß sämtliche betriebliche Abwässer in die Verbandskläranlage eingeleitet werden, wobei eine Vorreinigung im Weg der betrieblichen Kläranlage erfolgen wird. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried/Innkreis als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt samt der Berufung vorgelegt und zu den Berufungsausführungen angemerkt, daß die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers aufgrund der von ihm selbst unterfertigten Stellungnahmen als gegeben angenommen worden ist.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid zu beheben ist und im übrigen im wesentlichen nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 und 2 VStG).

4. Aufgrund der Aktenlage im Zusammenhalt mit den Berufungsausführungen hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Die Molkereigenossenschaft G und Umgebung ist eine registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung.

Gemäß § 15 des Gesetzes über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 9. April 1873, RGBl.Nr. 70 idgF (im folgenden kurz: GenG) i.V.m. § 17 leg.cit. wird die Genossenschaft durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Die jeweiligen Mitglieder des Vorstandes müssen im Genossenschaftsregister unter Beifügung der Legitimation und der Unterschrift eingetragen werden (§ 16 GenG). Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so sind, wenn der Genossenschaftsvertrag nicht anderes bestimmt, sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Abgabe von Willenserklärungen und zur Zeichnung für die Genossenschaft befugt. Der Vorstand kann einzelne Vorstandsmitglieder zur Vorname bestimmter Geschäfte oder bestimmter Arten von Geschäften ermächtigen. Außerdem kann der Genossenschaftsvertrag bestimmen, daß einzelne Vorstandsmitglieder allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Genossenschaft befugt sind (§ 17 leg.cit.).

Es geht daher das Genossenschaftsgesetz vom Prinzip der Gesamtvertretung aus, wobei der Genossenschaftsvertrag eine Sonderreglung vorsehen kann.

Gemäß § 26 GenG kann der Betrieb von Geschäften der Genossenschaft sowie die Vertretung der Genossenschaft in Beziehung auf diesen Geschäftsbetrieb auch Beamten der Genossenschaft oder anderen Personen als Bevollmächtigten der Genossenschaft zugewiesen werden. In diesem Falle bestimmt sich die Befugnis derselben nach der ihnen erteilten Vollmacht.

4.2. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Es sind daher für die Molkereigenossenschaft G und Umgebung sowohl nach § 17 GenG als auch nach § 12 der Satzung primär die Mitglieder des Vorstandes zur Vertretung nach außen berufen und daher nach § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß gemäß § 12 Abs.2 der Satzung die firmamäßige Zeichnung durch zwei Vorstandsmitglieder, wovon mindestens eines der Obmann oder ein Obmannstellvertreter sein muß, zu erfolgen hat.

Erhebungen vom 18. September 1991 ist aber zu entnehmen, daß der Berufungswerber den seit 18. Jänner 1989 beim Handelsregister des Kreisgerichtes R Genossenschaftsregister aufscheinenden Vorstandsmitgliedern nicht angehört. Es erübrigt sich daher auch eine Feststellung, ob der Berufungswerber einem Arbeitsausschuß (aus der Mitte der Vorstandsmitglieder) angehörte. Es kann daher eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers im Sinn des § 9 Abs.1 VStG nicht abgeleitet werden.

4.3. Wenn hingegen aus der Bestellung des Berufungswerbers als Handlungsbevollmächtigten - nur solches wird von dem Vorstand behauptet - gemäß § 26 des Genossenschaftsgesetzes durch die belangte Behörde geschlossen wird, daß dieser hiemit zwingend auch verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG ist, so sind diese rechtlichen Erwägungen nicht zutreffend.

Gemäß § 9 Abs.2 letzter Satz VStG können neben zur Vertretung nach außen Berufenen auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens bestellt werden, wobei gemäß Abs.4 leg.cit. diese Personen einen Wohnsitz im Inland haben, strafrechtlich verfolgt werden können, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt haben und für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis haben müssen.

Neben einem klar abzugrenzenden Verantwortungsbereich ist daher wesentlich für die Bestellung der Zustimmungsnachweis. Es tritt aber mit der bloß willentlichen Übertragung zwischen Geschäftsführer bzw. Gesellschafter eines Unternehmens und dem von diesem beauftragten Angestellten keine Veränderung des Verantwortungsbereiches im Sinn des § 9 Abs.2 VStG nach außen hin ein. Im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind daher die primär strafrechtlich verantwortlichen Vorstandsmitglieder beweispflichtig für das Zustandekommen einer Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten, wobei die Zustimmung schon vor Begehung der Tat vorgelegen haben muß. Weiters ist nach der Judikatur eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes der erforderliche Zustimmungsnachweis erst dann erbracht, sobald er der Verwaltungsstrafbehörde vorgelegt wird. Wird eine solche Urkunde nicht vorgelegt, so ist in diesem Strafverfahren nicht von einer wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten auszugehen und tritt die namhaft gemachte Person nicht als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle der übrigen zur Vertretung nach außen Berufenen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4.Auflage, 1990, Seite 770f, Anm. 3,5,6 und 8).

Im Sinne der obzitierten Verwaltungsvorschrift unter der Beachtung der ständigen diesbezüglichen Judikatur kann daher aus der Bestellung zum Handlungsbevollmächtigten bzw. aus der Verleihung der Prokura nach § 26 GenG noch nicht geschlossen werden, daß damit die Voraussetzungen für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs.2 und 4 erfüllt sind. Seitens des Vorstandes der Molkereigenossenschaft G und Umgebung wurde aber mit der Namhaftmachung des Beauftragten ein geeigneter Zustimmungsnachweis nicht erbracht. Es war daher nicht von der Bestellung eines strafrechtlich verantwortlichen Beauftragten auszugehen. Die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers wurde daher zu Unrecht als erwiesen angenommen.

4.4. Im übrigen ist der Spruch mit Rechtswidrigkeit behaftet, da in der Tatumschreibung des Bescheidspruches (§ 44a lit.a VStG) zum Ausdruck kommen muß, ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat. Es muß erkennbar sein, in welcher Eigenschaft und für welche Personen den Beschuldigten die strafrechtliche Verantwortung trifft. Diesem Konkretisierungsgebot im Sinn des § 44a lit.a VStG wurde nicht entsprochen.

Aus all den angeführten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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